Nach einem hervorragenden Frühstück geht es um 7:30 los nach Tempel#25.
Unterwegs betrachte ich mir fasziniert ein Beispiel von Digitalisierung an, und zwar erfolgt die Gasversorgung der Häuser nicht über eine festgelegte Gasleitung, sondern über je zwei Einzelflaschen, die über einen Umschalter und und einen digitalen Volumenzähler angeschlossen sind. Gasleitungen in der Erde sind in einem Erdbebengebiet ja auch eine sehr gefährliche Angelegenheit, weil die Feuer nach einem Beben oft noch zerstörerischer sind. Ich frage mich, ob die Zähler den Verbrauch und leere Flaschen automatisch per Mobilfunk melden, gas on demand, oder ob doch noch jemand regelmäßig nach Schema F kontrollieren und Flaschen wechseln kommt.
Interessant ist hier, dass es Hinweisschilder auf Englisch gibt, den Tempel nicht zwischen 17:00 und 07:00 zu betreten. An einem Torbogen weiter oben steht „DO not sleep here“ Deutliche Anzeichen, dass man hier keine Probleme mehr mit Henro-Hobos haben möchte. Über viele Stufen geht es hinauf zur Haupthalle, selbst Menschen, für kaum laufen können, nehmen die Last des Auf-und vor allem Abstiegs in Kauf.Anschließend geht es weiter nach Tempel#26.
Der Aufstieg dort hin hat es in sich. Schnaufend oben am Tempeltor angekommen, werde ich von einigen älteren Damen freundlich dazu aufgefordert, doch eine Pause zu machen. Man bietet mir auch einen Tee an. In einer Schale liegt goldenes Osamefuda, was bedeutet, dass jemand bereits 100mal die Shikoku Runde gemacht hat. Wir versuchen ein wenig per Google Übersetzer App zu kommunizieren, was teils funktioniert, aber zu 50% totalen Nonsens ergibt. Ich lasse den Damen eines meiner selbst gedruckten Osamefuda da, dann können sie, falls sie wollen später online ins Blog dieses schnaufenden Deutschen lesen.
Gestern habe ich übrigens durch guggeln herausgefunden, was es mit der Coca Cola Plus auf sich hat, die ich hier die ganze Zeit trinke, sofern ich sie in den Verkaufsautomaten finde. Hat hier in Japan eine Auszeichnung für gesundheitsförderndes Lebensmittel erhalten, enthält fünf Gramm Dextrin, welches ein Ballaststoff sein soll, der die Fettaufnahme des Körpers reduziert. Also zum Abnehmen geeignet, genau das will ich ja. Ob dies aber auch hilft, wenn man kaum Fett zu sich nimmt? Übrigens nur für Leute über Vierzig empfohlen.Ich übernachte heute wieder in einem Shukubo, diesmal im zu Tempel#26 gehörigen. Zimmer mit Meerblick.
Nachdem ich meinen Rucksack dort abgestellt habe, denn zum Check in ist es noch zu früh, gehe ich mit leichtem Gepäck in Richtung Tempel#27 los. Ich will wenigstens die antike Straße von Kiragawa sehen, denn morgen nehme ich den Bus nach Nahari zur Unterkunft, um dann mit Zug zum Aufstieg nach Tempel#27 zu fahren.Es geht wieder bergab, erst durch Felder, dann auf einem rutschigen Pfad. Ich habe mir mehr davon vorgestellt-es gibt zwar ein paar alte Häuser, aber die Autos und vor allem die bunten Verkaufsautomaten lassen keinen guten Gesamteindruck enstehen.
Ich gehe noch etwas weiter, bis Katayama. An einer Brücke gibt es eine Baustelle und gleich vier Arbeiter begrüßen mich nur Verbeugung und sperren für mich die verkehrsfreie Straße mit ihren Flaggen ab. Arigato gozeimas!Ich mache eine Orientierungspause in einem Pavillon, da entdeckte ich schwarzen Rauch im Ort. Der entwickelt sich zu einer sehr großen Rauchsäule, ein Gartenfeuer kann das nicht sein, es brennt! In einem Ort mit vielen Holzhäusern nicht gut. Es gibt Verpuffungen, ich hoffe, es konnten sich alle Betroffenen in Sicherheit bringen.Es dauert Minuten, bis eine Alarmsirene im Ort ertönt, nochmals weitere Minuten, bis die ersten winzigen Feuerwehrautos kommen. Auch Japan hat ein Problem mit Gaffern: ein Auto halt mitten auf der Landstraße an, um auszusteigen und bei laufendem Motor minutenlang debattierend den Rauch anzustarren. Die Feuerwehr hat wohl Probleme den Brand zu erreichen, kein Wunder, die Zufahrtswege sind hierzulande teilweise extrem schmal. Das jemand aber die immer zahlreicher eintreffenden (auch größeren) Feuerwehrwagen einweisen würde, geschieht aber auch nicht.
Ich stelle fest: auch was Notfallhilfe angeht ist hier tiefste Provinz und kann dauern…Großer Eklat beim Abendessen!
Das wahrlich vorzügliche Essen ist aufgetischt, Sashimi bis zum Abwinken, Thunfischsteak, Permura, eine Art Paella, und und und… Es wird gegessen. Es sind acht Gäste im Shukubo, sechs Japaner, eine andere Asiatin und ein Deutscher. Vier Japaner trinken Bier(große Flasche Asahi), einer dazu Sake, einer bestellt sich noch eine zweite Flasche und als der Sake Bier Japaner noch mehr bestellen weil, Platz den Abt aus dem Off förmlich der Kragen. Eine sehr lautstarke Tirade ergießt sich über die Anwesenden, einer der Japaner macht stellvertretend den Kotau. Ich verstehe kein Wort, aber ein buddhistisches „Habt Euch alle lieb“ hört sich anders an. Puh, Glück gehabt, dass ich Gaijin bei Grüntee geblieben bin, obwohl das Bier lecker aussah… Und ich gerade schwach werden wollte… Ich hatte mich gestern schon bei Tempel#24 im Shukubo gewundert, dass es Bier zum Essen gab, ja sogar einen Bier Getränkeautomaten auf der Etage gab. Hier macht der Abt allerdings deutlich, dass die Anwesenden sich schämen sollten, so den Alkohol zu frönen. Diese Belehrung geht fast zehn Minuten lang- ob sie Anklang fand? Ich bezweifle es. Beim Gang auf die Zimmer frotzeln zumindest einige und zeigen auf den Kühlschrank an der Rezeption mit Bierdosen.Morgen früh soll es um sechs Uhr eine Zeremonie stattfinden, ich bin gespannt.Bei den Badegewohnheiten ist mir heute zum zweiten Male jemand aufgefallen, der sich nicht vor betreten der Badewanne gründlich gereinigt, sondern nur kurz mit ein zwei Schüsseln Badewasser übergossen hat. (Der Zweibierflaschenjapaner)
Daran sieht man, dass es auch unter Japanern schwarze Schafe gibt.Mehr Bilder des Tages gibt es, wenn ich wieder WiFi habe.