Exerzitien und nicht ganz so erwartete Erleuchtung

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Chiang Mai, Thailand
Friday, January 8, 2010

Der Superexpresszug bringt mich nach Chiang Mai. Super, aber Express geht anders. Geplante Abfahrt 9:43 - um 9:38 kommt ein Zug. Könnte er das sein, frage ich mich ernsthaft unter totaler Ignoranz, wo ich mich aufhalte - nein, es ist ein anderer Zug auf der Strecke, einer der um 8:37 in Ayuthay abfahren sollte. Um halb Elf fährt der Zug, natürlich alle Gepäckfächer voll und meine recht groß ausfallene Reisetasche muß im Durchgang bleiben - was natürlich zu Problemen mit dem Bordcatering führt.
Fast nur Touristen im klimatisierten Abteil, das erwartungsgemäß recht frisch wird. Die typische Backpacker,Rastalocken, glasiger Blick Sorte aus Lauteuropa. Wenigstens gibt's kein Bier an Bord, sonst wären die geplanten Elf, aber letzendlich Zwölfeinhalb Stunden wohl übel verlaufen.
So ein Thailändischer Superexpress, der fährt nach einem Bahnhof auch schon mal los, dann aber wohl auf dem falschen Gleis, Ratlosigkeit, dann Rückwärtsgang und zur Beratung zurück in den Bahnhof. Und weil man gerade in Uttaratta ist und vorgezogene Teestunde, nutzt das Personal die Gelegenheit zur Pause.
Neuer Versuch. Ach da war doch noch das falsche Gleis... also wieder zurück in den Bahnhof.
Vielleicht noch ein Päuschen??
"Hmmhmm, ach laß mal, sonst muß ich so oft aufs Klo" scheint den Zugführern ins Gesicht geschrieben zu stehen.
Aller guter Dinge sind Drei, oder? Erneut erreichen wir die Stelle kurz hinter einem Bahnübergang, an der wir zweimal umkehrten, diesmal eine Spur weiter rechts, hoffentlich nicht auf Kollisionskurs, wir halten erneut.
Nur ein Scherz, es trötet und dann geht es gaanz gemächlich weiter in den Sonnenuntergang...
22:15 Ankunft Chiang Mai, das große Fressen der Taxifahrer kann beginnen. Wieviel? 150 Baht - lächerlich! Auf dem Parkplatz kostet es nur noch 100, aber losgefahren wird noch nicht, ist ja noch Platz im Wagen. Eine Gruppe Bierdurstiger und bereits Affengeräusche von sich gebender Engländer und Schweden wird für je 50 Baht eingeladen - ich mache den dezenten Hinweis, dass sich dann wohl auch mein Fahrpreis halbiert.
An der Spaßmeile werden die Affen rausgelassen und zwei Minuten später bin auch ich am Guesthouse. Meine schwere Tasche wird nach dem Einchecken und Abkassieren in den vierten Stock getragen, soweit alles OK.

Den nächsten Tag ist Shoppingtime. Bereits am ersten Markstand schlage ich zu, "Piraten"hemden und Baumwollhosen mit Gummizug kaufe ich - wahrscheinlich zu teuer - ein, aber es ist nur ein sechstel des Preises, den man in Kos-Stadt verlangte, die Qualität scheint OK und die Sonne scheint - da kann ich dem Händler auch etwas Gutes für seine zwei Kinder lassen und bin mit 25 Prozent Rabatt zufrieden. Auch Kleidungsmäßig bin ich nun auf meinen Meditationskurs vorbereitet. Zum Preis einer Hose trinke ich anschließend eine ToffeeLatte, denn ab morgen gibt es nur koffeinfreie Tempelkost.
Nach etwas Herumstreunern durch die Straßen und endlosen "Massahschh??" Sirenenrufen von überall, beschließe ich eine Bodyscrub, -treatment und Oil Massage auszuprobieren. Nach zwei Stunden bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass ich da lieber bei der tradtionellen Thaimassage bleibe - alles andere verweichlicht zu sehr;-)
Zart wie ein Kinderpopo mache ich mich auf, ein letztes Mal für die nächsten drei Wochen um diese Uhrzeit etwas Festes zu mir zu nehmen...
(Ich hatte Padthai und einen Fruchtshake)
Mit dem TukTuk und anschließend mit dem Sammeltaxi geht es gegen Mittag hoch nach Wat Prahthat Doi Suthep.
Meine Reisetasche hat enorm an Gewicht zugelegt, kein Wunder befinden sich darin jetzt neben meinen schweren Kleidungsstücken wie Jeans und Wanderschuhen auch alle Reiseführer und die neuen weißen Tempelklamotten. Dreißig Kilo sind mir einfach zu schwer, um sie bei brütender Hitze knapp 300 Stufen hinaufzuschleppen - ich nehme den Aufzug. "No one said, it's going to be easy" beschrieb ein vorheriger Kursteilnehmer seinen schwierigen Aufstieg über die Treppen mit dem Rucksack auf dem Buckel.
"No one said, it has to be harder than necessary" ist dagegen meine Interpretation des goldenen Mittelweges. Dinge können nicht notwendig sein, sich ihnen aber pauschal zu verweigern und stattdessen die Gesundheit zu riskieren?

Im Büro des Internationalen Bhuddismus Centers erledige ich die Formalitäten und bekomme ein Heftchen mit dem Titel "Meditator's Handbook".
Zwei Paare, dem Akzent nach Russen, fragen währenddessen nach einer Möglichkeit einen Meditationskurs zu belegen. Sie hätten sich nicht vorher anmelden können, weil die Website nicht richtig funktionieren würde, klingt es in meinen Ohren recht vorwurfsvoll. Ich schmunzele innerlich, erinnere ich mich doch gut meines eigenen Scheiterns an dem geradezu potemkinschen Anmeldeformular der Website. Ein sich bemühender Interessent findet jedoch eine Emailadresse, an die er schreiben kann, und unter der er auch Antwort erhält.Wie es in meinem Falle war. Ich bin drin im Programm, ich bin priviligiert Erlernen zu dürfen, wie ich meinen inneren Fokus im Hier und Jetzt finden, und Bedenken, Leid und Unruhe die Macht über mich nehmen kann. So jedenfalls habe ich die heutige Einführung durch meinen Mentor verstanden - sprachlich bedingte Fehlinterpreationen sind dabei gut möglich.
Vorher zeigte man mir die für mich wichtigen Stationen der nächsten Wochen  und meine Zelle - ein karger Raum, etwa Vier mal Fünf Meter groß, Fliesenboden und mit hellblauer, unverputzter Betondecke. Nichts zum Wohlfühlen, aber darum geht es ja gerade.
Mein erstes Studium gilt der Meditationsanleitung und den darin enthaltenen acht Regeln. Die Siebte besagt, dass sich der Meditierende von Ablenkung und Verschönerung fernhalten solle. Worunter unter anderem das Lesen fällt - die Broschüre ist laut eines verbalen Zusatzkommentares des Betreuers davon natürlich ausgenommen. Tempelfunk, also Handy, Internet und E-Mail sind auch als unerwünscht und nicht regelkonform aufgeführt. Ich tippe demnach auf ganz dünnem Eis, und vielleicht wird es meinen Lernerfolg nachhaltig verhindern, aber ich glaube nicht, denn die Gedanken wollen sowieso raus aus dem Kopf und wenn sie sich geordnet anstellen müssen, um durch meine Fingerkuppen abzufließen. gibt es dabei immerhin keinen Knoten. Meine Absicht ist also redlich, denn sie erscheint mir zur Erhaltung meiner Meditationsfähigkeit notwendig.
Den Nachmittag meiner Ankunft verrichte immerhin meine erste halbe Stunde Geh- und Sitzmeditation, wobei ich bis zum frühen Abend dermaßen starke Kopfschmerzen entwickele, dass mir übel wird und ich eine Aspirin nehmen und mich hinlegen muß. Nur um das Genick zu begradigen und dabei hart am Verstoß gegen die Achte Regel entlang schrammend, nicht zuviel zu schlafen. Ich schlafe ja nicht wirklich, sondern lausche aufmerksam den Umgebungsgeräuschen und davon gibt es unendlich viele. Einige davon werden durch die Tatsache bedingt, dass ich im gleichen Wohnblock wie der "UhhAy"-Mann untergebracht bin. Von Zeit zu Zeit gibt er laute "UhhAy" Ausrufe von sich, was auch immer der Grund hierfür sein mag. Seine Schlappen lässt er auch mit lautem Knallgeräusch auf den Fliesenboden knallen.
Ein durchdringendes Schnarrgeräusch stammt von irgendeinem elektrischen Gerät, vielleicht eine Klimaanlage, eventuell finde ich noch heraus, wo Metall auf Metall schabt, obwohl dies so irrelevant wie nur eben möglich ist. Ich sollte es zur Kenntnis nehmen, aber in meiner geistigen Verarbeitung der Sinneseindrücke nicht berücksichtigen.
Dann wären da noch die permanenten Bauarbeiten mit Schleif- und Klopfgeräuschen, die tageszeitliche folkloristische Bespaßung der Touristen oben am Tempel und dessen regulären Glockenklänge und die abendliche Beschallung mit Thaipop durch ein Lokal irgendwo unterhalb. Immerhin in einiger Entfernung, so daß sich die Lautstärke im Rahmen hält.
Die allgegenwärtigen Hunde fallen besonders dann auf, wenn mal wieder die Beißordnung im Rudel brutal geklärt werden muss.
Es gilt also sich durch etliche Ablenkungen nicht ablenken zu lassen.

Tag 2
Wecken gibt es nicht (oder ich hab es verschlafen), es liegt in der Eigenverantwortung wach zu werden und den Tagesplan einzuhalten, dieser sieht ab Fünf Uhr Meditation in der Meditationshalle vor. Um Fünf vor Fünf bin ich wach und planmäßig auf der Höhe, beschließe dann aber Meditationsrunden in meiner Zelle abzuhalten. Mit anderen Meditatoren soll man eh' nicht reden, warum dann die Gesellschaft suchen und eine zusätzliche Ablenkung einführen?
Die Gehmeditation fällt schwer, weil mein Körper zu solch früher Morgenstunde noch Balanceprobleme aufweist. Nach mehreren Durchgängen mit betont gedehnten Bewegungen ab Mittag allerdings auch wieder, so manches Band scheint bis dahin ausgeleiert zu sein.
Auch der Rücken fängt an zu Drücken. Gelinde gesagt, ich bin gegen Mittag der festen Überzeugung auch heute wieder enorme Kopfschmerzen bekommen werde. Bestimmt aufgrund der vielen ungewohnten Versuche, aufrecht im Schneidersitz kontrollierte Zwerchfellatmung zu betreiben.
Zu den immer wieder auftretenden Fragen, ob meine Bewegungen sachdienlich sind, gesellt sich vermehrt die Frage, ob dieser Aufenthalt für mich richtig ist. Auch ohne körperlichen Schmerz gelingt es mir meistens zur Ruhe zu gelangen und den Kopf leer zu machen.
Abgesehen von den Gedanken ans und ums Meditieren ist mein Kopf leer und weder Zukunft, noch Vergangenheit beschäftigen mich.
Die Versuchung abzubrechen, ist bereits jetz groß, aber wenn ich nicht wenigstens die erste Woche durchhalte und praktiziere, wird sich mir nicht erschließen, ob ich durch Meditation einen "besseren" Wesenszustand erzielen kann.

Zum Frühstück um Sieben Uhr gab es eine Gemüsereissuppe mit Tofu und Pilzen drin, zu Mittag um Elf Uhr ein Buffet mit Reis und vier verschiedenen Gemüse und Eizubereitungen. Dazu jeweils eine Mandarine. Die Qual der Wahl beim Mittagsbuffet: Die letzte Mahlzeit für Zwanzig Stunden: nehme ich eine große Portion, eher wenig, oder normal?
Bis jetzt hielt sich mein Appetit in Grenzen, nur der grüne Tee zum Frühstück griff den Magen an. Den also besser nicht mehr. Ich gieße mir etwas Zitronengras auf und stelle mir eine eher bescheidene Portion zusammen. Gegessen wird erst, als alle mit Speise an ihrem Klapptischchen sitzen und eine darauf liegende Pali-Danksagung für die Speisespende rezitiert wurde.
Falls der kleine Hunger kommt, müsste ich nicht weit laufen: etwa Vierzig Stufen oberhalb, in 200m Entfernung gibt es Tempelshops und Tempelimbisse - die Versuchung liegt also noch viel näher als die erwarteten 300 Stufen...

Tag 3
Schnell gerät das Bewusstsein in den Hintergrund, wenn man sich dazu hinreißen lässt, eine Runde Minesweeper zu spielen. Dann tritt das abstrakte Problem der mutmaßlichen Minenanordnung in den Vordergrund, dass es zu lösen gilt. Wobei die Lösung für das Hier und Jetzt absolut irrelavant ist, wenn ich dagegen falsch lag, und kurz vor Lösung alle Minen explodieren, dann ist dies vielleicht Karmaneutral, aber nicht gut für die Ausgeglichenheit. Ich betrachte diesen Fauxpas (ich meine dabei nicht falsche Mine) als Herausforderung, die es mit einer Meditationsrunde zu kompensieren gilt. Der Ablauf dieser Runde ist semiideal, sich auf die Bewegung und die Balance zu konzentrieren fällt deutlich schwerer, als zuvor. Einmal am Tag innezuhalten und die Gedanken und Befindlichkeiten niederzuschreiben erlaube ich mir jedoch bis auf Weiteres, quasi als Protokoll.
Meine Befürchtung, dass mich erneut Kopfschmerzen überfallen würden, bestätigt sich für den Rest von Tag 2 nicht, die kamen erst an Tag 3 zur Mittagszeit und ließen sich nicht durch Liegen abstellen, jedoch durch Sonnenscheinmeditationsrunden mit einer Aspirin
So etwas wie ein Hungergefühl stellte sich erst am Morgen, eine halbe Stunde vor dem Frühstück ein. Vielleicht weil der Verstand darauf aufmerksam machte, gleich gibt es etwas zu essen. Es gab Glasnudelgemüsesuppe mit Tofu und Kekse. Auch eine Leichtcola, mit der ich am Spätnachmittag meinem Körper die Zufuhr kalorienreicher Nahrung vortäuschte, hatte demnach nicht geschadet. Es gibt hier auch so ein komisches Kraut zum Aufgießen, getrocknete Blüten, die dann beinahe wie Hagebuttentee schmecken, wer weiß, vielleicht ließ mich dieser Tee in Verbindung mit dem Kopfschmerz kränkeln, so dass ich gegen Elf zum Mittagessen recht appetitlos war. Essen muß jedoch sein, deshalb bediente ich mich an gedünsteten Riesenerbsen und Kürbisauflauf - nicht so wohlschmeckend wie den Vortag, aber ganz passabel. Dazu gab es Wassermelonenstückchen. Es war interessant zu sehen, wie der "UhhAy" Mann sich den Teller mit Melone vollschaufelte, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass ein Teller für heute Elf Personen reichen muß. Empathie lernt man offensichtlich nicht durch Meditation. Um die gesamte Geräuschpalette zu beschreiben, die dieser Mensch vor allem abends und nachts verursacht, würde ich mehrere Seiten brauchen. Ich glaube, es ist gut, dass ich NICHT weiß, was er alles in seiner Zelle mit welchen Gerätschaften auch immer veranstaltet! Er scheint auch einen ausgeprägten Kontrollfimmel mit sich herumzuschleppen, ich glaube, er hat mitten in der Nacht seine Zelle und eines der Klos geschrubbt. Natürlich recht lautstark mit knallenden Eimern, das ganze Programm.
In einem Hotel würde ich deswegen wahrscheinlich ausflippen, aber hier gilt es nicht zu viel zu schlafen und aufmerksam zu sein. Es ist interessant und gutes Training, immer wieder unmöglich lautes Verhalten mitzubekommen und dann in sich hineinzulauschen, ob sich deswegen nicht etwas Ärger regt, den es zu hegen und zu bekehren gilt. Die sanitären Anlagen hier sind übrigens verbesserungswürdig, aber längst nicht so schlimm, wie nach Internetberichten befürchtet. Wahrscheinlich hängt es stark davon ab, welche Horde Schweinchen gerade zu Gast ist - ein Nachtkloputzer ist da Gold wert.

Jeden Morgen um Acht gibt es sogenannten "Dhammatalk", in dem unser Lehrer mittels Anekdoten und Geschichten den Buddhismus näher bringen möchte. Wenn nur das Rückenzerreissende Sitzen auf dem Boden wäre der Stunde nicht wäre, wäre es rundum unterhalsam, so aber taten mir nach einer Stunde beide Beine und der Rücken abartig weh und anschließend, wie schon erwähnt auch der Kopf.
Erwähnenswert wäre vielleicht noch, dass die vorangegangenen Dehnungen durch Thaimassagen meiner Meinung nach viel größerem Schmerz bisher vorgebeugt haben, und ich tagtäglich feststellen muß, wie gut mir auch Wii Fit mit Balanceboard zur Vorbereitung nützte. Bereits etwas für seine Körperbalance getan zu haben, hilft mir sehr bei der Slowmotionbewegung.

Nachmittags gibt es immer einen Reporttermin, bei dem die Fortschritte und Vorkommnisse mit dem Lehrer beredet werden. Ich habe noch nicht so viel zu erzählen, außer Schmerzen, aber das ist wohl absolut normal und wird sich erfahrungsgemäß erst ab der zweiten Woche bessern - autsch. Jedenfalls lauten meine neuen Anweisungen je Zyklus Zwanzig Minuten, und eine Schrittfolge mehr - wir steigern uns.
Nach manchem gut gelungenen Bewegungsablauf denke ich daran, dass ich vielleicht doch Spaß daran haben könnte, später einen TaiChi Kurs zu belegen und ich sehe mich in China bereits Schattenboxen.

Tag 4

Ich vollführe fleißig die Schrittfolgen und übe mich in Sitzmeditation. Schmerzmäßig geht es besser, und die Schritte beherrsche ich wie im Schlaf, schnell, langsam, suuuperlangsam, ja, klappt problemlos, aber füllt den Kopf nicht aus, denn es geht fast wie von selbst. Worauf sich also konzentrieren? Auf die langsame Bewegung? Ich fange an mich zu fragen, wozu das Ganze, um abschalten zu können, wo es nichts abzuschalten gibt, außer den Zweifeln, dass ich am richtigen Ort zur richtigen Zeit mit der richtigen Mission bin??
Der "UhhAy"-Mann ist am Morgen abgereist, auch diesbezüglich herrscht nun Stille. Das durchdringend schnarrende Geräusch (einer Wasserpumpe) ist übrigens auch seit zwei Tagen abgestellt - scheint jemand repariert zu haben. Die permanenten Baustellengeräusche und herumwuselnde Hunde und Touristen sind natürlich noch da. Hunger ist bisher auch kein Problem, mit den anderen Teilnehmern nicht zu reden macht mir nichts aus - es ist soweit erträglich.

Erträglich...
Beim heutigen Ersatz-DhammaTalk (unser Lehrer dozierte heute an der Uni) machten wir einen Ausflug nach oben an den Tempel. Ich weiß nicht wieviele Leute sich ungefragt vor unsere Weißkleidergruppe mit orangenemm Mönchstupf mit violetter Strickmütze gestellt und fotographiert haben. Es waren etliche. Von den Touristen erstaunt mich solches Verhalten nicht wirklich, habe ja schon Schlimmeres häufig genug miterlebt. Dass aber Neuankömmlinge in unserer Meditationsgruppe die ganze Zeit mit der Kamera herumrennen, zu spät zum Mittagessen erscheinen, um dann die anderen Teilnehmer ungefragt auch beim Essen abzulichten, geht mir dann doch auf den Zeiger. Ich kenne diesen Russen nicht, will ihn auch nicht kennenlernen, was zum Kuckuck soll also eine Dokumentation ala "Ich und meine Meditationsgruppe"? Ob dieses gehäufte russische Interesse am IBC in Doi Suthep repräsentativ ist, weiß ich nicht, es ist mir nur aufgefallen, auch aufgrund weiterer russischer Teilnehmer.
Als Beweggrund, warum zwei blonde Barbies ebenfalls neu hier eingetroffen sind, kann ich nur den Modeaspekt vermuten. Der Auftritt ist wie auf dem Laufsteg, mit schneeweißen Füßlingen, nett parfümiert und ich glaube sogar in legerer Tempelkleidung vom Designer. Hübsch sind sie, sie machen eine gute Figur, aber meditieren habe ich sie noch nicht gesehen.
Unsere Exkursion nach oben dauert überlang - sicherlich in guter Absicht, aber schon recht anstrengend, nicht nur wegen des langen Stehens und einer schier unüberwindlichen Sprachbarriere, sondern wegen der recht missionierenden Attitüde. Irgendwann wurde mir dann von einem Mönch ein weißes Bändchen ums rechte Handgelenk gebunden, aber ich habe keine Ahnung von der Bedeutung und dem Umgang damit vermittelt bekommen. Schade, denn so weiß ich dies vermutlich nicht angemessen zu würdigen.
Eine insgesamt 105 minütige Exkursion, die mich ein bisschen ärgert, weil regelrecht aufgezwungen, obwohl mir verstandsmäßig klar ist, dass sie nicht als Ärgernis oder Bevormundung gedacht war. Den Ärger fühle ich zu Unrecht, das weiß ich, sollte somit ein guter Anwendungsfall für Meditation sein, um die unnötige Aufregung abklingen zu lassen. Ich probiere es. Und stelle fest, dass es Sinn macht, Bewegung Stress abbauen hilft und man bei Ärger erst einmal tief durchatmen sollte. Diese Erkenntnis ist aber nicht neu für mich und es gibt eine Menge ungleich schönerer Orte, um durchzuatmen und abzuschalten. Wirklich ruhige Orte.
Bei einer Wahl zwischen hellblauer Betonzelle mit vergittertem Fenster und zerzaustem Garten mit jeder Menge Durchgangsverkehr und Lärm und streunenden Hunden und Insekten erscheint es naheliegend, Heil bei der inneren Schönheit zu suchen.
Ich könnte auch am einsamen Strand Gehübungen machen, oder wie eine Bekannte sich zum Meditieren auf eine ruhige Burg zurückziehen, stattdessen habe ich mir einen für mich alles andere als idyllischen Ort ausgesucht. Ich bin mir sicher, ich schaffe es, drei Wochen durchzuhalten  und dann hätte ich mir Durchhaltevermögen bewiesen. Anders formuliert: Eitelkeit gefrönt. Aber für mein Wohlbefinden oder mein Karma hätte ich nichts getan und unter Umständen einem wirklich Bedürftigen und Würdigen einen Spendenfinanzierten Kursplatz blockiert.
Die Besonderheit des Ortes, ein buddhistischer Tempel immerhin, an dem Glauben und Überzeugung gelebt und gelehrt wird, nutzt mir nicht.Dass ich zum Buddhismus konvertieren werde, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Vor allem welchem Buddhismus, welcher Richtung? Die meines Erachtens wesentlichen Grundzüge der Lebensweise finden sich auch im christlichen Glauben, die machen schon Sinn. Ob Karma vergolten wird, oder es ein Fegefeuer gibt, welcher der noch Lebenden kann hierzu verlässlich Auskunft geben?
In Myanmar (oder auch Kambodscha) habe ich (in meinen Augen) krass gesehen, wozu es führt, wenn man sich mental zu sehr darin gestählt hat, Leid oder auch einen "Arschtritt" zu ertragen - man wird getreten, man leidet, oder Schlimmeres.

Nach meinem heutigen Reporttermin, Bedenkzeit, in mich gehen, und einem Meditationsversuch, habe ich mich am Abend entschieden, dass ich morgen vorzeitig meinen Meditationskurs abbrechen werde.
Ich bekomme dadurch ein zweiwöchiges "Loch", dass ich spontan füllen muss, beziehungsweise kann - aber das sollte per Internet und Plastikgeld durchaus zu schaffen sein.

Erträglich ist mir nicht genug, auch wenn ich meinen Aufenthalt hier nicht als Komplettverlust betrachte: denn das Interesse mich mit Meditation in seinen verschiedenen Techniken und Formen zu beschäftigen ist eher gewachsen. Der hier gelehrte Vipassana Stil ist eine Methode, aber leider nicht meine Methode. Ich werde in den nächsten Monaten sicher noch die eine oder andere Alternative kennenlernen, von denen vielleicht eine besser zu mir passt.
Dass es eine solche Einrichtung wie das IBC in Doi Suthep gibt, bei denen ich ohne großes finanzielles Risiko studieren und "probieren" konnte, ist ein wahrer Glücksfall, und dafür möchte ich mich auch hier bedanken.

(Bis zur Sonnenfinsternis am 15.01 will ich es nicht aushalten, daher ist sie dem Titel entschwunden)

Comments

Hallo Rolf, liebe Grüße nach Ganz-weit-weg.
Ich hoffe, Du bringst Deine Berichte als Buch raus - ich kaufe es:-).
Bis denne, Susanne From Susanne, on Jan 13, 2010 at 10:03AM
Hallo Wolf, jetzt enttäuschst Du uns aber. Es waren 3 Wochen Exerzitien geplant!
Im Grunde Deines Herzen hast Du doch auch eine Schwäche für Designerklamotten. :-)
Viel Spaß weiterhin bei fried vegetables.
Katja From Katja, on Jan 14, 2010 at 08:51AM
Wir hatten fest an Dich geglaubt ;-)
Spass bei Seite: Zwei Wochen sollten kein Problem sein; viel Spass dabei. From Gerd Huetchenspieler, on Jan 14, 2010 at 10:25AM
wie abbrechen?????
kannste das mit dem LZK verantworten??? *fg*
tiefes ohmmmmm, und weiter gehts!
trotzdem, viel glück weiterhin!
Gruss aus Uer, Dirk From dj.jahn, on Jan 14, 2010 at 09:58PM
Lonely "Wolf" war sich einer gewissen Häme angesichts mangelnder Härtlichkeit bewusst - wortwörtlich: Die Harten kommen in den Garten ;-) From gone2asia, on Jan 15, 2010 at 07:07AM

Pictures & Video

Long way to Chiang Mai by train...
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Vorsicht, bissig!
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Kleinere Ausgabe Wer weiß was die Drei uns sagen?
Wer weiß was die Drei uns sagen?
Comments:
Na, da steht doch:
"No one said, it has to be harder than necessary"
Ganz eindeutig! From Claudia K., on Jan 31, 2010 at 11:05AM
Das innere Leuchten
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TempelDonald Nice and cosy In Tempelkluft Der Meditationsgarten
Der Meditationsgarten
Folklore für Touris
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Aussicht auf Chaing Mai
Aussicht auf Chaing Mai
Gongturm Sonnenuntergang auf Doi Suthep
Sonnenuntergang auf Doi Suthep
Eingerüstete Stupa
Eingerüstete Stupa
Die touristen sind schon da...
Die touristen sind schon da...
Ring a bell Monks Diese Treppe hätte ich erklimmen sollen
Diese Treppe hätte ich erklimmen sollen
Und das kam mir im Lift in den Sinn
Und das kam mir im Lift in den Sinn
Night time atDoi Suthep
Night time atDoi Suthep
Stupa bei Nacht Pleas enlight me Dreimal im Uhrzeigersinn
Dreimal im Uhrzeigersinn
Ein Hauch von Glück
Ein Hauch von Glück
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