Vang Vieng, Lao Peoples Dem Rep
Sechs Stunden war ich mit dem V.I.P Bus unterwegs, hatte einen Logenplatz vor der Bordtoilette, auf die der Dreißigminutenmann, ein Finne denke ich, bereits fünf Minuten nach Abfahrt mindestens alle dreißig Minuten geht und Flüssiggasbomben abwirft. Ui.
Bereits nach seinem ersten Besuch ist die Chemietoilette sichtbar vollkommen eingeschissen, denn er ist so nett, die Tür offenstehen zu lassen und dann mit seiner Wasserflasche wenigstens die Wände abzuspritzen.
Wenn ich bis dahin noch die Befürchtung hatte, ebenfalls die Toilette aufsuchen zu müssen, hieß es spätestens jetzt: Arsch zukneifen!
Die Fahrt führt in Serpentinen durch grüne Berge herauf und herab, eine mir bekannte Strecke mit Ausblick auf ein paar sehr schöne Karstformationen. Ich kann nur nicht glauben, dass hier schon immer so wenig Bäume wuchsen, ich nehme mal an, dass spätestens mit dem Ausbau der Strasse die Bäume geschlagen und abtransportiert wurden. Schade eigentlich und fraglich, wie lange dieser Raubbau noch gut geht. Zur Mittagspause hält der Bus an einem Restaurant. Ich lerne, dass ein Abschnitt des Bustickets den Coupon für eine einfache Mahlzeit darstellt. Hätte ich ja auch lesen können, nur leider auf laotisch. Einfach ist Nudelsuppe, genau das Richtige, Alternativen wie Reis oder Gemüse kosten extra.
Mein Busticket liegt natürlich im Bus, so muss ich durch einen mittleren Wasserfall hinaufsteigen, der die Treppe hinabläuft – der Beifahrer flutet mit einem dicken Wasserschlauch großzügig die Bordtoilette, die Bustür ist der Abfluss.
(Die Reinigungsmaßnahme hält übrigens nur bis fünf Minuten nach Abfahrt an, bis der Dreißigminutenmann erneut zuschlägt.)
Die Suppe ist würzig und lecker und vom Mittagessen ist es dann nur noch eine knappe Stunde bis Viang Vieng, durch relativ ebenes Gelände. Mit dem TukTuk für 10.000Kip pro Person geht es die knappen zwei Kilometer ins „Zentrum“ von Viang Vieng – wieder so eine klevere Geschäftsidee, den Busstop ausser Gehweite zu verlegen. Ich schaue mir drei Zimmer an, von Gefängniszelle über verlottert (wo ich ursprünglich reserviert hatte und ich nun heilfroh bin, nicht zu übernachten) nach angenehm eingerichtet, aber doof zwischen Baustelle und Schulhof gelegen hin zu NetterBalkonGutesBettUndBadAberCharakte rarm, ziemlich außerhalb, wo ich beschließe zu bleiben, um nicht weiter meine Tasche durch die Hitze rollen zu müssen. Der Preis pro Nacht liegt nun beim Vierfachen (150.000Kip), deshalb schaue ich mich den Nachmittag noch nach günstigeren Alternativen mit mehr Charakter um. Vergeblich und ernüchternd, ich fürchte fast, in diesem Ort wird Charakter nur von betuchten Touristen gefragt und kostet dementsprechend. Die meisten Unterkünfte sollen wohl den Zweck „Rauschausschlafen“ erfüllen und dazu reicht ein dunkles Loch. Das junge Touristenvolk hier anzusehen, wie es vor dem Fernseher liegt und Friends oder vor allem FamilyGuy anschaut und dabei zum Teil „Happy“-pizzen oder -shakes zu sich nimmt, die wer weiß welche Amphetamine oder Drogen enthalten, ist interessant, aber ich verstehe die zugrunde liegende Denke nicht. Denkt da überhaupt wer? Mir reichte als Amusement, wie in Luang Prabang, als ich vor einem Straßenladen meine kalte Dose Leichtcola öffnete und ansetzte, in dem Moment bei dreißig Grad jemand in blauer Steppjacke auf mich zukam – original wie aus der Sesamstrasse: „Psst, Opium, Marihuana?“ – und ich mich fast vor Lachen verschluckte.
Aber ich wusste ja, was mich erwartet, verändert scheint sich in zwei Jahren nicht viel zu haben, nur gibts jetzt viel viel mehr Internet mit „Facbook“ und Skype und Alben und Videos für iPod.
Nichts wie raus aufs Rad und rein in die Umgebung! Tuber in freier Wildbahn Aus dem Ausflug mit dem Rad ist bisher nichts geworden – mir war zu warm, zu unlustig und die Fahrräder zu teuer: wenn ich für wenig mehr einen Roller mieten kann, der mir Fahrtwind ganz ohne Anstrengung liefert, warum sich dann selber in der Hitze abmühen? Genau.
Der Tag schreitet voran, während ich den Ort, und seine „Partyinsel“ erkunde und in Gedanken überprüfe, inwiefern es sich in den letzten zwei Jahren verändert hat. Die Insel ist nicht wiederzuerkennen: die Ufer sind nun „ordentlich“ mit Plastiksandsäcken befestigt und am Ende wurde aufgeschüttet und zubetoniert und jede Menge Teakholzhütten und regelrechte Häßlichkeitshütten, in einer Art Fachwerk für Arme, nur aus Asbestpappe wurden draufgesetzt. Nur ein Drittel erkenne ich weitestgehend wieder, die riesigen Lautsprecher, die Hängematten, doch auch hier wurden die Feuerstellen bereits mit Sitzebenen drumherum professionialisiert. Das gammelige Lotterleben wird langsam aber sicher verdrängt. Doch wodurch? Bauten in einer Überschwemmungszone, bei denen eine existierende Bauaufsicht die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würde? Abgeholzt, planiert und mit Hütten vollbetoniert.
Für den nächsten Tag buche ich eine Kayak und Cavingtour, denn ausschließlich Kayak gibt’s hier nur individuell – soll heißen zum fünffachen Preis. Ok, auf Caving lege ich keinen Wert, will mich nicht auf einem LKW-Schlauch an einem Seil durch eine dunkle Höhle zu ziehen, aber ich könne ja außerhalb warten. 90.000Kip macht es, inklusive Mittagessen. Ok. Ich vergaß mein gestriges Frühstück zu erwähnen, im Kangaroo Sunset – ein glorreicher Fehler, der meine Verdauung um Tage zurückwirft. Überhaupt scheint es ratsam zu sein, hier jegliche Etablissements zu meiden, die von Iren, Engländern oder Australiern betrieben werden, es sei denn, um dort verschlossenes Flaschenbier zu kaufen oder das coole Abenteuer in der Gefahr zu suchen. Die Betreiber scheinen durch die Bank weg ihre besten Kunden zu sein, und Halbdelirium und verantwortungsvolle Gastronomie vertragen sich nicht miteinander.
Ich nehme jetzt mal ein paar von den Antibiotika, die ich in Chiangmai gekauft habe und versuche die Darmfremdbesiedlung wieder auszurotten. Mich per Hochprozentigem versuchsweise innerlich zu desinfizieren, dazu ist mir mein Augenlicht zu wertvoll! So eine Kayaktour auf dem Nam Song könnte durchaus nett sein, wenn der Tourveranstalter nicht einen Deal mit der LoveLifeBar hätte, und dort für über eine Stunde pausieren würde. Diese befindet sich inmitten eines Bermudadreiecks, das aus einem halben Dutzend gegeneinander anlärmenden Musik- und Wassersprungbars besteht. Geschätzte Lautstärke 110dB, eine einzige Kakophonie aus Pop, Reggae und Techno. Scheint aber vielen jungen Leuten dort zu gefallen, oder den ultimativen Vorwand zu liefern, den Alkohol direkt aus kleinen Plastikeimern zu konsumieren. Into Tubing ist DER Slogan auf T-Shirts. Fast jeder trägt so eins, man will ja in sein.
Es wird viel Haut und Tatoo gezeigt, gezecht und getanzt – fast wie unser Karneval, nur bei tropischen Temperaturen und dem kühlenden Naß zwischen den Tränken. Wer bereits zu betrunken ist, um allein an Land zu gelangen, der wird vom Personal mehr oder weniger gekonnt geangelt.
Das geschieht durch Bewurf mit einer halbvollen Plastikwasserflasche mit Leine dran. Hundert Punkte gibt es, wenn man den Kopf des Tubers trifft und dann die Flasche durch den Schlauch ins Wasser fällt; nur Einen wenn der Wurf daneben geht, aber der zu Angelnde die Leine greift.
Der Gesichtsausdruck einer einheimischen Verkäuferin sprach Bände, als sie eine torkelnde Engländerin davor bewahrte in ihrem Stand auf Toilette gehen zu wollen und zur Seite Richtung Abort geleitete.
Mit welcher Gelassenheit die Einheimischen die aus aller Welt angereisten Alkoholiker ertragen ist sowohl bewundernswert als auch erschr eckend…
Wobei mir ein Ausspruch eines Kollegen in den Sinn kommt, der mir sagte er würde nicht Geld für eine Reise sparen wollen, sondern er wolle jetzt leben – andere sparen um eine Reise zu tun und währenddessen umso mehr zu leben, zu erleben. Wobei sich die Menschen lebendig fühlen, und was tolle Erlebnisse für sie sind, darin unterscheiden sie sich doch sehr. Unterirdisch Am morgen wollte ich über Mobilfunkverbindung kurz auf E-Mails checken und wunderte mich, dass das Guthaben der Prepaidkarte erschöpft war – auf wundersame Weise hatte es der Virenscanner geschafft sich ein fettes Update zu gönnen, rien ne vas plus.
Also gönnte ich mir ein weiteres ETL Rubbellos, um im Pannenfall mit dem gemieteten chinesischen Moped Hilfe herbeitelefonieren zu können. Theoretisch, denn praktisch hätte mich eh keiner verstanden. Als ich ein Busticket nach Vientiane für übermorgen kaufen wollte, wurde ich auch nett angestrahlt, der Mensch kopierte auch eine andere Quittung, wollte Geld, doch fragte ich erst mich, dann ihn, dann wieder mich, wo er denn notiert hätte, wo man mich abholen solle und an welchem Tag? Schwupps bekam ich einen Telefonhörer, aus dem eine Englisch sprechende Stimme darum bat, etwas später nochmals vorbei zu schauen…
Dass man Geld von einem will, das können sie alle von sich geben. Zu erklären wofür man ihnen denn Geld geben solle, da wird es recht abstrus, beginnt das große Schweigen oder angeregtes Gestikulieren. Im Hinterland von Viang Vieng überquere ich mit dem Moped eine recht baufällige kleine Holzbrücke, tritt am anderen Ufer eine Frau aus einer Hütte und ruft „Kip!“ Wofür? Ein Fingerzeig auf die Brücke. Wieviel? 10.000 Unverschämt, und oberhalb der Nepptoleranzschwelle. Ich sage zahl ich nicht, grinse und fahre eben wieder zurück über die Holzbrücke. Hatte eh den Eindruck, dass der Weg in die Irre führt.
Penetrant sind auch die selbsternannten Höhlenguides, zumeist kleine Kinder, die meinen, neben einem stumm herlaufen zu müssen und dafür anschließend Geld zu verlangen. Ist vielleicht besser, als wenn sie wie von Sprechperlen angetrieben, das offensichtliche daherplappern würden: „Weg, Stein, Höhle, Baum…“ In der Türkei habe ich einem „Guide“ sogar einmal Geld gegeben, dass er mich endlich in Frieden lässt,
Nach meinem ersten Höhlenbesuch am Vormittag war ich jedoch trotz tatsächlicher, auch wenn unverlangter „Guidance“ nicht dazu bereit, dafür das Fünffache des Eintrittspreises zu berappen. Ich hielt jedem einen Anstandsgeldschein hin, mehr nicht. Könnte vielleicht daran liegen, dass man mich bezüglich der Höhle belogen hatte, und der von mir niemals eingeschlagene „Weg“ im Inneren darin bestand meinen Rucksack vor mir durch eine enge Röhre zu schieben und auf dem Bauch hinterherzurobben. Für nichts, vor allem keinem See oder liegenden Bronzebuddha. Ich war not amused über die klaustrophobische Dreckserfahrung, denn der Boden war aus Lehm!
Einige Leute kamen mir entgegen, darunter auch ein recht dicker Mann, der in dieser Röhre sicher stecken bleibt. Eine Gruppe drehte aufgrund meines Aussehens meiner Erzählung sofort und verlangte das Eintrittsgeld zurück, weil auch sie „fehlkommuniziert“ wurden. Ich hatte übrigens helle Kleidung an und werde bald wissen, ob der lokale Laundryservice mit Höhlenschlick fertig wird… Einige Kilometer später fand ich dann die gesuchte Phou Kam Höhle an einer blauen Lagune. Dort gab es einen liegenden Buddha in einer absolut riesigen Höhle, mit der ich zusammen mit einer Frankfurterin nur im Schein unserer Sirnlampen herumstolperte. Ein nettes Abenteuer ich genoß ein Kaltgetränk unter Bäumen, wir unterhielten uns ein wenig und schauten dem Treiben im Wasser zu. Wie daheim? Drei identische Zimmer, drei identische Verkabelungen? Beileibe nicht. Ist im einen Zimmer der linke Schalter für das Licht im Bad, so ist es im Nächsten der Lüfter und im Dritten der für die Hauptbeleuchtung. Es heißt flexibel zu bleiben. Einerseits von mir, wieder einmal das Zimmer zu wechseln (das erste Mal wechselte ich aus eigenem Antrieb von charakterarm nach stimmungsvoll), da eine Reservierung für mein Zimmer vorliegen würde; natürlich stellte sich das zuerst vorgeschlagene Alternativzimmer als deutlich schlechter heraus (charakterlos), aber dann fand sich wunderbarerweise Eines genau über meinem vorherigen, nur mit zwei Einzelbetten und besserer Aussicht. Und natürlich erneut anderer Verkabelung, wie ich bei der Suche nach der Badbeleuchtung feststellen musste. „Deutsche“ Gründlichkeit, dass es eine Art Masterplan gibt, in dem angegeben ist, dass der linke Schalter immer fürs Bad zuständig sein sollte gibt es hier nicht. Dafür gibt es laotische Gründlichkeit bei der Eintrittskartenkontrolle: Zwei Personen sitzen zusammen am Eintritt, Falang trifft ein (Ich), Person1 (Frau) spurtet Vier! Meter zum Büdchen, um ein überteuertes Ausländerticket zu verkaufen, Falang steckt Ticket (gelb) ein, Person1 geht zu Person2( Mann) zurück, Falang (Ich) geht genau Viereinhalb Meter weit, bis ihn ein energischer Anruf „Ticket!“ erreicht. Wer jetzt glaubt dass Person2 das Ticket entwerten möchte, das Falang (Ich) sorgsam im Portemonnaie verstaut hat, der täuscht sich, Person2 wirft nur einen kurzen Blick darauf. Entweder ist der Mensch extrem kurzsichtig, oder er unterstellt seiner Kollegin, sie hätte mir eine falsches, Einheimisches (weißes) Ticket verkauft, oder er ist einfach nur total gelangweilt und bar jeder alternativen Daseinsberechtigung. Vergleichbares habe ich ja auch schon daheim erlebt, dass geleistete Arbeit zunichte gemacht werden sollte, nur damit sie noch einmal gemacht werden konnte, aber dann von der „richtigen“ Person.
Ist schon verrückt, knapp zwei Monate bin ich nun unterwegs, aber solche Absurditäten finde ich immer wieder vor, und erinnern mich an daheim. Wie lautete doch ein Kommentar im Blog? „Mir scheint die Menschen sind überall gleich…“? Zwei Körnchen Wahrheit liegen schon darin, aber ich möchte nicht die breite Masse verunglimpfen und alle über einen Kamm scheren. Andererseits, in der dritten Welt Verhältnisse wie daheim vorzufinden? Ist das gut oder schlecht? Für wen? Mein heutiger Weg führte mich quer durch Felder, auf der Suche nach dem „direkten“ Weg, immer mit dem Gedanken, ob denn der eingeschlagene Weg wirklich frei von Blindgängern oder vergessenen Minen ist und keine giftigen Schlangen im Gestrüpp lauern. Einerseits sollte man aufstampfen, damit die Schlangen einen früh genug hören und aus dem Weg gehen und nicht überrascht und erschreckt zubeißen, andererseits erhöht festeres Auftreten natürlich die Explosionswahrscheinlichkeit einer Bodenmine. Absurde Gedanken? Dann möge man sich die Bombenhülsen anschauen, die sogar als Pfosten einer lokalen Brücke verwendet wurden. Um eine Gefahr zu wissen, macht es nicht automatisch unwahrscheinlicher, nicht durch sie umzukommen.
Mich hat es jedenfalls nicht zerrissen, und auch eine abenteuerliche Bambusbrückenkonstruktion, die es zu überklettern galt hat mich nicht abgeschreckt oder abgeworfen. Bambus ist stabiler, als es den Anschein hat, dass muß man sich immer nur vergegenwärtigen, wenn man ein paar Stangen daraus sein Leben anvertraut, immerhin werden in Asien sehr sehr hohe Gerüste beim Häuserbau aus Bambus erstellt, da er leicht und zugleich extrem belastbar ist.
Als Belohnung gönne ich mir ein Atom-Eis, ein unteilbarer Genuß sozusagen. Später wurde ich dann DIE Attraktion für eine laotische Reisegruppe, mit der sich einige weibliche Mitglieder fotgraphieren lassen wollten. Warum au ch immer.
Und meine Wäsche scheint Kraft der manuellen Reinigung von Höhlenschlick befreit zu sein, also warum nur habe ich mich gestern so verstimmt gezeigt? War doch nur Dreck. Alles wird sauber, alles wird gut. Ein kurzer Werbeblock:
Wer sich in Vang Vieng aufhält, sollte das Frühstück #19 im AK OK Guesthouse (neben letzter hoher weißen Bauruine auf Uferstraße) probieren – bislang ungeschlagenes Preisleistungverhältnis in ganz Laos! Steak und rotes Curry waren dort ebenfalls über jeglichen Zweifel erhaben.
Ist weder Australisch, noch Englisch oder Irisch, also gut verträglich… P.S.
Um die Tuber live in action zu erleben, muss man sich nicht aufs Wasser begeben, nur ein paar Kilometer nach Norden aus dem Ort fahren und dann bei einem gelben Laobeerreklameschild mit „Thavisouck Somphong“ (Oder so ähnlich) links abbiegen, et voilà man gelangt ins Epizentrum, wo auch Einheimische dem Treiben fassungslos zuschauen…