Suzhou, China
Die Idee bereits am Vortag ein zusätzliches Metroticket für die Fahrt zum Bahnhof zu kaufen, erwies sich als Flop – das Drehkreuz verweigerte mit der Meldung “Service 7” die Passage. Also noch eins kaufen, denn mit vollem Gepäck lange nach Service 7 zu suchen erschien nicht gerade sinnvoll.
Die Wartehalle im Bahnhof war bis auf den letzten Sitzplatz gefüllt, es hieß warten, bis die rote Anzeige auf grün umspringt, dann heißt es sich sputen und in den Zug gelangen.
Der Zug war luxurös modern und mit deutlich mehr Gepäck und Beinfreiheit als der heimische ICE. Businessclass halt. Mit knapp 200km/h ging es superleise durchs Land, vorbei an der Neubaustrecke für die nächste, fast doppelt so schnelle Zuggeneration. Mit dem Taxi geht es zur Herberge. Zum Glück habe ich mich vorher noch mal kundig gemacht und halte die Augen offen, denn wohin ich wollte, hatte der Fahrer nicht wirklich verstanden und die Unterkunft kannte er nicht. Es heißt sich umgewöhnen: eine knüppelharte Unterlage und Vorsicht vor dem Durchlaufverbrüher! Bei meinem ersten abendlichen Streifzug durch die Stadt – die um einiges größer ist, als ich annahm – bekomme ich in einer Seitengasse unliebsame Gesellschaft. Anhalten und verweilen nutzt nichts, rein zufällig wartet der Kerl an jeder nächsten Gabelung und beobachtet wo ich entlang gehe. Völlig unauffällig 🙂
Die Dämmerung setzt ein, und da lege ich keinen Wert darauf, von jemandem verfolgt zu werden, der zuvor gierig auf meine Kamera gestarrt hat. Weder möchte ich überfallen werden, noch solchen Menschen zeigen, wo ich wohne.
Erst als ich wieder eine größere Straße mit Autoverkehr erreicht habe und mehrfach die Straßenseite wechsele, gibt er auf. Wireless Internet im Zimmer ist wie manches anderes in dieser Herberge nur in der Beschreibung im Buchungsportal vorhanden. Ich habe tatsächlich die Bettdecke des zweiten Bettes über die Holzplatte gelegt, die sich hier Matratze nennt. Am morgen schafft man es nicht einmal ein Spiegelei und zwei Scheiben Toast aus einem glibberigen Zustand zu befreien. Kaffee gehört hier nicht zum Frühstück, nur gelbes Zuckerwasser. Kaffee kostet extra. Dafür gibt es schmuddelige Köter und Zigarettenqualm. Angesichts des unappetitlichen Frühstückes verzichtete ich auf eine weitere Desillusionierung durch überteuerten Instantkaffee.
Meine Bewertung der Unterkunft wird wohl nicht sehr rosig ausfallen. Für den größten Park hier in der Stadt will man stolze 8 Euro Eintritt. Bereits der Eingang ist verstopft von Busladungen voller chinesischer Touristen, so denke ich mir, dass eine große Wiese und ein großer See nicht unbedingt sehenswerter ist und ziehe zum nächsten Garten weiter. Drei Parks zum Preis von einem. Das Suzhou Museum neben dem Park scheint heute? den Tag freien Eintritts zu haben, so kann ich einige nette Ausstellungsstücke und Pavillons besichtigen. Abgesehen von manchen Kanälen (andere erfüllen schlicht ihren Zweck als Kloake) und Gärten ist Suzhou jedoch die häßlichste und charakterfreieste Stadt, die ich bisher in China erleben durfte. In der Fußgängerzone hat man es zum Beispiel geschafft alle fünf Meter Laternen mit zwei fetten roten KFC Schildern aufzustellen, was einfach nur gruselig aussieht.
Ich bemühe mich auch weiterhin, um all die Schäbigkeit herumzufotografieren…