Goodbye Pai, Hallo Lao

Chiang Mai, Thailand

Meine letzte Fahrt mit dem gemieteten Roller in Pai geriet zur Beschäftigung von drei Personen (ohne mich), die meine Reisetasche traten, daran zerrten, drückten und gleichzeitig den Roller festhielten.
Ich hatte die Tasche vor mir zwischen Sitzbank und Lenker gelegt, an sich war sie zu groß, um in den Fußraum zu passen, aber während der Fahrt rutschte sie etwas herunter und hatte sich wunderbar verkeilt. Lenken war mir nur dezent nach rechts möglich, jeder Versuch einer Linkskurve quittierte der Roller mit lautem Hupen. Ich musste zum Glück nur zwei Kilometer fahren und dreimal rechts abbiegen. Bei einer längeren Fahrt hätte ich sicher einen Krampf in den freischwebenden Beinen bekommen.
Nach gemeinschaftlicher, erfolgreicher Gepäckmisshandlung und einer knapp dreistündigen Minivanfahrt kam ich mit allem Gepäck in Chiang Mai im M.D House an und erhielt dasselbe Zimmer wie zwei Wochen zuvor.
Eine gewohnte Runde durch die Stadt im Anschluss an eine Thaimassage; Pad Thai, türkisgelbes Jelly-Eis und eine „Honey-Orange-Latteehh“ – das war’s dann auch schon. Nach einer halbstündigen Schneidersitzmeditation brauche ich fünf Minuten, um mein beinahe abgestorbenes linkes Bein wieder in Betrieb zu nehmen, aber ich hätte durchaus länger so sitzen können, hätte mich der Wecker nicht azum Aufhören gemahnt. Ich frage mich, ob sich mit der Zeit beim Meditieren neue Erkenntnisse einstellen.
Ich gehe online und muss mich über einen Tuifly Newsletter ärgern, der mein Postfach verstopft, obwohl ich diesen Newsletter explizit NICHT wollte. Ärgern vor allem, weil es anscheinend keine Möglichkeit gibt, den Werbeschrott nochmals abzubestellen. Die einzige E-Mailadresse, die ich von dem Verein auf ihrer Webseite finden kann, ist eine Pressestelle. Also bekommt die Pressestelle von mir aus erster Hand mitgeteilt, was ich von solch aufdringlicher Öffentlichkeitsarbeit halte: Nichts.

Meine Baht-Barschaft sollte gerade eben für das TukTuk zum Flughafen reichen, vielleicht auch noch ein Wasser, aber mehr auch nicht. Zum Glück ist das Frühstück bereits im Zimmerpreis enthalten, der bereits beglichen ist…

Ob ich ab morgen in Laos weiterhin so einfach und permanent online sein kann, ist fraglich. Ist vielleicht auch nicht so wichtig, oder gar besser, nicht mitzubekommen, wie der Münchener Flughafen gesperrt wird, Zehn Minuten nachdem ein Reisender Sprengstoffalarm ausgelöst hat… wenn nicht parallel zu solchen Pannen immer neue Sicherheitsregeln, -techniken und Befugnisse gefordert würden, könnte man sie als albern bezeichnen, aber traurige Wahrheit scheint zu sein, dass der Sicherheitsapparat das größte Risiko darstellt…

Die Dinge ins Rollen gebracht.

Pai, Thailand

Auch wenn am Wasserfall übergroß angeschlagen steht, man möge seine Unterhose doch herunterlassen, habe ich nicht blank gezogen. Man weiß hier ja nicht so genau, bevor man sich versieht, tut sich vor Scham die Erde auf und weg ist man vom Angesicht der Erde. Von Fischfutter zu Wurmfutter „in just one day“, nein, das geht mir dann doch zu schnell.
Ursprünglich wollte ich heute kochen lernen, aber ich dachte mir, ein Frühstück zu haben, bevor man sich über Stunden mit Essen und seiner Zubereitung beschäftigt, so ein Frühstück, ja, das wäre nett. Meine Zweifel, ob dies in einer Dreiviertelstunde zu bewältigen wäre, waren berechtigt. Ich bin in Südostsien und selbst betriebsame Hektik verspricht nicht unbedingt ein schnelles, erwünschtes Ergebnis.
Da helfen keine vorherigen Hinweise, erst recht kein Gejammer. Das Frühstück wird, irgendwann, pünktlich zum Start des Kochkurses. Dumm nur, dass der an einem anderen Ort stattfindet, und ich nicht an zwei Orten zur gleichen Zeit sein kann. Vielleicht ist dass aber auch besser so, es gibt ja bereits zuviele Schizophrene auf der Welt, man muss nicht überall gleich dabei sein.
Konzentriere ich mich also auf mein Frühstück und verbalen Austausch mit Peter, dem das Hostel hier gehört. Man sprich deutsch, mal wieder. In etwa mein Alter, scheint es durchaus eine Lebensperspektive zu sein, sich mit einem Gasthaus in Nordthailand auf den Ruhestand vorzubereiten, ist er immerhin bereits der zweite in drei Tagen mit vergleichbarer Biographie.
Es geht dann gegen Elf in den Ort hinunter, ApplePai bietet iPod Befüllungen an, da wollte ich doch mal schauen, wie es dort zugeht, aber Montags scheint Ruhetag, vielleicht aber auch Nachtschicht angesagt zu sein, der Laden ist zu.
Ich organisiere mir dann ein Rückfahrtticket nach Chiang Mai und einen Scooter. Auf die Frage nach Insurance antworte ich als sicherheitsbewusster Bürger natürlich „I am German, please give me all insurances you have“
Ist relativ risikolos die Aussage, denn es gibt nur zwei Versicherungen, eine gegen Diebstahl und Verdunstung und eine gegen Unfall und Zerstörung. 40 Baht jeweils pro Tag, da überlege ich doch nicht lange, ob ich mir nicht die – theoretische – Option einer Youtubegerechten Scooterabwrackung offen halten möchte. Der englischen Familie aus dem Minivan begegene ich unterwegs, ein Hund wollte in Zusammenarbeit mit einer glitschigen Straße dem Vater diese Option eröffnen, aber außer einem schmutzigen Bein ist Mensch und Maschine zum Glück nichts passiert. Den Plan, über Mae Hong San mit der Honda zurück nach Chiang Mai zu fahren, hat man nach dem Ereignis allerdings aufgegeben und nimmt den Kleinbus. Hmm, Hunde.
Pai Canyon ist auch weniger als der Name verspricht, ein erodierender Schmutzhügel mit Fernblick, ins Tal, aber ein Canyon? Da schon eher, die nicht in der Karte verzeichnete Erdspalte, die sich eines Novembers hier in der Nähe unerwartet auftat. Klein aber fein. Man sieht, die Befürchtung zu Eingang meines Beitrages ist nicht absolut unbegründet.
Oder vielleicht der größte Mangobaum Thailands (wer auch immer das beschlossen hat)?
Gegenüber kann man immerhin für Verwirrung und Personalrotation sorgen, wenn man als nicht Thai sprechende Langnase etwas zu Essen bestellt. Immerhin günstige 25 Baht für „Mixed Fried Vegetables“ mit Reis.
So, das waren auch schon im Wesentlichen die heutigen Erlebnisse von Lord Helmchen auf seinem Tiefflug durch eine Thailändische Hochebene.
Ach, da gab es noch eine Bronzebuddhafigur mit Wasserkopf. Nicht dass der Kopf unförmig wäre, nein, nur hohl und auf mystische Weise sondert die Figur Wasser in diesen Hohlraum ab. Heiliges Wasser sozusagen. Nun habe ich doch noch die Hosen heruntergelassen – von Bambus umzäunt und dann ging es in meiner dunkelgrünen Schwimmbux in die Thermalquellen. Natürlich nicht ganz oben, denn dort hat das Wasser eine Temperatur von 80 Grad Celsius, und auch wenn ein Schild darauf hinweist, dass das Eierkochen verboten sei, sprach unser Hostelowner und die vielen herumliegenden Eierschalen eine andere Sprache.
Bei gefühlten 39 Grad habe ich dann im Wasser gesessen und meinen China Knigge abgeschlossen. Vielleicht war ich in einem früheren Leben Chinese, vieles darin Aufgeführtes kommt mir nicht abwegig, sondern absolut nachvollziehbar vor. Gestern stand die Besichtigung der Lod Höhle auf dem Programm: zwei Höhlen mit Laternenmädchen, aber kein Bambusfloß – war nicht so einfach klarzumachen, dass ich zwar in die Höhle, aber NICHT aufs Floß wolle. Vielleicht hat man sich aber auch absichtlich schwer von Begriff gemacht, denn mit Floß kostete es das Dreifache und die vielen Flößer wollen ja auch beschäftigt sein.
Ohne Floß kann man die dritte Höhle zwar nicht besichtigen, aber ob sich dort revolutionär neue Ansichten geboten hätten, wage ich zu bezweifeln. Mir reichte es, permanent von der Gaslaterne geblendet und durch Abwärme verschwitzt durch die Höhlen zu stolpern.
Die Fahrt mit dem Roller dorthin (~50km), mit Kaffeestop auf einem hohen Pass, war landschaftlich sehr schön. Zur Sicherheit, vor der Rückfahrt noch einen kurzen Ausflug in die Gegenrichtung auf der Hauptstraße gemacht und in Soppong getankt. Wer weiß schon, ob halbvoll auf der Tankanzeige auch halbvoll im Tank bedeutet… Bei einem Frozen Latte Caramel Shake bekam ich eine biblische Belehrung: Jemand tippte mir an die Schulter und dann in seine Bibel, Thai-Englisch: „Go and cnosult your husband and then come here“.
Ich las dem etwas weggetretenen Mann seine Textpassage vor und sagte, „Yes, I am here“ und er verschwand. Pai ist eine große Ansammlung seltsamer Menschen. Gleich geht es wieder hinunter in den Ort, zu einer Art Verabschiedung, morgen geht es für mich zurück nach Chiang Mai, denn ich bevorzuge bereits einen Tag vor meinem Weiterflug in der Nähe des Flughafens zu sein. So wie (und durch wen) hier gefahren wird, scheint mir auch eine längerfristige Fahrverzögerung nicht ganz unwahscheinlich… German Angst vielleicht…
Mit meiner Riesenreisetasche auf dem Roller werde ich nach dem Frühstück (Müsli!) zur Busstation düsen.

Der Tag an dem ich zu Fischfutter wurde

Pai, Thailand

Um halb Zehn kam der Pickup um mich zum Minivan nach Pai zu bringen. Bei einem Zwischenstop kam Naoko, eine Japanerin aus New York hinzu. Wir kamen ins Gespräch, während wir auf weitere Passagiere warteten. Gegen halb Elf kamen diese.
„Scheiße, den kenn‘ ich“, tönte es auf einmal recht lautstark in den Kleinbus hinein: Susan aus Berlin stieg zu. Kurioserweise waren wir beide vor fünf Jahren Teilnehmer einer Gruppenreise durch Thailand.
„Ja, super, ich freu mich auch Dich zu sehen… unglaublich, wie klein die Welt doch ist…“ Die Welt ist manchmal wirklich klein zusammengeschrumpft, wenn man wie ich gerade in einer recht einfachen Bambushütte sitzen kann und per Skype nach Deutschland mit Verandten und Freunden telefoniert.
„Bist Du zuhause? Hört sich an, als wenn Du zuhause wärst.“
Ok, das Scheiße war positiv gemeint, und in der von mir übers Internet angebuchten Hüttensiedlung war noch eine Hütte frei, so sind wir heute den Tag über zusammen durch den quirligen Ort Pai gezogen, um Nudelsuppe und Yoghurtshake zu uns zu nehmen.
Gegen Abend versammelten sich auch Naoko und alle anderen Busreisenden aus England und Österreich an der gleichen Flußbar und unterhielten uns. Kommunikationstraining.
Ich habe dabei auch gelernt, dass es sogar Mutter-Kind Yoga gibt. Ein weiteres Highlight des Abends war ein Fußbad in einem Becken voller „Killerfische“, kleinen Garras (aus der Türkei wie sie sagten) die losen Hautschuppen den Garaus machten. Das Zuppeln der vielen kleinen Putzerfische, während diese die Hautoberfläche, auch zwischen den Zehen, abknabbern ist schon elektrisierend. Ich schien den Fischchen gut geschmeckt zu haben, denn sie ließen sich zum Teil mit den Füßen aus dem Wasser ziehen.
Mittlerweile scheint übrigens etwas Ruhe bei einigen Australischen oder Englischen Backpackern einzukehren. Ihre Alkoholbeschaffung am Spätnachmittag ließ Übles erahnen… Morgen früh, wenn es noch klappt, will ich die Chance zur Fortbildung nutzen und an einem Thaikochkurs teilnehmen.

Shower your mind

Chiang Mai, Thailand

Wie bereits geschrieben, habe ich mich entschlossen, meinen Meditationsaufenthalt abzubrechen und Häme und Spott über mich ausgießen zu lassen…
Ist ja nicht so, dass ich die ganze Zeit nun keine Fortbildung mehr machen würde, ich studiere bereits fleißig meinen China-Knigge und über mich weiterhin in Meditation. Das digestive Sparprogramm, mich zu entgiften und abends nicht mehr zu essen halte ich auch bei – my body is my temple und so, wie ich eine tägliche Dusche bevorzuge, möchte ich mich an den netten Ausdruck unserer Mediationsslehrers bei der Schlusszeremonie heute halten: „How often do you shower your body? Your mind also needs care and a shower!“
Recht hat er der gute Mann! Menschen sollten nicht alle paar Jahre ziemlich ausgebrannt in ein Retreat gehen, sondern regelmäßig, am besten täglich sich besinnen und die Gedanken mal ordentlich abschrubben. So macht es auch eine Frau in einer Touragentur, die ich am Nachmittag in Verwirrung stürze, wo mich der Bus nach Pai in drei Tagen den abholen soll. Ohne Visitenkarte des Gasthauses, ohne Ausdruck, da erst gestern abend online gebucht, auch am Zimmerschlüssel kein Name, sondern nur ein fröhliches Gesicht, da wird es lustig, Anagramme möglicher Namen zu bilden. Mit Hilfe der Hostels Website fanden wir dann bei einem Mango-Lassi heraus, dass ich im Parami und nicht Pamira Guesthouse abgestiegen bin. Hihi. also ich fahr dann mal nach Pai in den Norden und werde dort Hammockmeditation und Trekkingmeditation in ruhiger Atmosphäre praktizieren. Nach dem Zeremonie, die Tasche geschnappt, ausgecheckt und mit dem Lift runter an die Straße, um ein Sammeltaxi zurück in die Stadt zu nehmen. Nach mehr als einstündiger Wartezeit im Sammeltaxi (die meisten Leute wollen morgens rauf auf den Berg und nicht herunter) ging es abwärts nach Chaing Mai, Old City.
Interessanterweise trudelte nach und nach der halbe Meditationskurs ein – einige hatten nur drei vier Tage eingeplant und auch die beiden Modepüppchen stiegen zu. Ebenfalls Russinnen, wie ich nun erfuhr.
Die Auffassungen darüber, wie hoch eine angemessene Spende für einen Meditationsaufenthalt erscheint gehen weit auseinander – immerhin lag ich beim Dreifachen über den Angaben eines Reiseführers (schräg, dass sich Menschen an einem Reiseführer halten, wie hoch ihre Spende für einen guten Zweck sein sollte) und dem Achtfachen eines Amerikaners. Irgendwie bin ich nach meiner Ankunft im Gasthaus unheimlich froh, gegen Ein Uhr am Fluß sitzen zu können und endlich etwas zu essen: ein wundervolles Green Curry Chicken und dazu Pineapple-Milkshake und ein Singha. Nee, nicht das Bier, das Sodawasser! 🙂
Es geht dann noch durch die Stadt, Wat sonst, meinen Flug nach Laos umzubuchen und gegen abend muß ich für Onlinereservierungen mit der Technik kämpfen – das Laptop will nicht mehr booten – scheint einen Wackelkontakt zu haben, oder sich ein schlechtes Beispiel an der wackeligen Funknnetzverbindung zu nehmen – ich schalt mich ein, ich schalt mich aus.
Irgendwann tuts dann wieder, als wäre nichts gewesen und ich kann buchen und bloggen und Bilder vom Tempel hochladen. Eine Sonnenfinsternis bei Milkshake und Sonnenschein Den nächsten Vormittag verbringe ich mit einem späten Schweizer Müslifrühstück und mit Onlinereisereorganisation. Das Gasthaus, in dem ich abgestiegen bin wird von einem Schweizer mit seiner Thailändischen Frau betireben, Man spricht Deutsch.
Rechtzeitig vor der erwarteten Sonnenfinsternis treffe ich am Fluß im Regina Cafe ein, um bei Sechziger Jahre Oldies, Milkshake und Fried Vegetables 😉 auf das Ereignis zu warten. Um etwa 15:30 sollte es stattfinden, ein paar Minuten davor und danach halte ich immer mal schnell die Kamera in die Sonne, um den Fortschritt abzulichten und ohne mir die Augen zu verbrutzeln, denn einen besonderen Filter oder eine Brille habe ich nicht.
Es wird etwas weniger hell, aber das ist auch schon alles. Das „Maximum“ der Sonnefinsternis, das ich einfangen konnte, ist bei den Bildern zu finden. In dr Stadt am Wat Chedi Luang gab es ein riesen Fest mit einem fliegenden Elefantenhuhn, Feuerwerk und recht lauter Musik und Singsang. Ein sehr sehr alter und wichtiger Mönch war wohl verstorben und die Festivität stellte nun den offiziellen Abschied von ihm dar. Sehr interessant. Letztes Watgestöber Auch heute gingen am Wat Chedi Luang die Festlichkeiten zu Ehren des verstorbenen Mönches weiter. Der himmlische Elefant war nun mit seiner Fracht „bestückt“. Zum Abschluß gab es freies Essen.
Nach mehrfacher höflicher Aufforderung bei der Beseitigung überschüssiger Nahrung zu helfen, wurde ich schwach und probierte etwas Lab und (wahrscheinlich) Papayasalat. „Oh no, very spicy,very spicy! hot hot hot! Schhhhhhhhh!“ wurde mir mit einem Kopfschütteln davon abgeraten, doch unbelehrbar wie Explorer manchmal sein müssen, ließ ich mir eine Portion geben, dazu etwas sticky rice.
Ich fing unter gackernden Kommentaren an zu essen. Der Schweiß trat mir irgendwann auf die Stirn, aber ich hielt den Daumen hoch, denn es war wirklich lecker. Zum Ablöschen erhielt ich an einem Polizeiessensstand einen Becher mit irgendeiner roten Flüssigkeit – ich habe keine Ahnung um welche Geschmacksrichtung es sich handelte, es war süß, es war flüssig.
Morgen werde ich wissen, ob das Essen eine gute Idee war. In einem Gebrauchtbuchladen habe ich mir einen Dan Brown Schmöker für Auffüllung von Meditationspausen in der Hängematte zugelegt.
Nur für den Fall der Fälle, dass es dort wirklich dermaßen ruhig und faul zugeht. Ich spiele auch mit dem Gedanken, in Pai einen Thaikochkurs zu belegen, ich bin ja schließlich auf Fortbildung und essen müssen wir schließlich alle. Mal sehen, wie das Angebot aussieht.

Exerzitien und nicht ganz so erwartete Erleuchtung

Chiang Mai, Thailand

Der Superexpresszug bringt mich nach Chiang Mai. Super, aber Express geht anders. Geplante Abfahrt 9:43 – um 9:38 kommt ein Zug. Könnte er das sein, frage ich mich ernsthaft unter totaler Ignoranz, wo ich mich aufhalte – nein, es ist ein anderer Zug auf der Strecke, einer der um 8:37 in Ayuthay abfahren sollte. Um halb Elf fährt der Zug, natürlich alle Gepäckfächer voll und meine recht groß ausfallene Reisetasche muß im Durchgang bleiben – was natürlich zu Problemen mit dem Bordcatering führt.
Fast nur Touristen im klimatisierten Abteil, das erwartungsgemäß recht frisch wird. Die typische Backpacker,Rastalocken, glasiger Blick Sorte aus Lauteuropa. Wenigstens gibt’s kein Bier an Bord, sonst wären die geplanten Elf, aber letzendlich Zwölfeinhalb Stunden wohl übel verlaufen.
So ein Thailändischer Superexpress, der fährt nach einem Bahnhof auch schon mal los, dann aber wohl auf dem falschen Gleis, Ratlosigkeit, dann Rückwärtsgang und zur Beratung zurück in den Bahnhof. Und weil man gerade in Uttaratta ist und vorgezogene Teestunde, nutzt das Personal die Gelegenheit zur Pause.
Neuer Versuch. Ach da war doch noch das falsche Gleis… also wieder zurück in den Bahnhof.
Vielleicht noch ein Päuschen??
„Hmmhmm, ach laß mal, sonst muß ich so oft aufs Klo“ scheint den Zugführern ins Gesicht geschrieben zu stehen.
Aller guter Dinge sind Drei, oder? Erneut erreichen wir die Stelle kurz hinter einem Bahnübergang, an der wir zweimal umkehrten, diesmal eine Spur weiter rechts, hoffentlich nicht auf Kollisionskurs, wir halten erneut.
Nur ein Scherz, es trötet und dann geht es gaanz gemächlich weiter in den Sonnenuntergang…
22:15 Ankunft Chiang Mai, das große Fressen der Taxifahrer kann beginnen. Wieviel? 150 Baht – lächerlich! Auf dem Parkplatz kostet es nur noch 100, aber losgefahren wird noch nicht, ist ja noch Platz im Wagen. Eine Gruppe Bierdurstiger und bereits Affengeräusche von sich gebender Engländer und Schweden wird für je 50 Baht eingeladen – ich mache den dezenten Hinweis, dass sich dann wohl auch mein Fahrpreis halbiert.
An der Spaßmeile werden die Affen rausgelassen und zwei Minuten später bin auch ich am Guesthouse. Meine schwere Tasche wird nach dem Einchecken und Abkassieren in den vierten Stock getragen, soweit alles OK. Den nächsten Tag ist Shoppingtime. Bereits am ersten Markstand schlage ich zu, „Piraten“hemden und Baumwollhosen mit Gummizug kaufe ich – wahrscheinlich zu teuer – ein, aber es ist nur ein sechstel des Preises, den man in Kos-Stadt verlangte, die Qualität scheint OK und die Sonne scheint – da kann ich dem Händler auch etwas Gutes für seine zwei Kinder lassen und bin mit 25 Prozent Rabatt zufrieden. Auch Kleidungsmäßig bin ich nun auf meinen Meditationskurs vorbereitet. Zum Preis einer Hose trinke ich anschließend eine ToffeeLatte, denn ab morgen gibt es nur koffeinfreie Tempelkost.
Nach etwas Herumstreunern durch die Straßen und endlosen „Massahschh??“ Sirenenrufen von überall, beschließe ich eine Bodyscrub, -treatment und Oil Massage auszuprobieren. Nach zwei Stunden bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass ich da lieber bei der tradtionellen Thaimassage bleibe – alles andere verweichlicht zu sehr;-)
Zart wie ein Kinderpopo mache ich mich auf, ein letztes Mal für die nächsten drei Wochen um diese Uhrzeit etwas Festes zu mir zu nehmen…
(Ich hatte Padthai und einen Fruchtshake)
Mit dem TukTuk und anschließend mit dem Sammeltaxi geht es gegen Mittag hoch nach Wat Prahthat Doi Suthep.
Meine Reisetasche hat enorm an Gewicht zugelegt, kein Wunder befinden sich darin jetzt neben meinen schweren Kleidungsstücken wie Jeans und Wanderschuhen auch alle Reiseführer und die neuen weißen Tempelklamotten. Dreißig Kilo sind mir einfach zu schwer, um sie bei brütender Hitze knapp 300 Stufen hinaufzuschleppen – ich nehme den Aufzug. „No one said, it’s going to be easy“ beschrieb ein vorheriger Kursteilnehmer seinen schwierigen Aufstieg über die Treppen mit dem Rucksack auf dem Buckel.
„No one said, it has to be harder than necessary“ ist dagegen meine Interpretation des goldenen Mittelweges. Dinge können nicht notwendig sein, sich ihnen aber pauschal zu verweigern und stattdessen die Gesundheit zu riskieren? Im Büro des Internationalen Bhuddismus Centers erledige ich die Formalitäten und bekomme ein Heftchen mit dem Titel „Meditator’s Handbook“.
Zwei Paare, dem Akzent nach Russen, fragen währenddessen nach einer Möglichkeit einen Meditationskurs zu belegen. Sie hätten sich nicht vorher anmelden können, weil die Website nicht richtig funktionieren würde, klingt es in meinen Ohren recht vorwurfsvoll. Ich schmunzele innerlich, erinnere ich mich doch gut meines eigenen Scheiterns an dem geradezu potemkinschen Anmeldeformular der Website. Ein sich bemühender Interessent findet jedoch eine Emailadresse, an die er schreiben kann, und unter der er auch Antwort erhält.Wie es in meinem Falle war. Ich bin drin im Programm, ich bin priviligiert Erlernen zu dürfen, wie ich meinen inneren Fokus im Hier und Jetzt finden, und Bedenken, Leid und Unruhe die Macht über mich nehmen kann. So jedenfalls habe ich die heutige Einführung durch meinen Mentor verstanden – sprachlich bedingte Fehlinterpreationen sind dabei gut möglich.
Vorher zeigte man mir die für mich wichtigen Stationen der nächsten Wochen und meine Zelle – ein karger Raum, etwa Vier mal Fünf Meter groß, Fliesenboden und mit hellblauer, unverputzter Betondecke. Nichts zum Wohlfühlen, aber darum geht es ja gerade.
Mein erstes Studium gilt der Meditationsanleitung und den darin enthaltenen acht Regeln. Die Siebte besagt, dass sich der Meditierende von Ablenkung und Verschönerung fernhalten solle. Worunter unter anderem das Lesen fällt – die Broschüre ist laut eines verbalen Zusatzkommentares des Betreuers davon natürlich ausgenommen. Tempelfunk, also Handy, Internet und E-Mail sind auch als unerwünscht und nicht regelkonform aufgeführt. Ich tippe demnach auf ganz dünnem Eis, und vielleicht wird es meinen Lernerfolg nachhaltig verhindern, aber ich glaube nicht, denn die Gedanken wollen sowieso raus aus dem Kopf und wenn sie sich geordnet anstellen müssen, um durch meine Fingerkuppen abzufließen. gibt es dabei immerhin keinen Knoten. Meine Absicht ist also redlich, denn sie erscheint mir zur Erhaltung meiner Meditationsfähigkeit notwendig.
Den Nachmittag meiner Ankunft verrichte immerhin meine erste halbe Stunde Geh- und Sitzmeditation, wobei ich bis zum frühen Abend dermaßen starke Kopfschmerzen entwickele, dass mir übel wird und ich eine Aspirin nehmen und mich hinlegen muß. Nur um das Genick zu begradigen und dabei hart am Verstoß gegen die Achte Regel entlang schrammend, nicht zuviel zu schlafen. Ich schlafe ja nicht wirklich, sondern lausche aufmerksam den Umgebungsgeräuschen und davon gibt es unendlich viele. Einige davon werden durch die Tatsache bedingt, dass ich im gleichen Wohnblock wie der „UhhAy“-Mann untergebracht bin. Von Zeit zu Zeit gibt er laute „UhhAy“ Ausrufe von sich, was auch immer der Grund hierfür sein mag. Seine Schlappen lässt er auch mit lautem Knallgeräusch auf den Fliesenboden knallen.
Ein durchdringendes Schnarrgeräusch stammt von irgendeinem elektrischen Gerät, vielleicht eine Klimaanlage, eventuell finde ich noch heraus, wo Metall auf Metall schabt, obwohl dies so irrelevant wie nur eben möglich ist. Ich sollte es zur Kenntnis nehmen, aber in meiner geistigen Verarbeitung der Sinneseindrücke nicht berücksichtigen.
Dann wären da noch die permanenten Bauarbeiten mit Schleif- und Klopfgeräuschen, die tageszeitliche folkloristische Bespaßung der Touristen oben am Tempel und desse n regulären Glockenklänge und die abendliche Beschallung mit Thaipop durch ein Lokal irgendwo unterhalb. Immerhin in ei***** Entfernung, so daß sich die Lautstärke im Rahmen hält.
Die allgegenwärtigen Hunde fallen besonders dann auf, wenn mal wieder die Beißordnung im Rudel brutal geklärt werden muss.
Es gilt also sich durch etliche Ablenkungen nicht ablenken zu lassen. Tag 2
Wecken gibt es nicht (oder ich hab es verschlafen), es liegt in der Eigenverantwortung wach zu werden und den Tagesplan einzuhalten, dieser sieht ab Fünf Uhr Meditation in der Meditationshalle vor. Um Fünf vor Fünf bin ich wach und planmäßig auf der Höhe, beschließe dann aber Meditationsrunden in meiner Zelle abzuhalten. Mit anderen Meditatoren soll man eh‘ nicht reden, warum dann die Gesellschaft suchen und eine zusätzliche Ablenkung einführen?
Die Gehmeditation fällt schwer, weil mein Körper zu solch früher Morgenstunde noch Balanceprobleme aufweist. Nach mehreren Durchgängen mit betont gedehnten Bewegungen ab Mittag allerdings auch wieder, so manches Band scheint bis dahin ausgeleiert zu sein.
Auch der Rücken fängt an zu Drücken. Gelinde gesagt, ich bin gegen Mittag der festen Überzeugung auch heute wieder enorme Kopfschmerzen bekommen werde. Bestimmt aufgrund der vielen ungewohnten Versuche, aufrecht im Schneidersitz kontrollierte Zwerchfellatmung zu betreiben.
Zu den immer wieder auftretenden Fragen, ob meine Bewegungen sachdienlich sind, gesellt sich vermehrt die Frage, ob dieser Aufenthalt für mich richtig ist. Auch ohne körperlichen Schmerz gelingt es mir meistens zur Ruhe zu gelangen und den Kopf leer zu machen.
Abgesehen von den Gedanken ans und ums Meditieren ist mein Kopf leer und weder Zukunft, noch Vergangenheit beschäftigen mich.
Die Versuchung abzubrechen, ist bereits jetz groß, aber wenn ich nicht wenigstens die erste Woche durchhalte und praktiziere, wird sich mir nicht erschließen, ob ich durch Meditation einen „besseren“ Wesenszustand erzielen kann. Zum Frühstück um Sieben Uhr gab es eine Gemüsereissuppe mit Tofu und Pilzen drin, zu Mittag um Elf Uhr ein Buffet mit Reis und vier verschiedenen Gemüse und Eizubereitungen. Dazu jeweils eine Mandarine. Die Qual der Wahl beim Mittagsbuffet: Die letzte Mahlzeit für Zwanzig Stunden: nehme ich eine große Portion, eher wenig, oder normal?
Bis jetzt hielt sich mein Appetit in Grenzen, nur der grüne Tee zum Frühstück griff den Magen an. Den also besser nicht mehr. Ich gieße mir etwas Zitronengras auf und stelle mir eine eher bescheidene Portion zusammen. Gegessen wird erst, als alle mit Speise an ihrem Klapptischchen sitzen und eine darauf liegende Pali-Danksagung für die Speisespende rezitiert wurde.
Falls der kleine Hunger kommt, müsste ich nicht weit laufen: etwa Vierzig Stufen oberhalb, in 200m Entfernung gibt es Tempelshops und Tempelimbisse – die Versuchung liegt also noch viel näher als die erwarteten 300 Stufen… Tag 3
Schnell gerät das Bewusstsein in den Hintergrund, wenn man sich dazu hinreißen lässt, eine Runde Minesweeper zu spielen. Dann tritt das abstrakte Problem der mutmaßlichen Minenanordnung in den Vordergrund, dass es zu lösen gilt. Wobei die Lösung für das Hier und Jetzt absolut irrelavant ist, wenn ich dagegen falsch lag, und kurz vor Lösung alle Minen explodieren, dann ist dies vielleicht Karmaneutral, aber nicht gut für die Ausgeglichenheit. Ich betrachte diesen Fauxpas (ich meine dabei nicht falsche Mine) als Herausforderung, die es mit einer Meditationsrunde zu kompensieren gilt. Der Ablauf dieser Runde ist semiideal, sich auf die Bewegung und die Balance zu konzentrieren fällt deutlich schwerer, als zuvor. Einmal am Tag innezuhalten und die Gedanken und Befindlichkeiten niederzuschreiben erlaube ich mir jedoch bis auf Weiteres, quasi als Protokoll.
Meine Befürchtung, dass mich erneut Kopfschmerzen überfallen würden, bestätigt sich für den Rest von Tag 2 nicht, die kamen erst an Tag 3 zur Mittagszeit und ließen sich nicht durch Liegen abstellen, jedoch durch Sonnenscheinmeditationsrunden mit einer Aspirin
So etwas wie ein Hungergefühl stellte sich erst am Morgen, eine halbe Stunde vor dem Frühstück ein. Vielleicht weil der Verstand darauf aufmerksam machte, gleich gibt es etwas zu essen. Es gab Glasnudelgemüsesuppe mit Tofu und Kekse. Auch eine Leichtcola, mit der ich am Spätnachmittag meinem Körper die Zufuhr kalorienreicher Nahrung vortäuschte, hatte demnach nicht geschadet. Es gibt hier auch so ein komisches Kraut zum Aufgießen, getrocknete Blüten, die dann beinahe wie Hagebuttentee schmecken, wer weiß, vielleicht ließ mich dieser Tee in Verbindung mit dem Kopfschmerz kränkeln, so dass ich gegen Elf zum Mittagessen recht appetitlos war. Essen muß jedoch sein, deshalb bediente ich mich an gedünsteten Riesenerbsen und Kürbisauflauf – nicht so wohlschmeckend wie den Vortag, aber ganz passabel. Dazu gab es Wassermelonenstückchen. Es war interessant zu sehen, wie der „UhhAy“ Mann sich den Teller mit Melone vollschaufelte, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass ein Teller für heute Elf Personen reichen muß. Empathie lernt man offensichtlich nicht durch Meditation. Um die gesamte Geräuschpalette zu beschreiben, die dieser Mensch vor allem abends und nachts verursacht, würde ich mehrere Seiten brauchen. Ich glaube, es ist gut, dass ich NICHT weiß, was er alles in seiner Zelle mit welchen Gerätschaften auch immer veranstaltet! Er scheint auch einen ausgeprägten Kontrollfimmel mit sich herumzuschleppen, ich glaube, er hat mitten in der Nacht seine Zelle und eines der Klos geschrubbt. Natürlich recht lautstark mit knallenden Eimern, das ganze Programm.
In einem Hotel würde ich deswegen wahrscheinlich ausflippen, aber hier gilt es nicht zu viel zu schlafen und aufmerksam zu sein. Es ist interessant und gutes Training, immer wieder unmöglich lautes Verhalten mitzubekommen und dann in sich hineinzulauschen, ob sich deswegen nicht etwas Ärger regt, den es zu hegen und zu bekehren gilt. Die sanitären Anlagen hier sind übrigens verbesserungswürdig, aber längst nicht so schlimm, wie nach Internetberichten befürchtet. Wahrscheinlich hängt es stark davon ab, welche Horde Schweinchen gerade zu Gast ist – ein Nachtkloputzer ist da Gold wert. Jeden Morgen um Acht gibt es sogenannten „Dhammatalk“, in dem unser Lehrer mittels Anekdoten und Geschichten den Buddhismus näher bringen möchte. Wenn nur das Rückenzerreissende Sitzen auf dem Boden wäre der Stunde nicht wäre, wäre es rundum unterhalsam, so aber taten mir nach einer Stunde beide Beine und der Rücken abartig weh und anschließend, wie schon erwähnt auch der Kopf.
Erwähnenswert wäre vielleicht noch, dass die vorangegangenen Dehnungen durch Thaimassagen meiner Meinung nach viel größerem Schmerz bisher vorgebeugt haben, und ich tagtäglich feststellen muß, wie gut mir auch Wii Fit mit Balanceboard zur Vorbereitung nützte. Bereits etwas für seine Körperbalance getan zu haben, hilft mir sehr bei der Slowmotionbewegung. Nachmittags gibt es immer einen Reporttermin, bei dem die Fortschritte und Vorkommnisse mit dem Lehrer beredet werden. Ich habe noch nicht so viel zu erzählen, außer Schmerzen, aber das ist wohl absolut normal und wird sich erfahrungsgemäß erst ab der zweiten Woche bessern – autsch. Jedenfalls lauten meine neuen Anweisungen je Zyklus Zwanzig Minuten, und eine Schrittfolge mehr – wir steigern uns.
Nach manchem gut gelungenen Bewegungsablauf denke ich daran, dass ich vielleicht doch Spaß daran haben könnte, später einen TaiChi Kurs zu belegen und ich sehe mich in China bereits Schattenboxen. Tag 4 Ich vollführe fleißig die Schrittfolgen und übe mich in Sitzmeditation. Schmerzmäßig geht es besser, und die Schritte beherrsche ich wie im Schlaf, schnell, langsam, suuuperlangsam, ja, klappt problemlos, aber füllt den Kopf nicht aus, denn es geht fast wie von selbst. Worauf sich also konzentrieren? Auf die langsame Bewegung? Ich fange an mich zu fragen, wozu das Ganze, um abschalten zu können, wo es nichts abzuschalten gibt, außer den Zweifeln, dass ich am richtigen Ort zur richtigen Zeit mit der richtigen Mission bin??
Der „UhhAy“-Mann ist am Morgen abgereist, auch diesbezüglich herrscht nun Stille. Das durchdringend schnarrende Geräusch (einer Wasserpumpe) ist übrigens auch seit zwei Tagen abgestellt – scheint jemand repariert zu haben. Die permanenten Baustellengeräusche und herumwuselnde Hunde und Touristen sind natürlich noch da. Hunger ist bisher auch kein Problem, mit den anderen Teilnehmern nicht zu reden macht mir nichts aus – es ist soweit erträglich. Erträglich…
Beim heutigen Ersatz-DhammaTalk (unser Lehrer dozierte heute an der Uni) machten wir einen Ausflug nach oben an den Tempel. Ich weiß nicht wieviele Leute sich ungefragt vor unsere Weißkleidergruppe mit orangenemm Mönchstupf mit violetter Strickmütze gestellt und fotographiert haben. Es waren etliche. Von den Touristen erstaunt mich solches Verhalten nicht wirklich, habe ja schon Schlimmeres häufig genug miterlebt. Dass aber Neuankömmlinge in unserer Meditationsgruppe die ganze Zeit mit der Kamera herumrennen, zu spät zum Mittagessen erscheinen, um dann die anderen Teilnehmer ungefragt auch beim Essen abzulichten, geht mir dann doch auf den Zeiger. Ich kenne diesen Russen nicht, will ihn auch nicht kennenlernen, was zum Kuckuck soll also eine Dokumentation ala „Ich und meine Meditationsgruppe“? Ob dieses gehäufte russische Interesse am IBC in Doi Suthep repräsentativ ist, weiß ich nicht, es ist mir nur aufgefallen, auch aufgrund weiterer russischer Teilnehmer.
Als Beweggrund, warum zwei blonde Barbies ebenfalls neu hier eingetroffen sind, kann ich nur den Modeaspekt vermuten. Der Auftritt ist wie auf dem Laufsteg, mit schneeweißen Füßlingen, nett parfümiert und ich glaube sogar in legerer Tempelkleidung vom Designer. Hübsch sind sie, sie machen eine gute Figur, aber meditieren habe ich sie noch nicht gesehen.
Unsere Exkursion nach oben dauert überlang – sicherlich in guter Absicht, aber schon recht anstrengend, nicht nur wegen des langen Stehens und einer schier unüberwindlichen Sprachbarriere, sondern wegen der recht missionierenden Attitüde. Irgendwann wurde mir dann von einem Mönch ein weißes Bändchen ums rechte Handgelenk gebunden, aber ich habe keine Ahnung von der Bedeutung und dem Umgang damit vermittelt bekommen. Schade, denn so weiß ich dies vermutlich nicht angemessen zu würdigen.
Eine insgesamt 105 minütige Exkursion, die mich ein bisschen ärgert, weil regelrecht aufgezwungen, obwohl mir verstandsmäßig klar ist, dass sie nicht als Ärgernis oder Bevormundung gedacht war. Den Ärger fühle ich zu Unrecht, das weiß ich, sollte somit ein guter Anwendungsfall für Meditation sein, um die unnötige Aufregung abklingen zu lassen. Ich probiere es. Und stelle fest, dass es Sinn macht, Bewegung Stress abbauen hilft und man bei Ärger erst einmal tief durchatmen sollte. Diese Erkenntnis ist aber nicht neu für mich und es gibt eine Menge ungleich schönerer Orte, um durchzuatmen und abzuschalten. Wirklich ruhige Orte.
Bei einer Wahl zwischen hellblauer Betonzelle mit vergittertem Fenster und zerzaustem Garten mit jeder Menge Durchgangsverkehr und Lärm und streunenden Hunden und Insekten erscheint es naheliegend, Heil bei der inneren Schönheit zu suchen.
Ich könnte auch am einsamen Strand Gehübungen machen, oder wie eine Bekannte sich zum Meditieren auf eine ruhige Burg zurückziehen, stattdessen habe ich mir einen für mich alles andere als idyllischen Ort ausgesucht. Ich bin mir sicher, ich schaffe es, drei Wochen durchzuhalten und dann hätte ich mir Durchhaltevermögen bewiesen. Anders formuliert: Eitelkeit gefrönt. Aber für mein Wohlbefinden oder mein Karma hätte ich nichts getan und unter Umständen einem wirklich Bedürftigen und Würdigen einen Spendenfinanzierten Kursplatz blockiert.
Die Besonderheit des Ortes, ein buddhistischer Tempel immerhin, an dem Glauben und Überzeugung gelebt und gelehrt wird, nutzt mir nicht.Dass ich zum Buddhismus konvertieren werde, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Vor allem welchem Buddhismus, welcher Richtung? Die meines Erachtens wesentlichen Grundzüge der Lebensweise finden sich auch im christlichen Glauben, die machen schon Sinn. Ob Karma vergolten wird, oder es ein Fegefeuer gibt, welcher der noch Lebenden kann hierzu verlässlich Auskunft geben?
In Myanmar (oder auch Kambodscha) habe ich (in meinen Augen) krass gesehen, wozu es führt, wenn man sich mental zu sehr darin gestählt hat, Leid oder auch einen „Arschtritt“ zu ertragen – man wird getreten, man leidet, oder Schlimmeres. Nach meinem heutigen Reporttermin, Bedenkzeit, in mich gehen, und einem Meditationsversuch, habe ich mich am Abend entschieden, dass ich morgen vorzeitig meinen Meditationskurs abbrechen werde.
Ich bekomme dadurch ein zweiwöchiges „Loch“, dass ich spontan füllen muss, beziehungsweise kann – aber das sollte per Internet und Plastikgeld durchaus zu schaffen sein. Erträglich ist mir nicht genug, auch wenn ich meinen Aufenthalt hier nicht als Komplettverlust betrachte: denn das Interesse mich mit Meditation in seinen verschiedenen Techniken und Formen zu beschäftigen ist eher gewachsen. Der hier gelehrte Vipassana Stil ist eine Methode, aber leider nicht meine Methode. Ich werde in den nächsten Monaten sicher noch die eine oder andere Alternative kennenlernen, von denen vielleicht eine besser zu mir passt.
Dass es eine solche Einrichtung wie das IBC in Doi Suthep gibt, bei denen ich ohne großes finanzielles Risiko studieren und „probieren“ konnte, ist ein wahrer Glücksfall, und dafür möchte ich mich auch hier bedanken. (Bis zur Sonnenfinsternis am 15.01 will ich es nicht aushalten, daher ist sie dem Titel entschwunden)

Wat & Wo

Ayutthaya, Thailand

Meine Unterkunft für drei Nächte, ist ein traditionelles Thaihaus mit separatem Komfortbad. Es kann problemlos mit dem Fünf Sterne Strandresort mithalten, nein toppt es sogar: Es gibt WLAN in hervorragender Qualität und Geschwindigkeit. Das Frühstück ist schlicht, aber von gutem Geschmack.
Auf meiner Veranda bin ich umzingelt von Geckos, deren kecke Laute beinahe klingen, wie das hausierende Strandresortpersonal. Geckos sind mir lieber, denn sie sind nützlich und vertilgen Moskitos, statt sie ins Zimmer zu lassen.
Es ist um einiges heißer hier, als in Myanmar, Akklimatisierung und weitere Thaimassagen als dehnbare Vorbereitung auf ausgedehnte Meditationen erscheinen unverzichtbar.

Gegen halb neun setzt an der kleinen Fähre die große Stadtflucht ein – Schlangen von Mopeds wollen übersetzen doch mehr als Zehn Mopeds geht auch mit gegenseitig festhalten nicht, wenn keiner baden gehen soll.
Kleine Schlepper ziehen hochaufragend Wannenkähne leer Flußaufwärts; Flußabwärts liegen diese schwerbeladen mit Sand, tief im Wasser, über den Bug schwappt der Fluß.
Karaokekutter, doppelstockig, stimmungsgeladen, ziehen lautstark
vorüber. Alle Jahrgänge sind vertreten, die ältere Generation bevorzugt
die langsameren Songs, doch ist keineswegs ruhiger. Auch das Restaurant, in dem ich sitze, hat eine eigene Karaokeabteilung. Singen kann offenhörlich keiner, aber es wird dennoch frenetisch applaudiert. Ich winke einem Karaokekutter zurück und ernte ein euphorisch gelachtes „Hullo“ und eine Extraperformance.

Wir schreiben das Jahr 2553, Kapitän Noi und sein feuerrotes Spaceship sind in Raum und Zeit aufgebrochen, an Bord ein Falang. Unterwegs bilden sich immer wieder Risse im RaumZeitKontinuum und die Vergangenheit wird mit der Wiederentdeckung lebendig: Frisch verliebt, kurz vor dem Tsunami, zum Greifen nah, doch unbegriffen. Nach erfolgreicher Landung besorge ich mir noch eine Aufladerubbelkarte für die NotebookSimkarte. Immer wieder lustig, das Verhalten von Angestellten, wenn sie nicht verstehen, was man von ihnen will – Fluchtartiger Abbruch der Betreuung und Abtauchen, aber nicht immer der Versuch einen komptenteren Gesprächspartner heranzuschaffen. Notwändige Sprachen lernen, mit Interessenten kommunizieren können, ist unheimlich wichtig im Dienstleistungsbereich!
„Huch, Kunde droht mit Auftrag – schnell weg!“ ist dagegen nicht wirklich Geschäftsfördernd, doch leider viel zu häufig gelebte Realität… Nach einigen Problemen habe ich meine Tempelfunktechnik erfolgreich eingerichtet.
Auf der schattigen Veranda sitzen, im Internet recherchieren, mit Laos chatten und Berlin telefonieren, dabei einen Trinkjoghurt schlürfen – man lernt nie aus.

Abschied ist auch immer Neuanfang

Bangkok, Thailand

Im Hotel in Yangon setzte nach Ankunft eine spontane Reisendendiaspora ein, und somit war es mir nicht möglich, mich von allen Mitreisenden vor unserem frühzeitigeren Abflug nach Bangkok zu verabschieden.
Irgendwie habe ich es geschafft weitere vier Kilogramm Reiseführer in mein Handgepäck zu stopfen, um Übergewichtszuschlag zu vermeiden. Wir haben noch Cappuchino und Toffee nut coffee zusammen am Flughafen bei der großen grünen Kaffehauskette aus Seattle getrunken und uns unterhalten und dann trennten sich unsere Wege.
Der Aiportepress 4 brachte mich mit Mühe und Not zeitig zum Bahnhof Hua Lampong – warum auch nach Jahren der Skytrain noch immer nicht bis zum Flughafen fährt, bleibt mir ein Rätsel.

Die Ticketschalter zeigen allle „All trains“ an, was aber nicht heisst, das man für alle Züge Tickets bekommen würde. Nach Ayuthaya nur am nächsten Schalter. Zack, die eine Hälfte eines Schweizer Lesbenpäarchen quetscht sich vor mir in den Schalter und verstrickt den Ticketverkäufer in ein ausführliches Beratungsgespräch, winkt die andere Häfte herbei und sie debattieren, reden hochgestochen und vor allem:Blockieren! und Minute um Minute rückt die Abfahrt meines Zuges näher, ohne dass ich ein Ticket dafür hätte. Grummel grummel. Ich muss wohl noch viel meditieren, um mich deswegen nicht zu ärgern.
Schließlich weiche ich an einen Alternativschalter aus und bekomme ein Karte für unglaubliche 15Baht. Vielleicht vor der Zugfahrt noch einmal zur Toilette? In Fünf Minuten? Ok, go go go.
Aber: die Toiletten sind mit Drehkreuzen wie Fort Knox gesichert, und sollen 20Baht kosten – mehr als die Zugfahrt! Nicht dass es mir das Geld nicht wert gewesen wäre, aber mich mit einer großen Reisetasche in einem übelriechenden Bahnhofsklo in Thailand zu kreuzigen? Nööö, lieber nicht.
Huschhusch in den Zug (mit Bordtoilette inklusive, habs mir aber verkniffen) und vor Einsteigen festgestellt, dass es auch eine dritte Klasse, Stehplatz gibt.
Im Zug ist aber noch ein Sitzplatz für mich frei, später steigen Sitzkarteninhaber zu, aber dulden mich auf ihrem Platz. So dulde ich auch ihren mitgebrachten Hund, der permanent entweder aus dem Fenster springen, oder sich mit seiner Leine strangulieren möchte, dulde auch, dass die kleine Toele dann mitten in den Gang pinkelt und sein Herrchen die Lache hinterher mit zwei Blatt Klopapier dürftig antupft. Hund läuft immer durch Lache und dann über Herrchens Schoß und zugehörige Kinder. Na prima, aber trocknet bei knapp über 40 Grad im Zug ziemlich schnell.
In Ayuthaya am Bahnhof kaufe ich erstmal ein Ticket für meine Weiterfahrt nach Chiang Mai in drei Tagen – elf Stunden Zugfahrt, Zwote Klasse, Air Condition – das wird ganz großes Kino!
Mister Noi mit seinem feuerroten Tuktuk fängt mich am Bahnhof ab und fährt mich zum LungChumniVillage, meiner Unterkunft für die nächsten Tage.
Aber Ayauthaya, das ist bereits eine andere Geschichte, und dazu später mehr…

P.S.
Wenn man in einer Verkehrsmässig kollabierten Stadt wie Bangkok das
Gefühl hat, endlich durchatmen zu können, dann weiß man, dass man mit
Kettenrauchern unterwegs war.

Ich plädiere hiermit für dedizierte Raucherreisen!

Ich bin dann mal fort … in Bangkok

Bangkok, Thailand

Der erste Schritt ist nun unweigerlich getan, ich bin fort, ich bin unterwegs. Angekommen, wo auch immer bin ich noch nicht.Vor allem gefühlsmäßig. Vorgestern zeigte sich wieder einmal, dass Abschied weh tut, vor allem,
wenn mich solch herzliche Anteilnahme erreicht, mit der ich nicht
gerechnet habe.
Wenn ihr das liest: der Schutzengel hängt neben mir am Rucksack!
Und daneben ein kleines Fatima’s Auge gegen den bösen Blick.
Eigentlich
alle Menschen, denen ich heute begegnete waren ausgesprochen
freundlich, da sind solche Talismane derzeit nicht nötig,. Um knapp 23:00 Ortszeit, bei annnähernd dreißig Grad im Freien bei einem kühlen Singha-Bier zu sitzen, hat etwas Irreales: Gestern noch hielt mich Dauerregen und Kälte umfangen, und vorgestern war allgemeine Verabschiedung von Arbeits-Kollegen. Aber per WLAN und Mobilfunk bin ich noch genauso mit daheim verbunden, als wäre ich niemals geflogen…
Nach meiner Ankunft in meiner Unterkunft habe ich mich aufgemacht und mich mit einer traditionellen Thaimassage „quälen“ lassen – ist recht schmerzhaft, sich die Verspannungen der letzten Wochen wegmassieren zu lassen, aber irgendwie auch befreiend.
Dann habe ich meinen ersten Kampf mit dem lokalen Mobilfunk nach Punkten gewonnen – nach viel Belustigung von Supermarktpersonal habe ich sogar zwei SIM Karten fürs Handy bzw.Modem gekauft, das Guthaben der einen reichte immerhin für eine SMS. Kann allerdings auch sein, dass meine verzweifelten Versuche, eine nicht auf Thailändisch erfolgende SIM-Karten-Aktivierungsansage zu erhalten zu viel des Guten waren – es ist schlicht unmöglich, auf einem Touchscreen, der sich abschaltet Tasten zu drücken … wer denkt sich so etwas nur aus – ach ich vergaß: es ist Winzigweich Mobile…
Weihnachten scheint hier ausgesprochen populär geworden zu sein – alles ist voller Weihnachtsdeko – zum Teil etwas kitschig, ingesamt aber recht hübsch – nur nicht bei tropischen Temperaturen nonstop Jingle bells und Santa Clause is coming to town hören zu müssen… Der lange Marsch durch die Stadt Morgens bat ich als erstes um einen Zimmerwechsel, das erste hatte ein Fenster zur Haupstraße hin – auch mit Oropax schienen die Fahrzeuge noch mitten durchs Zimmer zu fahren.
Jetzt habe ich stilvollen Ausblick vor eine Wand und Klimabrumm – immerhin 50 dB weniger und gleichmäßig. Nach einem ausreichenden Frühstück bin ich losmarschiert: durch die Massage Parlour Gassen vorbei an vielen vielen Sextouristen, durch ein Universitätsgelände, mit dem Boot, in und um Wats, um dann in Chinatown an einem Straßenstand fried noodles in spicy mit chopsticks zu essen. Lecker. „20 Baht – all day long!“
Wahrscheinlich fallen immer noch genügend Leute darauf herein, auf die „Touts“ – die Schlepper. Kommen wie aus dem Nichts, schaffen geschickt den Gesprächseinstieg und treten ja auch recht überzeugend auf, obwohl jedem der gesunde Menschenverstand sagen müsste, dass zum Preis von Zweidrittel Litern Benzin niemand einen ganzen Tag herumTukern kann. Um die Khao San Road herum ist das Publikum anders, hier sind es mehr die Jüngeren, Ausgeflippten, Ausgestiegenen und Verwahrlosten – Partymachen, billigst essen und trinken und sich wegdröhnen – in Sikumvhit trieben sich mehr die Vereinsamten herum, beim Versuch sich etwas Liebe zu kaufen.