Back in Town

Germany, Germany

Mit dem Zug zum Flug zum Zug. In Nagoya scheint trotz des feucht drohenden Wetters Samstag Morgen Volkswandertag zu sein, der Zug platzt aus allen Nähten, bis zwei Stationen vor dem Flughafen die versammelte Rentnerschaft aussteigt und losmarschiert.
Zwölf Flugstunden später die Landung in Frankfurt, der Flieger parkt irgendwo im Nirgendwo und die eingesetzten Shuttlebusse kurven glatte zwanzig Minuten herum. Dies liegt nicht nur an Bauarbeiten, sondern auch an Passagiertreppenfahrern, die meinen querstehend auf der Fahrspur ein Schwätzchen halten zu müssen.
Mein Gepäck lässt an der Gepäcksausageb auf sich warten. Mittlerweile eine Stunde nach Landung frage ich an der Gepäckermittlung. Ja da könne ich auch lange warten, denn wenn man wie ich bis Köln im Zug durchgecheckt ist, dann landet das Gepäck an der Gepäckausgabe am Fernbahnhof. Das müsse ich doch wissen!?
Und woher solle ich das wissen?
Das hätte man mir bei Checkin sagen müssen!
Oh willkommen, Frankfurter Flughafen oh Nabel der Welt, natürlich weiß alle Welt, und jeder Flughafen darüber Bescheid, dass es hier DIE Gepäckausgabe und DIE Gepäckausgabe gibt!
Ich enteile in Richtung Fernbahnhof, denn meine Abfahrtszeit des Zuges rückt näher.
An der Fernbahnhofgepäckausgabe steht meine Tasche einsam in der Gegend und ich leiste ihr Gesellschaft.
„Und sie sind?“ fragt mich jemand. Ein Aufpasser, Zöllner oder wer weiß was.
„Ich bin der Herr … und das ist meine Tasche. Er kontrolliert den Gepäckabschnitt.
Es wäre ja vielleicht hilfreich an der Gepäckausgabe eine Information anzubringen, dass im Anschluss Bahnreisende ihr Gepäck hier und nicht dort finden. Wenn ich nicht nachgefragt hätte, würde ich noch immer dort stehen.“ erwähne ich.
Und erneut werde ICH (und die Fluglinie) zum Verantwortlichen deklariert:
Darüber müssten die Fluggesellschaften beim Checkin informieren. Und es gäbe Durchsagen. Dann eine Einschränkung, vielleicht nicht immer, aber bestimmt alle zehn Minuten.
„Tut mir leid, ich habe lange gewartet, aber es gab ganz sicher keine einzige Durchsage. Kein guter Service.“ lautet meine Antwort.
Pahh, dafür könne Frankfurt doch nichts, und und und…
„Tut mir leid, keine Zeit, aber ICH muss zum Zug!“, und lasse die Gelegenheit verstreichen, eine sinnfreie, aber vermutlich hitzige Diskussion zu führen. Denn einsichtig scheint hier niemand zu sein, dass es kein Problem der Japaner ist, wenn Frankfurt unorganisiert ist und Passagiere schlecht informiert. Es geht doch auch anders, wie andere Flughäfen zeigen.
Im Zug gibt es natrülich keinen Platz 32B, aber kein Problem, im Abteil sind nur wenige Plätze belegt, so dass freie Sitzwahl herrscht.
Ich werde dann in Köln von Freunden am Bahnhof abgeholt, nicht ohne dass mich eine Frau um einen Euro oder fünfzig Cent „für ’ne Pommes“ anquatscht. Alles klar. Wieder daheim.
Auch die Wohnung ist noch, wie ich sie verlassen habe und nach und nach erwecke ich meine schlummernden Haushaltgerätschaften zu neuem Leben.
Mein WLAN braucht besondere Behandlung per Kabel, da mein (zum Glück bereits gekündigter) Provider wieder einmal der Meinung ist, meinen Router auf „sichere“ WEP Verschlüsselung mit Initialpasswort zurückzusetzen. Darum kümmere ich aber erst nachdem wir in einem gerade neu eröffneten Restaurant um die Ecke eine Pizza essen waren. Hier nochmals danke an alle, die mir geholfen haben und mich unterstützt haben und dafür gesorgt haben, dass meine Reise und auch die Heimkehr so ablaufen konnte, als wäre ich nur mal eben fort gewesen! Zeit für ein bisschen finaler Stastistik: Insgesamt habe ich zu Fuß in der Zeit weit über 1000km zurückgelegt. Laut meiner Waage habe ich Acht Kilo abgenommen, nicht ganz das selbstgesteckte Ziel von 10kg erreicht, aber jetzt beginnt ja der Sommer… Was hat die Reise gekostet?
Natürlich zuerst einmal ein halbes Jahresgehalt, denn wer nicht für die Firma arbeitet, bekommt von der Firma auch kein Geld.
Ich habe kein Haushaltsbuch geführt, sondern erst nach fünf Monaten grob zusammengezählt, was ich bis dahin an Bargeldern aus dem Automaten gezogen habe und welche Summen sich aus den Kreditkartenabrechnungen und vorherigen Rechnungen ergaben.
Auch weil sich der Wechselkurs zum Euro während des halben Jahres erheblich verändert hat, ist mir eine ganz genaue Zuordnung zu einzelnen Kategorien nicht einfach möglich.
Hier das fehlerbehaftete Ergebnis für mögliche Nachahmer: Unterkunft: 2500 Euro
Sprachschulen: 2300 Euro
Flüge: 2400 Euro
Züge und Busse: 800 Euro – JapanRail Pass hätte sich für meine Etappen nur durch den vorher deutlich besseren Yen-Wechselkurs und selbst dann nur knapp gelohnt
Rundreise Myanmar; 1200 Euro
Visagebühren: 250 Euro
Alles andere: 2800 Euro Alles zusammen ~12.000 Euro Drei Wochen Japan kosten mehr als Drei Monate in Thailand oder Laos. Und Geld fürs Essen etc. hätte ich daheim ebenfalls ausgeben müssen… Ob ich meine Chinesischkenntnisse noch verfeinern werde oder sie für
mich nützlich sein werden wird die Zukunft zeigen..
Weiterbilden soll man sich heutzutage ja permanent, Lebenslanges Lernen, wie es so schön heisst. Auch auf Reisen.
Nach der Reise ist vor der Reise.
Ich glaube ich brauche jetzt erst mal Urlaub 😉

Sayonara Japan

Nagoya, Japan

Gestärkt durch ein Wasabi-Soya-Frischgemüsebaguette geht es im Hiraki Shinkansen nach Nagoya. Vorbei am Fujiyama, auf den ich ein paar Minuten lang freien Blick habe.
Das gebuchte Ryokan ist mit allem Komfort ausgestattet, hier werde ich meine letzten beiden Nächte auf japanischen Boden vermutlich gut verbringen. Die Burg von Nagoya brannte im Zweiten Weltkrieg nieder, man hat sie 1959 wieder aufgebaut, so mit schickem Betonkern und auch den praktischen Aufzug dabei nicht vergessen. Ist ja auch viel bequemer, bei knappen Dreißig Grad hochzufahren und herunterzulaufen…
Später fiel es dann wohl jemandem ein, dass es Rollstuhlfahrer nicht durch den kleineren Donjon in den großen Donjon schaffen und hat einen weiteren Betonaufzug von außen drangeflanscht – zum Glück kann man das häßliche Ding auf Bildern hinter einem Baum verstecken. Dabei hätte es eine Auffahrrampe über die Treppenstufen durchaus getan…
Im Innenhof errichtet man derzeit (bis etwa zum Jahre 2018) den ehemaligen Hammuru Palast (ebenfalls mit im Krieg abgebrannt), aber auf traditionelle Weise, mit Nut und Zapfen, man kann den Handwerkern zum Teil bei der Holzbearbeitung zuschauen. Wie in der Burg von Kumamoto.
Ich musste bei solcher Wiedererweckung der Vergangenheit an das geplante Berliner Stadtschloß denken, was immerhin derzeit aus Kostengründen auf Eis gelegt wurde. Ob die Konstruktion hier komplett durch Spenden finanziert wird, kann ich den Kanjitafeln nicht entnehmen, aber ich bezweifele es, denn auch Japan ist bekannt dafür, dass es über seine Verhältnisse lebt.
Auch Obdachlose gibt es eine Menge zu sehen, sie werden nur ziemlich geschickt abgedrängt zu Plätzen, wo sie nicht so auffallen, den optischen Gesamteindruck stören, schlecht fürs Feng Shui sind. Wovon die leben?? Vom Leergut sammeln jedenfalls nicht, denn das ist hierzulande nichts wert, fleißig wird jede Einwegflasche noch in ein zwei zusätzliche Plastiktüten verpackt und wieviel Strom die unzähligen gekühlten Verkaufsautomaten in der prallen Sonne verbrauchen, darüber denke man mit ökologischem Bewusstsein lieber nicht nach. Die Bildersymbolik erschließt sich mir auch nach Monaten in Asien nicht, aber ich glaube die Japaner sind da noch etwas spezifischer als die Länder drumherum: Ich kann ja noch nachvollziehen, dass Michael Jackson posthum mit einer Horde drolliger Comicaffen beworben wird, denn die sehen nett aus, und die Nasenform passt, aber weshalb auf mancher Straßenbeschilderung ein Auto durchgestrichen wird und ein stattdessen ein Fisch empfohlen wird??? Esst mehr Sushi? Schwimmt? Sei kein Fisch, oder doch? Leider ist das Foto eines Headbangers mit einer Zipfelmütze misslungen, er war zu schnell im Schatten mit seinem alternativen Hoolahoop Ring. Sah komisch aus, ich glaube ich würde nach Dreißig Sekunden kot.en:-)
細かく刻ん ;だ午
後は私の目 ;の前に溶Ӕ 9;る (Komakaku kizan da gogo wa watashi no me
no mae ni tokeru)(Frei nach guter asiatischer Tradition, irgendwo zu sitzen, den Augenblick zu durchdringen und der Nachwelt ein paar Zeichen, fein kalligraphiert zu hinterlassen, wurde ich lyrisch und habe mit nur mäßigem Erfolg meine Vorstellung in die moderne Übersetzungsmaschinerie eintrichtern können.) Der fein zerhackte Nachmittag zerfließt vor meinen Augen. Und nicht nur der Himmel, die Zeit verrinnt – auch das Geld. Da glaubst du einen kurzen Augenblick, du hättest zuviel Geld aus dem Automaten geholt und könntest es nicht mehr alles ausgeben und dann stutzt du beim Bezahlen und stellst fest, dass du stattdessen zuwenig Geld hast und auf der Strecke zu bleiben drohst, denn der Weg zum Flughafen ist weit und nicht umsonst.
Also erneut an den Automaten, ein kleines Häppchen Liquidität noch einmal, reichlich für den Tag und ein einfaches Abendmahl, so denkst du, und dann kommt die Metro und der Regen, der endlose Regen, der es dir nicht erlaubt zu Fuß und ohne den tollen großen Regenschirm quer durch die Stadt vom Schrein zurückzulaufen, also nochmals Metro, und dann noch einer dieser Convenience Stores, die es überall und ausschließlich gibt und dort noch einen Nachmittagssnack und Gerstenbrause und einen Joghurt für den frühen aufbruch morgen geholt, und wieder ist es vorbei mit der Liquidität. Trocken gelegt, ganz im Widerspruch zur Außenwelt. Für ein Coco-Abendcurry wird es noch reichen, und mehr muss auch nicht, aber Bargeld kann man in Japan NIE genug haben. Aber so ein Nachmittag mit geballtem Nichtstun, nur etwas Lesen, Tee, Kaffee, vielleicht noch ein bisschen Gepäckkontrolle für den finalen Flug, mit Blick auf den Garten, wie er schön im Regen glänzt – so ein Nachmittag der hat auch etwas für sich. Tiefsinnige Reflektion darüber, was diese Reise nun für mein Leben bedeutet, wie sich mein Horizont erweitert hat, ob es eine Zeit des Müßiggangs war, ob es sich gelohnt hat – das alles kommt mir nicht in den Sinn. Vielleicht später, vielleicht nie.
Zu bereuen gibt es jedenfalls nichts. Reisen zu können, ohne zu müssen, einfach so vorbeischauen, verweilen oder auch weiterziehen zu können, Tag um Tag, Woche um Woche und sich dabei nie fragen zu müssen, wie man nur die nächste Zeit überstehen kann, ist Freiheit, ist Luxus. Unglaublicher Luxus. Wie gut, wenn man nicht Luxussüchtig ist, und sich hoffentlich nicht zu sehr daran gewöhnt hat.

Toki-Ohh

Tokyo, Japan

Laut Nachrichten hat es bei meiner Ankunft in Tokio gebebt – ein gutes, oder ein schlechtes Zeichen? Ich habe im Zug jedoch nichts davon mitbekommen und alle Menschen verhielten sich nicht ungewöhnlicher, als es die Menschen in Japan tun.
Was mir jedoch sofort auffiel, war die Vielzahl ungewohnt schriller Gestalten. Ich hielt dies für ein besonderes Kennzeichen von den ganz großen Städten, aber nach ein wenig Onlinerecherche komme ich mehr zur Überzeugung, dass ein nahe gelegenes Schwulenviertel die Ursache dafür ist.
(Dies erklärt mir im Nachhinein die äußerst seltsamen Blicke, die mir ein Asiate zuwarf, als ich anscheinend inmitten einer Cruising Area herumstand und mein GPS nach der korrekten Richtung zum Hotel befragte 🙂 Tagsüber ist vom seltsamen Treiben nichts erkennbar, vor allem wenn man kein Kanji lesen kann. Und selbst am Abend finden sich fast ausschließlich geschlossene Türen – bis auf die unzähligen Sexshops, die sich bei Tage hinter Rolläden versteckten. Wenige lesbare Webadressen verweisen auf Escortdienste.)
So ist es hier in Japan – man ignoriert „das Problem“ und beschäftigt sich ausgiebig damit hinter verschlossenen Türen 🙂 Mein Hotelzimmer hier in Tokyo ist etwas eigenartig – ich habe ein Schaltpanel am Bett, mit sage und schreibe 28 Tasten für Licht und Luft, im Bad ein Jacuzzi oder Jetbath (was ich noch feststellen muss), aber keinen Handtuchhalter. Und es brummt permanent etwas. Unter anderem Moskitos, die mir heute früh ein Riesenhorn auf der Strin verpasst haben, aber wenigstens habe ich einen der Blutsauger nach seinem Frevel erwischt. Ein erster Streifzug durch die Stadt vor dem Checkin führte mich durch einen recht großen Park, der nur 100m entfernt ist. Verschiedene Gartenstile waren dort gegen Eintritt zu durchwandern. Nett.
Anschließend quetschte ich mich durch eine Shoppingzone in ein Curryrestaurant.
Ich war zuerst etwas angenervt von zuvielen übertakelten Shoppingdrohnen, ferngesteuert auf der Suche nach dem Luxusschnäppchen, die in Rücksichtsloser Manier durch die Straßen zischten, aber in den Seitenstraßen gewannen „normalere“ Menschen die Oberhand. Wie ich mittlerweile festgestellt habe, lässt sich fast die gesamte Strecke zur Shinjuku Station auch unterirdisch zurücklegen, das halbe Viertel scheint unterhöhlt zu sein. Laut dem Wetterbericht sollte es gestern leicht regnen (hat es auch den ganzen Tag, und nicht nur leicht) und ab heute sollte Starkregen und Gewitter einsetzen. Also kaufte ich mir im nächstgelegenen Convenience Store den größten verfügbaren Regenschirm, denn so ein Knirps kommt gegen Taifun-Wassermassen nicht an. Heute morgen sieht die Welt jedoch wieder anders aus, es scheint die Sonne und das Gewitter ist aus den Vorhersagen verschwunden. Ich stelle wieder einmal fest, dass in Japan der Wetterbericht eine Halbwertszeit von zwei Mahlzeiten hat.
Nehme ich meinen Siebzig Zentimeter Schirm nun mit, oder nicht? Aus Ermangelung von Schaumbad (trotz Zwölf Flaschen mit Ingerdienzen von Haarwasser über Moisturizer, Lotion, Facecleanser…) verwendete ich ein wenig Bodysoap und Shampoo für meinen Wannentest. Unglaublich, wieviel Schaum so ein Jacuzzi aus so wenig Seife erzeugen kann! Bei 30cm Schaumstand im Bad stellte ich die Turbinen ab und betätigte mich als Schaumschläger 😉 Es gibt hierzulande interessante Dressings zu den ansonsten global einheitlichen Sandwiches – neben lemon creamy und basilikum mayonaise gibt es meinen Favoriten wasabi soja.
Es muss ja nicht immer Reis oder Nudeln sein.. Gegenüber des Hotels gibt es auch ein Thairestaurant Hotpepper1, dass ein hervorragendes rotes Curry anbietet. Wettermäßig hatte ich heute bei meinen Streifzügen durch die Stadt (Per pedes von Tokyo Dome über Ueno nach Asakusa) wieder Glück – anfänglich tropisch schwül, blieb es trocken und warm. Morgen geht es dann für mich mit einer älteren Sorte Shinkansen nach Nagoya. Endspurt…

Theoretisch in den japanischen Alpen

Matsumoto, Japan

Am Bahnhof von Kyoto trennten sich die Wege, am Bahnhof von Matsumoto traf ich eine Krankenschwester und Karateka aus Süddeutschland. Sie war drei Wochen in Japan unterwegs; nach Matsumoto führte sie ein Tagesausflug zur Burg. Wir kamen ins Gespräch, auch ich wollte die Burg besichtigen, obgleich ich in meinem Reiseführer gelesen hatte, dass nur noch die Mauern vorhanden wären. Wie sich wieder einmal herausstellte, steht in Reiseführern viel Blödsinn und ich tendiere zu der Behauptung, sich nach ihnen zu richten ist Irreführung. Mein Hotel lag auf dem Weg zur Burg. Ein kurzer Zwischenstop dort zum Gepäckabwurf an der Rezeption und wir besichtigten die Matsumotoburg.
Diese ist nicht allzu groß, aber laut Eigenbeschreibung die älteste Burg Japans mit im Original erhaltenen Turm. Dass die letzten Jahrhunderte kein Feuer die Gebäude hinwegraffte, könnte wirklich am Schrein im Turm liegen, denn laut Legende versprach eine Göttin die Burg vor allem Unbill zu bewahren, würde man ihr dort mit einer Unterkunft und 600 Kilo Reis huldigen. Ich glaube, den Reis hat man mittlerweile entfernt. Wir unterhielten uns über das Alleinreisen, über neidische Kollegen, die sich wunderten, wie man es sich nur leisten könne zu reisen, und dass Alleinreisen doch unvorstellbar, ja das Allerletzte wäre…
Pustekuchen. Alles Pustekuchen, da waren wir uns einig.
Was führt jemanden nach Matsumoto? Eine Idee, ein Plan – da muss ich hin!? Oder einfach ein Blick auf die Landkarte, zack Mittendrin, Berge, mal schauen wie es dort ist, eine Burg auch nicht schlecht? Vielleicht von allem etwas.
Eine Zugfahrt durch die Berge ist etwas Herrliches, man schaut aus dem Fenster, in die Landschaft, der Blick gleitet über Bäume und Bergkuppen und die Gedanken schweifen. Auch in diesem Moment, als ich dies tippe sitze ich in der Bahn, auf der Weiterreise nach Tokyo.
Immer noch denke ich daran, wie sich Gefühle, mit Worten angemessen ausdrücken lassen. Ein einfaches Gefühl sollte doch mit einfachen Worten darzustellen sein, könnte man meinen, doch bin ich mir da nicht sicher. Vielleicht wenn man sich auf ein Erlebnis des Lesers beziehen kann, ala: „Wie in dem Moment, als Du Deine Tochter das erste Mal in Armen hieltst…“
Doch wer genau ist der Leser, die Leserin? Und sind sie alle gleich? Wenn jemand Alleinreisen als doof, langweilig oder gar mies erlebt hat, dann führt bei dieser Person jeder Bezug aufs Alleinreisen unweigerlich zu einem negativen Eindruck. Dabei gibt es genauso wenig DAS Alleinreisen, wie es DAS Leben gibt – für jeden Menschen, für jede Reise, ja für jede Etappe einer Reise kann es unterschiedlich sein. Natürlich gibt es ebenfalls die berühmten Höhen und Tiefen.
Um Abgründe zu vermeiden, in die man böse fallen kann, informiert man sich und plant oder organisiert. Planung mag für manchen Reisenden, den ich unterwegs traf ein Greuel sein. Da muss alles „authentisch planlos“ sein, vorgeblich schaut man erst vor Ort, wo und wie man unterkommt. Das kann auch schon mal in die Hose gehen, wenn der Flughafen nachts schließt und auch der 24h Burgerbräter nicht mag, dass seine Gäste in seinen Räumlichkeiten schlafen… Ist dann immerhin auch eine Erfahrung und so gibt es halt verschiedene Vorstellungen vom Reisen. Wichtig erscheint mir nur, dass man auf eine Art reist, die den eigenen Bedürfnissen entspricht. Und wenn man keine Ahnung hat, ob man mit etwas klarkommt – sei es Essen, die sanitären Anlagen oder die Schlafunterlage – ausprobieren!
Ein Reiseplan ist ein Hilfsmittel, kein Muss. Abweichungen davon sollten erlaubt sein, es macht keinen Sinn mit Gewalt passend zu machen, was nicht passend zu machen ist.
Interessanterweise kam mir bei Planung, verbunden mit dem Vorwurf des Strebens nach Sicherheit, der Bezug zur Meditation in den Sinn. Ich erinnerte mich an den Dhammatalk, als es hieß, Meditieren, sich Zurücknehmen, wäre wie ein Haus zu bauen, in das man sich zurückziehen könne, zum Schutz vor Wind, Regen und Eis. Ist man mental in der Lage, jede unbequeme, ungastliche Situation auf die man während einer Reise geraten könnte, unter Erhalt der inneren Zufriedenheit zu etragen und zu betrachten, so kommt man ohne Planung aus, kann sich treiben lassen. Aber hat ein dermaßen befähigter Mensch überhaupt noch den Antrieb zu reisen, und warum sollte er sich ohne Not in Unbill begeben?
„Wer sich in Gefahr begibt, der kommt darin um“, hat einmal ein schlauer Mensch gesagt.
Man kann also einen Reiseplan, als eine Unterkunft betrachten, auf die man sich zurückziehen kann und nicht als Gefängnis, aus dem man nicht ausbrechen darf. Manchmal braucht man auch einen Plan, um das Vorhaben genehmigt zu bekommen.
Ist alles sehr theoretisch und zeigt mir wieder einmal, dass sich selbst mit vielen Worten kaum jemand anderem beschreiben lässt, wie sich etwas anfühlt, wenn derjenige nicht Ähnliches erlebt hat, oder abweichende Wertvorstellungen hat.
In Matsumoto war es der Fall, dass wir einander verstanden und von Anbeginn gut miteinander kommunizierten. Generell ist Kommunikation auf dieser Reise ein zentrales Thema für mich, auch weil ich etliche Wochen mit dem Erlernen des Handwerkszeugs – einer fremden Sprache – verbracht habe. Man kann mit vielen Worten kommunizieren, es kann die gleiche Sprache sein, es können die absolut richtigen Worte sein und doch versteht man sich nicht. Zum Teil ist es einfacher, versteht man sich besser, wenn man keine gemeinsame Sprache hat und Kommunikation sich auf das reduziert, was man gemeinsam hat, das Menschsein, die Menschlichkeit. Die Erwartungshaltung reduziert sich, wenn man nicht per se davon ausgehen kann, der Andere würde einen schon verstehen. (Davon kann man nie ausgehen, aber die eigene Bequemlichkeit verleitet gerne zu der Annahme)
Ach ach ach, ich erlebe Allgemeinplätze der Kommunikationstheorie, erlebe wie Missverständnisse zu schmollendem Schweigen führen und Gelegenheiten unwiederbringlich verloren gehen. Eine Nachfrage, ein Rückkanal hätte ausgereicht, um die Situation beizeiten zu klären, doch der Achso-Effekt stellte sich zu spät ein…
Wie ich dies schreibe, kommt mir eine frühere Bekannte, eine Grundschullehrerin, in den Sinn, die mir meine Naivität vorhalten würde, und mit einem schier unglaublichen Repertoire an Kommunikationstheoretischen Termen die Realität erklären würde. Und bei dieser Erklärung spektakulär scheitern würde, weil ihre Erklärung unverständlich ist, und eine aus ihrem Blickwinkel perfekte Beschreibung aus einer anderen Perspektive in der Realität anders aussieht und fehlerhaft wird. So in der Art, ein Leben in 3D auf eine Oberfläche zu projizieren.
Kurz zusammengefasst: so eine Reise, insbesondere als Alleinreisender, der selbst organisieren und „sich kümmern“ muss, ist sinnvoller und lehrreicher als Zwanzig Kommunikationsseminare, in denen es dann heisst: „nun nehmt Euch an den Händen und lasst Euch fallen…“
Ich will zu guter Letzt auch die Möglichkeit erwähnen, dass es manchmal besser sein kann, NICHT miteinander zu kommunizieren. Mag sein, dass ich bis zu dieser Stelle einige Leser verloren habe, die für sich zum Ergebnis kamen, ich schwafele zu viel, ich möge mich doch kurz fassen, sie hätten doch keine Zeit für so etwas.
Für die anderen komme ich nochmal auf Matsumoto und einen Tagesausflug nach Kamikochi zurück.
Also, die nette Karate lernende Krankenschwester (schwarzer Gürtel 2ten Grades) fuhr am Nachmittag zurück zu ihrem einige Bahnstunden entfernten Unterbringungsort, ich ging Nahrung shoppen und checkte dann in mein steriles Businesshotel ein. Dort arbeitete ich liegengebliebene Bilder und Reisetage auf und fad nicht die Zeit und Mu&#x DF;e die umhersausenden Gedanken einzufangen. Den nächsten Morgen wollte ich mit dem Bus nach Kamikochi fahren und wäre beinahe an japanischer Finanzlogik gescheitert. Meine liquiden Mittel gingen zur Neige, doch Tickets gibt es nur gegen Bares. Es gibt einen Geldautomaten neben dem Fahrkartenschalter, aber sin*****weise hält man diesen bis Neun Uhr verschlossen. Es dauerte ein paar Sekunden, bis der guten Frau am Schalter dämmerte, dass dieser Automat DOCH (ich bestand darauf) nicht so hilfreich für mich ist, wenn ich den Bus um 8:50 nehmen möchte. Man zeigte mir dann auf einem Stadtplan einen dieser SevenElevens mit ATM. (Hier sei erwähnt, dass die ATMs dort, wie auch an vielen anderen Stellen hier in Japan keine Mastercard oder Maestro mehr akzeptieren – warum auch immer) Ich schaffte es noch rechtzeitig Geld und Ticket zu beschaffen und eine tolle Busfahrt in die Berge, vorbei an, und über, diverse Staudämme zu erleben. Sehr sehenswert!
In Kamikochi kann man in einem Tal wandern und ringsum erheben sich einige Dreitausender, darunter auch ein aktiver Vulkan. Ich marschierte denn man los, hatte Sechseinhalb Stunden Zeit bis zur Rückfahrt. Die einfache Rechnung war: Zwei Stunden Flußaufwärts, wieder zurück, dann noch je eine Stunde Flußabwärts, in Summe sechs Stunden…
Ich war zu langsam, die Zeitangaben zu sportlich, oder es war einfach eine zu schöne Strecke (mit selbstgewähltem Schlenker) mit vielen Fotomotiven, um das ganze Programm zu bewältigen. Ist schon erstaunlich, wie schnell die Zeit an einem magisch anmutenden Tümpel vergehen kann…
Die Zeit verging im Flug und viele Gedanken gingen mir durch den Kopf. Mit ein paar kleinen Pausen schaffte ich nur 19km und verpasste den See, der durch den letzten Vulkanausbruch vor Hundert Jahren entstand.
Ich kann jedem nur empfehlen, dort hin zu fahren und vor Ort in einem der tollen Hotels zu übernachten, oder zu campen! Denn landschaftlich (und Onsenmäßig) gibt das Areal für etliche Tage etwas her.
Auf der noch spektakulären Busrückfahrt – ein wenig müde gewandert, wie ich war – stellte ich fest, dass mich diese verflixten Japaner mit ihren Onsen angefixt haben. 😉 Es erschien mir unglaublich verlockend, den Bus in einem der Bergtäler, bei einem Thermalhotel zu verlassen und sich im heißen Wasser durchweichen zu lassen. Die heiße Hoteldusche war nur ein schwacher Trost. So. Dies war eine weitere, zugegebenermaßen lange, Beschreibung einer weiteren Etappe auf meiner Bildungsreise.
Nur noch ein paar Tage, beinahe scheint mir ein Morpheus immer eindringlicher zu mir zu sprechen, ich sei lediglich in einer Matrix, ich müsse endlich die rote Pille schlucken und in den germanischen Alltag zurückzukehren…

Wenn der Wurm drin ist…

Kyoto, Japan

…dann ist dies für Holzbögen oder Balken beinahe so übel, wie offenes Feuer. Ist zum Glück nur selten der Fall, und so wie es aussieht, kann jedermann durch einen kleinen Obulus für hölzernen, wurmbefreiten Ersatz sorgen. Der Shinkansen Nozomi war eine gewisse Enttäuschung, hatte ich mir doch mehr (Geschwindigkeit) erwartet. Aber bei knappen Dreihundert km/h war Schluss – kein bisschen ging die GPS kontrollierte Geschwindigkeit darüber hinaus. Durch die kurzen und wenigen Stopps lag auf der Strecke nach Kyoto die Durchschnittsgeschwindigkeit bei etwa 240. Ganz so schlecht ist dies dann doch nicht.
Die Zuginnenausstattung war schlicht, immerhin mit enormer Beinfreiheit. Ich bin hier in Japan ohne Japanrailpass unterwegs, da ich denke er lohnt sich für mich nicht und einen der Nozomi-Züge darf man damit nicht einmal benutzen. Ich werde hinterher meine Zugkosten aufsummieren und schauen, ob ich mit meiner Annahme richtig lag. Die Ankunft im Bahnhof von Kyoto war dank der Freiwilligentouristeninformation eine amüsante Angelegenheit. Wir brauchten doch nur eine Karte, doch dann wurde eifrig nach unserer Unterkunft gesucht. Obwohl ich einen genauen Lageplan mit roter Markierung besaß – „give us a chance“
Ok ok ok, aber es war irgendwann anstrengend dauernd hören zu müssen „must be somewhere here“ wo der Lageplan das somwhere genauestens, bei somewhere else angab.
Internet gab es im Hostel zuerst nur kabelgebunden, doch am dritten Tag wurde funktechnisch aufgerüstet und ich durfte die Funktion der Technik überprüfen – bis jegliche Verbindung zusammenbrach. Das WLAN konnte jedoch nichts dafür, dass jemand die Steckdosenleiste mit dem DSL-Modem ausgeschaltet hatte… In Kyoto gibt es viele viele Tempel, und ich habe in den drei Tagen längst nicht alle gesehen. Doch das Wetter war toll, und wir gingen, statt per Bus und Taxi kreuz und quer durch die Stadt zu huschen. Außerdem waren wir morgens nicht die Frühesten – auch dies reduziert das Besichtigungszeitfenster bemerkbar.
Zu den besuchten Orten gehörten Nijo Burg und Palast und der Kaiserliche Palast (Eintritt und Führung frei um 10:00 und 14:00), für den man sich vorher aber mit Pass registrieren und anmelden muss. Weiterhin der Fushimi Inari Schrein, Tofukujitempel, vom Nanzenji-Tempel über den Philosophenweg zur Silberpagode (Ginkakuji) und einiges mehr. Es waren um die Dreißig Grad und etliche Eiskremes und Automatengetränke waren zur Abwehr der akuten Überhitzung nötig.

„Höllisch“ dampfend

Beppu, Japan

Kann man in der Ferne Fernweh haben? Ist Fernweh überhaupt der richtige Ausdruck für das Bewusstwerden, dass die Tage in der Ferne gezählt sind? Ich wurde mittlerweile mehrfach per Email und Kommentaren darauf hingewiesen, dass ich mich mit dem Gedanken an Rückkehr anfreunden solle. Klang zum Teil wie eine Drohung. Manchmal wie eine Aufmunterung, über weitere Etappen zu berichten.
Aber einfach so verlängern geht ja nicht, der Rückflug steht fest, und noch bin ich ja nicht am Ende! Die letzten Tage war ich dadurch in Beschlag genommen, dass ich mit einer Deutschsprechenden Taiwanesin (Taiwanerin?) unterwegs war, so dass ich nicht die Zeit und Lust fand, den hochgeladenen Bildern auch etwas Text hinzuzufügen. Aufmerksame, regelmäßige Leser haben dies mit Sicherheit bemerkt. Ich nehme mir nun einfach mal die Zeit, aus der Vielzahl von Erlebnissen der letzten Tage Beppu aus dem Gedächtnis hervorzukramen. Am Bahnhof wurde Beppu als Beppüüh angekündigt, was recht gesächselt klang. Der Weg zu meiner Unterkunft führte mitten ins Rotlichtviertel – vielfach gab es 30 Minuten (was?) für 15.000Yen. Das gebuchte Ryokan hatte damit zum Glück nichts zu schaffen und besaß gleich drei Privatonsen neben zwei Geschlechtsspezifischen Bädern. Heiße Angelegenheit! Und endlich begegnete mir eine dieser tollen Raumschiff Enterprisetoiletten, auf denen man sich wie Captain Kirk vorkommen kann. Auch wenn es nur eine Lowtechvariante mit drei Spülprogrammen, ohne Heizung, Fön oder musikalischem Rahmenprogramm handelte. Da habe ich mittlerweile eine etwas besser ausgestattete Variante mit Sitzheizung kennengelernt, obwohl besser würde ich es nicht gerade nennen: der Sitz war zu heiß ist, und beim Versuch die Heizung abzuschalten, ist die Toilette abtsürzt – softwaretechnisch. Ein Reboot einer Toilette durch Steckerziehen – faszinierend! Zum Glück geht Abziehen völlig autonom und auch ohne Strom.
Die verschiedenen Spülungen habe ich dann sofort alle mal ausprobiert, aber ein Fan eines solchen Washlets bin ich dadurch nicht geworden.
Den bereitgestellten Yukata trug ich nur im Hause, wogegen man ab und an ganze Gruppen von Japanern (nur Männer) Sakeselig in Yukatas und Badeschlappen auf der Straße sah. Vor allem im Stadteil Kannawa dampft und blubbert es an allen Ecken und Enden aus dem Boden, sogar die Straße besitzt eine Quellheizung. Es gibt acht sogenannte Höllenonsen „Jigakus“ zu besichtigen, die, wenn man mal von der wenig Artgerechten Haltung ei***** Krokodile und eines Elefanten absieht, recht interessant waren. Ein paar Dampf- und Solegekochte Eier sowie ein komplettes, selbstgedämpftes Gemüsemenu gehörten natürlich zum Besichtigungsprogramm.
Mit dem Limited Expresszug und dem Shinkansen Nozomi ging es für uns dann nach Kyoto.

Heiße Provinz

Kumamoto, Japan

Gemütlich ging es mit dem Zug von Fukoaka nach Kumamoto, genauer Suizenji, einem Randbezirk der Provinzstadt Kumamoto. An einem verschnarchten Ort namens Omuta hieß es umzusteigen, zwei Expresszüge passieren zu lassen, und anschließend auf dem selben Gleis den fehlenden Streckenabschnitt zurückzulegen. Für meine Weiterfahrt nach Beppu in drei Tagen habe ich mir ein Ticket für den teureren Expresszug besorgt. Ansonsten hätte ich dreimal wechseln müssen und wäre zwei Stunden länger unterwegs. Express bedeutet allerdings auf der Strecke eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 50km/h…. Die Züge fahren pünktlich auf die Minute und erreichen ihr Ziel auch pünktlichst. Da fällt besonders unangenehm auf, dass meine per Funk mit der Atomzeit synchronisierte Armbanduhr seit Monaten um zwei Minuten vorgeht. Hier in Asien gibt es nun mal keinen Empfang des Signals. Dieses Meisterwerk der japanischen Ingenieurskunst lässt eine manuelle Veränderung der Uhrzeit jedoch nicht zu 🙁 Bei Ankunft am Zielbahnhof nutze ich die Gelegenheit, die japanische Version eines Dumplings zu probieren – er schmeckt wie die chinesische Standardvariante. Nach einem Besuch im Park fängt es an leicht zu regnen. Ich stöbere durch einen Supermarkt und dort strahlt mich Palettenweise Sushi an. Warum nicht einmal probieren? Dazu ein Fertigramen und als Dessert ein paar geröstete Erbsen, fertig ist das Abendessen. Während ich auf die Waschmaschine warte, versuche ich ein Bad im Etagenonsen zu nehmen, muss aber feststellen, dass das frisch eingelassene Wasser zu heiß ist. Ich glaube ich habe mir sogar den rechten Fuß leicht verbrüht, denn wenn das Thermometer an der Wasserleitung nicht lügt, hatte das Wasser eine Temperatur von 65 Grad. Wie Obelix sagen würde: Die spinnen die Japaner…
Mal abgesehen davon, dass ich hier in einem Irrenhaus abgestiegen zu sein scheine, ist es traditionell wie auch meine letzte Unterkunft im Ryokan. Die Checkout-Vorstellungen mit Neun Uhr morgens sind auch sehr seltsam…ich konnte allerdings Elf Uhr aushandeln, denn mein Zug geht um Viertel vor Zwölf und vorher zwei Stunden in der Gegend umherirren macht nicht wirklich Sinn. Das Sushi und das Ramen bildeten ein sehr gutes Abendessen. Zum rohen Fisch gab es auch eine Tüte mit Wasabii, der es in sich hatte.
Am heutigen Tag ging es zur Kumamoto Burg, die zwar anno 1604 erbaut wurde, aber viele Holzgebäude im Bürgerkrieg 1877 abgebrannt waren. Den Hauptturm hat man 1960 nicht gerade stilecht mit Betonskelett auf die Festungsmauern aufgesetzt, aber was ab 2000 restauriert wurde, wurde mit enormem Aufwand in originaler Handwerkskunst nach alten Aufnahmen und Zeichnungen wiederaufgebaut. Alles mit Nut und Zapfen, Fachwerk, Lehm und Intarsien, wie es anno Sechzehnhundert üblich war.. Das ist sehenswert und recht informativ. Und die originalen Festungsmauern sind um einiges imposanter als die in Fukuoka. Gerade musste ich beim Durchsehen meiner nächsten Etappen feststellen, dass ich es geschafft habe für zwei Orte zur gleichen Zeit zu reservieren – Adieu Osaka. Nicht immer ist es sinnvoll vorauszubuchen, denn hier scheint es momentan sehr ruhig zu sein und Hotels gibt es etliche – die zum Teil sogar günstiger als meine Bleibe hier sind. Bei besserer Leistung. Morgen geht es dann an Krater vom Vulkan Aso – wenn es keine giftigen Ausgasung gibt und das Wetter so prima bleibt wie heute. In die Luft geflogen… …ist zum Glück nicht der Vulkan. Der dampfte, qualmte und stank zeitweilig stärker als tolerierbar, aber ich bin zum Glück kein Asthmatiker, so dass mich die frisch geschwefelten Atemwege nicht umhauten. Immerhin haben wir ein perfektes Timing an den Kraterrand gelegt, denn gerade als wir mit unserer Besichtigungsrunde fertig waren drehte der Wind und das Gelände musste geräumt werden. Hüstel hüstel. Wenn schon ein Hubschrauber neben dem Wanderweg herumsteht, warum dann nicht einsteigen und selber durch die Lüfte fliegen? Mit Fünfundvierzig Euro pro Person nicht unangemessen teuer, vor allem wenn der Rundflug äußerst sehenswerte Ein- und Überblicke ermöglicht!
Auch Zugfahren in Kyushu macht Spaß, denn es gibt viel zu sehen und die langsamen Wagen unterstützen dies wunderbar. Darum empfinde ich meinen Umweg, auf dem mich der Zug nach Beppu morgen nochmals dicht am Vulkan vorbeiführen wird, keineswegs als Nachteil.

Konichiwa Japan!

Fukuoka, Japan

Am Flughafen Seoul fand ich wieder einmal meinen Flug nicht. Lag daran, dass er über eine Stunde später flog, als in meinem ausgedruckten E-Ticket angegeben.
Allerdings hat man mich per Email vor ei***** Zeit unterrichtet, aber wie das so ist, bei unmarkierten Änderungen in Emails – 20 von 21 Angaben bleiben gleich und die 21te, geänderte, die übersieht man 🙁
Immerhin besser eine Stunde zu früh, als eine Stunde zu spät.
Ein kurzer Flug später und ich lande am Flughafen Fukuoka. Ich immigriere mit der Fingerabdruckabnahme in Stereo und ratzfatz habe ich einen 2D Barcodeaufkleber im Pass.
Am ersten Geldautomaten in der Empfangshalle scheitere ich – im Nachhinein zum Glück – denn das Ding macht mir keine Vorschläge, wieviel Geld ich denn wohl haben möchte… Wie hoch das Limit ist, ist auch nicht angegeben. Also tippe ich 400000 ein und der Automat sagt mir, unzureichende Deckung. Zweimal.
Ich fluche, blödes Ding!
Aber ein Stück weiter steht noch ein Automat, der schlägt mir Zehn bis Fünfzigtausend vor – so wenig?
Und dann dämmert es mir: 400.000 Yen sind knapp Viertausend Euro – DAS bekomme ich nirgends aus dem Automaten…
Ich werde angemessen liquide und nehme den Shuttlebus zum Domestic Terminal.
Dort ist die Metrostation, am Ticketautomaten sehe ich etwas von 1000Yen Banknoten, also zum Schalter und dort ein Ticket kaufen. Kein Schalter, nur eine Information. Doch ein netter Mensch versteht mein (nicht vorhandenes) Problem und führt mich an einen der Automaten – einige davon nehmen wohl auch die druckfrischen Zehntausender aus dem Geldautomaten. Das Ticket kostet 250Yen und bringt mich ohne Umsteigen zur Gionstation, die etwa 100m vom gebuchten Ryokan entfernt liegt. Ich checke ein und lande in meiner ersten typisch japanischen Unterkunft. Es gibt ein Futon und es riecht nach Reisstroh. Macht einen guten Eindruck, obwohl ich die Erläuterung mit dem Duschraum und dem Bad nicht ganz verstanden habe – da muss ich gleich mal einen Blick hineinwerfen…
Wie ich soeben feststellen konnte und mit dem Hochladen dieses ersten Absatzes beweise, reicht ein WLAN bis ins Zimmer. Wem auch immer es gehört. Abends durch die Stadt zu streifen, komme ich mir vor wie eine Figur aus einem Roman Haruki Murakamis.
Es ist hier nicht so viel anders, als in China oder Korea – es ist aufgeräumter, sauberer und lebensleerer. Zumindestens in der Innenstadt sind kleine Kioske und Krämerläden komplett verschwunden. Ersetzt durch unzählige Verkaufsautomaten und größere Filialen einer Handvoll international operierender Convenience Stores. In den Straßen befinden sich mehr Verkaufsautomaten für Zigaretten (es gibt unglaublich viele), als Raucher, oft sind Rauchverbotszeichen auf die Bürgersteige gepinselt.
Wenn man in eine der Spielhallen mit Slotmachines hineinblickt, oder diese gar betritt, wird man dagegen von Qualm und vor allem vom Lärm geradezu erschlagen. Ich weiß noch nicht, was der Grund für das Ohrenbetäubende Getöse ist, zum Teil an der Schmerzgrenze, vielleicht behördlich angeordnet, um Besucher dazu zu animieren, nach kurzer Zeit wieder zu verschwinden. Wie betäubt starren viele Menschen jedoch schier endlos auf die blinkenden und flackernden Maschinen, die Comichelden-Videosequenzen abspulen. Ein trauriger Anblick.
Besser sind da schon die Spielhallen, in denen es um Amusement geht. Die Umwandlung von Geld in Spielmarken ist eine Einbahnstraße, man kann (wenn erfolgreich) die Eimer voller Münzen in eine Tokenbank entleeren, um sie dem Fingerabdruck bewehrten Spielmarkenkonto gutzuschreiben. Für den nächsten Spieltag, bis alle aufgebraucht sind. Interessant sind die Rabattstaffeln im Wechselkurs dieser Zweitwährung: Bekommt der sparsame Besucher für Fünf Euro nur 25 Märckchen, erhält er für 100 Euro dagegen mit 2000 das Vierfache.
Die Spielmarken verschwinden dann in einer Unzahl von Maschinen, in denen sie Hin und Her geschoben werden und in Schlitze und Öffnungen fallen und zu Auszahlungen, Ausspielungen oder auch Auslösungen von Bällen führen, die in einem gigantischen Wirrwarr von Rinnen, Aufzügen und Karussells durch die Apparatur flitzen. Die Einflußmöglichkeiten der Spieler beschränken sich auf den Zeitpunkt des Münzeinwurfs, manchmal kann er die Richtung wählen und mit Tastern die simulierten Walzen einer Ausspielung anhalten.
Wo sind die guten alten Flipper hin? Ich habe in ganz Asien bisher keinen gesehen.
Natürlich gibt es auch viele Videospiele: Rennen, Egoshooter, gemeinschaftliches Pferderennen oder Fußballwetten. Zum Teil verbunden mit dem Einsatz richtiger Sammelkarten von Spielern oder Comicfiguren. Hier in Japan kann man jedoch viel mehr ziemlich überflüssige, kitschig verspielte, oder durchdesignte Dinge kaufen, Gadgets. Da werden Tedddybären Lautsprecher in die Füße gesteckt oder sie zappeln sogar zur Musik. Ein knuffiger Anblick für nicht gerade kleines Geld. Länger anhören kann man sich das Ganze nicht, denn die Klangqualität ist mies.
Bis auf den Apfelkram gibt es in Elektrogeschäften scheinbar nur japanische Fernseher und Stereoanlagen. Koreanische Marken – Fehlanzeige. Dem Preisniveau in den Geschäften ist dies förderlich, im Sinne nach oben: wenn mich nicht alles täuscht liegen die Preise für Neuheiten wie 3D Fensehern um etwa Fünfzig Prozent über deutschem Niveau. Bei derzeitigem Yenkurs, der sich in den letzten Monaten allerdings auch übel verschlechtert hat. Krisenbedingt halt. Automaten für Bahnkarten bieten bei Auswahl von Englisch nur noch die Hälfte der Optionen: nur noch Shinkansen und Limited Expresszüge sind auswählbar. Und wenn man mit der regulären Bahnlinie für den halben Preis fahren, die Bahnhöfe, das Umsteigen erleben möchte? Dann muss man an den Schalter und dort ein Ticket kaufen. An Sushi habe ich mich bisher nicht herangewagt, bin aber auch nicht so der Rohfischfreak. Meine ersten Speisen lagen mir recht schwer im Magen, vor allem die lokale Ramen-Nudelsuppe aus einer mobilen Yataiküche- vielleicht fehlte ihnen der gewisse Pepp in Sachen Schärfe. Ein paar gebratene Gemüsegerichte mit ordentlich Knoblauch dagegen waren sehr bekömmlich. Das Preisniveau liegt hierzulande – wie zu erwarten war – deutlich über dem meiner vorangegangenen Länder dieser Reise: ca. Faktor Zwei gegenüber Südkorea und mehr als Faktor Vier gegenüber China. Die Museumskultur der Stadt ließ ich natürlich nicht links liegen – neben dem Asian Art Museum besuchte ich das Fukuoka Art Museum, jeweils 200Yen Eintritt, also zivile Preise. Letzgenanntes Museum liegt in einem Park, dessen See einem berühmten chinesischen Park nachempfunden sein soll – ich würde mit dem Steg quer durch den See auf den Westsee von Hangzhou tippen.

Zapping in Seoul

 

Seoul, Korea Rep.

Gegen Mittag in Seoul Innenstadt ein Taxi zu nehmen – davon kann ich nur abraten. Von wegen schnell eben mal mit dem Taxi… anstatt zweimal in der Metro umzusteigen – beinahe eine Stunde steckte ich im warmen Taxi im Stau. Und wenn ich dem Fahrer nicht mittels Blick auf die Karte nachgeholfen hätte, wohl noch viel länger.
Gepäck abladen, Ohrenstöpsel bekommen – there is construction going on – Aha, vielleicht nicht ganz die ideale Unterkunft? Und ab ins Nationalmuseum.
Auf dem Weg dorthin stelle ich fest, dass meine moderne Technik veraltet ist: der Metroplaner hat den Umzug des Museum vor einigen Jahren noch nicht mitbekommen – prima, ich stecke an einer Metrostation ohne Karte fest und ohne Ahnung, wie ich zum Museum komme.
Ein Informationsdisplay für foreign tourists stellt sich als der totale Flop in Sachen Nutzerführung heraus – Streckensuche gibt es auch nur auf Koreanisch 🙁
Das Museum ist toll und gegen Abend fast menschenleer – so lassen sich die Zeugnisse der Jahrtausende angemessen in Ruhe anschauen.
Ich kaufe endlich einen dieser tollen Mückentennisschläger mit Hochspannungsnetz – Vorhand, Rückwand, wenn es blitzt hat man das blöde Viech erwischt. 5Euro, eine gute Investition.
Und zum Abschluß meines Koreaaufenthaltes gibt es noch ein leckeres Barbeque…

Unter Hügeln

 

Gyejongju, Korea Rep.

Am Morgen wuchtete ich mein Gepäck aus dem vierten Stockwerk über schmale Stiege wieder herunter auf die Straße. Da auch meine schweren Kleidungsstücke wie die Wanderschuhe in der Tasche waren, ist sie eindeutig zu schwer, um komfortabel zu reisen. Ich ersparte mir die weiteren Treppen der Metro und nahm ein Taxi. Das benötigte eine halbe Stunde, denn der Verkehr Seouls ist morgens auf den Hauptstraßen eher Stop, Stop and Go.
War jedenfalls pünktlich am Bahnhof um dann im KTX mit zeitweise 300km/h gen Südosten zu sausen. Nach 100 Minuten umsteigen in einen eher bummeligen Zug um nach etwas über drei Stunden am Bahnhof des verregneten Gyeongju anzugelangen. Das Wetter soll die nächsten Tage jedoch deutlich besser sein.
Am Ausgang wollen mich „Taxi“fahrer in Empfang nehmen, die machen auf mich aber keinen seriösen Eindruck, wir verstehen uns auch sprachlich nicht. Die vor dem Bahnhof wartenden Taxis wollen anscheinend nicht fahren, also wechsele ich die Straßenseite und halte das erstbeste Taxi an. Dem Fahrer zeige ich die Adresse auf Koreanisch mit Hilfe meines Handys und für weniger als zwei Euro gelange ich flott zum Gasthaus.
Dort wartet eine traditionelle Unterkunft auf mich, allerdings mit persönlichem Sanitärzentrum. Das Bett ist ein recht dünnes Futon, aber harte Schlafunterlagen bin ich gewöhnt. Was sich eher als Problem herausstellt ist die traditionelle Fußbodenheizung, denn die ist in Betrieb. Sind nachts nur ein paar Grad über Null und traditionell meint auch Papierbespannte Holzrahmen als Türen, dennoch ist es im Raum zu warm, vor allem ist der Fußboden unter dem Futon heiß, so dass ich mir bald wie ein Steak auf dem Grill vorkomme.
Schlafe nach einer Futonverschiebung auch nicht allzu schlecht.
Als weitere Konsequenz meiner zu schweren Reisetasche besorgte ich mir in einer Postfiliale einen Faltkarton und werde die Chinesisch Bücher und ein paar Klamotten mit dem Schiff nach Deutschland schicken, 10kg Paket nach Deutschland sollen 28.000 Won, derzeit etwa 18 Euro kosten. Das ist es mir wert, zehn Kilo weniger durch Japan schleppen zu müssen… Während ich online die zunehmenden Spannung zwischen Nord und Südkorea verfolgen kann, habe ich bisher nichts davon im Alltag bemerkt. Auffällig sind dagegen die vielen mobilen Animationstruppen, die – auch in Seoul – für lokale Politiker mit Lautsprecherwagen, Jubelorgien und nett grüßenden Visitenkartenverteilerinnen unterstützen. Nächste Woche sind Kommunalwahlen, wi sagte so schön ein Koreaner: „Die einzige Zeit, an der sie nett sind“ Ich nehme mal an, er meinte die Politiker und nicht die freundlichen Damen, denn die machen mir einen ganzjährig freundlichen Eindruck.
Überhaupt macht das ganze Land einen freundlichen Eindruck – da gehe ich in einen großen Elektromarkt, die schönen, riesengroßen Flaschfernseher anschauen (scheinen mir hier eher teurer als daheim zu sein) und es bringt mir jemand einen Becher Kaffee.
Ich glaube nicht, um mich zu einem Kauf zu animieren, oder weil ich erschöpft und dem Zusammenbruch nahe erscheine…
Mit dem Bus fuhren wir zum Bulguksa Tempel und marschierten dann die Dreieinhalb Kilometer bergan zu einer Seongkramgrotte mit Buddhafigur drin. Etwas davor hing eine riesige Glocke, die man gegen eine kleine Spende mit einem großen Holzschlegel zum Erklingen bringen und sich etwas wünschen durfte. Nicht völlig Uneigennützig habe ich mit meinem Gong den Weltfrieden gewünscht.
Der Besuch der „Grotte“ selber ist etwas enttäuschend: die Figur sieht nett (und sehr frisch restauriert) aus, aber der Eingang ist mit einer Glasscheibe verschlossen, man kann nicht hinein, fotografieren darf man auch nicht und es wird weder erklärt noch gezeigt, wie es bei der Wiederentdeckung aussah, oder was wiederhergestelt wurde, etc.
Für Bilder müsste man gleich zehn Postkarten kaufen, die doppelt so teuer wie die Tempelpostkarten sind – nö…
Es ist zwar sonnig, doch nicht allzu warm, und vor allem recht windig. Wir probieren dann an der Bushaltestelle etwas Bibimbap, was Reis mit etwas Gemüse und Ei darstellt, was man ordentlich miteinander vermanscht. Naja – fried rice with mixed vegetables war bisher billiger und auch nicht schlechter. Es ist wunderbares Wetter, Zwanzig Grad und Sonnenschein, ideal zum Wandern durch den Mt. Namsan Nationalpark. Ein wahres Sammelsurium an Hügelgräbern, Statuen und Pagoden inmitten schöner Landschaft. Der Aufstieg zum Gipfel gestaltet sich anstrengend, aber nicht allzu kompliziert, da auf weiten Strecken sogar Treppen angelegt wurden. Der Abstieg jedoch, auf der anderen Seite lässt mich an der Wahl meines Schuhwerks zweifeln: es geht zum Teil im Klettermodus bergab, sogar abseilen muss ich mich ein Stück.
Mehrfach hört der erkennbare Pfad im Nichts, bzw. vor einem Abgrund auf. Hier weiter? Das kann doch niemals gutgehen! frage ich mich einige Male und kehre um, ohne den Hals zu riskieren. Tatsächlich fand ich dann doch noch einen gangbaren Weg.
An einem lustig plätschernden Bach liegen die Juwelen in der Wildnis. So in etwa zumindest. Ich glaub nicht, dass der winzige Teil eines Ohrringes, oder? echt und wertvoll ist. Wer geht schon mit echten Juwelen wandern??? Und habe auch keine Ahnung, ob es so etwas wie ein Fundbüro hier in der Stadt gibt und man dort Englisch spräche, und und und … und daher erspare ich mir die Mühe damit.
Am Ausgang des Parks verschafft mir in einem kleinen Restaurant meine Blindauswahl eines Gerichts eine hervorragende Koreanische Pizza mit einem eiskalten Bier auf der Terasse. So lässt es sich aushalten! Den darauffolgenden Tag ist es durchgehend bewölkt – Vorbereitung auf das morgen in Seoul zu erwartende Regenwetter. Es geht nachdem mein Paket in der Post steckt (Adieu!) zum Grab eines Generales (ein Hügel mit Sternzeichen drumherum) dann durch den Tumulipark mit vielen nett anzuschauenden Grabhügeln, die ordentlich frisiert werden: An einem Seil wird ein Rasenmäher gehalten und spiralförmig um den Hügel gefahren – Drei Personen pro Mäher. Aber die Schniittrichtung der Halme muss stimmen, sonst sieht es nicht aus.
In einen der Hügel kann man hinein und den Grabaufbau betrachten. Dort toben allerdings auch etliche Schulkinder herum, die natürlich alle meinen, Hello,hello zu rufen und eine Antwort zu erhalten. Kann ganz schön anstrengend sein!
Es gilt dann noch das Nationalmuseum und alles weitere, in Gehweite liegende zu besichtigen, um dann in ein Restaurant einzukehren und eine Abbildung eines Topfes mit Grün drin zu wählen – Ergebnis: siehe Bild. Im Süppchen stecken neben Shrimps auch Muscheln und natürlich Pepperoni. Dazu gibt es ein Sortiment mehr oder weniger scharfer Beilagen. Lecker.

Von der Traufe in den Regen in Seoul

Seoul, Korea Rep.

Am späten Abend lande ich in Incheon. Es dauert lange, bis meine Tasche auf dem Gepäckband auftaucht – sie ist völlig eingedreckt, ein letzter Abschiedsgruß vom großen Nachbarland?
Es wollen sich im Ankunftsbereich zwei „Taxifahrer“ an mich hereinmachen, aber mein No! rutscht mir recht giftig heraus, da zischen sie wieder ab. Wie ich schon schrieb: Zivilisationstechnisch ging meine Lernkurve in Richtung Keuleschwingender Urzeitmensch. Ich bin gespannt, wie hierzulande der Umgang miteinander ist.
Ein ATM macht mich liquide und ich finde problemlos die Bushaltestelle vor der Tür. An einem Ticketschalter bekomme ich mein Ticket für 9000 koreanische Won (6Euro) und sitze eine Stunde nach Landung im Bus. Es regnet recht heftig. Etwas mehr als eine Stunde dauert die Fahrt bis zur SinseolDongstation. Ich will der weiteren Wegbeschreibung folgen, überquere die Straße und stehe dann Zwanzig nach Elf orientierungslos im Regen – irgendetwas stimmt hier nicht. Ein Betrunkener will mich begleiten, wohin? und rät mir dann ein Taxi zu nehmen. An einer Herberge frage ich, aber man versteht mich nicht, oder will mir eine Unterkunft im eigenen Gasthaus andienen, dann kommen noch zwei Passanten, keiner kann mit meiner Adresse und Beschreibung etwas anfangen, der Dritte zückt sein Handy und ruft für mich in der Herberge an und nach ein paar Minuten geht es doch weiter: Ich hätte das andere Links als Links nehmen sollen! Ist doch ganz klar!?? Ich befand mich keine Dreißig Meter vom Eingang der Hostels entfernt…
Eine schmale, steile Stiege geht es in den vierten Stock mit Sack und Pack hinauf und ich erreiche mein ziemlich übersichtliches Domizil hier in der Stadt. Klein, aber macht einen sauberen Eindruck. Das WLAN ist allerdings ziemlich frickelig, nur mit einigen Anläufen bekomme ich den Anfang dieses Berichtes hochgeladen. Wettermäßig bin ich in ein mehrtägiges Regenloch geflogen. Die Sonne lässt sich nicht blicken, die Temperaturen liegen bei 15 bis 20 Grad. Zum Glück gab es mehr oder weniger lange trockene Pausen zwischen den Phasen feinen Nieselregens, dass ich meinen Regenschirm den ganzen Tag über nicht herausholen musste. Mein erster Ausflug ins koreanische Alltagsleben führte mich nach Yongsan Station, um dort meine Online reservierten Bahnfahrkarten abzuholen. Wie ich dort beim Studium meines Wählknochens feststelle, habe ich darin keineswegs die Reservierungsnummern abgespeichert. Nebenbei bemerkt verlangt der Kartenautomat auch ein Passwort für den Zugriff. Passwort?
Wenn ich schon einmal da bin, und sowieso an einen Schalter muss, dann kann ich es auch gleich versuchen. Gedacht getan, die junge Frau hinter dem Tresen versteht kein, oder nur wenigst Englisch, und nachdem ich gesagt habe, I have a reservation, but cannot retrieve my reservation number, steht sie wortlos auf und geht in den hinteren Berich. Ups? Nachfragen? Es dauert lange, und ich fühle mich langsam an das Serviceverständnis an Bahnticketschaltern in China erinnert…
Sie kommt nach ein paar Minuten jedoch zurück und geleitet mich an einen Informationsschalter. Die Frau dort spricht auch nicht wirklich Englisch und die Tatsache, dass ich ihr meinen Personalausweis für den Namen reiche, ihr aber die Reisepassnummer nenne, unter der ich die Reservierung tätigte, sind zuviel: Sie steht auf, geht an einen Schaltkasten und die Panzerglasscheibe des Schalters fährt knarrend, krächzend und knallend nach oben. Ich trete einen Schritt zurück, da ich befürchte, das schwere Ding fällt mir jeden Augenblick auf die Füße.
Dann dreht die gute Frau ihren Monitor zu mir hin und fummelt Tastatur und Maus zu mir herüber, damit ich die Reservierungsseite in Enlgisch anwählen und meinen Namen und Passnummer eingeben kann. Et voila: meine Reservierungsnummern tauchen auf und kurz darauf halte ich meine Tickets in Händen und weiß nun auch, von welchem Bahnhof der KTX Schnellzug abfährt.
Sehr hilfsbereit, obwohl ich ganz schön viele Umstände mit den Tickets gemacht habe. Ich hoffe die Scheibe lässt sich wieder herunterfahren… Organisatorisch ist Yongsanstation allerdings ein schwarzes Loch: Ich weiß, dass ich Metrolinie 1 in Richtung Daewhu nehmen will, aber sin*****weise gibt man nur Tracks 3,5 und 6 an, aber nicht welche Metrolinien wo fahren… Auch nicht am Bahnsteig. Ein guter Orientierungssinn hilft: ich kam mit der Linie 1, offensichtlich bedeutet hier Bahnsteig6=Linie1, und es kommt ein Zug und innen stelle ich erleichtert fest, es ist Linie1 in die korrekte Richtung. Yongsan ist wohl auch das Elektronikshoppingparadies Koreas schlechthin – ich bin zwar kurz in eine riesige Mall mit Hunderten kleiner eigenständiger Geschäfte gegangen, aber ohne konkretes Kaufbedürfnis und erkennbare Preisangaben gingen mir die vielen konkurrienden und auf mich einredenden Verkäufer auf den Zwirn. Ich verlasse die Metro Linie 3 am Palast, und besuche dort während einer Regenphase das Palastmuseum (Eintritt frei) und dann den Palast für 3000 Won, etwa zwei Euro. Alles fein restauriert, aber leblos erscheinend, fast wie in der verbotenen Stadt. Auch das anschließend Folkoremuseum ist kostenlos. Vor der Tür werden Schwerttänze zu lautstarker koreanischer Rockmusik aufgeführt. Anschließend gilt es etwas zu Essen, ich wähle ein kleines Straßenrestaurant aus, das einen guten Eindruck macht und bestelle mir Schwein mit Gimchi und Käse. Das Essen macht noch einen besseren Eindruck, für kanpp über fünf Euro bekomme ich eine Art koreanisches Cordon bleu. Generell fühle ich mich hier in Seoul wie in einer anderen Welt. Es gibt mehr Verkehr als in Peking, aber es wird kaum gehupt. Die Ampeln erfüllen einen Zweck, es macht Sinn an einer Fußgängerampel auf Grün zu warten, denn es erscheint tatsächlich nach gewisser Zeit und wenn Fußgänger die Straße überkehren, fährt hierzulande kein Autofahrer dazwischen. Schwächere Verkehrsteilnehmer werden definitiv berücksichtigt.
Ich sehe mehr Straßenpolizei auf den Straßen. Beamte die NICHT gleichgültig in der Gegend herumstehen. Beamte, die den Eindruck machen, man könnte sich bei Problemen an sie wenden.
Den Eindruck hatte ich in China nirgens, vielleicht mit Ausnahme von Qingdao. Es erschien immer ratsam, dem verlängerten Arm der Obrigkeit möglichst aus dem Weg zu gehen, vor allem wenn man erlebt, wie uninteressiert und willkürlich sie dort im Alltag auftreten.
Auf den Palastgeländen wird man freundlich begrüsst, und wenn man einen Innenhof betritt, in dem sich ein Wächter/Wächterin zeitweise hingesetzt haben, so stehen diese tatsächlich auf! Dermaßen viele höfliche Gesten an einem einzigen Tag, wie in Monaten in China – das beeindruckt. Meine ersten öffentlichen Toiletten waren sauber und hochgezogenen und umherfliegenden Rotz habe ich auch noch nicht bemerkt. Nach zwei weiteren Palastbesuchen und einem Streifzug durch die Touristensouvenirstraße besorge ich mir an einem Stand noch ein Sortiment koreanischer Baozis, insbesondere die mit scharf gewürztem Kohl gefüllten Versionen schmecken gut. Es gibt hier dermaßen viele Kaffeebars und Futterbuden, dass man Monate mit Essen und Trinken verbringen könnte, aber morgen ist ja auch noch ein Tag, wenngleich Montags die meisten Sehenswürdigkeiten leider geschlossen sind. Die gestrigen Regenpausen hat das Wetter am heutigen Montag wieder wett gemacht: feiner Dauerregen. Und alle Museen geschlossen, da hilft nur etwas speisen gehen (schweißtreibend), in einem Bohnendosen Cafe den Caramel Macchiato probieren (sehr gut) und die Shoppingareale untersuchen.
Unter anderem wr ich nochmals an der Yongsan-Station. Man hat den Ausgang zu den anderen Elektromalls so geschickt gelegt, dass man ihn bereits als versteckt bezeichnen kann. Tip: nicht geradeaus in die Mall, sondern rechts vor die (Glas-)Wand, wieder rechts und nach ca. 100m links in den Übergang.
Es gibt dort wirklich nicht nur die Neunstöckige Mall direkt an der Station sondern Dutzende Malls mit Tausenden Geschäften. Von Überwachungskameras, sämtlichen Computerbauteilen und -zubehör, Spielen über etc bis etc.
Das Sammler und Bastlerherz wird beim Schlendern durch unzählige kleine Frickelläden und Flohmärkten höher schlagen.
Den Weg zurück zur Yongsanstation findet man am besten, wenn man einem großen stetigen Menschenstrom (vor allem Frauen) folgt, der in ein unscheinbares Elektroshoppinggebäude strebt. Sooo viele Frauen können einfach nicht an Computerkram interessiert sein, denke ich mir, und siehe da: in der dritten Etage gibt es einen ziemlich langen Übergang direkt in die Station.
Ups, soeben ist mir meine Übernachtung nach meiner Rückkehr aus Gyuengju abhanden gekommen: Mr. Sea stellt fest, dass er zum gebuchten und angezahlten Zeitraum eine Klimaanlage einbauen lassen will. Mir wird stattdessen die Gratisunterkunft im Schlafsaal angeboten. Nö, Siebenbettzimmer muss nicht sein…

Hauptstadtfinale II

Beijing, China

Die letzten Tage im Lande, in der Stadt, gilt es die verbleibenden Devisenreserven angemessen in den Wirtschaftskreislauf einzuspeisen.
Der Renminbi ist außerhalb Chinas nicht handelbar, zum Glück beläuft sich meine verbleibende Barschaft auf weniger als Hundert Euro.
Das Geld zu verspeisen ist definitiv eine Alternative, allerdings ebenfalls eine Figurrelevante Anlagemöglichkeit.
Eher unfreiwillig, doch ungezwungen begann die Woche mit einem Mediterranean Baguette in einer French Bakery. Mit frischem Mozzarella, Oliven und Tomaten schmeckte es gut, und knapp fünf Euro wären für daheim auch nicht allzu teuer, aber irgendwie kann ich es hier nicht genießen, denn für das gleiche Geld bekommt man gleichfalls Sechzig! mit Fleisch oder Gemüse gefüllte Teigtaschen. Von diesen hatte ich den Nachmittag zwei in der Nähe des Yonghe Lama Tempels, in dem sich eine 26m hohe Holzstatue von Buddha befindet. Acht Meter davon sind eingebuddelt, so dass sein Haupt in „nur“ 18m Höhe thront. Der Besuch ist seine 25RMB Eintritt wert.
Ein BigMac Menu kostet 22RMB. Kinobesuch Nummer Eins in 3D für 80RMB, erklärt, wie man einen Drachen trainiert. Ein netter Animationsfilm.
Kinobesuch Nummer Zwei präsentiert den Eisernen Mann Teil 2 für nur 35RMB. Die Differenzen zwischen Preisen hierzulande erstaunt mich immer wieder. In der heutigen China Daily war z.B. zu lesen, dass der durchschnittliche Quadratmeterpreis einer Wohnung in Peking innerhalb der vierten Ringstraße bei 34000RMB liegt, also annähernd 4000Euro. Und wenn man sich die durchschnittliche Bauqualität anschaut, dann wird schnell klar, welche unglaubliche Immobilienblase hier aufgepustet wurde. In Wuhan, Provinzhautstadt von Hubei, läge der Preis dagegen bei 6600RMB. In der Sprachschule verinnerliche ich mir noch einige komplizierte Satzkonstrukte ala „Außer … alle, Neben … weiterhin, Am besten …“ – wohlwissend, dass mein momentaner Wortschatz zu limitiert ist, um diese Grammatikhülsen mit ausreichender Sinnhaftigkeit zu füllen. Für Alltagsgeschäfte ebenfalls nicht hilfreich, weil viel zu kompliziert. Wer sich kompliziert ausdrückt, muss draufzahlen.
Auch fürs Verstehen ist mein Wortschatz zu gering, um aus den mindestens einhundert verschiedenen möglichen Bedeutungen einer Silbe „Sschää“ einen sinnvollen Kontext herzustellen. Erwartungskonfliktäre Kommunikationsversuche sind gelinde gesagt: schwierig. Eine weiterer Ausflug führte mich mit der Metro zum alten Sommerpalast, von dem außer ein paar Steinhaufen und Seen nicht viel geblieben ist. Stellt sich schon die Frage, wie lange die Allierten anno 1860 gebraucht haben, alle Tempel und Gebäude auf dem riesigen Areal dermaßen bodenbündig zu zerstören. Ein altes Kaiserliches Steinlabyrinth hat man mittlerweile wiederhergestellt, darin kann man sich stundenlang verirren 😉
Viele Bäume spenden Schatten und um die Seen herumzulaufen und Postkarten zu schreiben (alle sind verschickt!) ist eine gute Beschäftigung angesichts der derzeitigen Temparaturen von über Dreißig Grad. 798 Art District Es gibt hier in Peking einen Kunstdistrikt so ähnlich wie in Shanghai die Moganshan Straße, nur deutlich größer und mit deutlich mehr Gastonomie mittendrin. 798 Art District
Es lässt sich stundenlang in dem mindestens drei Blocks großen Areal in Dutzenden Galerien und dazwischen umherstreifen. Manches ist reale Kunst, manches künstlich und manches unbeabsichtigte Kunst. Zu manchen Ausstellungsstücken erschloss sich mir nicht der rechte Zugang, bei anderen (vor allem Fotokunstausstellungen) war ich von den tollen Bildern sehr beeindruckt.
Bei knapp 35 Grad sind klimatisierte Galerien schon per se hervorragend!
Im Rahmen meines Yuanverwertungsprogramms gönnte ich mir dort eine Pizza und abends noch einen Krabbengemüsesalat mit Curryrindnudeln und eine GUTE Flasche Wein, aber nichtsdestrotortz werde ich morgen noch einmal richtig schlemmen gehen müssen, um Bargeldfrei das Land verlassen zu können. Den letzten Tag in Beijing ging es in den Konfuziustempel und abends noch in einem „organic“ Restaurant speisen. Ein Laffabrotsalat mit Ajioli und dazu einen Vitaminbombenfruchtmix. Auch wenn das Essen gut war, fühlte ich mich dort in Sanlitun fehl am Platze: Ein Treffpunkt für reiche Chinesen und Westler (liegt am Botschaftsviertel).
Die allgegenwärtige Zurschaustellung der IPhones und Luxusmarken der Handtaschen und Kleidung ist in meinen Augen schon fast peinlich. Manches Gericht dieses Kettenrestaurants wurden für den Wochenlohn eines Arbeiters angeboten. Ich hatte anschließend auch nicht das Bedürfnis für fünf Euro ein kleines Eis in einer bekannten? Eiskette mit einem kalten Stein zu essen.
Der Weg zum Flughafen heute war wieder einmal ein Kampf – es wird vorgedrängelt, dazwischen geschoben, der Sitzplatz unter dem Hintern weggenommen: Es soll mir mal jemand einen zu Geld gekommenen Chinesen in Beijing zeigen, der sich an den vorgeblichen chinesischen Traditionen orientiert! Ich habe für mich dass Gefühl, dass mich meine drei Monate China Zivilationstechnisch um Jahrzehnte zurückgeworfen haben, denn wenn man etwas hierzulande, vor allem in Shanghai und Peking, viel zu häufig demonstriert bekommt, dann dieses: protze mit Statussymbolen und verhalte dich rücksichtslos, selbstbezogen und nochmals rücksichtslos. Selbst wenn du primitiv wie ein Wischmop bist, oder gerade dann!
Für die Ausreise muss ich noch eine Abreisekarte ausfüllen – Bürokratie muss sein und dann bin ich endlich aus dem Land. Ich fühle mich wirklich erleichtert, dass Land verlassen zu können. Das gibt mir zu denken.

Von Himmlischen Parks und Verbotenen Städten

Beijing, China

Im Park ist die Welt noch in Ordnung. Hier bestimmt die Eiserne Reisschale den Takt und süßes Blütenaroma beflügelt.
Man stört sich nicht an Stil oder Haltungsfragen, nur Spaß und Bewegung zählen auf dem Tanzparkett unter Bäumen.
Die andere Welt, die Welt, die man nicht verstehen kann, die bleibt Draußen. Es reicht, wenn aus ihr der ein oder andere Transistorverstärker zur Beschallung oder manches Mobiltelefon (Shouji-Handmaschine)für den Kontakt zum Enkel Einzug gehalten hat. Die andere Welt flaniert ebenfalls durchs Grün. Modisch, Markenmodisch. Vorbei an bemühten, verschieden talentierten Jungbarden, die darauf hoffen entdeckt zu werden, berühmt zu werden, reich zu werden.
Manch einer glaubt das Ziel bereits erreicht zu haben, mit modischem Chique, mit Unmengen des teuersten fotographischen Equipments. Der Eindruck wankt, wenn man den Westtouristen bitten muss, das Zweitausend Euro Objektiv an das Kameragehäuse zu setzen, doch hat dies zum Glück niemand sonst gesehen, das Gesicht ist gewahrt. Es wird angestanden, um einmal im Mittelpunkt zu stehen. An einem Ort, der noch vor Hundert Jahren tabu für die Bevölkerung war, ein Ort, an dem gottgleiche Imperatoren für gute Ernten opferten.
Nebenan wurde museal wiederhergestellt, was bereits Jahrzehnte verloren, umgewidmet und sogar bewohnt war. Die schöne neue Zeit frisst eine zuvor schöne Zeit um zur guten alten Zeit zurückzukehren.
Was wohl aus den Bewohnern wurde? Hat womöglich der Eine oder Andere im Austausch eine Reihe Stammabfallbehälter erhalten, von deren verwertbaren Inhalten er allein profitieren darf?
Über die zwölf Töne der chinesischen Musik zu informieren ist nunmal wichtig, hat Vorrang vor dem Einzelnen. In der Welt dort Draußen ist keine Zeit für Mühlespiel, dort denkt man besser nicht darüber nach, warum Bombencontainer auf den Bahnsteigen stehen oder warum jede Tasche kontrolliert wird. Nachdenken produziert zuviel unnütze Gedanken, das gilt es zu vermeiden, denn es stört die Harmonie. Das war früher so und ist auch heute so, wenngleich anders. Dort Draußen zählt das Geld. Zählt, was Du zahlst, zahlen kannst; nicht du zählst, erst recht nicht, wenn du nicht zahlen kannst, dann bist du Nichts. Dort Draußen treiben die Drohnen durch die Gänge und Straßen, zugedröhnt, von Gier angetrieben oder mitgezogen. Oder abgestoßen. Oder ausgestoßen. Einmal zuviel angestoßen, explodiert, im Kindergarten, die kleinen Kaiser mitgerissen. „Brother, we are hungry!“ kann es da auch schon mal aus engen Designerjeans tönen – ein Hinweis, dass dies gut für die schlanke Figur sei, wäre eloquenter, als ein plumpes „Go work!“ Doch Eloquenz wird gemeinhin überschätzt, vor allem, wenn es um Positionierung geht, wenn es knapp wird, wenn es Hart auf Hart kommt, dann zählen Schnelligkeit, Kraft und Masse. Eloquenz bleibt auf der Strecke und nimmt den nächsten Zug. Auch Eleganz unterliegt.
Und Abweichungen im Alltag scheinen für viele Menschen ganz schlecht zu sein – es hat durchaus seine komischen Aspekte, wenn man in einem Yumdo (Schnell-?)Restaurant auf die groß über dem Tresen angebrachten Bilder der Speisen zeigt und es heißt: „mäh jo“ Und wieder: „mäh jo“ und auch nach „di-u-geh“, „mäh jo“. „Ni jo schennmeh?“
Schweigen.
Wonach mag der potentielle Gast nach Dreimaligem „Haben wir nicht“ wohl gefragt haben? Welche Körbchengröße die gute Frau hat, künstliche Implantate vielleicht? Ein anderer Gast hat die Frage wohl durchaus verstanden, und weist auf jenes Gericht, welches bereits auf dem Foto nicht dem entspricht, was ich essen möchte: Das wäre gut und ansonsten wären doch alle Gerichte gleich.
Stimmt auch wieder, Hauptsächlich Reis: mit Fleisch dran… Aber was nutzt dies, wenn es immer heißt „Mähjo,mähjo,mähjo“?
Wenn man hier nix zu essen verkaufen kann, dann geh ich halt nach Gegenüber: „Määähjooo!“
Im Nachhinein erklärt sich auch der wesentliche Umstand, warum das Lokal kaum einen Gast hat. Yumdo – demnächst unter neuer Leitung… Was zählte in der Verbotenen Stadt? Zahllos sind die Räume und Gänge, und die Plätze dazwischen. Zahllos auch die Besucher. Verboten viele. Es wird gegrabscht und gegegrabbelt, an Glas und allem greifbaren Metall. Und in beinahe jeder Öffnung wird mit den Fingern gebohrt und gepörkelt, . Was hofft man Gutes daraus zu erhalten? Das Resultat sind bis aufs leere Innere aufpolierte Drachen und Absperrungen, Absperrungen, Absperrungen – die kulturellen Relikte des Volkes müssen vor dem Volk geschützt werden.
Geomantisch angelegt, im Zentrum des Universums. Erinnert schwer an das mittelalterliche Dogma, dass sich die Sonne um die Erde drehen würde. Materialmäßig (auch an Menschenmaterial) wurde jedenfalls geklotzt und nicht gekleckert. Beeindruckend fand ich es dennoch nicht allzusehr.

Von Sommerpalästen und großen Mauern

Beijing, China

Nach der Schule trafen sich zwei Taxis und eine Luxuslimousine auf der Straße. Dumm, wenn man telefonierend mit seinen getönten Scheiben als Linksabbieger in die Straße brettert und dabei auf Hindernisse trifft. Dem Übermut der Luxusprotze werden halt doch manchmal Schranken von der Gesellschaft gesetzt und sei es auch in Form einer Taxikarosserie. Das zweite Taxi sah sich durch die abrupt vor ihm gestoppte Limousine genötigt, nun seinerseits der Limousinentür einen Kuß zu geben. Solch Schmuserei in der Öffentlichkeit wurde vom nachfolgenden Verkehr mit lautem und dauerhaftem Hupen geahndet. Ich tauchte schnell in den Untergrund ab zu einem Frischgemüsebaguette. Nachdem ich dort auf dem Stadtplan entdeckt hatte, dass es eine U-Bahnstation am Sommerpalast gibt, stand für mich fest, dass ich genau dort wieder ans Tageslicht treten wollte.
Nach einer knappen Stunde Untergrundfahrt quer durch die gesamte Stadt befand ich mich im Nordwesten Pekings.
Eintritt Sommerpalast 30 RMB, für ein Allinclusive-Ticket 60RMB. Ich wählte All-In, doch bekam es nicht – zu spät. (Wie sich später herausstellte hat die gute Frau am Schalter richtig mitgedacht und mir Geld gespart, denn ich konnte wirklich nur weitere 10RMB Eintritt für den Buddhaweihrauchtempel bezahlen)
Es geht erst einmal Bergauf – zur Stärkung ist ein Eis mit einem Schokoladenpuffreiskern angebracht, denn es ist sonnig und recht heiß. Gutes Eis.
Oben an diversen Pavillons angekommen konnte ich eine wunderbare Aussicht auf den See und den besagten Buddhaweihrauchtempel genießen. Mein Weg führte mich in großem Bogen bergab und am Seeufer entlang zum Eingang. Innerhalb des Tempels geht es dann wieder bis fast ganz nach oben hinauf.
Viele Treppen und kleinere Tempel, zum Teil aus massiver Bronze (207 Tonnen schwer) liegen auf dem Weg zu einer Buddhafigur mit vielen Armen. Vielleicht ist es auch kein Buddha, denn der hatte ja nur zwei Arme, aber ich kann die Symbole nicht lesen, die vielleicht etwas anderes besagen…
Es war mir nicht möglich, innerhalb der Öffnungszeit das Museum und alle Hallen und Höfe, die sich auf dem Gelände befinden anzuschauen und ich verließ den Park am New Palace Gate. Erst später sah ich von Außen, dass es ein Südtor gibt, welches man vergessen hat auf den Übersichtskarten einzuzeichnen. Noch ein paar Kilometer in wunderbarer Abendatmospäre laufen bis zur Baguo-Metrostation (Endstation Linie 10) und schon sause ich für zwei Yuan zurück ans andere Ende der Stadt. Für den nächsten Tag hatte ich mir einen Besuch an der Großen Mauer bei Mutianyu vorgenommen. Ich hatte die Metro am Dongzhimen Busbahnhof noch nicht verlassen, da quatschten mich die ersten Nepper bereits an. Einer von den Vögeln begleitete mich sogar zur Toilette, um mir dann seinen überteuerten Transport anzudrehen. Aber ich weiß ja, dass es einen Bus gibt (10-11RMB). Ich will die 936, alternativ die 916 und dann umsteigen in einen Minibus. Die 936 verweigerte man mir: an der 916 sagte man, gibt es nicht, im Bus sagte man zu mir, ich müsse die 936 statt der 916 nehmen, aber langsamer sprach mein Sitznachbar auch nicht, als ich ihn darum bat. Hätte ja sonst eine Chance gehabt, etwas vom Gesagten zu verstehen. Höflichkeit ist halt nicht allzu weit verbreitet hierzulande.
Bereits ab dem ersten Halt in Huairou entern Minubusfahrer den Linienbus und versuchen den blonden Touristen herauszulocken. Vielleicht wäre es das Einfachste gewesen, bereits dem ersten zu folgen, denn im Folgenden wird es noch schlimmer (und teurer).
Am sogenannten Busbahnhof, an dem ich laut einer im Bus mitfahrenden Anwältin (die mir ihre Visitenkarte gibt) ihrer Meinung nach in einen anderen Bus umsteigen könne. Da war sie wieder, die ominöse 936. Ich sah noch mehrfach von der 936 und hörte von ihr und bestimmt werde ich die Nacht von ihr träumen. Kaum steige ich aus dem Bus aus, zerrte man an mir und versuchte mich zu Autos (nach Mutianyu?) zu ziehen. „Don’t touch me“ fauchte ich mit zur Abwehr erhobener Hand eine extrem aufdringliche Hyäne an, die ihre schmutzigen Grabbelfinger nicht von mir lassen konnte. Ein ganzes Dutzend Fahrer und Fahrerinnen schrie aus allen Himmelsrichtung auf mich ein – Huairou toppt den Bahnhof in Hangzhou locker! – und umringte mich und begleitete mich auf dem Weg zum Bus 936, der auf der anderen Straßenseite stand (aber woanders hinfuhr). Und wieder zurück. Auch der korrupte Uniformträger am Busbahnhof steckte mit unter einer Decke. Sorgfältig waren die 936er Schilder vom Wartehäuschen abgerissen worden. Ich ging dann mit einem günstigen Mann mit, der anbot für 5Yuan zur Mauer zu fahren. Es ging mit einem schrottreifen Motorrad los – egal, nichts wie weg von dem Pack.
Nach einem Kilometer fiel dem Kerl ein, dass die Fünf Yuan dafür sein sollen, mich zu der nächsten Busstation zu fahren, wo ich doch den günstigen Bus für Drei Yuan nehmen könne… nach Mutianyu würde er ansonsten für Dreißig fahren…
Ja stehe ich denn im Wald hier? Ich stieg umgehend von seinem Moped ab, gab ihm immerhin Zwei Yuan, bin ja kein Zechpreller. KarlA..ch war sichtlich unzufrieden mit der Situation und knattert neben mir her. Kaum zu glauben, aber an dieser Busstation lauert ebenfalls ein halbes Dutzend von diesen Minibus- und Autoverbrechern und will mich ausnehmen. Mopedhyäne hetzte sie fleißig gegen den fiesen Waiguoren auf.
Einer macht einen halbwegs vertrauenswürdigen Eindruck und will mich wohl zu einem Preis unterhalb der Sechzig bis Hundert der Anderen fahren, wird dafür aber arg beschimpft, so dass er kneift.
Ich schaltete um auf Deutsch, was ja keiner versteht und rief allen zu, dass sie mich doch alle gerne haben könnten und ich dann eben gehe und sie sich ihre Fantasiepreise dorthin stecken könnten, wo es warm und muffig ist. Und gehe die Straße entlang, bereit den Bus zurück nach Peking zu nehmen, denn ich hatte die Nase voll und es war wieder einmal einer der Momente, in dem ich froh bin, in einer Woche dieses Land zu verlassen.
Ein Auto hielt an und darin einer der Fahrer, der vorher auf Freund gemacht hatte und nun auch. Er bat mich einzusteigen. Ich fragte, was soll es denn nach Mutianyu kosten? Er wich aus, zeigte auf seine Tankanzeige, oder lamentierte, dass er hungrig wäre. Ich fragte erneut, wiederum ausweichend
Einfache Frage: Ni gaosu wo, qu Mutianyu duoshao qian? Wieder keine Antwort – OK Türe zu, erledigt, ich ging weiter.
Er rollt hinterher und hat plötzlich die Zahlensprache wiederenteckt: „OK Sixty!“
„Du mich auch“ und gehe weiter.
Ein ganzes Stück später kam der halbwegs vertrauenswürdig erscheinende Fahrer angefahren und für Dreißig fahre ich mit ihm die fünfzehn Kilometer zur Mauer. Dort gönne ich mir erst einmal ein Hühnerbrustbaguette und dann geht es treppauf (45RMB Eintritt)
Die Seilbahn nahm ich nicht, denn man kann die Mauer von unten sehen (so hoch ist das doch nicht, oder?!?) und 50 bzw. 65RMB war mir das Stückchen nicht wert. Es war bedeckt und kühl, also angenehm bergan zu steigen.
Auf der Mauer geht es dann auf und nieder, erst nach rechts und dann nach links, bis zum höchsten Punkt, an dem mein GPS dann anzeigt, dass es recht genau 500 Höhenmeter bis zum Parkplatz sind. Sie ist schon beeindruckend, diese Mauer, die sich über die Hügel schlängelt mit Türmchen und Treppen. Auch wenn die Geschichte gezeigt hat, dass der Versuch sich einzumauern, in die Hose ging. Die blühendsten Perioden waren jeweils die Zeiten, in denen ein reger Austausch und Handel mit anderen Ländern und Kulturen statfand. Apropos GPS: Auf einem Stück der Mauer erzählte ein Deutscher mit einer 5000Euro Nikon mit GPS Aufsatz doch ganz überzeugt sei ner Frau, dass man sich auf 2050m Höhe befinden würde – ich stutzte dagegen. Liegt Peking wirklich so hoch, denn viel Steigung gab es auf der Hinfahrt nicht? Und 2000Höhenmeter bei diesem Breitengrad, da müsste es mir doch wohl wohl deutlich kühler in meinem kurzärmeligen Synthetikhemd sein, oder? (Mein GPS zeigte üppige 500m an, wie ich später feststellte)
Ach ja, die unreflektierte Technikgläubigkeit. (Eine Druckdose zur Höhenmessung hatte der „Spezialist“ ebenfalls dabei)
Am obersten Punkt kaufe ich einer Verkäuferin tatsächlich Zehn Postkarten für Zehn Yuan ab, mit schönen Bildern vond er Chinesischen Mauer.
Wer dies liest und gerne eine davon zugesandt haben möchte, möge sich bei mir melden, bevor ich das Land verlasse 🙂 Auf dem späteren Weg nach unten begegnete ich noch ein paar netten älteren Damen, die sich mit mir fotographieren lassen wollen und dann landete ich an einem dr vielen T-Shirt-Verkaufsstände, an dem es die obligatorischen „I climbed the Great Wall“ T-Shirts gibt. Ein Dollar sagt die Frau, aber nach dem Aussuchen eines XXL T-Shirts fängt die Frau bei 185 Yuan an zu lamentieren. Hallo? Ein Dollar=185RMB??? Ich habe keinen Bock auf solch verlogenes Gefeilsche und auch dass die Frau mir den Weg versperrte, machte mich alles andere als kaufwillig.
„You had your chance – goodbye“ Push and Go.
Dreißig Meter weiter fing ich mit einer anderen Frau an zu handeln, Ihr „Freundschafts-„startpreis liegt bei 90 statt 120. Ich bot 10 und am Ende bezahle ich 17RMB, was sicher immer noch zu viel ist, aber Zwei Euro für ein „Kult“-T-Shirt ist auch nicht das schlechteste Geschäft. Auch hier an Mutianyu hat man die Hälfte der Beschilderung des Busses 936 entfernt – so dass ich nur mutmaßen konnte, ob der letzte Bus wirklich zwanzig Minuten zuvor gefahren war, oder ob sich das Warten lohnt. Da es allerdings anfing, wie aus Kübeln zu gießen, verspürte ich nicht allzu großes Verlangen zu warten. So musste ich in den sauren Apfel beißen und eine selbsternannte Taxi zurück nach Huairou nehmen. Nach Herunterhandeln von Achtzig fuhr ich für Vierzig Yuan ich in einem neuen Toyota mit, wenigstens etwas. An der 916er Bushaltestelle muss ich mich sputen, denn der Bus kommt gerade, doch man schreit mir hinterher, „Nein,Nein!“
Nein? Steht 916 dran. Fährt aber woanders hin, allein an dieser Haltestelle sind Streckenpläne für gleich Drei! 916 Busse mit verschiedenen Zielen angeschlagen. Hier im Ort hat sich wohl niemand gefragt, welchen Sinn große leuchtende Busnummern haben könnten und stattdessen allen Bussen entweder 916 oder 936 gegeben. Ich könnte deswegen schreien!
Dann kommt ein 916er, an dem auch Dongzhimen dransteht, aber diesmal schrie die halbe Bushaltestelle auf: „Bu shi, Bu shi“ Nein?
Der nächste Bus sollte es sein, dieser fuhr zwar richtig, aber nicht Express.
Der nächste war es tatsächlich und brachte mich zuverlässig in den Verkehrskollaps der Dritten Ringstraße Pekings. Meine Abenteuerlust war noch nicht gestillt, beziehungsweise hielt sich mein Verlangen, zur absoluten DrückundSchieb-Primetime gleich zweimal die U-Bahnlinien an ungünstigen Stationen, wie bei meinem ersten Eintreffen in Peking, wechseln zu müssen, in ganz engen Grenzen. Also stieg ich vor der Endstation aus, meiner Meinung nach in der Nähe einer Linie 10 U-Bahnstation. Ich lag richtig und nach knapp vierhundert Metern Fußmarsch stand ich in der U-Bahn und musste nicht einmal umsteigen. Da störte es kaum, dass die Einlaßschranke meinte, mein frisch gekauftes Ticket wäre ungültig – sie war offen und ich drin.
Ich freute mich darauf ein heißes Süppchen und ein frisches Baguette aus dem Supermarkt zu essen, doch Pustekuchen: Baguettes von gestern morgen oder vorgestern – Entenfuttertorpedos. Internet durfte ich abends auch nicht mehr, denn die Mitbewohnerin aus der Schweiz (Bank-Marketing-Managerin mit zwei Iphones, einem Macbook und Achtzig Kilo Gepäck, aber einem massiven Zufriedenheits- und Schlafproblem) weist meine vorsichtige Anfrage mit einem energischen: „Wenn mein Film heruntergeladen ist“ zurück.
Soll ja nur 40Stunden dauern, bis die Gigabytes durch die Leitung sind…
Ich könnte ja nun gehässig feststellen, warum denn noch einen Film, wo doch schon ihre Musik spielt und der Fernseher mit HBO auf Hochtouren läuft, aber an sich ist es traurig. „Kopf freimachen“ sieht meiner Meinung nach anders aus. Andererseits könnte ich ebenfalls darüber nachdenken, mir einen persönlichen Fahrer für Ausflüge zu chartern, der mich vor dem Ärger mit Neppern abschirmt. Könnte mir auch die in mundgerecht geschnittene Früchte, mit großer Plastikumverpackung für den Zehnfachen Preis kaufen, könnte mir auch Glanz und Glamour kaufen…
Eine Zufriedenheitsgarantie gibt es dadurch aber nicht. Zwangsoffline schrieb ich diesen Text und trank dabei ein Pineapple Juice Beer mit 0,6 bis 2,5% Alkohol – ich will es einmal so ausdrücken: man kann es trinken, muss es aber nicht.

Hauptstadtfinale I

Beijing, China

Mit dem Airportexpresszug und zwei Metrolinien ging es zur Sprachschule. Deren Wegbeschreibung erwies sich dabei als unvollständig, denn am Central Place heißt alles Central -Place, -Square, -Mall und laut Übersichtskarte gibt es Businesstürme A1 bis A3, aber keinen Turm 16.
Da hilft nur Umherirren und mehrmaliges Fragen von halbwegs intelligent erscheinenden Menschen.
Es ist warm, das Gepäck schwer, die Metrostationen hier gönnen sich nicht den „Luxus“ von Rolltreppen, es kommt fast zu einer Schlägerei mit rüpelhaften Wanderarbeitern und ich steige schweißgebadet und von bedeutungsleeren italienischen Designermarkenfassaden ans Tageslicht, suche den Weg, in der Schule endlich angekommen, ist mein erster Eindruck der eines überlebenden Baustellenbüros – nichts davon ist Stimmungserhellend.
Hat mich aggressiver gemacht als ich sein möchte, reagiere dementsprechend nicht begeistert, als man mir mitteilt, dass die mir zugesandte Unterkunftsinformation obsolet ist (wäre in Geh-Nähe gewesen) und ich stattdessen zwei U-Bahnstationen (verteilt auf zwei Linien) fahren muss. Ist unbequemer, kostet extra Zeit und Geld, und man hat es nicht einmal für nötig gehalten, mich über diese Änderung zu informieren.
Wäre ich aus irgendeinem Grund später eingetroffen und direkt zur Unterkunft… aber bin ich ja nicht, und ich bin mir nicht sicher, ob ich wirklich mehr Informationen, als eine Visitenkarte mit der Handgeschriebenen Adresse der Unterkunft erhalten hätte. Wenn ich nicht recht patzig gefragt hätte, und wie soll ich da hinkommen? Taxi. Was kostet das? Hmm, zahlt die Dame und sie würde mich begeleiten.
Ich fülle dann zum Vierten Male ein Accomodationaggreement und Formulare aus. Bürokratie ist wichtig!
Den sinnfreien Einstufungstest ersparen wir uns immerhin, nach meinem erneuten Hinweis darauf, dass ich bereits in Shanghai ihren Elementary Level Kurs besucht habe..
Mit dem Taxi geht es dann zu diesen Century Towers an der Dritten Ringstraße. An der Ecke ist die Metrostation und eine Shoppingmall mit Kinocenter mit englischsprachigen Filmen. Globalisiertes Fastfood und Kaffee sind omnipräsent und auch einen Supermarkt gibt es, denn ich dann auch besuche, nachdem ich ein DSL-Modem für den Internetzugang an der Rezeption geordert habe.
Kaution oder nicht Kaution, das war eine Frage, die meine Kreditkarte zweimal beantworten sollte – ich werde auf der Abrechnung kontrollieren müssen, ob da wirklich „nichts verblieben“ ist.
Die angekündigte Appartment Mitbewohnerin aus der Schweiz kommt Stunden später nach mir an, da habe ich bereits das bessere Zimmer in Beschlag genommen, auch sie wurde neuarrangiert, Unterbringungstechnisch und ist not amused. Ihre Stimmung liegt um etliches unter meiner bei Ankunft. Sie scheint deutlich besseres gewohnt zu sein, wodurch so ziemlich alles ihren Missmut erregt und versendet am Abend und Morgen erst einmal Beschwerdemails.
Ich dagegen habe gut geschlafen, das Bett ist nicht zu hart, das Fenster im 16.Stock geöffnet gab es Frischluft, esse einen Kirschjoghurt und Baguette und werde mich gleich in der Schule auf chinesisch bespaßen lassen. 第一个天 Der erste Schultag war ernüchternd. Es brauchte eine ganze Weile, bis ich eine Vorstellung davon hatte, an welchem Kapitel des Lehrbuches sich der Kurs abarbeitet. Es handelte sich um eine Art Freistilplapperrunde, in dem jeder mit jedem kommunizieren sollte, ohne dass es alle wirklich gekonnt hätten – eine Kakophonie des Chinesisch-Dilletantismischen. Und die Lehrerin springt fleißig von Hü nach Hott und spricht ziemlich schnell und für mich schwer verständlich, da mit ungewohnter Aussprache. Nicht sehr hilfreich insgesamt
Der zweite Eindruck von der Schule hier, knüpft nahtlos an den Ersten an: eng, bedrängt und deutlichst weniger strukturiert als die Filiale in Shanghai – nichts für Klaustrophobiker. Wenn sich der Unterricht nicht deutlich steigert sehe ich mich in den nächsten Tagen eher durch Abwesenheit glänzen: Bezahlt ist bereits, ist dann reine Abwägungssache, ob ich mich für mein Geld auch noch frusten lassen möchte, oder lieber die Stadt und Kultur erlebe.
Im Supermarkt erlebe ich dann allerdings arrogantes, neureiches Verhalten, wie ich es seit langem nicht mehr erlebt habe. Absolut verächtlich werden vor der Kassiererin die Geldscheine hingeworfen und dass ihr die Münzen des verpönten Wechselgeldes nicht ins Gesicht geworfen wurden, war auch alles. Typische chinesische Hauptstädter?? Hoffentlich nicht. Gerade als ich mich am frühen Nachmittag in Richtung Olympiastadium aufmachen will, kommen nach und nach Handwerker und Reinigungspersonal – fünf Personen insgesamt, die für meine Mitbewohnerin einen Schreibtisch und ein anderes Bett besorgen. Auch dieses ist allerdings zu hart, so dass ihr später auch noch ein paar weiche Auflagen besorgt wurden.
Statt Olympiastadium, ging es für mich dann in den Chaoyang Park, der nach vier Metrostation erreicht war. Eine große grüne Oase in der Stadt. Das Olympische Beachvolleyballturnier wurde dort ausgetragen, wie ich beim Durchwandern feststellen konnte. 第二三个天 ; Eine Nachmittagsexkursion führte mich zum Tiananmenplatz. Ein großer mit Granitplatten ausgelegter Platz, der nicht so außergewöhnlich groß erscheint, da sich mittendrin das Mao Mausoleum breit macht. Ursprünglich wollte ich dem Reiseführer folgen und aufs Südtor steigen, um den Blick schweifen lassen zu können, aber der Preis dafür wurde seit Drucklegung aufs Siebenfache erhöht (20RMB) und dafür quatscht mich gleich ein Dutzend Animateure voll, wie toll es doch dort oben wäre, und ganz billig wäre es doch auch: vier Etagen für einen Preis. Komisch nur, dass man ungefähr zehnmal so viele Überwachungskameras wie Besucher an der Balustrade entdecken kann. Ich entscheide mich für die 2RMB Eisalternative und ziehe weiter. Über das Mausoleum kann man von dort eh‘ nicht drüberschauen. Auf dem Platz fallen sehr viele „rein zufällig“ herumstehende Leute in Zivil auf. Mein Eindruck ist, wenn man „Polizei und Geheimdienst bitte den Platz verlassen“ rufen würde, wäre nur noch ein Viertel der Menschen übrig. Streicht man dann noch die Postkarten und Neppverkäufer, bliebe ein Zwanzigstel. Dafür gibt es wahrlich beeindruckende Videowände auf denen nette Propagandavideos laufen. Weiter nach Norden, vor der verbotenen Stadt steigt die Konzentration an Neppern drastisch an. Wie Sauerbier werden Touren zur Großen Mauer angeboten, „Half price“ , aber dafür wird man zur Nachverhandlung auch auf halber Strecke ausgesetzt. Manch einer versucht dem dummen Touristen die Flasche Wasser für den Dreifachen Preis des vorherigen Standes zu verkaufen. Immerhin interessant anzuschauen ist am Spätnachmittag das Katz- und Mausspiel zwischen einem dicken Polizisten in seinem Polizeiauto und den flinken Verkäuferfußtruppen. Blöd nur, dass er mit seinem Auto ihnen nicht über zwanzig Zentimeter hohe Bordstein folgen kann. Anschließend dreht er dann auf dem Vorplatz im Auto seine Runden und beschallt das Areal mit dem riesigen Megaphon auf dem Fahrzeugdach. Soll ja bloß keine betretene Stille aufkommen.
Einen Park rechts und links der verbotenen Stadt zu besichtigen ist genug für den späten Nachmittag. Auch das gesamte Olympiaareal ist permanent beschallt: „One world one dream“ bilingual und weitere Jingles. Im Park und sogar im Wald entkommt man der Dauerbeschallung nicht, ab und an ertönt ein „Welcome…don’t make fire…keep off the grass“ aus den maximal 50m voneinander entfernten Lautsprechern. Mir fällt leider nicht ein, an welch en Science Fiction Film mich das erinnert – Demolition Man?
Ohne diese Lärmbelästigung würde der Olympia Forest Park sicherlich gewinnen, immerhin gibt es Wiener Walzer auf die Ohren, es hätte ja auch ein Radetzkymarsch, Chinapop Potpourri sein können… Der Eintritt fürs Olympiastadium soll knapp 6Euro betragen, das Geld ist es mir nicht wert, ein paar Schritte weiter gibt es eine fast Besucherleere „Olympia Construction Exhibition Hall“. Auch ich darf zuerst meinen Personalausweis für den Erhalt der Gratiseintrittskarte vorzuzeigen, bevor die Kollegen des Schalterbeamten lautstark darauf hinweisen, dass dies bei Ausländern keinen Sinn machen würde. Jaja.
Dann noch eine ausgiebige Sicherheitskontrolle wie am Flughafen und ich bin drin. Recht interessant anzuschauen, die Modelle der Bauten. Der zweite und dritte Schultag gestalteten sich deutlich besser, allerdings ist die morgendliche Anreise durch die überfüllte Metro nervend.
Die Unterkunft ist an sich nicht schlecht, aber man wollte gestern morgen darauf beharren, die Mülleimer nur einmal wöchentlich zu leeren (obwohl die winzigen Dinger bereits voll waren und zu stinken anfingen). Erst die Androhung, den Müll dann in den Hausflur zu kippen, wo ihn dann einer wegräumen kann, in Verbindung mit der (zweifachen – hier muss man immer alles wiederholen) Bitte bei der Schule für die Entsorgung zu sorgen, half: es wurde sogar eine Grundreinigung des Appartements durchgeführt.
Irgendwie hatte ich mich schon darauf gefreut, die stinkenden Müllbeutel in den Aufzug zu stellen…