Von Sommerpalästen und großen Mauern

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Beijing, China
Saturday, May 15, 2010

Nach der Schule trafen sich zwei Taxis und eine Luxuslimousine auf der Straße. Dumm, wenn man telefonierend mit seinen getönten Scheiben als Linksabbieger in die Straße brettert und dabei auf Hindernisse trifft. Dem Übermut der Luxusprotze werden halt doch manchmal Schranken von der Gesellschaft gesetzt und sei es auch in Form einer Taxikarosserie. Das zweite Taxi sah sich durch die abrupt vor ihm gestoppte Limousine genötigt, nun seinerseits der Limousinentür einen Kuß zu geben. Solch Schmuserei in der Öffentlichkeit wurde vom nachfolgenden Verkehr mit lautem und dauerhaftem Hupen geahndet. Ich tauchte schnell in den Untergrund ab zu einem Frischgemüsebaguette. Nachdem ich dort auf dem Stadtplan entdeckt hatte, dass es eine U-Bahnstation am Sommerpalast gibt, stand für mich fest, dass ich genau dort wieder ans Tageslicht treten wollte.
Nach einer knappen Stunde Untergrundfahrt quer durch die gesamte Stadt befand ich mich im Nordwesten Pekings.
Eintritt Sommerpalast 30 RMB, für ein Allinclusive-Ticket 60RMB. Ich wählte All-In, doch bekam es nicht - zu spät. (Wie sich später herausstellte hat die gute Frau am Schalter richtig mitgedacht und mir Geld gespart, denn ich konnte wirklich nur weitere 10RMB Eintritt für den Buddhaweihrauchtempel bezahlen)
Es geht erst einmal Bergauf - zur Stärkung ist ein Eis mit einem Schokoladenpuffreiskern angebracht, denn es ist sonnig und recht heiß. Gutes Eis.
Oben an diversen Pavillons angekommen konnte ich eine wunderbare Aussicht auf den See und den besagten Buddhaweihrauchtempel genießen. Mein Weg führte mich in großem Bogen bergab und am Seeufer entlang zum Eingang. Innerhalb des Tempels geht es dann wieder bis fast ganz nach oben hinauf.
Viele Treppen und kleinere Tempel, zum Teil aus massiver Bronze (207 Tonnen schwer) liegen auf dem Weg zu einer Buddhafigur mit vielen Armen. Vielleicht ist es auch kein Buddha, denn der hatte ja nur zwei Arme, aber ich kann die Symbole nicht lesen, die vielleicht etwas anderes besagen...
Es war mir nicht möglich, innerhalb der Öffnungszeit das Museum und alle Hallen und Höfe, die sich auf dem Gelände befinden anzuschauen und ich verließ den Park am New Palace Gate. Erst später sah ich von Außen, dass es ein Südtor gibt, welches man vergessen hat auf den Übersichtskarten einzuzeichnen. Noch ein paar Kilometer in wunderbarer Abendatmospäre laufen bis zur Baguo-Metrostation (Endstation Linie 10) und schon sause ich für zwei Yuan zurück ans andere Ende der Stadt.

Für den nächsten Tag hatte ich mir einen Besuch an der Großen Mauer bei Mutianyu vorgenommen. Ich hatte die Metro am Dongzhimen Busbahnhof noch nicht verlassen, da quatschten mich die ersten Nepper bereits an. Einer von den Vögeln begleitete mich sogar zur Toilette, um mir dann seinen überteuerten Transport anzudrehen. Aber ich weiß ja, dass es einen Bus gibt (10-11RMB). Ich will die 936, alternativ die 916 und dann umsteigen in einen Minibus. Die 936 verweigerte man mir: an der 916 sagte man, gibt es nicht, im Bus sagte man zu mir, ich müsse die 936 statt der 916 nehmen, aber langsamer sprach mein Sitznachbar auch nicht, als ich ihn darum bat. Hätte ja sonst eine Chance gehabt, etwas vom Gesagten zu verstehen. Höflichkeit ist halt nicht allzu weit verbreitet hierzulande.
Bereits ab dem ersten Halt in Huairou entern Minubusfahrer den Linienbus und versuchen den blonden Touristen herauszulocken. Vielleicht wäre es das Einfachste gewesen, bereits dem ersten zu folgen, denn im Folgenden wird es noch schlimmer (und teurer).
Am sogenannten Busbahnhof, an dem ich laut einer im Bus mitfahrenden Anwältin (die mir ihre Visitenkarte gibt) ihrer Meinung nach in einen anderen Bus umsteigen könne. Da war sie wieder, die ominöse 936. Ich sah noch mehrfach von der 936 und hörte von ihr und bestimmt werde ich die Nacht von ihr träumen.

Kaum steige ich aus dem Bus aus, zerrte man an mir und versuchte mich zu Autos (nach Mutianyu?) zu ziehen. "Don't touch me" fauchte ich mit zur Abwehr erhobener Hand eine extrem aufdringliche Hyäne an, die ihre schmutzigen Grabbelfinger nicht von mir lassen konnte. Ein ganzes Dutzend Fahrer und Fahrerinnen schrie aus allen Himmelsrichtung auf mich ein - Huairou toppt den Bahnhof in Hangzhou locker! - und umringte mich und begleitete mich auf dem Weg zum Bus 936, der auf der anderen Straßenseite stand (aber woanders hinfuhr). Und wieder zurück. Auch der korrupte Uniformträger am Busbahnhof steckte mit unter einer Decke. Sorgfältig waren die 936er Schilder vom Wartehäuschen abgerissen worden. Ich ging dann mit einem günstigen Mann mit, der anbot für 5Yuan zur Mauer zu fahren. Es ging mit einem schrottreifen Motorrad los - egal, nichts wie weg von dem Pack.
Nach einem Kilometer fiel dem Kerl ein, dass die Fünf Yuan dafür sein sollen, mich zu der nächsten Busstation zu fahren, wo ich doch den günstigen Bus für Drei Yuan nehmen könne... nach Mutianyu würde er ansonsten für Dreißig fahren...
Ja stehe ich denn im Wald hier? Ich stieg umgehend von seinem Moped ab, gab ihm immerhin Zwei Yuan, bin ja kein Zechpreller. KarlA..ch war sichtlich unzufrieden mit der Situation und knattert neben mir her. Kaum zu glauben, aber an dieser Busstation lauert ebenfalls ein halbes Dutzend von diesen Minibus- und Autoverbrechern und will mich ausnehmen. Mopedhyäne hetzte sie fleißig gegen den fiesen Waiguoren auf.
Einer macht einen halbwegs vertrauenswürdigen Eindruck und will mich wohl zu einem Preis unterhalb der Sechzig bis Hundert der Anderen fahren, wird dafür aber arg beschimpft, so dass er kneift.
Ich schaltete um auf Deutsch, was ja keiner versteht und rief allen zu, dass sie mich doch alle gerne haben könnten und ich dann eben gehe und  sie sich ihre Fantasiepreise dorthin stecken könnten, wo es warm und muffig ist. Und gehe die Straße entlang, bereit den Bus zurück nach Peking zu nehmen, denn ich hatte die Nase voll und es war wieder einmal einer der Momente, in dem ich froh bin, in einer Woche dieses Land zu verlassen.
Ein Auto hielt an und darin einer der Fahrer, der vorher auf Freund gemacht hatte und nun auch. Er bat mich einzusteigen. Ich fragte, was soll es denn nach Mutianyu kosten? Er wich aus, zeigte auf seine Tankanzeige, oder lamentierte, dass er hungrig wäre. Ich fragte erneut, wiederum ausweichend
Einfache Frage: Ni gaosu wo, qu Mutianyu duoshao qian? Wieder keine Antwort - OK Türe zu, erledigt, ich ging weiter.
Er rollt hinterher und hat plötzlich die Zahlensprache wiederenteckt: "OK Sixty!"
"Du mich auch" und gehe weiter.
Ein ganzes Stück später kam der halbwegs vertrauenswürdig erscheinende Fahrer angefahren und für Dreißig fahre ich mit ihm die fünfzehn Kilometer zur Mauer. Dort gönne ich mir erst einmal ein Hühnerbrustbaguette und dann geht es treppauf (45RMB Eintritt)
Die Seilbahn nahm ich nicht, denn man kann die Mauer von unten sehen (so hoch ist das doch nicht, oder?!?) und 50 bzw. 65RMB war mir das Stückchen nicht wert. Es war bedeckt und kühl, also angenehm bergan zu steigen.
Auf der Mauer geht es dann auf und nieder, erst nach rechts und dann nach links, bis zum höchsten Punkt, an dem mein GPS dann anzeigt, dass es recht genau 500 Höhenmeter bis zum Parkplatz sind. Sie ist schon beeindruckend, diese Mauer, die sich über die Hügel schlängelt mit Türmchen und Treppen. Auch wenn die Geschichte gezeigt hat, dass der Versuch sich einzumauern, in die Hose ging. Die blühendsten Perioden waren jeweils die Zeiten, in denen ein reger Austausch und Handel mit anderen Ländern und Kulturen statfand.

Apropos GPS: Auf einem Stück der Mauer erzählte ein Deutscher mit einer 5000Euro Nikon mit GPS Aufsatz doch ganz überzeugt seiner Frau, dass man sich auf 2050m Höhe befinden würde - ich stutzte dagegen. Liegt Peking wirklich so hoch, denn viel Steigung gab es auf der Hinfahrt nicht? Und 2000Höhenmeter bei diesem Breitengrad, da müsste es mir doch wohl wohl deutlich kühler in meinem kurzärmeligen Synthetikhemd sein, oder? (Mein GPS zeigte üppige 500m an, wie ich später feststellte)
Ach ja, die unreflektierte Technikgläubigkeit. (Eine Druckdose zur Höhenmessung hatte der "Spezialist" ebenfalls dabei)


Am obersten Punkt kaufe ich einer Verkäuferin tatsächlich Zehn Postkarten für Zehn Yuan ab, mit schönen Bildern vond er Chinesischen Mauer.
Wer dies liest und gerne eine davon zugesandt haben möchte, möge sich bei mir melden, bevor ich das Land verlasse :-)

Auf dem späteren Weg nach unten begegnete ich noch ein paar netten älteren Damen, die sich mit mir fotographieren lassen wollen und dann landete ich an einem dr vielen T-Shirt-Verkaufsstände, an dem es die obligatorischen "I climbed the Great Wall" T-Shirts gibt. Ein Dollar sagt die Frau, aber nach dem Aussuchen eines XXL T-Shirts fängt die Frau bei 185 Yuan an zu lamentieren. Hallo? Ein Dollar=185RMB??? Ich habe keinen Bock auf solch verlogenes Gefeilsche und auch dass die Frau mir den Weg versperrte, machte mich alles andere als kaufwillig.
"You had your chance - goodbye" Push and Go.
Dreißig Meter weiter fing ich mit einer anderen Frau an zu handeln, Ihr "Freundschafts-"startpreis liegt bei 90 statt 120. Ich bot 10 und am Ende bezahle ich 17RMB, was sicher immer noch zu viel ist, aber Zwei Euro für ein "Kult"-T-Shirt ist auch nicht das schlechteste Geschäft.

Auch hier an Mutianyu hat man die Hälfte der Beschilderung des Busses 936 entfernt - so dass ich nur mutmaßen konnte, ob der letzte Bus wirklich zwanzig Minuten zuvor gefahren war, oder ob sich das Warten lohnt. Da es allerdings anfing, wie aus Kübeln zu gießen, verspürte ich nicht allzu großes Verlangen zu warten. So musste ich in den sauren Apfel beißen und eine selbsternannte Taxi zurück nach Huairou nehmen. Nach Herunterhandeln von Achtzig fuhr ich für Vierzig Yuan ich in einem neuen Toyota mit, wenigstens etwas. An der 916er Bushaltestelle muss ich mich sputen, denn der Bus kommt gerade, doch man schreit mir hinterher, "Nein,Nein!"
Nein? Steht 916 dran. Fährt aber woanders hin, allein an dieser Haltestelle sind Streckenpläne für gleich Drei! 916 Busse mit verschiedenen Zielen angeschlagen. Hier im Ort hat sich wohl niemand gefragt, welchen Sinn große leuchtende Busnummern haben könnten und stattdessen allen Bussen entweder 916 oder 936 gegeben. Ich könnte deswegen schreien!
Dann kommt ein 916er, an dem auch Dongzhimen dransteht, aber diesmal schrie die halbe Bushaltestelle auf: "Bu shi, Bu shi" Nein?
Der nächste Bus sollte es sein, dieser fuhr zwar richtig, aber nicht Express.
Der nächste war es tatsächlich und brachte mich zuverlässig in den Verkehrskollaps der Dritten Ringstraße Pekings. Meine Abenteuerlust war noch nicht gestillt, beziehungsweise hielt sich mein Verlangen, zur absoluten DrückundSchieb-Primetime gleich zweimal die U-Bahnlinien an ungünstigen Stationen, wie bei meinem ersten Eintreffen in Peking, wechseln zu müssen, in ganz engen Grenzen. Also stieg ich vor der Endstation aus, meiner Meinung nach in der Nähe einer Linie 10 U-Bahnstation. Ich lag richtig und nach knapp vierhundert Metern Fußmarsch stand ich in der U-Bahn und musste nicht einmal umsteigen. Da störte es kaum, dass die Einlaßschranke meinte, mein frisch gekauftes Ticket wäre ungültig - sie war offen und ich drin.
Ich freute mich darauf ein heißes Süppchen und ein frisches Baguette aus dem Supermarkt zu essen, doch Pustekuchen: Baguettes von gestern morgen oder vorgestern - Entenfuttertorpedos.

Internet durfte ich abends auch nicht mehr, denn die Mitbewohnerin aus der Schweiz (Bank-Marketing-Managerin mit zwei Iphones, einem Macbook und Achtzig Kilo Gepäck, aber einem massiven Zufriedenheits- und Schlafproblem) weist meine vorsichtige Anfrage mit einem energischen: "Wenn mein Film heruntergeladen ist" zurück.
Soll ja nur 40Stunden dauern, bis die Gigabytes durch die Leitung sind...
Ich könnte ja nun gehässig feststellen, warum denn noch einen Film, wo doch schon ihre Musik spielt und der Fernseher mit HBO auf Hochtouren läuft, aber an sich ist es traurig. "Kopf freimachen" sieht meiner Meinung nach anders aus. Andererseits könnte ich ebenfalls darüber nachdenken, mir einen persönlichen Fahrer für Ausflüge zu chartern, der mich vor dem Ärger mit Neppern abschirmt. Könnte mir auch die in mundgerecht geschnittene Früchte, mit großer Plastikumverpackung für den Zehnfachen Preis kaufen, könnte mir auch Glanz und Glamour kaufen...
Eine Zufriedenheitsgarantie gibt es dadurch aber nicht.

Zwangsoffline schrieb ich diesen Text und trank dabei ein Pineapple Juice Beer mit 0,6 bis 2,5% Alkohol - ich will es einmal so ausdrücken: man kann es trinken, muss es aber nicht.

Pictures & Video

Ein bisserl Suzhou Kulisse am Sommerpalast
Ein bisserl Suzhou Kulisse am Sommerpalast
Hinauf zu den Tempeln
Hinauf zu den Tempeln
Hütchen und Hallen (alle zu)
Hütchen und Hallen (alle zu)
Ausblick ins Grüne
Ausblick ins Grüne
Aufwändig verkachelt
Aufwändig verkachelt
Blick auf den See
Blick auf den See
Am Horizont, die Innenstadt
Am Horizont, die Innenstadt
(Tempel-)Dachwerk
(Tempel-)Dachwerk
Ein Marmorboot Trepp auf Treppab
Trepp auf Treppab
Ein Tor Bootsfahrt durch Kanäle
Bootsfahrt durch Kanäle
Kanal Bewachte Einfahrt
Bewachte Einfahrt
Schwimmt nicht wiklich der Marmor
Schwimmt nicht wiklich der Marmor
Fotos ohne Menschen drauf sind schwer...
Fotos ohne Menschen drauf sind schwer...
Buddhaweihrauchtempel
Buddhaweihrauchtempel
dito Treppengänge dito und manches Tor Massive Bronze Viele Arme (und Gesichter)
Viele Arme (und Gesichter)
Halle Auch hier nette Aussicht
Auch hier nette Aussicht
Dachfiguren Treppenabgang Ausgegrabbelt Imperialer Sitz Fliederwochen Siebzehn Bogen Brücke
Siebzehn Bogen Brücke
Tor Tempelberg Abendstimmung Pagode Uferpromenade Blüten Am Straßenrand Zurück in den Untergrund
Zurück in den Untergrund
Ein Stück Große Mauer in der Übersicht
Ein Stück Große Mauer in der Übersicht
Oben angekommen Auf und nieder Wächter Schräg Im weiteren Verlauf unbegehbar
Im weiteren Verlauf unbegehbar
Beinahe überwuchert
Beinahe überwuchert
Treppen Weltkulturerbe-Strommast???
Weltkulturerbe-Strommast???
Zum Teil mit Schieflage
Zum Teil mit Schieflage
Dort hinauf... ...an den Schirmchen der Verkäufer vorbei...
...an den Schirmchen der Verkäufer vorbei...
...und noch ein Stück...
...und noch ein Stück...
...weiter... ...und hindurch...
...und hindurch...
...hinauf... Abgestellt ...weiter und hinauf...
...weiter und hinauf...
...durch den Frühling...
...durch den Frühling...
...zum letzten Aufstieg...
...zum letzten Aufstieg...
...sieht nicht nur steil aus...
...sieht nicht nur steil aus...
...war es auch. Oben!
...war es auch. Oben!
...oder doch noch etwas weiter??
...oder doch noch etwas weiter??
Fast menschenleer dank Nieselregen
Fast menschenleer dank Nieselregen
Weltkulturerbe
Weltkulturerbe
Comments:
Der Stein oder die Person?! From Vickie, on Jun 27, 2010 at 05:49AM
Noch ein paar Stufen abwärts...
Noch ein paar Stufen abwärts...
zum netten Plausch mit charmanten Damen
zum netten Plausch mit charmanten Damen
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