Dali – vom Aprilscherz zu Ostern

Dali, China

Als ich mein Zimmer für den finalen Checkout verlassen wollte, hörte ich im Bad ein Plätschern. Hatte ich die Dusche nicht richtig zugedreht? Als ordentlicher, wassersparender Germane setzte ich also meine Reisetasche ab und zuppelte an der Duscharmatur. Keine Veränderung. Da erst bemerkte ich, dass das Wasser von der Decke tropfte und auch in Strömen an der Wand herablief.
Puah, nochmal Schwein gehabt, dass die Zimmerflutung erst bei meiner Abreise erfolgte! Der Transfershuttle brachte mich für 5 Yuan zum Flughafen, dort gab es die nächsten Überraschungen: mein Flug tauchte nicht auf den Anzeigetafeln auf. Auch kein ähnlicher, keiner zu der gebuchten Zeit. Habe ich ein Ticket? Wirklich? Nicht verschoben? Mein Versuch am Schalter nach dem fehlenden Flug zu fragen sorgte für Verwirrung, ich glaube man wollte mir ein Ticket verkaufen. Schnell weg und an einem der Checkin-Schalter für acht Fliggesellschaften anstellen und das Einchecken versuchen.
Dann kam ein auf Offiziell machender Mann und wollte mich irgendwohin geleiten. Keine Ahnung wo das gewesen wäre, aber da er so schlecht Englisch sprach, verstand ich nicht, was er von mir wollte, und bereits meine Mutter hat mir vor beinahe vierzig Jahren beigebracht nicht mit wildfremden Männern mitzugehen. Auch die Kopie meines Reiseplanes mit Buchungsnummer habe ich ihm wieder aus der Hand genommen.
Er sagt zu mir, meine Fluggesellschaft wäre China Southern, und ich müsste dort hinten meinen Bordpass wechseln. Als ich sagte “Yes, and checkin von China Southern is here” und dabei auf das große Schild zeigte, verschwand der Typ ganz schnell wieder.
Man muß als Tourist immer auf der Hut sein vor Neppern und Schleppern! Der Flughafentransport in Dali ist fest in der Hand der Taximafia. Immerhin hat man einen einheitlich überhöhten Taxitarif ab Flughafen zur Altstadt festgelegt: 90 Yuan.
Ich steige in ein Taxi, das fährt aberr nur etwa drei Kilometer weit, dann klingelt das Telefon des Fahrers und ich soll das Taxi wechseln. He? Natürlich zahle ich erst, wenn ich am Ziel angekommen bin und nur genau die Neunzig. Ich steige also in ein anderes Taxi um, dessen Fahrer dem ersten 50Yuan geben muss. Wahrscheinlich konnte Taxifahrer Nummer 1 noch einen Gast am Flughafen aufnehmen. Besserer Profit.
Ich komme immerhin problemlos und ohne Umwege in diesem Gasthaus an, das Wetter verheißt Regen die nächsten Tage und es ist recht kalt, aber ich habe Internet und DVD auf dem Zimmer (und es gibt eine DVD Bibliothek im Hostel) und kann nun endlich mal die Neujahrs Musik-DVD aus Myanmar anschauen. Wer weiß was für Musik ich seitdem mit mir herumschleppe.
Ich gönne mir nach Ankunft Chicken mit Cashewnüssen (sehr lecker, mit viel Gemüse) und einen Kaffee während ich dies schreibe.
Meinen Weitertransport nach Lijiang habe ich für den 4.April für 45 Yuan bereits organisiert und auch eine Unterkunft dort habe ich gestern abend noch schnell online gebucht.
Ohne Internet geht so manche Reiseorganisation deutlich schwieriger, also musste ich erstmal schlucken, als Tagesschau.de meldete, dass über Ostern das Internet für einen Tag wegen IPV4 Adressmangel stillstehen würde. Bis mir in den Sinn kam, dass am heutigen Tage mit Aprilscherzen zu rechnen ist… Mit dem Wetter habe ich Glück, die dunkelgrauen Regenwolken bleiben an den Bergen hängen und über Dali bleibt ein sonniges Band blauen Himmels.
Der erste Eindruck der Stadt kommt bekannt vor, denn ich betrete die Altstadt über die “Barstaraße” Renmin-Lu. Yak-Steaks, free WiFi, ColdBeer und viele Sitzgelegenheiten zur Gasse hin zeigen deutlich, dass man sich in einer Backpackerhochburg ähnlich Pai oder Viang Vieng befindet. Wenigstens im wetslichen Teil, der Rest der Stadt ist mehr auf den Chinesischen Touristen ausgelegt. Wenn man umherstreift, finden sich auch schöne Ecken, die nicht mit Werbetafeln verunstaltet sind. In einem Park erlebe ich mit, wie Chinesen mit Steinschleudern auf Singvögel schießen und tatsächlich einen Winzigen erlegen. Ist an dem wirklich genug zum Essen dran?
Schräg – wenn die Vögel alle abgemurkst sind und dann zuviel Ungeziefer herumkreucht, kann man ja immer noch auf die chemische Keule zurückgreifen, oder? In einer Buchhandlung treffe ich erneut ein Paar aus Holland, dem ich in Shilin das erste Mal begnete. Wir unterhalten uns eine Weile, auch sie reisen nach Lijiang, wollen dann aber auch nach Shangri-La – bei dem derzeitgen Wetter dürften 3000m Höhe schwierig werden – auf den Berggipfeln ist heute erkennbar Schnee gefallen…
Abends im Hostel nochmals Essen zu bestellen, war eine Fehlentscheidung – es dauerte eine Stunde, bis die Schweinestreifen kamen, dafür waren sie kalt und haben nicht gut geschmeckt. Das Hostel wird von einem Australier geführt, so hatte ich am Abend eine Menge englischsprachige Unterhaltung mit einigen “Locals” aus Oz und England, die sich hier trafen.
Die Musik DVD ist, soweit es die Songs angeht, übrigens gar nicht mal schlecht… Übertriebene Geschäftstüchtigkeit Vormittags regnet es ohne Unterbrechung. Doch nicht allzu stark und die Temperatur liegt bei etwa Zwanzig Grad, so dass es dank eines riesigen Leihregenschirmes ganz angenehm ist, zu den im Norden befindlichen Pagoden zu spazieren.
Laut Reiseführer soll der Eintritt 32 Yuan betragen, aber hier in Dali denkt man geschäftstüchtig: Warum den Preis nicht verdoppeln? Ach Verdreifachen! Papperlapapp, 11 mal 11, DAS ist eine schöne Zahl! Prima, man ist sich einig und verlangt 121 Yuan Eintritt, um sich die drei Pagoden und eine Tempelreplik anschauen zu dürfen. Im Hostel wird zwar ein günstigeres Ticket für 90 Yuan, inklusive Taxizubringer verkauft, aber auch das erscheint mir deutlich zu teuer. Es gibt hierzulande ja genügend reiche Chinesen, die die absurd überhöhten Eintrittsgelder bezahlen möchten. Ich weigere mich, solche Preisexzesse zu unterstützten und mache deshalb Gratisfotos von Außerhalb und könnte mir nun 100 Bauzis oder 40 Flaschen Dalibier oder auch 3 Yaksteaks mit Pilzen und Kartoffeln gönnen. 🙂
Auf dem Weg zu den Pagoden werde ich vom hartnäckigsten TukTukfahrer Asiens belästigt: Über eine Viertelstunde lang tuckerte er neben mir her, trotz Nein, No, Bu yao, Abblocken mit dem Regenschirm und sagte immer wieder sein Sprüchlein auf “Hello, Moto, one Yuan” Obwohl der Preis variierte zwischen Einem und Fünf Yuan, ab- und wieder aufsteigend. Seltsame Verkaufslogik. Nachdem er mir mit seinem Blechhaufen mehrfach den Weg versperrt hatte und ich ausweichen musste, war ich drauf und dran, die Nahkampftauglichkeit meines Regenschirmes auszuprobieren. Erst als ich einen Bürgersteig erreichte, auf den er mir dank einer hohen Bordsteinkante nicht folgen konnte gab er endlich auf.
Gegen Mittag öffnete sich über Dali erneut ein blaues Fenster zum Himmel und es wurde recht warm. Kühlung gab es durch aufkommenden Wind, der sich am späten Nachmittag zu teilweise heftigen Sturmböen ausweitete. Zeit für eine Pause.
Meine Speisekartenentzifferungsversuche brachten mir heute eine Chickengemüsenudelsuppe für Fünf Yuan ein. Nudeln dick wie Essstäbchen, sehr lecker. Und gleich gibt es für mich eine Scheibe vom Yak. Hoffentlich zart. Und bevor ichs vergesse: Es ist nun ja Ostern! Ich wünsche allen meinen LeserInnen und Angehörigen Frohe Ostertage und fleissiges Eiersammeln! Ein Osterspaziergang Das Yak Steak war wunderbar zart und gut gewürzt. Sicher keine authentische China-Küche aus dem Yunnan Cafe, aber was genau ist authentisches China? Die Wiederauferstehung lange vergessen gemachter Geschichte? Wie authentisch Deutsch ist Beethoven, wo und wie begegnet er uns im Alltag? Genau. Aus gutem Grund könnte man den Döner-Imbiss hingegen als authentisch Deutsch bezeichnen. Und so ähnlich ist es hier in China auch. Nur die vereinzelten “Want smoke Haschisch” oder Nepper-Shoerepair- Angebote sind absolut unpassend. Mit dem Sessellift ging es den nächsten Tag bei ziemlich heftigen Sturmböen den Berg hinauf. Die Wolken waren ein Stück zurück gerückt und hatten die “Cloudy Tourist Road” freigemacht, um darauf trockenen Fusses und bei Sonnenschein zu wandern. Leider waren die Hauptattraktionen entlang des Weges nicht zugänglich, da entweder in Überarbeitung, oder per Steinschlag gesperrt. Es gab einfach kein Durchkommen, ohne Kletterausrüstung.
Der erste Tempel Zhong se war offen, kaum betrete ich ihn, bekomme ich beinahe gewaltsam Räucherstäbchen in die Hand gedrückt, um meinen Vorfahren zu huldigen und vor allem, anschließend eine fette Spende einzuwerfen und im Buch einzutragen. Hoppla. Weniger ist mehr, denke ich mir. Hinab ging es über Zigtausend Steinstufen, nach in etwa 5000 bog ich hinter einer Mulikarawane auf einen Trampelpfad ab und gelangte nach insgesamt 17km zurück zum Gasthaus.
Mit dem Bus geht es dann gleich nach Lijiang.

来Yunnan

Kunming, China

Nach längerer Unterhaltung seit dem Frühstück, kurze Abschiedstour bei den KommolitonInnen, die noch ein oder mehrere Wochen in Qingdao verweilen.
Kaum aus der Sprachschule heraus, werde ich auch schon von einem Taxi erspäht, es wendet, ich steige ein, bin in der Lage mein “Fähdschidssann” aufzusagen, als der Fahrer mit einer Frage kontert: Gongssu? Was bedeutet Gongssu? Scheint die Mautstraße zu sein, es empfiehlt sich nach dem Preis zu fragen, DAS klappt ganz gut mittlerweile: Wer jemandem etwas verkaufen will, bemüht sich immerhin den Anderen zu verstehen. 10 Yuan erscheinen mir nicht zuviel, und es erweist sich als gute Entscheidung, denn an fast allen Ampeln und Stau vorbei geht es in zwanzig Minuten direkt vor das Flughafengebäude und das zur Hälfte des von mir erwarteten Preises. Inklusive Maut.
Der Versuch einer Kommunikation seitens des Fahrers erweist sich als eine sehr holperige, um nicht zu sagen unmögliche Aktion. Mir wollen einfach nicht die genauen Silben für elementare Adjektive und Vergleiche in den Sinn kommen. Und das Aufsagen von so ähnlichen Silben wie z.B. dschinn statt jinn macht aufgrund der vollkommen anderen Bedeutung noch weniger Sinn als zu schweigen oder anglizieren. Da hilft nur erneutes Pauken und Vokabeln lernen. Die Wartezeit am Flughafen verbringe ich mit dem Studium meiner Buchschenkung der Schule: “Grundlagen der chinesischen Kultur”
Dieses in Chinesisch-Englisch gehaltene Buch erregt die Neugier und Diskussion bei einigen Chinesen im Wartebereich. Letztlich fragt einer, ob ich chinesisch studieren würde. Mein Sitznachbar lässt sofort eine schnelle Wortlawine auf mich hernieder gehen, die sich völlig anders als alles bisherige Chinesische anhört – vielleicht ein Yunnandialekt. Auf mein ting bu dong hin, formuliert er auch nicht einfacher und vor allem: langsamer, so dass ich nichts antworten kann. Lächeln. Irgendwann einmal zeigt sein Nachbar eine Weltkarte aus dem Bordmagazin und tippt mit seinem Finger in den Vereinigten Staaten herum. Ich schüttele den Kopf, sage “Deguo” und tippe auf den kleinen bunten Fleck am anderen Ende der Karte: “Falankefu”. (Frankfurt)
Dass ich “150km nördlich davon” auf chinesisch sage interessiert nicht mehr: “Ahhh, Falankefu”, nachdenkliche Gesichter. Nach einem Zwischenstop in Chengsha mit einer dreiviertel Stunde Aufenthalt geht es weiter nach Kunming. Dort im Flughafen, nach der Gepäckausgabe im Slalomlauf zwischen den Neppern und Schleppern hindurch “Taxiih?” hinaus an den offiziellen Taxistand. Dem Fahrer die Strasse genannt und später noch die ausgedruckte chinesische Adresse gezeigt und es bringt mich geradewegs für 15 Yuan zu meinem Hotel. Das Foyer sieht enorm aus – bin ich hier richtig, ist dies die internationale Jugendherberge??
Aber ja, dort ist ein Hostelling International Emblem und das Einchecken geht ohne Probleme in Englisch vorüber, nachdem ich für die erste Nacht gezahlt habe.
Und dann der zweite Kulturschock: der düstere Gang zum, und dann das Zimmer. Es hat etwas, abends ein in flackerndes Neonlicht getauchtes Zimmer mit fleckiger, sich ablösender Tapete zu betreten. Das Wetter hier in Kunming hat sich passend zu meiner Ankunft deutlich abgekühlt auf 10Grad und später am Abend gießt es in Strömen. Der Regen wird wohl hoch willkommen sein, denn der Südwesten Chinas, ebenso wie die Mekongregion erleiden momentan die schlimmste Dürre seit Jahren.
Die kühle, feuchte Luft und die unästhetischen Wände (und erst die Deckenverkleidung im Bad! Ich glaube ich kann in den Fahrstuhlschacht blicken!) legen sich wie ein Film auf die Lunge, aber die Betten und das Bad machen einen sehr sauberen Eindruck, es ist halt alles ziemlich in die Jahre gekommen. Bestimmt gibt es bessere und teuerere Zimmer hier im Hotel. Interressanterweise kostete das Zimmer über hihostels.com nur die Hälfte von hostels.com, aber man musste schon genau hinsehen, um es auswählen zu können!
Der Wäscheservice hat jedenfalls Fünfsternepreisniveau, zähneknirschend fülle ich meinen Wäschebeutel, denn lange herumlaufen, um eine Wäscherei zu finden ist auch blöd.
Internetzugang per WLAN gibt es für mich leider nur im Foyer, denn die billigen Zimmer (meins) liegen zu weit abseits.
Direkt am Hotel befindet sich ein kleiner Supermarkt, dort kaufe ich Wasser, einen Instantnudelsnack und auch ein Eis. Zwar favorisiere ich ein Honigeis, aber die Haptik und ein Blick auf das Herstelldatum lassen mich daran zweifeln: Von 2000?
Die Verkäuferin mag mir ja zeigen, dass es laut Verpackung lange haltbar sei (das steht hier immer in Symbolen auf der Packung) aber seit September 2000 sind doch etwas mehr als 24Monate vergangen…
Erneut halte ich ein Rote-Bohnen Eis für Himbeere, aber dieses Stieleis ist erst fünf Monate alt und schmeckt ganz passabel.
Das Bett hier hat sogar eine elektrische Heizdecke (die ich vorsichtshalber ausstöpsele) und ist deutlich weicher, als die Unterlage der letzten vier Wochen. Die besaß nämlich eine gefühlte Moh’sche Härte von Neun. In etwa wie Teppich auf Beton.
Ich schlafe immerhin so gut wie seit Tagen nicht mehr, gieße mir mit dem Wasserkocher im Zimmer Kaffee zum Frühstück auf und werde mich gleich in den Trubel der Großstadt auf Erkundungstour stürzen. Das Hotelfrühstück habe ich durch mein Schreiben verpasst, aber ich werde gleich schon einen leckeren Bauzi (Teigtasche) mit etwas rou und cai drin finden…
Wenn “Warm greetings – aim carefully” über einem Urinal angeschlagen steht, dann ist man(n) versucht sich umzuschauen, ob Notdurftnachbarn dies nicht allzu wörtlich nehmen.
Und was verbirgt sich hinter Rambo Breadworks? Da hilft nur einen Blick zu riskieren und eine Bemusterung vorzunehmen. Ergebnis: das Krapfenbrötchen mit einer zarten Buttercrememittelspur ist gewalttätig kalorienreich, doch ausgesprochen lecker.
Im Park wird Dutzendfach musiziert. Auch wenn die Mehrzahl der Besucher sich bereits im fortgeschrittenen Alter befindet, wird enthusiastisch das Tanzbein zu den Darbietungen geschwungen. Für die Jüngeren gibt es ein Massendiscopop-Thai-Chi. Nicht ganz synchron, aber der Ententanz ist nichts dagegen!
Und im Zentrum herrscht eine Konzentration von Shoppingmalls auf engstem Raum, wie ich sie in Qingdao nicht gesehen habe. Scheint hier alles etwas dichter beisammen zu sein, auch der Flughafen liegt nicht außerhalb – entlang der Start und Landebahn, nur knapp fünfzig Meter davon entfernt befinden sich Vierstöckige Wohnblocks und ich konnte fast die Gesichter der Menschen in den Fenstern erkennen, die bei der Landung zuschauten. Dem Fernsehprogramm folgen zu können, wenn in Wurfweite Jumbojets mit Umkehrschub abbremsen halte ich für unmöglich. Ob es hier wenigstens ein Nachtflugverbot gibt?
Gewöhnungsbedürftig sind auch die vielen Elektroroller – normale scheinen verboten zu sein – denn sie rollen geräuschlos heran, und das vorzugsweise auf dem Gehweg.
Das Wetter war den Tag über ganz ordentlich, sehr mild und beinahe sonnig. Aber dann gegen Fünf gab es Gewitter und Sintflutartige Regenfälle mit Graupeln. Die Straßen standen unter Wasser, so dass sich trotz Schirm nicht vermeiden ließ, nasse Füße und Hosenbeine zu bekommen, da ich nicht meine Wasserdichten Wanderstiefel trug. Frühstücks-Update:
Hier im Hotel gibt es für 15 Yuan ein üppiges Frühstücksbuffet mit Säften, Früchten, diversen frischen Gerichten, und und und… Wenn ich dagegen an die letzten vier Wochen denke, in denen es, wenn man trotz der Übellaunigkeit der Bedienung ein mumifiziertes Ei und zwei bis vier Scheiben Toast mit etwas Marmelade und einen sehr dünnen Instantkaffee gab (zwar umsonst), dann zaubert sich ein L 4;cheln auf mein Gesicht: Puah!
Mitleidige Grüße an die dort Verweilenden! Alice im Wunderland Für die Einen ist es Wunderland, für die Anderen ist es Alltag: sie sind an die optische Umweltverschmutzung gewöhnt. Tennisplatzgroße, Blitzlichthelle Videowerbetafeln gleißen ihre Botschaften in Tag und Nacht. Nicht immer der Verkehrssicherheit förderlich montiert, vor allem bei Nässe ist der Blendung an mancher Kreuzung nur durch Blindheit zu entgehen.
Schöne neue Welt: glitzernde Fassaden, aber trotz hektischer Betriebsamkeit leblos; diese Welt gehört den Schönen und Reichen, den Visualisten. Und ich bin mittendrin: Im Wunderland. Als wäre mir der Film aus dem Kino auf die Straße gefolgt. Wäre es besser, wenn ich die grellen Parolen lesen könnte? Ich bezweifle es.
Abseits gedrängt, in den Seitengassen, dort findet sich noch das Leben, dort ist die Beleuchtung statisch und es wird ohne trennendes Glas gespeist.
Immerhin scheint der Entseelung der Stadt Einhalt geboten zu werden, wenn eine antike Häuserzeile nicht nur eingestampft und durch einen Stahlbetonturm ersetzt, sondern restauriert wird. Vielleicht auch nur imitiert, aber immerhin, nicht nur für Kreditkarten ein Erlebnis. Im Park, in Pavillons, da wird gespielt: Mit Karten und Steinen, bei Tee und Unterhaltung. Auch dort ist Leben.
Wenn Angestellte von Kleidungsgeschäften vor dem Ladenlokal sinnfrei in die Hände klatschen, so erinnert mich das eher an die frühere Batteriereklame mit dem rosa Plüschhasen, als an eine Einladung dort etwas zu kaufen. Offensichtlich bin ich nicht so viel anders verdrahtet, als die einheimischen Passanten, denn auch die gehen vorüber. Und doch scheint die Klatscherei hier in der Stadt sehr populär zu sein. Geradeso, als ob sich die Geschäfte angesichts fehlender Kundschaft aufmunternd zuklatschen würden… Nachdem ich gestern beim erzglobalisierten Doppelbogenbratling gelandet bin, habe ich mich heute der originären chinesischen Küche hingegeben. Beim ersten Bauzigeschäft bin ich abgeblitzt, dort war die Bedienung damit beschäftigt sich selbst zu bedienen, statt die Kundschaft. Beim zweiten hieß es: “Rouh? Mäh Joh. Tsai? Mäh Joh.” Ja was haben die denn dann??? Probieren!
“Ihhge de Dschehge, iihge de Nahge…Dschege?… Ähhh, ach ja, warum nicht? Dschege ihh dschege.”
Als Endresultat wandern drei Bauzis unbekannter Füllung in eine Tüte: Einer mit einem roten Punkt, Einer mit braunem Fleck und Einer mit einem Kern aus Gelb. Drei Stück für summa summarum Vierundzwanzig Cent.
Noch auf dem Weg zum Tempel verspeise ich die Bauzis:
Roter Punkt: Halbkristalline Zuckerfüllung
Brauner Fleck: Schwarzer Matsch, geschmacklich zwischen süßem Kaffeesatz und Teerpappe
Gelber Kern: würzige Schweinerei Gegen Abend wähle ich mir an einem kleinen Straßenrestaurant einen Topf mit Gemüse, Tofu und ein paar Fleischscheibchen für acht Yuan aus. Der Topf wird darauf hin mit kochendem Wasser aufgefüllt und ein paar Minuten über offener Flamme erhitzt. Dazu gibt es Reis. Fast wie Vietnamnesische Phou Bo, nur gekörnt statt stranguliert.
Meine offensichtliche Nichtvertrautheit mit dem Namen des Gerichtes und dem gewöhnlichen Bestellprozedere sorgt anfänglich für Belustigung, aber was soll’s? Bin ich halt ein kurioser Fremdländer – kein Grund deshalb zu verhungern! Der eigentliche Grund nach Kunming zu kommen, war den Steinwald bei Shilin zu besuchen. Heute werde ich den Versuch starten, mit dem Bus dorthin zu gelangen, da mangels weiterer Teilnehmer keine organisierte Tour stattfindet. Laut Reiseführer fährt er ab Südbahnhof – mal sehen… Laut Emaileingang hat sich einer meiner Flüge nun bereits zum fünften Mal verändert, nun ist es auch noch eine andere Flugnummer…China West, ganz schön anstrengend!
Zwanzig Minuten habe ich jetzt mit der Hotline von ctrip.com telefoniert und versucht herauszufinden, ob die Stornierung des Fluges nun Geld kostet oder nicht. Es heisst “Yes” dann aber wieder “Doublecheck” – es macht keinen Spaß mit einer dermaßen unqualifizierten Hotline zu sprechen. Immerhin gebührenfrei, wogegen die Planlosigkeit hier an der Hotelrezeption auf die Frage hin, ob ich eine Gebührenfreie Telefonummer vom Zimmerapparat anrufen könne mich ins Businesscenter und von dort an die Rezeption verweist. Dort diskutieren dann ganze Sechs! Leute, bis eine Dame sich zur der Aussage hinreissen lässt, ich müsse nach draußen an ein öffentlichen Apparat gehen, ansonsten kostet das Gespräch im Hotel (in ungeahnter Höhe). Dachte ich mir es doch!
Im Laufe des Tages werde ich dann von ctrip.com per E-Mail erfahren, ob ich noch einen Flug habe, oder nicht, oder beide Etappen, wie letzte Woche behauptet storniert wurden, oder nur eine…
Interessanterweise sind die Flüge billiger geworden, so dass es für mich billiger sein sollte neu zu buchen, aber sicher sein kann ich nicht, da das wunderbare Onlinebuchungssystem jegliche Abfrage meiner Flugbuchungen nur noch mit einer “Flight System Error – please contact the Hotline” quittiert. Servicequalität eines selbsternannten Marktführers!
Zum wahnsinnig werden. Shilin und alles wird gut Am Südbahnhof gab es keinen Bus, keinen direkten zumindestens, sondern nach Irrwegen und Nachfragen nach “tschitscheh” saß ich dann in der Linie 60 für 2 Yuan und fragte mich und mein GPS, wohin die Reise wohl gehen würde. Ich war skeptisch, ob der klapprige Bus Siebzig Kilometer schaffen würde…musste er auch nicht, denn er fuhr nur bis zum östlichen Busbahnhof. Dort erneut Ticketkaufen 27 Yuan bis zur Shilin Scenic Area, auf dem Ticket steht 25, 2 Yuan sind wohl für die Lebensversicherung gewesen, die man für mich abgeschlossen hatte, wie ich allerdings erst später entdeckte. Abfahrt sollte sofort sein, am Ausgang nahm mich jemand in Empfang, geleitete mich zum Bus, hies mich dann aber draußen warten. Der Bus war wohl voll und fuhr dann ab. Also in den nächsten Bus.
Dort entwertet derselbe Mensch mein Ticket und fängt an auf chinesisch zu schwadronieren – dank einer Übersetzerin im Bus wusste ich was er sagte : Mein Bus wäre schon abgefahren, wer mir denn gesagt hätte, ich solle diesen Bus nehmen?
HALLO? So langsam habe ich den Eindruck, es kommt hierzulande öfter vor, dass sich Menschen nicht an ihr Geschwätz der vorigen Minute erinnern! Muss an der Umweltverschmutzung oder dem vielen Rauchen liegen.
Der Bus fuhr jedenfalls nicht so schnell ab, nicht genügend Personen und dann war der Fahrer verschollen – Essen, wie es hieß.
Nach einer knappen Stunde warten ging es dann los. Da der Bus nicht voll war, kam ein Schild ins Fenster (wahrscheinlich: Nehmen Anhalter mit) und es wurde angehalten: für Pakete, LKW-Reifen, Anhalter und eine Schleifmaschine. Nach knapp 80 Minuten Ankunft in Shilin, ohne weitere Probleme. Da war es dann bereits Zwei Uhr Nachmittags – öffentliche Verkehrsmittel in Asien, billig, doch da brauchst Du Zeit…
Drei Stunden umhergelaufen, zu Beginn geflüchtet von den Horden chinesischer Pauschaltouristen, die glatt als Amerikaner durchgehen könnten: nur nicht zuviel selbst bewegen. Zum Glück, so war es mir vergönnt, etwas außerhalb die meiste Zeit durch menschenleere Felsnadeln wandern zu dürfen.
Um kurz nach Fünf problemlos ein Ticket gekauft: Kunming? Yes. Taschenrechner mit 25 hingehalten, gezahlt – tsche fann? (Zeit für etwas Essen?) Mäh jo! Mit anderen Worten nein, der Bus fährt los. Tat er fünf Minuten später auch.
Kam aber nur die halbe Strecke, dann gab es eine Autobahnkomplettsperrung wegen Unfall. Dann gab es Staus wegen noch me hr Unfällen, weil auf einer zweispurigen Strasse vier bis fünf Fahrzeuge nebeneinander zu fahren versuchen (Alle Spuren, alle Richtungen!) und immer wieder welche versuchen zu wenden. ARRGGGHHH 🙂
Nach über zwei Stunden komme ich am Busbahnhof an, nehme den gleichen Bus, steige aber dichter an meinem Hotel aus, speise bei Mama Fu, denn ein von mir zuvor ausgekorenes Restaurant hat nur Food to go. Prima, wie erkläre ich denen, dass ich gern im Sitzen esse?
Dschuhdsi? Mähjo. Dann eben nicht. Naja, das wars dann für heute, bis auf ein weiteres Telefonat mit ctrip.com voller Buchung, Stornierung und Verwirrung, aber ich habe beschlossen, das alles gut wird, auch wenn ich momentan starken Fussgeruch vom vielen Laufen habe… A walk in the park Für den heutigen Tag hatte ich mir noch ein paar Sehenswürdigkeiten Kunmings vorgenommen, bevor es morgen früh nach Dali weitergeht.
Die Füße frisch gewaschen, mache ich mich nach einem ausgiebigen Frühstück auf die Socken. Auf meinem Weg durch die Stadt, beschloss ich spontan mir die Haare schneiden zu lassen. Für 19 Yuan, also 2 Euro.
Dafür gab es eine Haarwäsche mit Kopfhautmassage und Spülung, den Haarschnitt, dann Haare mit Wasser ausspülen und abschließendes Fönen.
Ich habe auch ein Beweisfoto machen lassen, doch sehe ich darauf nicht allzu glücklich, weil skeptisch, und auf einem kopflos aus, denn der Friseur war mit der Bedienung der Kamera überfordert. (Bildausschnitt wählen, Knopf drücken, bis Foto)
Das Posen für sein Foto hat er dagegen bestimmt stundenlang vor dem Spiegel geübt, denn er beherrschte es aus dem Effeff. Tja Aussehen ist eben doch alles…
Der Haarschnitt ist ein wenig kurz geraten, aber das wächst ja wieder… Im Daguan Park gab es Skulpturen und diverse Fahrgeschäfte, wie Achterbahnen, Karusselle und sogar eine Wildwasserbahn. Kosten natürlich alle extra und wenn ich es richtig gelesen habe, ebenso viel wie daheim auf der Kirmes. Auch im Zoo gab es mehr Fahrgeschäfte als Tiere, und von artgerechter Haltung kann meistens nicht die Rede sein. Auch dort Extrakosten für Aquarium, Schlangen, Schmetterlinge, und und und …
An beiden Orten treffen sich jede Menge Alte zum Musizieren, Spielen, TaiChi oder auch Drachensteigen.
Ich habe unterwegs eine Speisekarte fotografiert und gerade nochmals, mit Hilfe von Lern- und Wörtebuch und Reiseführern versucht, die Gerichte zu identifizieren, konnte aber nicht mehr als Vier zweifelsfrei ausmachen. Bezeichnung und Schreibweise der Menüs sind hierzulande zu individuell, um sie mit rudimentären Sprachkenntnissen zu erschließen.
Von den meisten anderen Gerichten kann ich jedenfalls erkennen, ob ein Schwein, Huhn oder Rind und Gemüse drinstecken SOLL. Die Betonung liegt auf Soll, denn als ich mittags eine Chicken Noodle Soup mit Rind bestellt habe, war zwar Rind drin, aber statt Chicken Chilli. Zuerst vermutete ich, dass die giggelnden Bedienungen an mir einen Feldversuch durchführen, aber der Abgleich mit einem Menüfoto ergab, dass ich tatsächlich bekam, was ich bestellt hatte.