Pai, Thailand
Auch wenn am Wasserfall übergroß angeschlagen steht, man möge seine Unterhose doch herunterlassen, habe ich nicht blank gezogen. Man weiß hier ja nicht so genau, bevor man sich versieht, tut sich vor Scham die Erde auf und weg ist man vom Angesicht der Erde. Von Fischfutter zu Wurmfutter „in just one day“, nein, das geht mir dann doch zu schnell.
Ursprünglich wollte ich heute kochen lernen, aber ich dachte mir, ein Frühstück zu haben, bevor man sich über Stunden mit Essen und seiner Zubereitung beschäftigt, so ein Frühstück, ja, das wäre nett. Meine Zweifel, ob dies in einer Dreiviertelstunde zu bewältigen wäre, waren berechtigt. Ich bin in Südostsien und selbst betriebsame Hektik verspricht nicht unbedingt ein schnelles, erwünschtes Ergebnis.
Da helfen keine vorherigen Hinweise, erst recht kein Gejammer. Das Frühstück wird, irgendwann, pünktlich zum Start des Kochkurses. Dumm nur, dass der an einem anderen Ort stattfindet, und ich nicht an zwei Orten zur gleichen Zeit sein kann. Vielleicht ist dass aber auch besser so, es gibt ja bereits zuviele Schizophrene auf der Welt, man muss nicht überall gleich dabei sein.
Konzentriere ich mich also auf mein Frühstück und verbalen Austausch mit Peter, dem das Hostel hier gehört. Man sprich deutsch, mal wieder. In etwa mein Alter, scheint es durchaus eine Lebensperspektive zu sein, sich mit einem Gasthaus in Nordthailand auf den Ruhestand vorzubereiten, ist er immerhin bereits der zweite in drei Tagen mit vergleichbarer Biographie.
Es geht dann gegen Elf in den Ort hinunter, ApplePai bietet iPod Befüllungen an, da wollte ich doch mal schauen, wie es dort zugeht, aber Montags scheint Ruhetag, vielleicht aber auch Nachtschicht angesagt zu sein, der Laden ist zu.
Ich organisiere mir dann ein Rückfahrtticket nach Chiang Mai und einen Scooter. Auf die Frage nach Insurance antworte ich als sicherheitsbewusster Bürger natürlich „I am German, please give me all insurances you have“
Ist relativ risikolos die Aussage, denn es gibt nur zwei Versicherungen, eine gegen Diebstahl und Verdunstung und eine gegen Unfall und Zerstörung. 40 Baht jeweils pro Tag, da überlege ich doch nicht lange, ob ich mir nicht die – theoretische – Option einer Youtubegerechten Scooterabwrackung offen halten möchte. Der englischen Familie aus dem Minivan begegene ich unterwegs, ein Hund wollte in Zusammenarbeit mit einer glitschigen Straße dem Vater diese Option eröffnen, aber außer einem schmutzigen Bein ist Mensch und Maschine zum Glück nichts passiert. Den Plan, über Mae Hong San mit der Honda zurück nach Chiang Mai zu fahren, hat man nach dem Ereignis allerdings aufgegeben und nimmt den Kleinbus. Hmm, Hunde.
Pai Canyon ist auch weniger als der Name verspricht, ein erodierender Schmutzhügel mit Fernblick, ins Tal, aber ein Canyon? Da schon eher, die nicht in der Karte verzeichnete Erdspalte, die sich eines Novembers hier in der Nähe unerwartet auftat. Klein aber fein. Man sieht, die Befürchtung zu Eingang meines Beitrages ist nicht absolut unbegründet.
Oder vielleicht der größte Mangobaum Thailands (wer auch immer das beschlossen hat)?
Gegenüber kann man immerhin für Verwirrung und Personalrotation sorgen, wenn man als nicht Thai sprechende Langnase etwas zu Essen bestellt. Immerhin günstige 25 Baht für „Mixed Fried Vegetables“ mit Reis.
So, das waren auch schon im Wesentlichen die heutigen Erlebnisse von Lord Helmchen auf seinem Tiefflug durch eine Thailändische Hochebene.
Ach, da gab es noch eine Bronzebuddhafigur mit Wasserkopf. Nicht dass der Kopf unförmig wäre, nein, nur hohl und auf mystische Weise sondert die Figur Wasser in diesen Hohlraum ab. Heiliges Wasser sozusagen. Nun habe ich doch noch die Hosen heruntergelassen – von Bambus umzäunt und dann ging es in meiner dunkelgrünen Schwimmbux in die Thermalquellen. Natürlich nicht ganz oben, denn dort hat das Wasser eine Temperatur von 80 Grad Celsius, und auch wenn ein Schild darauf hinweist, dass das Eierkochen verboten sei, sprach unser Hostelowner und die vielen herumliegenden Eierschalen eine andere Sprache.
Bei gefühlten 39 Grad habe ich dann im Wasser gesessen und meinen China Knigge abgeschlossen. Vielleicht war ich in einem früheren Leben Chinese, vieles darin Aufgeführtes kommt mir nicht abwegig, sondern absolut nachvollziehbar vor. Gestern stand die Besichtigung der Lod Höhle auf dem Programm: zwei Höhlen mit Laternenmädchen, aber kein Bambusfloß – war nicht so einfach klarzumachen, dass ich zwar in die Höhle, aber NICHT aufs Floß wolle. Vielleicht hat man sich aber auch absichtlich schwer von Begriff gemacht, denn mit Floß kostete es das Dreifache und die vielen Flößer wollen ja auch beschäftigt sein.
Ohne Floß kann man die dritte Höhle zwar nicht besichtigen, aber ob sich dort revolutionär neue Ansichten geboten hätten, wage ich zu bezweifeln. Mir reichte es, permanent von der Gaslaterne geblendet und durch Abwärme verschwitzt durch die Höhlen zu stolpern.
Die Fahrt mit dem Roller dorthin (~50km), mit Kaffeestop auf einem hohen Pass, war landschaftlich sehr schön. Zur Sicherheit, vor der Rückfahrt noch einen kurzen Ausflug in die Gegenrichtung auf der Hauptstraße gemacht und in Soppong getankt. Wer weiß schon, ob halbvoll auf der Tankanzeige auch halbvoll im Tank bedeutet… Bei einem Frozen Latte Caramel Shake bekam ich eine biblische Belehrung: Jemand tippte mir an die Schulter und dann in seine Bibel, Thai-Englisch: „Go and cnosult your husband and then come here“.
Ich las dem etwas weggetretenen Mann seine Textpassage vor und sagte, „Yes, I am here“ und er verschwand. Pai ist eine große Ansammlung seltsamer Menschen. Gleich geht es wieder hinunter in den Ort, zu einer Art Verabschiedung, morgen geht es für mich zurück nach Chiang Mai, denn ich bevorzuge bereits einen Tag vor meinem Weiterflug in der Nähe des Flughafens zu sein. So wie (und durch wen) hier gefahren wird, scheint mir auch eine längerfristige Fahrverzögerung nicht ganz unwahscheinlich… German Angst vielleicht…
Mit meiner Riesenreisetasche auf dem Roller werde ich nach dem Frühstück (Müsli!) zur Busstation düsen.