Ngwe Saung, Myanmar
Am Golf von Bengalen beginnen die letzten Momente eines Urlaubes; Momente deren Sinn ja eben nicht ist, schnell noch mal viele Eindruecke aufzunehmen, um dann in den Alltag zurueckzukehren. Nein, der Urlaub endet, aber dann geht es weiter, startet ueberhaupt erst die Bildung und vielleicht auch Suche nach dem Sinn.
Der Sinn besteht vermutlich nicht darin, 500.000 Fotos zu machen, die ich realistischerweise nie mehr alle anschauen werde.
Sollte der Sinn darin bestehen, einen validen Eindruck von der Landeskultur, von den Sprachen, von den Menschen zu erhalten?
Die meisten Menschen, denen ich auf meiner Reise begegnen werde, duerften fuer mein Leben hoechst irrelevant sein. Sollte ich mich dennoch auf sie einlassen, auf ihre Umwelt, die zum Teil rueckstaendig jenseits aller Moeglichkeiten ist?
Macht der Kontaktaufbau Sinn, wenn Lebensschwerpunkte abseits, in Bereichen liegen, die mir als Sackgassen erscheinen, die es zu vermeiden gilt? Sollte ich mich fuer eine absehbare Trennung an Etwas, Jemanden binden? Auslebend, alternativ teilnahmslos, passiv, beobachtend, erlebend? Sylvester im Fuenf Sterne Resort am Strand, mit Galabuffet, Showprogramm und Verlosung. Vom Strand aus, abgetrennt durch Bambusstangen schaut die einheimische Bevölkerung dem Treiben zu. Sind die Menschen wegen der Interpreten gekommen?
Es wird getrunken: Bier, frisch gezapft ein Dollar, die Flaschen Wein zu Zwoelf bis Hundert Dollar. Es wird geschlemmt: Truthahn, Sushi und andere Vorspeisen, diverse Hauptgaenge und von Creme Caramel ueber Joghurtkuchen hin zu Neujahrs-Schokokugeln gibt es diverse Desserts. Berge aus feinstem Essen, nicht landestypisch – es kann bei weitem nicht alles aufgegessen werden. Zum Jahresausklang wird Sekt serviert.
Fuer einige Reisende scheint der grosse Moment gekommen zu sein, endlich die mitgebrachten Seidenkleider und Designerhosen praesentieren zu koennen – wir sind wer! Doch wer sind wir wirklich? Ich mittendrin, unwirklich anwesend. Auch der erste Tag des neuen Jahres neigt sich mit einer Sonnenuntergangsbetrachtung in einer Kulisse, die den Moment abstrakter erscheinen laesst, als eine Reisereportage im Fernsehen. Mehrfach unterbrochen von einem Zimmerservice, der jede Viertelstunde Handtuecher tauschen und die Moskitonetze und Vorhaenge neu arrangieren moechte. Die Sonne brennt heiss, verbrennt die Haut, fast unbemerkt, unter dem Deckmantel einer kuehlenden Meeresbrise. Noro geht unter den Reisenden um, allen Versuchen mit Myanmarwhiskey zu entkeimen, zum Trotz. Ich blieb bisher verschont, so manchem „guten“ Reisewunsch zum Trotz. Der Traegheit in Palmenschatten ist hingegen nicht zu trotzen. Die Tage vergehen. Im Bus geht es zurueck nach Yangon. Stunden gilt es im Bus zu verbringen, auf holpriger, vielfach geflickter Strasse. Nur halbherzig werden die Wunden geheilt, die Nargis dem Land schlug. Selbst an den Narben vorueber zu fahren, braucht es ein Permit. Wir haben eines, denn wir haben Dollars, die am Besten in den Resorts des obersten Schwiegersohnes haetten ausgegeben werden sollen. Haetten. Noch eine Nacht, dann zurueck nach Thailand, in den Zug gen Ayuthaya und weiter nach Doi Suthep. Zwei weitere Reiseteilnehmer hatten nur das Landprogramm beim Reiseveranstalter gebucht. Sie sind bereits einige Monate in der Weltgeschichte unterwegs, aber im Februar, wenn sie wieder in den germanischen Alltag eintauchen, plane ich aus der Meditation aufzutauchen. „Gelaeutert“, wie mir jemand sagte.
Myanmar – es gab viel zu sehen, vor allem Kontraste. Viele goldene Tempel, ein Pagodenfest zum Vollmondtag, zu dem ein Riesenrad mit Kletterantrieb und Bingo so selbstverstaendlich gehoerten wie die Verteilung von Almosen an Moenche.
So viele Tempel, das Mitreisende den Vorschlag machen, man moege am besten das ganze Land als heilig erklaeren, dann spare man sich wenigstes das permanente Schuhe An- und Ausziehen. Dazu wuerde passen, dass der Name des neuen Regierungssitzes „Sitz der Goetter“ bedeutet… Nicht wirklich unvergesslich sind auch die permanent vorgetragenen Mantras: „Postcards, 1000 Kyat, nicht teuer, guter Preis, billig, billig, good price“
Wenn Strom, dann oft per Generator, allgegenwaertig das Motorengeraeusch, der Aggregate. Sonnenkollektoren, Solartechnik? Keine Spur davon zu entdecken, Recycling findet am Strassenrand statt.
Auch das Militaer ist kaum zu sehen, nur Schildburga taucht immer wieder am Strassenrand und in Erzaehlungen auf. Emerging Markets – hier? Nooeee.
Ueberhaupt in die Gegenwart ist es noch ein weiter Weg. Nachtrag:
Mein toller, fast neuer und ueberteuerte Apfel IPod hat sich in den „Abernunvergluehichlangsam“-Modus geschaltet.
Scheint fuer solch ein Geraet wohl zuviel zu sein, zuerst die Suchenfunktion zu nutzen und dann auf Play zu druecken… Zuerst klickte er noch, ohne Musik zu spielen und nun ist er dauerleuchtend. Wie praktisch, dass das Ding KEINEN Ausschalter hat! Vielleicht lebt er ja wieder auf, wenn ihm der Strom ausgegangen ist… Noch ein Nachtrag:
Das Stromkoma hat geholfen – nun spielt er wieder, als wäre nichts gewesen…
also ich finde, im Apfel ist der Wurm drin.