Tag21: Sukumo – Ainan

Die Ryokan Betreiberin wollte heute morgen noch ein gemeinsames Foto Bevor ich aufbrach, hakte sie sich bei mir, dem Fremdländischen Pilger unter und ihr Mann musste Fotos machen. Gern geschehen, da es ihr offensichtlich große Freude bereitete.
Einige Kilometer hinter Sukumo geht es einen Pass hinauf, der auf der Provinzgrenze zwischen Kochi und Ehime liegt.

Ab sofort bin ich in Ehime unterwegs, der dritten von vier Provinzen, bzw. Präfekturen von Shikoku. Tokushima war das spirituelle Erwachen, Kochi war das asketische Training, jetzt in Ehime folgt die Erleuchtung, bis ich dann bei Tempel#66 Unpenji nach Kagawa und somit ins Nirwana gelange. Wenn das Mal alles so einfach wäre…

Es ist wieder einmal ein wunderschöner Tag, etwas kühler als gestern, da läuft es sich fast von alleine. Wenn man so vor sich hinläuft, so gibt es natürlich immer wieder Dinge zu beachten, zu betrachten, anzuhören (Schüsse zum Beispiel im Wald, da frage ich mich, ob meine weiße Weste Hinweis genug an den Jäger darstellt, dass er bitte nicht auf mich schießt). Da höre ich hier lieber Vogelgesang oder Wasserplätschern. Ein Vogel hört sich an wie eine quietschende Schraube, die von einem Akkuschrauber immer tiefer und somit langsamer eingedreht wird.

Und dann denke ich auch immer daran, wenn ich einen besonders schönen und guten Gedanken hatte, ich müsse ihn mir doch aufschreiben, damit er nicht verloren ginge, oder ich könnte doch mein Smartphone als Diktiergerät benutzen. Dann wäre er konserviert und später könnte ich ihn erneut erleben. Und doch wäre es etwas anderes, ein Leben in der Vergangenheit. Das schöne am Reisen ist ja, dass ich mir nicht Gedanken darüber machen muss, schöne Gedanken zu vergessen, sondern die Reise an sich, frische schöne Gedanken erschafft. Und dabei bin ich organisierter, Planorientierter Allemane weit davon entfernt, einfach nur im Moment zu leben. Wäre es also besser, sich weniger Gedanken zu machen? Aber Meditieren bedeutet ja auch nicht, sich abzustumpfen, sich zu betäuben, sondern ganz bewusst wahrzunehmen und zu erleben und gleichzeitig dabei eine distanzierte, beobachtende Innere Position einzunehmen. Da habe ich noch großes Entwicklungspotential.

Jedenfalls bin ich dann kurz nach Mittag in Ainan und in einem Fuji Supermarkt kaufe ich dann spontan doch mehr als vorgesehen und gönne mir einen gemischten Rohkost Salat und Joghurt.

Apfel und Möhren bleiben dann halt für morgen Mittag. Im Ryokan gibt es um sechs Uhr wieder mehr als ausreichend zu essen. Ich habe den Eindruck, mein Plan hier abzunehmen ist ins Stocken geraten, oder es geht nicht mehr so schnell wie in den ersten zwei Wochen. Zuwenig Anstrengung, Zuwenig Höhenmeter, Zuwenig Gepäck? Zuviel Essen?

Heute gab es mal wieder eine Handvoll Bonbons als Ossetai, als ich mich auf ganz schmaler Straße an den Rand stellte, um eines der kleinen stupsnäsigen Autos vorbei zu lassen. Es hielt neben mir an, das Fenster auf der Beifahrerseite wurde herunter gekurbelt und von einer alten Dame die Bonbons überreicht.

Am Nachmittag besuche ich dann Tempel#40 Kanjizaiji.

Dort treffe ich auch wieder auf den Landsmann, der dir in Tsuyado übernachten möchte. Wir unterhalten uns eine Weile, Ich brauche ja nur 100m weiter ins Ryokan Yamashiroya.

Nach dem Einchecken will ich aber noch kurz durch den Ort, um mir Koyasan Butsugan-In anzusehen.