Interkontinentales und Interkulturelles am Nam Ou

Back to my 'Gone to Asia - LZK goes Fernost' blog

Nong Kiaw, Lao Peoples Dem Rep
Wednesday, January 27, 2010

Eine knapp dreistündige Fahrt mit dem Minvan bringt mich nach Nhong Kiaw. Oder auch Non Kiau geschrieben, wie so oft hier in Asien: ein und derselbe Ort hat verschiedenste Schreibweisen. Manchmal beabsichtigt, je nachdem ob die Franzosen während der Kolonialzeit einen Namen in lateinischer Schrift niederschreiben, oder die Engländer, oder der französische mittlerweile anglifiziert wurde. Manchmal auch unbeasichtigt, denn Rechtschreibung in einem anderen Alphabet ist nicht ganz einfach und Buchstabendreher passieren und wenn man schreibt, wie man spricht wird es sehr schnell interessant bei verschiedenen Dialekten.
Ich bin also in Nhong Kiaw angekommen, lud meine schwere Reisetasche vom Dach des Wagens ab, und stand mit geplatzter Hose da. Super, denke ich mir und mache ich auf den Weg über die Brücke, auf der Suche nach den netten Bamboohütten, von denen mir in Luang Prabang berichtet wurde.
Die Zimmerpreise hier scheinen zusätzlich zur Saison recht abhängig von der Tageszeit zu sein - ist bereits viel belegt und kommen weitere Touristen mit Bus oder Boot, gehen die Preise hoch. Früh und bei miesem Wetter dagegen ist es billiger.
Ich schaute mir eine Hütte an, sie erschien mir geeignet, hat zwar nur ein nicht weiter erwähnenswertes Zipfelchen Flußblick, aber ein vernünftiges Bett und Bad mit warmer Dusche, ich zog ein. Ich kann hier bleiben solange ich will. Sumit vom Gasthaus bot mir direkt zwei Jahre an, well das könnte etwas zu lang sein, aber mal sehen. Ok, die Toilette mit Kellenspülung hat ein Durchsatzproblem, ob ich mit ein paar Blättchen Toilettenpapier daran schuld bin, bezweifele ich. Vielleicht werde ich gleich mal nach einem Pümpel fragen.
"Do you have a Pümpel?" - ich stelle mir die fragenden Blicke vor, die ich bei diesem Wort ernten werde, hihi.
Vielleicht auch nicht, denn die professionelle Reparatur meiner geplatzten Hose war eine Sache von zehn Minuten - inklusive Aus- und Anziehen.

Ich war kaum eingezogen, geriet ich in eine Unterhaltung erst zu meiner Rechten mit Renee, einer Hälfte eines älteren Ehepaares aus Südafrika und anschließend mit Eric und Robin aus Canada. Beide kommen frisch von ihrer Gibbon Experience und beide tragen mehr oder weniger starke Blessuren. Ich erinnere mich an einen Forenbeitrag ein paar Reisender, dass es dort in den Baumhäusern keine Erste Hilfe Austattung geben würde und sie bestätigten es. Nach ihrer Überzeugung als Kletterer ist das Ganze eine tolle Sache, aber das Zipequipment wäre zum Teil durch Verschleiß bereits unsicher und wenn nicht nachgebessert würde (bei immerhin 160 Euro pro Person) wäre es nur eine Frage kurzer Zeit, bis schwerere Unfälle passieren würden. Ich habe irgendwie nicht gerade das Bedürfnis ebenfalls mit einer klaffenden Wunde am Bein durch tropisches Asien herumzulaufen, nur weil die Bremse versagt und ich ungebremst in eine Holzplattform in luftiger Höhe knalle. Aber dank vorherigem explizitem Haftungsausschluss ist es ja immerhin klar, wer die Verantwortung auch für schlechte Ausrüstung trägt: Der Teilnehmer. "If it is not safe anymore, don't do it."
Der laut Webseite gegebene Schutzaspekt der Region wird dort nicht weiter vermittelt, der Schwerpunkt liegt auf Zip-Fun und die Gibbons sind vor den schreienden Zippern längst geflüchtet. Besuche ich bei Verlangen wohl besser einen TÜV geprüften Hochseilgarten daheim...

Unsere gesamte Hüttenreihe hatte ein sehr lustiges gemeinsames Abendessen in einem laotischen Restaurant, welches von einem punkigen Exilgermanen mitbetrieben wird. Vielleicht taucht mein Ausspruch, "There are black sheep in orange robes", demnächst in einem kanadischen Comedyprogramm oder ihrem Fullyearsabbaticalblog auf (Nine months still to go). Mein abgebrochener Meditationskurs scheint ein amüsantes Thema zu sein, vielleicht fehlte mir beim Essen auch einfach nur die notwendige Ernsthaftigkeit. Mal wieder.

Eric und Robin werden zur gleichen Zeit in Hanoi wie ich sein, vielleicht sehen wir uns dort wieder, ich bekomme heute frische Hüttennachbarn, denn ich beabsichtige noch mindestens zwei Nächte zu bleiben und dann entweder gen Norden oder wie ursprünglich geplant über Luang Prabang nach Süden weiterzureisen. Vielleicht bleibe ich hier auch, bis ich meine Bücher zu Ende gelesen habe und ready for exchange sind.
Morgen werde ich eventuell eine Boots- und Trekkingtagestour nach Muang Noi machen, welches so in etwa ein Viang Vieng für Langeweiler sein soll. Würde dann ja passen, let's get serious! Bin ja nicht zum Vergnügen hier.

Straßen und Schutzgeister

Bei einer morgendlichen Mobilfunkanbindung erfahre ich, dass meine LZK Freistellung auch tatsächlich zu einer Überweisung führt! In erwarteter Höhe, kein Grund also, sich deswegen Sorgen zu machen.
Auf dem Weg zum Frühstück beauftrage ich den lokalen Laundryservice mit meiner Schmutzwäsche und wundere mich über die Annahme, dass meine wenige Synthetikwäsche fünf Kilo wiegen soll. Durch eine hochgehaltene vorindustrielle Waage mit Gegengewicht soll mir das verdeutlicht werden. Das Gewicht wird auf die Fünf geschoben. Das ist mir dann doch etwas zuviel, denn ich weiß, dass sich weniger als zwei Kilogramm Wäsche im Beutel befinden und schüttele lachend den Kopf: No, No!
Vorsichtig wird das Gewicht verschoben, ein Gleichgewicht stellt sich bei der Zwei ein, aber mit etwas Klemmen geht doch auch noch eine Drei... Three Kilo, OK. Es sei gegönnt, denn die Freipümpelung der Toilette gestern war eine zwanzigminütige Schweinerei. Wobei ich der Keramikl definitiv nur den letzten Rest gegeben habe, wie ich noch erkennen konnte, bevor man mich aus meinem Bad aussperrte, denn mein Toilettenpapier ist rosa und nicht weiß...

Mit dem Fahrrad geht es auf einer Straße bergan, die vielleicht ebenfalls von den Chinesen gebaut wurde. Ob China in Laos nur deshalb Straßen baut, damit seine Waren einfacher nach Thailand gelangen und im Gegenzug Holz und Gummi zurück transportiert werden können, ich weiß es nicht. Ein wenig schwingt in den Stimmen der Erzähler jedesmal ein gewisser Vorwurf des Eigennutzes mit. Thailand baut ebenfalls in Laos, Staudämme, um Strom zu produzieren. Welche Seite letztendlich mehr profitiert, kann ich nicht beurteilen, aber es profitieren alle: es gibt eine gut befahrbare Straße und rund um die Uhr Strom, auch wenn der Reiseführer noch von wenigen Abendstunden spricht.
Eine Straße eröffnet Chancen, auf Reisende, Anschluß, Handel. Strom ermöglicht unter anderem auch Kommunikation, wie Mobilfunk. Händler können vor einer Fahrt nachfragen, wo ihre Waren gebraucht werden, Kunden können anfragen, die Verkaufschancen steigen.
Straßen und Strom sind Fortschritt, auch wenn fremderstellt. Solange dem Eigennutz ein Fremdnutzen in Summe gegenüber steht, was gibt es vorzuwerfen?
Natürlich gerate ich während meiner Fahrt ins Schwitzen und gegen Abend zeigt es sich, dass Sonnenschutz in diesen Breiten durchaus empfehlenswert ist.
Meine Pause auf schattiger Höhe an Kilometerstein 127 gerät zu einem Event, sitzt dort doch ein blondes Weißbrot im Schatten und liest. Drei kleine Kinder kommen vorbei, stumm, außer vielen Sabaidees können wir nicht miteinander kommunizieren. Es wird das Mountainbike gefühlt, der Schutzengel an meinem Rucksack wird ertastet, ebenso wie die nicht verwendete Sonnenmilchflasche. Bin stumm umringt von drei kleinen Gestalten, die immerhin nicht nach "Monneh" fragen, wie einige Kinder am Ortsrand. Stummm werden mit einem "Kreidestein" Buchstaben, lateinische, auf den Asphalt gekratzt: A,B, P, K, O,  H - ist wohl doch noch nichts mit dem ABC...
"Do you know a Ce, De Ihh?" Verständnislos blickende Gesichter. Ok, etwas anderes, die Tüte Anis Fisherman's enthält genau noch drei Bonbons, nachdem ich mir einen in den Mund stecke. Für jeden einen, ich gebe das Tütchen einem der Jungen. Es wird geteilt, die Tüte fliegt achtlos an den Straßenrand. Die Augen werden größer, es wird gestaunt, gegrinst, gekeucht, gekichert und überprüft, was man wohl im Mund hat. Die Verpackung wird noch einmal kurz aufgehoben und angeschaut, dann sabaideeren die Drei endlich kichernd weiter.

Drei Buchseiten weiter, kommt das nächste Trio die Straße hinauf, sie mögen um die zwölf Jahre alt sein. Das Fahrrad wird betastet, meine Sonnenbrille muß aufgesetzt werden, die Drei unterhalten sich über den Falang und freuen sich, der Stumme bin ich, weiterlesen kann ich mir abschminken, denn die nächsten Fünf sehe ich bereits an der nächsten Biegung auftauchen, also breche ich höflich auf, es geht heim.

Ich werde fünf Mal hintereinander zu einem Baci eingeladen, ohne dass ich eine Ahnung hatte, um was es sich genau handelt. Ein religiöses Fest, mit Schnürchen am Handgelenk, wie mir Sumit im Vorfeld mitteilte. Mich bei soviel freundlicher Aufforderung zu verweigern wäre unhöflich, so nehme ich - und andere Falang-Hüttenbewohner ebenfalls - am Baci teil. Es wird Klebreis, etwas Geld und Schnürchen an Kleinkinder veteilt, warum genau weiß ich nicht, vielleicht Einschulung. Allen Gästen werden ebenfalls an beide Handgelenke weiße Bändchen gebunden. Anschließend gemeinsames Essen, auf dem Boden werden Schalen mit diversen Speisen und Klebreis verteilt. Fingerfood, wie es laotischer nicht sein könnte. Je mehr ich esse, desto mehr wird in Schalen nachgeschoben. Ob ich die Speisen alle vertragen werde? Augen zu und durch. Nur nicht durch die kleinen Chilischoten, denn die sind gemein. Meinen laotischen Sitznachbaran bereiten sie Schweißausbrüche, mich würde sicherlich ein Magendurchbruch ereilen... Angebotenen LaoLao (Schnaps), Laobeer und Zigaretten schlage ich aus und ernte Kichern auf die Aussage "Khop jai, I don't drink Alcohol" Ein abstinenter Falang? Ist ja zum Lachen!
Komme mir selber etwas komisch vor, denn so tugendhaft bin ich an sich nicht, aber es ist noch Januar und ich will meinem Neujahrsvorsatz treu bleiben. Irgendwann bekomme ich ein Glas und einige riesige Flasche Wasser vorgesetzt, Der muß doch etwas trinken! Sieht doch schon ganz verdurstet aus, der Arme!
Ich trinke.
Es schließt sich noch ein geselligerer (und feuchtfröhlicher) Teil an, angesichts meiner Trinkunlust nutze ich die Frage "You go to sleep?", um mich in meine Hütte zurückzuziehen und mich postwendend im Reiseführer nach Baci umschauen. Ich finde einen entsprechenden Informationskasten und erfahre nun, dass mir meine Schutzgeister wieder angebunden wurden, falls welche abhanden gekommen waren. Echt lieb von den Leuten! Khop jai lai lai!


Comments

Der Pümpel heißt im Fachjargon "Siphonsauger". Aber ich glaube, auch damit wärst Du nicht weitergekommen....
Muss es mir eigentlich zu denken geben, dass Deine Hygiene-Artikel rosa sind :-?
Frage am Rande: Was kosten denn 3 kg Wäsche wieder tragfähig zu machen? Und war sie auch wirklich sauber? From Der_Italien_Fan, on Jan 29, 2010 at 03:16PM
Hallo Reisender,

mögen die Schutzgeister Dir lange verbunden bleiben und Dich auf Deiner Reise vor allem Unheil und weiteren Magenbeschwerden bewahren!

Bei uns versinkt die Welt im Schnee! Freitag hat es bei mir in den Höhenlagen ca. 40 cm geschneit!

Alles Gute! From Dr.Z., on Jan 31, 2010 at 12:17PM
Hallo Rolf!
Eeeeeeeendlich bin ich jetzt auch mal dazu gekommen, Deine gnzen reiseberichte zu lesen. (Irgendwie kan ich in den letzten 6 Wochen auch zu gar nichts.)
WOW! Bin echt beeindruckt. Was Du alles erlebst und siehst und vor allem, wie Du es erzählst ist mehr als unterhaltsam.:-) Habe ein paar mal lauthals lchen müssen. Ich plädieren auch für ein bebildertes Buch! :-)
Und an Deine "Abstinenz" werde ich Dich dann mal beim nächsten Hefeweizen erinnern! Hehe!
Ein paar Fotos hatte ich auch kommentiert, wirklich sehr sehr schöne Aufnahmen dabei.
Ich wünsche dir noch weiterhin sine Erlebnisreiche Reise, netzte Bekanntschaften, erleuchtende Momente und vor allem fortan Gesundheit!
pass auf Dich auf und schreib fleißig weiter!
Gruß aus Düsseldorf
Claudia
(die mit dem K. dahiner) From Claudia K., on Jan 31, 2010 at 01:12PM
Angesichts des Kommentars muss ich nochmals meinen Senf dazugeben:
Syphonsauger hört sich absolut unangemessen für eine Apparatur an, die eine 100% Lao Customized Sanitary Solution reinigen soll. Ein blaues Hitech-Plastikrohr, das irgendwo hinführt.
Wie sich der Klosauger, Pümpel oder wie auch immer nannte, es war eine 100%ige Schei.arbeit. Man bedenke auch die Tatsache, dass es in Asien üblich ist, die Schuhe vor dem Betreten eines Hauses oder einer Hütte auszuziehen...
Das Klopapier wurde gestellt, welche Farbe auch immer: Drauf gesch...en :-)
Drei Kilo machten 30000 Kip - Standardpreis. Einige Stücke habe ich ungetragen für die Wäscherei meines Vertrauens eingepackt - man möge daraus schließen, wie sauber die Kleidung zum Teil hinterher roch...
Normalerweise klappt es hier mit der Handflußwäsche sehr gut. Es ist of erstaunlich, wie gepflegt Asiaten auch unter einfachsten hygienischen Verhältnissen herumlaufen. Da sollte sich so mancher Wiedehopf-Falang ein Beispiel dran nehmen... From gone2asia, on Feb 1, 2010 at 03:33PM

Pictures & Video

Brückenausblick Fußgängerzone Links, zwischen den Bäumen: my hut
Links, zwischen den Bäumen: my hut
Abendstimmung Abendstimmung Morgenstimmung Gen Osten Eingang zur Höhlenstadt
Eingang zur Höhlenstadt
Balkonausblick Hütte Eine sichere Bank in Kriegszeiten
Eine sichere Bank in Kriegszeiten
Abkühlung Abend an der Brücke
Abend an der Brücke
Zweite von links
Back to my 'Gone to Asia - LZK goes Fernost' blog