In 80 Tagen um die Welt

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Qingdao, Shandong, China
Sunday, February 28, 2010

80 Tage Reise liegen hinter mir. Ich habe zwar dabei nicht den Planeten umrundet, aber durchaus etwas andere Welten.
Jetzt bin ich im Reich der Mitte gelandet und richte mich für den kommenden Monat häuslich ein. Auch das Wetter scheint das Bestreben zu haben, dass ich mich heimisch - in Deutschland - fühle: es ist knapp über Null Grad kalt und bei Ankunft in Qingdao regnete es in Strömen.
Bereits im Landeanflug wurde ich mit Feuerwerk empfangen, es machte beinahe den Eindruck, als würden Flaks versuchen den Jumbo vom Himmel zu holen. Im Tiefflug ging es zuvor über Industrieanlagen, die Förderbänder und Kessel zum Greifen nah - ich musste dabei an heimische Überflugverbote von Chemischen Werken denken, während im Flieger einige kräftige Chinesen umherliefen und ihr Gepäck aus den Fächern holten und auch ein kleiner Junge im Gang hin und her lief...schräg, ich hab noch auf keinem Flug eine solche Anarchie erlebt. Da wünsche man sich doch fast ein Luftloch. Der Stewart erlitt den klassischen Gesichtsverlust und war darüber not amused.

Natürlich wurde das Feuerwerk nicht mir zu Ehren veranstaltet, doch heute ist das Laternenfest, Yuanxiaojie, das das Ende der Neujahrsfeierlichkeiten markiert. (Habe mich gerade noch mal in meinem China-Knigge nachgeschlagen).
Die hier eingesetzten Böller würden in Deutschland vermutlich die Polizei auf den Plan rufen, denn die Druckwellen lassen von etlichen Fahrzeugen die Alarmanlagen anspringen...

Am Flughafen empfing mich Aoqi vom International House Qingdao mit einem korrekt geschriebenen Namensschild und wir fuhren durch das uselige Wetter zur Sprachschule. Gegen üppige (ein halber Tausender) Renminbiabgabe erhielt ich ein DSL Modem und eine China Unicom Monatskarte. Ich kaufte dann auch direkt noch einen riesigen Instant-Nudel-Topf für vier Yuan und zwei Flaschen Wasser - auch hier trinkt niemand das Leitungswasser. Ich erhielt noch einige Informationen zum Ablauf des Kurses und löcherte die gute Frau mit Fragen, so erfuhr ich, dass ich mein zu kurz ausgestelltes Visum erst kurz vor Ablauf, also in Shanghai verlängern lassen


Mit Bargeld eingedeckt hatte ich mich an einen Geldautomaten im Flughafen von Guangzhou, wo ich zwischenlandete und die Immigration hinter mich brachte. Anscheinend war die Abhebung sogar gebührenfrei. Für den Geldtausch wollte man 50 Yuan - zur Verbesserung der Servicequalität - nette Umschreibung für Abzocke.
Ein Cafe im Wartebereich sah einladend aus, zum Glück ließ ich mir vor Bestellung eines Cappuchinos die Karte zeigen - 58 Yuan - so gut kann überhaupt kein Kaffee schmecken, dass er sechs Euro kosten darf!
In einem Laden wollte man mir unbedingt teuerstes Evian Wasser und Häagen Dazs Eiskreme verkaufen, doch ich nahm eine Nullcolaflasche und ein dreifach verpacktes Reiseis. Das fand ich allerdings erst nach dem Auspacken beim Hineinbeißen heraus, von wegen Fruchtstieleis.
Die Kassiererin jammerte bei meiner Bezahlung mit einem Hundert Renminbischein, wollte lieber fünf US Dollar, aber nixda, die Geldautomatenbeute musste kleingemacht werden!

Mein DSL Internetbastelset stellte sich als für einen nicht Chinesisch lesenden Menschen unüberwindbar dar. Der Modemanschluss gelang, aber mit Anschalten, Monatskarte freirubbeln und loslegen war es nichts. Auf dem Weg zum Heißwasserspender, um mich stattdessen mit meinem Nudeltopf zu trösten, begegnete mir Miranda, eine junge Chinesin im Treppenhaus. Sie war ein wenig überrumpelt von einem fremden Weißbrot um internettechnischem Beistand gebeten zu werden (das war ein Koreaner hier im Hause erst recht!) aber dann gelang es uns.
Man muss erst mit einem Standardnamen und Passwort eine Verbindung aufbauen.
Dann muss man unter Angabe der auf der Monatskarte freigerubbelten PIN seine Anschlussrufnummer mit Namen, Passnummer, Mobilfunknummer und zugehörigem College (alles rein auf Chinesisch angezeigt!!!) registrieren lassen und bekommt daraufhin eine zweite PIN. Erst mit dieser Nummer klappt der Verbindungsaufbau. Puh.
Und falls ich Online Unfug anstellen sollte, hat man mich sofort am Schlafittchen!
Ich testete dann erst mal meine neuen Onlinefähigkeiten und rief über Skype in Deutschland an, funktionierte problemlos. Und höre seitdem SWR3 Webradio

Morgen früh folgen weitere Formalitäten und es beginnt der Sprachunterricht nach einer Einstufung (Absolute Beginner ;-) - so wie es ausschaut mit Einzelunterricht.

Tag 1-

Ich habe vorerst Einzelunterricht und über Aussprache der verschiedenen Konsonanten, Vokale und zugehörigen Töne bis zur beginnenden Kiefer- und Stimmbandlähmung. War es nun der erste oder der zweite Ton, den die Lehrerin ausgesprochen hat? Hörte sich beides gleich an. Meine Aussprache auch, aber meine germanischen Lippen sind vielleicht nur grenzwertig filigran genug, um für chinesische Ohren zwischen Tsch, Dsch, Ssch, Gsch und Sch und Ts, Ds, Gs und S zu unterscheiden. Manch beinahe unanständiger Stöhnlaut will auch nicht so recht, weil hört sich blöd an...
Derzeit gibt es hier noch einen Schweizer Sprachlerneidgenossen, der aber nach mehr als einem Monat erstaunlich flüssig sprechen und vor allem bewunderswert viele der Symbole identifizieren kann. Allerdings meinte er auch, er wäre sprachlich vorbelastet nach China gekommen. Für mich sind überall wunderbar bunte Symbole aufgepinselt oder neonstrahlend dekorativ anzuschauen, aber was das Ganze bedeutet??
Ich ließ mir am ersten Nachmittag von Sylvio den Bus 125 zu den nächstgelegenen Shoppingcentern (mit Multiplexkino) zeigen und dann sind wir für einen Renminbi im Gedränge dorthin geschuckelt. Ich brauchte dringend ein paar Socken, einen Pulli zum Überziehen über die Tropenhemdchen und eine dicke Hose zum Wechseln, denn es ist hier Ar...kalt! Es friert.

Ohne die Erklärungen der englischsprechenden Bedienung im huo guo (Feuer Topf) Restaurant wäre es ein ziemlicher Blindflug durch die Bauanleitung der Zutatenliste geworden. Prinzip ist es, einen Topf mit Sud (z.B. scharf, mit Tomate, oder chinesischer Medizin ????) auf einer Heizplatte (Induktion mit Intervall - richtig Hi-tech!) köcheln zu lassen und darin die bestellten Zutaten zu garen. Mir schwante angesichts der Grammzahlen auf der Karte bereits, dass wir etwas zu viel ausgewählt hätten - wir brauchten Stunden um die Berge von Gemüse, Muscheln, Fleischpasten und -stücken nach und nach zu garen und zu verputzen und schafften es doch nicht ganz...
 
Den zweiten Tag habe ich mich bereits alleine in den Bus begeben und bin tatsächlich unbeschadet hin und zurückgefahren. Ich erstand nach langem Suchen ein kleines Deutsch-Chinesisches Wörterbuch und einen Stadtplan, denn ganz ohne geht es nicht.
Mein Streifzug durch das Angebot der Geschäfte offenbarte galaktische Preisunterschiede unbekannter Herkunft - eines meiner Highlights war das Glas Langnese Honig, Sorte "Blackforest" für Neunzig Euro!

Tag 4
Auch heute habe ich mir meine tägliche Shopping Mall gegönnt und bei einigen Schnäppchen zugeschlagen. Immerhin war heute vormittag Schneeregen und die Investition von acht Euro in einen Pullover erschien mir nicht unangemessen. Auch eine Flasche chinesischen Rotweines wanderte in mein Beutelchen - passenderweise heißt die Marke Sauvignon, nur in chinesischen Schriftzeichen, in Pinyin-Lautschrift demnach ZhouWeiNong ;-) Und er schmeckt nicht einmal schlecht.
Mir fliegen zwar im Unterricht Unmengen von Wörtern um die Ohren und ich mache Fortschritte, aber für eine vernünftige Unterhaltung in einem Supermarkt reicht es immer noch nicht, vor allem, da ich die ganzen Vokabeln nicht sofort behalten kann. Dafür ist der Gesprächsversuch im Geschäft für alle Beteiligten sehr belustigend - ich will nur nach verschiedenen Teesorten schauen und das halbe Dutzend Marktangestellte drückt mir als Reaktion andauernd teure Waren in die Hände, sobald ich ihnen näher als einen halben Meter komme. Ich kann es zwar nicht auf chinesisch ausdrücken, aber ich finde den Vorschlag, den exakt gleichen Tee für den fünffachen Preis zu kaufen, nicht für mich vorteilhaft!
Eben habe ich online versucht, meinen Weiterflug nach Südost China online zu buchen - bekam sogar eine Bestätigung, dass ich per Paypal zahlen wolle, dabei wollte ich dass nicht, aber trotz Abbruchsversuch und Angabe der Kreditkartendaten hatte ich eine bestätigte Flugbuchung. Also per Skype, die dann nicht mehr kostenfreie Rufnummer der chinesischen Hotline angerufen (mein Zimmertelefon ist für herausgehende Gespräche gesperrt) - zweimal, denn trotz der vielen Menschen hier, scheint dei Erreichbarkeit einer Servicehotline auch nicht besser als bei uns zu sein - und die Buchung stornieren lassen und neu eingeben. Ob ich als Ergebnis davon demnächst auch ein E-Ticket zugemailt bekomme werde ich sehen.
Wenn ja, werde ich mir wohl den Luxus weiterer Flugbuchungen gönnen, denn tagelang im Zug zu verbringen ist hier nicht einmal viel billiger, nur anstrengender.

 Woah de fangdschieng schü jaoh tshing lihh

Soll heißen, mein Zimmer braucht eine Reinigung. Ist ja kein Gasthof hier und ein Türklinkenanhänger "Make up my room" in Englisch und drei Chinesischen Schriftzeichenvarianten kann man ja geflissentlich übersehen. Muß man schon persönlich an der Rezeption vorstellig werden, wenn man denkt lange genug in der selben Bettwäsche geschlafen und dieselben Handtücher benutzt zu haben.
Ich hatte den vorher fein zurecht gelegten Satz noch nicht zuende gesprochen, da hieß es bereits "Ihh dienn". Mit Hilfe der Rezeptionsdame wusste ich dann, dass dies "um Eins" bedeuten soll und nicht, "Bitte zahlen"
Da ich zu der Zeit im Zimmer anwesend war konnte ich gute Tips geben, wo offensichtlich noch der Schmutz der Vorbewohnerin Daniela noch der Beseitigung harrte.
Alles wird gut, aber nicht von allein.

Bezüglich der Vorstellungen, welche Sorte Zimmer mir denn hier zusteht, habe ich bereits einige eurasische Verwirrung gestiftet. Wurde mir doch bei Ankunft ein Zimmer mit Toilette und WC gegeben und am nächsten Tag hieß es "Sorry, you are Kloless", frei nach Schiller. Eigenes Klo kostet extra, knapp drei Euro pro Tag. Wer die fossilen Reste auf dem Gemeinschaftklo gesehen hat, der weiß, dass dies gut investiert ist, aber ich musste doch mal bei der ESL Sprachschulagentur nachfragen, ob sie denn wirklich ein Zimmer ohne Toilette für mich gebucht haben, und wenn ja warum.
Woraufhin diese die Sprachschule anschreiben, ich hätte mich darüber beschwert, ein besseres Zimmer bekommen zu haben und man möge mich doch bitte in das billigere Kabuff ohne Zuschlag umziehen lassen.
Helle Aufregung! Und ich durfte dann mitüberlegen, was die Schule darauf antworten könne

Mir schreibt man, auf meinen eigenen Wunsch hin hätte man das Zimmer ohne Toilette gebucht. Aha!???
Und ansonsten wären wenn nicht anders aufgeführt Einzelzimmer immer ohne eigene sanitären Einrichtungen.
Ja, ich habe ein Einzelzimmer in dieser Wohnresidenz im Paket gebucht, aber gewünschte Klolosigkeit? Und überhaupt musste ich Bezug auf diesen meinen angeblichen Wunsch nehmen und nachfragen, wo es denn geschrieben steht, dass Einzelzimmer zwar mit beworbenem Internetanschluss, Fernseher und Kühlschrank, aber per se ohne sanitäre Einrichtungen sind. Weder im Angebot, der Website, noch der Rechnung oder den AGB habe ich entsprechendes gefunden. Und bei Buchungen in Deutschland ist Toilette/Dusche bei einem Einzelzimmer durchaus der Regelfall.
Jedenfalls habe ich bei der Sprachschulagentur für eine wahre E-Maillawine durch meine Ankündigung gesorgt, das Kloextra hier zu entrichten, dieses aber nach meiner Rückkehr erstattet haben zu wollen, weil gebucht und bezahlt.
De Versuch sich herauszureden, ich hätte schließlich in Shanghai und Peking Unterkunft im geteilten Appartement statt (deutlich teurer!) eigener Wohnung gebucht, so hätte man davon ausgehen können, dass ich eigenes Klo und Dusche nicht zu schätzen wisse, finde ich etwas schwach.

Woah de fangdschieng schü jaoh tse swoah
- Mein Zimmer braucht ein Klo!

Vorgestern habe ich ordentlich dem globalisierten Trend folgend, in einem Wanda International Cinema Center den Film Avatar in 3D angeschaut. An sich war an der Kasse bereits alles klar, der Film, die Vorstellung und der Sitzplatz waren bereits ausgewählt, als sich bemühte Hilfsbereitschaft von totaler Planlosigkeit meinte einmischen zu müssen. Endresultat war, dass alles wieder von vorne durchgekaut werden musste. Ja, ich möchte wirklich wirklich WIRKLICH in einen englischsprachigen Film! Sollte doch einleuchtend sein, dass es für mich keinen Sinn macht, mich in die chinesischsprachige Version des Film zu setzen, wo ich doch offensichtlich kein Chinesisch spreche, oder?
Der Film war nett und die chinesischen Untertitel hoben sich wunderschön plastisch vom eigentlichen Geschehen ab.
Im Anschluss wurde ich dann noch netterweise von chinesischer Staatsgewalt im Tarnanzug durch einen Schneesturm zur richtigen Busstation geleitet, saß dann auch im richtigen Bus, doch leider eine Station zu lang. Dummerweise liegt diese etwa 1,5km entfernt hinter einem Autobahnzubringer, so dass ich noch einen langen Fußmarsch über eine Schnellstraße im eisigen Wind hinter mich legen durfte. Aber frische Luft und Bewegung sind ja gesund.

Gestern ware wir zu einem Heißen Topf Essen bei einer Sprachschullehrerinnenfreundin und ihrem kanadischen Mann (und Tochter) eingeladen. Die ganze Zeit lief im Hintergrund zur Begeisterung der Kleinen eine Serie aus der Teletubbieschmiede und ich hatte das Vergnügen immer wieder eine tanzende blaue Socke und eine Upsy Daisy bei eingängiger "Winkewinke" Musik zu betrachten. Hier der Link, und dann bitte mit dem Mauszeiger über die Figuren fahren, dann kann man hören, welches Mimimimi und Wakapaka als musikalisches Rahmenprogramm diente: http://www.inthenightgarden.co.uk/en/visit-characters.asp

Bis dato habe ich es noch nicht geschafft, die historische Altstadt zu besichtigen. Auch heute erschien es mir, obwohl sonnig zu kalt dafür - gefühlte minus Zehn Grad, nöööö. Da kaufte ich mir doch lieber einen ofenfrischen Rosinen- (oder so ähnlich) Stuten ein umfangreiches Sortiment an interessanten Nahrungsmitteln und rekapituliere bei einem Grüntee und Weißbrot mein Chinesisch und komplettiere meine weiteren Chinabuchungen, was sich durch eine plötzlich verlangte Zusatzverifikation meiner Kreditkarteninformation bei der sechsten Flugbuchung etwas aufwändiger gestaltete: Ausdrucken, Unterschreiben, Zufaxen??? Mit Hilfe von Bildschirmcopy, Bildbearbeitung und Digitalkamera schaffte ich es, die gewünschten Daten zuzumailen. Bin allerdings noch ein wenig skeptisch, ob ich nun wirklich korrekt auf den gewünschten Flügen als Passagier gebucht bin. Morgen will ich mal versuchen, bei einer Reiseagentur Zugtickets ausstellen zu lassen. Denn Anfang Mai ist nach dem Tag der Arbeit Hauptreisezeit (neben Neujahr) und da war es besser, rechtzeitig Transport und Unterkunft (zum beinahe doppelten Preis!) zu buchen.

Tag 9

Mittlerweile gestalten sich meine Flugbuchungen als eine Art BäumchenWechselDich - ich weiß langsam überhaupt nicht mehr, welcher Flug nun wirklich wann startet. Das Buchungsportal ist nämlich so clever, immer nur eine neue Zeit anzugeben und eine Ordernummer, aber welcher Flug konkret von wann nach wann verschoben wurde??? Raten Sie mal!
Gerade eben habe ich wieder mit dem Callcenter telefonieren dürfen, und ich denke es sitzt in Indien. Immerhin ist über Skype eine US Tollfree Nummer gebührenfrei anrufbar - die chinesische kostet. Etwas was ich aus dem Trara der Buchungen momentan ableite, ist, Flüge mit Zwischenstop hier in China besser in zwei Einzeletappen zu buchen, dann kann man wenigstens einzeln stornieren, wenn sich Flugzeiten ändern. Momentan sieht es so aus, als ob ich durch Flugzeitenverschiebung fünf Stunden Zeit haben werde in Chonqqing den Flughafen kennenzulernen :-(

Gestern machte eine Schulleiterin unter anderem mir in einer Bank das Angebot als Englischlehrer in einer Grundschule zu fungieren. Schmeichelhaft, aber ich bin hier ja zum Lernen und nicht zum Arbeiten, was ich mit meinem Touristenvisum eh' nicht darf.
Ansonsten hapert es mit der chinesischen Verständigung beim Shoppen immer noch - erst machen Verkäufer widersprüchliche Angaben, dann kommen noch ein, zwei weitere hinzu und wenn dann so richtig keiner mehr Bescheid weiß: Schwups, sind alle weg und staunend wie man ist, wird man ignoriert. Das einzige was hilft, ist eine Art "Point and Click-Adventure-Modus": Draufzeigen, "Haben wollen", Mitnehmen. In der Regel wird dann ein Preisschild draufgepappt und wenn es total falsch sein sollte, könnte man die Ware immer noch irgendwo auf dem Weg zur Kasse "vergessen"...

第二周

(Das heißt die zweite Woche, di'er ge zhou in tonlosem Pinyin)

Was sich so historische Altstadt nennt...
Es gibt ein paar Jugendstilhäuser und es sieht dort aus, wie daheim in Deutschland, wenigstens wie in Stadtvierteln, die zur Jahrhundertwende enstanden und die nicht im Zweiten Weltkrieg dem Erdboden gleichgemacht wurden. Vor allem im Bergischen Land finden sich noch viele schöne alte Herrenhäuser.
In der Sommerzeit ist das Klima hier wohl anders als daheim, so hat man an einige, an sich schöne Fassaden, Klimaanlagen angeschraubt. Dort hängen sie nun - ästhetisch wie die gemeine Kleinklimaanlage nun einmal ist - wie Warzen an den Gebäuden.
Kaffee oder Biergartenatmosphäre unter schattigen Bäumen, gibt es jedoch nicht. Und dass liegt nicht nur daran, dass momentan Winter und die Bäume kahl sind.

Falls sonst etwas in der Stadt historisch war, so ist es vermutlich bereits umgegraben, weggesprengt und überbaut worden. Dies vermutlich mehrfach: an jeder zweiten Ecke wird gegraben und gebaut, fast scheint es, als müsse eine Bausünde nach Erreichen der Volljährigkeit durch die nächste ausgewechselt werden. Im östlichen Laoshan-Distrikt, in dem sich auch meine Sprachschule befindet, entstehen momentan Dutzende riesiger Wohnblocks, in denen Zehntausende zusätzlicher Menschen wohnen können. Viele davon mit dem Siebziger Jahre Charme von Köln-Chorweiler oder Berlin-Neukölln und wenn die positive wirtschaftliche Entwicklung des Landes anhält, so wird man in dreißig Jahren vermutlich jede Menge Sprengstoff brauchen, um neu und menschenfreundlicher zu bauen.
Ich habe einen Artikel gelesen, der Immobilieninflationsgefahren in China zum Thema hatte und in dem geschrieben wurde, dass etliche boomende Städte sehr viel stark subventionierten Wohnraum erstellen lassen würden, um billige Arbeitskräfte vom Land anzulocken. Wie lange geht das gut? Gibt es soviele einfachste Tätigkeiten für diese Menschen, oder findet ein "Nachrücken", aufgrund einer breite Weiterbildung und Entwicklung der Menschen in einer Art Jobkette statt? Vom Straßenkehrer zum Regaleinräumer, über den Weinverkäufer hin zum Filialleiter oder Management?

Meine Lernfortschritte in der zweiten Woche haben sich merklich verlangsamt, da ich nicht mehr Einzelunterricht habe, sondern zwei weitere blutige Anfänger in die Klasse kamen. Zwar wurde nicht wirklich von ganz vorne angefangen, aber da zum Großteil Null komma Nix verstanden wird, stockt es bis zum Stillstand. Erschwerend kommt hinzu, dass die Erklärung des Chinesischen auf Englisch erfolgt und wenn dann jemand nur rudimentäres Englisch spricht, dann ist es es wie ein Versuch den Teufel mit Belzebub auszutreiben.
Ich habe den Eindruck, es zeigen sich bereits massive Ermüdungserscheinungen bei den Lehrerinnen und deshalb wird auch bei mir, ob ich gerade das Datum genannt oder über eine Fußpilzbehandlung referiert habe, geflissentlich lächelnd überhört. Ich meine aber ab und an das schmerzvolle Verkrampfen der Nackenmuskulator erkennen zu können. Auch mir schaudert es, wenn zum Teil nicht einmal der Versuch gemacht wird, einen ganzen Satz zusammenzubekommen. Der Versuch der Kommunikation in Sprachbrocken, ala "Zweiundvierzig" funktioniert nicht wirklich und ist ein Zeichen von Faulheit.

Mit meinem Versuch, Zugtickets für nächsten Monat zu kaufen, bin ich gescheitert. Der Computer der Schalterbeamtin hatte mein Wunschdatum zwar in der Auswahlliste, aber nur die nächsten zehn Tage waren dort mit einem grünen Pfeil markiert, vor allen anderen Tagen wurde ein lachender Smiley angezeigt. Ich vermute stark, dass man diese Tage sehr wohl auswählen und ein ein Ticket ausdrucken lassen könnte (warum sollte es sich sonst in der Auswahlliste befinden???), aber vermutlich bin ich dafür nicht VIP genug und nur Reiseagenturen, die eine fette Zusatzgebühr verlangen sind befugt, solche lachende VIP Tickets auszustellen. Gehe ich nun VIP, oder riskiere ich es zu kurzfristig kein Ticket mehr zu bekommen? Vermutlich letzteres, denn ich habe keine sehr langen Zugstrecken geplant und brauche deshalb kein Schlafabteil.

Die korrekte Buslinie und -station zum Bahnhof (火车站 huo che zhan) habe ich durch akribischen Zeichenvergleich auf dem Fahrplan herausfinden können, was mich ein bisschen stolz auf mich machte. Ich habe zwar ein Streckenheft erstanden, aber auf die Idee, eine Übersichtskarte aller Strecken abzubilden ist keiner der Verantwortlichen gekommen. stattdessen wurde je eine Buslinie auf genaus eine Seite skaliert und gedreht, bis es passte - was die Vergleich- und Erkennbarkeit sehr erschwert, man muß die Richtungsangabe beachten und derselbe Straßenverlauf sieht jedesmal unterscheidlich aus...

Zwischen Sechs und Sieben ist hier übrigens Publicbus-Primetime und es heisst zusammenrücken. Dabei geht es allerdings noch recht zivilisiert zu, wahrscheinlich aufgrund der Gewissheit, dass fünf Minuten später der nächste Bus kommt und es sich darum nicht lohnt, zu quetschen, was das Zeug hält. In Myanmar hätte man in den gut gefüllten Bus sicher noch Zwanzig Leute hineinbekommen. (Und zwei Dutzend wären aufs Dach geklettert)
An die Übertragung aller Arten von Kleinstlebensformen denke man besser nicht. Es empfiehlt sich auch wegen des verbreiteten Mundgeruchs, Anderen im Bus möglichst nur den Rücken zuzukehren...

Comments

Hallo Rolf,
ist ja spannend zu lesen was du auf deiner Reise so erlebst, deine Berichte werden natürlich gerne gelesen. Die Fotos sind spitze. Mach weiter so und gib nicht auf.
Liebe Grüße aus dem sonnigen (16°) Leverkusen From jolali, on Mar 18, 2010 at 11:29AM

Pictures & Video

Zwischenlandung in Guangzhou
Zwischenlandung in Guangzhou
Zimmer mit Blick (aufs Feuerwerk)
Zimmer mit Blick (aufs Feuerwerk)
Der ein oder andere Knaller ist etwas größer
Der ein oder andere Knaller ist etwas größer
Mein Einstieg in die lokale chinesische Küche
Mein Einstieg in die lokale chinesische Küche
Bauanleitung für ein Essen...
Bauanleitung für ein Essen...
...und was alles dabei herauskommt
...und was alles dabei herauskommt
Die Sprachschule Umgebung eines der Businesscenter
eines der Businesscenter
Original... ...und Fälschung
...und Fälschung
An der Wallstreet gibt's hier für jeden Geld
An der Wallstreet gibt's hier für jeden Geld
Tanzen und Musizieren lernen im Spielsalon
Tanzen und Musizieren lernen im Spielsalon
Neue Forschungsreihe
Neue Forschungsreihe
Website out of order
Website out of order
Hochhäuser wie Pilze, überall
Hochhäuser wie Pilze, überall
Hierdrunter gibts Shopping
Hierdrunter gibts Shopping
Wo die goldenen Bögen lauern...
Wo die goldenen Bögen lauern...
Lampions Sieht ähnlicher aus, als es ist
Sieht ähnlicher aus, als es ist
Comments:
IST das denn das gleiche??? ;-) From Claudia K., on Mar 9, 2010 at 07:00PM
Nein, ist es nicht. Dass die eine Variante Zucker enthält ließ sich im Vorfeld an den Inhaltsangaben ablesen.(Ich kann die Zeichen nicht lesen, aber 170kJ bedeuten nix Süßstoff) Der Geschmack, hmmm, nicht ganz mein Fall. Ich habe mich nach zwei Schluck dazu entschlossen damit die Keramik abzubeizen :-) From gone2asia, on Mar 9, 2010 at 11:40PM
In die Moderne gerettet
In die Moderne gerettet
Hier wird gesprengt
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Einer verbindet, einer pfeift und einer rennt...Bumm
Ein Hotel One world one dream
One world one dream
Olympia Sailing Center
Olympia Sailing Center
Olympia verblasst
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Flaggenparade Etwas windig Qingdao- Shinan Skyline
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Drachengeschwader
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Rote Skulptur Knapp daneben Heute kein Restaurantbetrieb
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Der Frühling lässt auf sich warten
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Gedenken an den Farbfilm
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Wohnsilos auch für Brieftauben
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Das Meer... ...und sein Beobachtungsposten
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Babababababababa - mehr Reichtum geht fast nicht
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Acht mal die Acht (chin. ba) als Telefonnummer für VIPs- wirklich erfolgversprechend
Man muss auch mal Dampf ablassen
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Auch so wird gewohnt
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Pierspießrutenlauf
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Nicht viel anders als daheim
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