Die Tet party is going on mit Schattenseiten

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Ho Chi Minh City, Vietnam
Sunday, February 14, 2010

Ein zu dreivierteln leerer Jumbojet bringt mich nach Ho Chi Min City, auch bekannt als Saigon, zarte 35Grad Celsius umschmeicheln beim Verlassen des Flughafengebäudes. Das polnische Päarchen flog ebenfalls hierhin, so konnten wir uns beide Taxifahrten teilen. Die beiden reisen mit leichtem Gepäck, etwas unfreiwillig, da einer ihrer Rucksäcke in Bangkok durch einen anderen Reisenden abhanden gekommen ist. Ansonsten erscheint mir ihr Reiseprogramm als Stress pur: Drei Länder in drei Wochen, nur eine Nacht hier in der Stadt und dann geht es auch schon wieder weiter nach Kambodscha...ich habe vier Nächte eingeplant, von mir dabei unberücksichtigt war jedoch das Tetfest. Die anhaltenden Feierlichkeiten sind dafür verantwortlich, dass viele Geschäfte und Einrichtungen für mehrere Tage geschlossen sind. Dennoch "brummt" die Stadt vor Verkehr und Leben.

Am späten Nachmittag mache ich auf eine kurze Erkundungstour, immer wieder mit Abbas "Happy new year" im Ohr.
Mein Hotel liegt genau auf einer der Haupttouristenstraßen voller Gasthäuser, Bars, Restaurants und Touranbietern, die Wahl eines Businesshostels offenbart sich als gute, ruhige und komfortable Entscheidung.
Globalisierung verrührt alle Kontinente über die Häuserzeilen, manche Restaurants haben 500 Gerichte aus allen Herren Länder auf der Speisekarte - kulinarische Mitbringsel von heimgekehrten Vietnamesen oder Anbiederung an die Touristen? Ich werde niemals die Zeit und Freesslust haben, dies gründlich auszutesten.
Bei einem Pineapplejoghurtshake beobachte ich das Treiben auf den Strassen und habe mich schon beinahe für ein Pizza morgen entschieden.
Denn heute hatte ich wieder eine authentische Pho Bo (Rindernudelsuppe) in der "All"-Variante, was bedeutete, dass so einiges vom Rindviech mit in die Schüssel gewandert ist, von dem ich nicht wirklich wissen will, was genau. Drei Brocken reinsten Glibbers habe ich dankend abräumen lassen.
Auch eine Pizza ist authentisch, denn ich bin mir absolut sicher, dass die Menschen in der breiten Masse nicht aus Überzeugung einfache Mahlzeiten zu sich nehmen, sondern weil gutes und ausgefallenes Essen mehr Geld kostet! Genauso wie bei uns mit wachsendem Wohlstand der Türke, Grieche, Italiener oder Chinese häufiger frequentiert wurde, statt immer nur Kartoffel- oder Kohlsuppe zu löffeln, erweitern die wohlhabenderen Menschen hier ebenfalls ihre Speisekarte. Dem verächtlichen Auspruch eines "Globetrotters" wie man bloß in Asien Spaghetti essen könne kann ich nichts abgewinnen. Wer hat denn die Nudeln erfunden? Na? Mich reizt Saigon-Homemade-Pasta oder Pizza. Ansonsten werde ich hier noch ganz "struwelig" und brummele vor mich hin: "Nein, meine Suppe ess ich nicht!"

Besuche in Kriegsmuseen sind immer eine zwiespältige Sache - einerseits ist gezeigte Technik bombastisch, andererseits möchte man nicht in allen Details die Resultate des Einsatzes von perfektionierten Tötungsutensilien sehen. Die schlechte Qualität vieler Fotographien, erspart Menschenunwürdige Behandlungen in allen Details erkennen zu können; durch Agent Orange missgestaltete Föten werden in einem durch Kondensation fast sichtblinden Behältnis ausgestellt.
Im Zeitalter der Plastinierung ganzer Körperwelten medizinischer Besonderheiten und Zerstümmelungszenen im Kino in HD-Qualität kann diese Dokumentation bitterer Realität nur mehr Scheitern. Es stimmt nachdenklich manche Zitate zum Vietnamkrieg zu lesen und darin auch heute noch aktuelle Begründungen vorzufinden - nur dass es mittlerweile um die gerechte Sache am Hindukusch geht. Wird es in Afghanistan in Zukunft ebenfalls ein Museum geben, werden darin Schautafeln zu finden sein, auf denen geschrieben steht, "Danke das ihr uns freigebombt habt"???
Kann man wirklich nicht vergleichen?

Auf meinem weiteren Trip durch die Stadt werde ich auch von einer Vietnamesin - An - angesprochen, die mir nichts verkaufen will. Gerade in dem Moment, als ich darüber zu sinnieren begann, ob es mir als Hoteltourist möglich ist, Land und Kultur kennenzulernen.Wir kommen ins Gespräch und bei einem Schneiders Weisse Hefeweizen (zu einem auch für Deutschland hohen Preis), ist dann sogar die Sonne untergegangen. Ich bin für morgen früh zur Teilnahme an einem Tet-Familienfest herzlich eingeladen, und da auch ihre Schwester aus China diese Woche zu Besuch wäre, sei dies dies doch für meinen Besuch in Beijing und Shanghai eine gute Gelegenheit.
Was bringt man zu solch einer Gelegenheit als Geschenk mit? Eine Torte und eine Flasche Wein?

Den Abend beschliesse ich wie überlegt mit einer Pizza Tonno et Cipolla - etwas wenig Fisch vielleicht, aber definitiv in recht ordentlicher  Qualität.

Unter Geiern

Die Teilnahme am Tet-Familienfest verlief unerwartet. Ich traf mich mit An zur verabredeten Zeit in einer Filiale von Highlands Coffee und dann ging es mit dem Taxi los. Auch aufgrund unserer Unterhaltung während der Fahrt war es mir nicht möglich, dem Verlauf der Fahrt zu folgen, aber die grobe Richtung sagte mir schon, dass wir nicht nach Distrikt 3 unterwegs waren, sondern nach Nordwesten. Das Taxi verschwand in einem Labyrinth von Gassen und ab und an erfolgten  Links Rechts, Links-Kommandos, bis wir anhielten und 100000 Dong für das Taxi zahlten. Ein hohes blaues Stahltor verschluckte uns und wir betraten ein unscheinbares Haus.
Die Schwester wäre bis zum Nachmittag auf Mekongdeltatour, die Familie stellte sich als Bruder oder Schwager heraus (undeutliches Englisch-Problem, aber ich meine ein in law hinter dem brother vernommen zu haben). An zog sich zurück und der Schwager unterhielt sich mit mir. Er würde in einem Hotelcasino als Kartengeber arbeiten.
Dann aßen wir zusammen, Reis mit Fisch und Gemüse und ich überreichte die als Geschenk mitgebrachte Flasche Wein. Mir wurde daraufhin eine gleichartige Flasche aus dem Kühlschrank präsentiert, regelrecht unter die Nase gerieben, die wohl ein anderer Gast mitgebracht hatte.
Nach dem Essen wollte mir der Schwager seine Technik des Kartenspieles zeigen, wozu wir in sein Zimmer im Hinterhaus gingen. An wollte einen grünen Tee bereiten, den sie dann bringen würde.
Ein wenig skeptisch war ich schon, warum wir die Sitzgruppe im Eingangsbereich verließen und wir tief ins Innere gehen mussten.
Dort wurde mir ein Klappstuhl vor einem mit einer Plüschdecke bedeckten Klapptisch zugewiesen. Ohne Scheiß, ich habe so weit es mir unauffällig möglich war unter den Tisch gefühlt, weil mir die Situation alles andere als geheuer war, und ich wirklich daran denken musste, dass der Tisch eine Falle darstellte. Was kann schon passieren? Ich könnte mein mitgebrachtes Hab und Gut verlieren, doch dann fiel mir ein, dass ich nicht wie zuvor überlegt die Kreditkarte im Hotel gelassen hatte. Ich könnte also durchaus zur Herausgabe der Geheimnummer gefoltert werden und nie wieder lebendig auftauchen. Wie man es auch in Bolivien mit Rucksackreisenden gemacht hat.
Dumm gelaufen, aber Paranoia hilft auch nicht und so etwas hat man von Vietnam bisher nicht gehört, oder? Ich setze mich.

Mir werden die Regeln des Blackjack Schritt für Schritt erläutert, die Technik, den Verlust beim Spiel zu vermeiden stellte sich Schritt um Schritt als Betrug heraus. Der feine Kartengeber würde mir kurz die oben auf liegende Karte zeigen und durch andeuten mit den Fingern einer Hand, welchen Wert die verdeckte Karte der Bank hätte. Mit diesen Informationen wäre es somit beinahe unmöglich zu verlieren. Zu Beginn sollte in mir wohl die Gier geweckt werden, dass bei solchen privaten Blackjackspielen außerhalb der Kasinos die Geschäftsleute durchaus Hunderttausende US Dollar verzocken würden. Ganz diskret alles, keine Kameras, denn wer würde schon Geschäfte mit Jemand machen, von dem man weiß, dass er große Summen beim Glückspiel einsetzt? Genau. Und es wären auch Spiele mit Leuten, die Geld wie Wasser lassen würden. Der Kartengeber wäre auch nicht direkt beteiligt, da er nur Vermittler zwischen zwei Spielern wäre, von denen einer (der abzuzockende) die Bank übernehmen würde.
Der Schwager hätte die Kontakte zu Spielern und die Möglichkeit und Vertrauensposition solche Spiele zu organsieeren, aber er suche noch einen Partner. Hier käme ich sozusagen ins Spiel, als ein Programmierer hätte ich ja leicht das System erlernen können, inklusive zu gebender "Protection", dass eine gezogene Karten mit den bereits gehaltenen Karten verdeckt vermischt wird, damit später nicht nachvollziehbar ist,  ob die letzte Karte zu einem Gewinn geführt hatte.
Plötzlich lagen bereits 200 Dollar auf dem Tisch, die er gestern als Provision erhalten hätte und gleich käme jemand, ich möge doch behaupten, es handele sich um mein Geld und ich ließe An damit spielen. Denn dass An als Local mal eben so 200 Dollar beim Blackjack einsetzen könnte, würde man ihr nicht abnehmen, einem vertrauenswürdig aussehenden, mutmaßlich reichen Weißbrot wie mir jedoch durchaus.
Ich müsse nicht spielen, nur beobachten. Mit anderen Worten, ich müsse mich nur dafür hergeben, jemand anderen in die Falle zu locken. Aber vielleicht wäre ich auch der Betrogene geworden, ohne Möglichkeit sich zu beschweren, denn es gibt kein Schutzrecht vor Betrug für Betrüger. Wie kommt man aus so einer Nummer wieder heraus, ohne den berühmten Gesichtsverlust? Wie kommt man unbehelligt aus so einem Hinterzimmer wieder heraus? Ein Prinzipientreuer Mensch, der das Glückspiel um Geld generell ablehnt, macht niemanden den Vorwurf betrügerische Absichten zu haben, sondern der spielt einfach nicht. Es ging hier ja nicht darum, dass jeder Spieler fünf Euro in einen Topf schmeißt, der dann zwischen den Gewinnern aufgeteilt wird.

Es brach ein intensiver Diskurs auf Vietnamesisch zwischen dem Schwager und An aus, der Schwager müsste, wie er vorher erwähnt hatte zur Arbeit, doch gehen musste ich. Ich wurde - so schnell wie noch nie in meinem Leben! - innerhalb von fünfundvierzig Sekunden aus dem Haus bis ans Tor komplimentiert und dort wartete dann auch ein Verwandter Motorradtaxifahrer, mit dem ich doch schnell fahren solle, und nicht laufen wie vorgschlagen, denn ein Weißer hier in den Straßen würde doch suspekt sein und außerdem wäre es viel zu weit. Um fünf Uhr Nachmittag würden wir uns dann im Cafe mit ihrer Schwester (der aus China) treffen. Aber klar doch. Ist ja Tet und so blöd bin ich zweimal am Tag...
Ich glaube ja, es sollte bloß vermieden werden, dass ich den genauen Ort dieses Räubernestes mir merken könnte. Ich verkniff mir die Versuchung mein GPS anzuschalten, und mein Glück zu überstrapazieren.
Der feine "Verwandte" wollte mir während der Fahrt Massage bei einer very beautiful woman anbieten, oder auch eine Rundfahrt durch die Stadt. Dabei ignorierte er wie so viele andere Motorradfahrer hier jegliche Verkehrsregeln und -lichtanlagen, so dass ich deswegen um ein Haar unter einen Bus geraten wäre.
An der Kathedrale bat ich ihn anzuhalten und dann will dieses dreiste Früchtchen auch noch glatt Fünfzig Dollar von mir für eine Fahrt von knapp fünf Minuten, in etwa dass Dreißigfache dessen, was das Taxi gekostet hat! Und droht mir! Es war bereits völlig unangemessen 50000Dong für die Fahrt zu bezahlen, aber mein Puls war bei 180 und ich war drauf und dran dem Kerl seinen Alibihelm um die Ohren zu schlagen und den Ärger war er nicht wert. Gegen eine Preisdiskussion mit einem eventuell zu findenden Polizisten hätte ich nichts gehabt.

Ich schickte An dann eine SMS, dass ich nach dem Abzockversuch ihres "Verwandten" sehr entäuscht wäre und kein Interesse an weiteren Treffen hätte. Eigentlich dachte ich schon eine gute Menschenkenntnis zu besitzen, machte sie am Vortag doch einen ehrlichen Eindruck. Vielleicht ist sie auch nur ein Opfer der Umstände und war dazu gezwungen, mich für dubiose Machenschaften anzuwerben. Das täte mir leid, ändert aber nichts, denn  mein Interesse am zwielichtigen Milieu in Asien hält sich in Grenzen.

Am meisten an der Sache ärgert mich jedoch, dass sie allen rechtschaffenden Menschen schadet, die mich aus ehrlichem Interesse, ohne Hintergedanken ansprechen. Für mich ist es durch die heutigen Erlebnisse schwerer geworden, sie nicht unter Generalverdacht zu stellen, ebenfalls zum Pack der Nepper, Schlepper und Bauernfänger zu gehören und mich auf sie einzulassen.

Für den Abend hatte ich mir überlegt in ein Kino zu gehen und bin dorthin fast eine Stunde zu Fuß unterwegs gewesen, weil die Postionierung des Kinos auf ihrer Googlekarte sich als falsch und weiter entfernt herausstellte. Alle Vorstellungen in Englisch mit Untertiteln warn bereits ausverkauft und einen Restplatz zweite Reihe ganz außen für Avatar-3D für umgerechnet Acht Euro reizte mich nicht gerade.

Comments

Hallo Rolf,
nach der wilden Karnevalfeierei und Friererei habe ich mich nun durch deine Berichte durchgearbeitet, ich muss schon sagen, ich bin echt neidisch ---> hier ist es alles andere als spannend und "gefährlich" schreib weiter fleissig und vor allem die Bilder....boah!
Schöne liebe Grüße aus dem schneeweißen Leverkusen From conniri, on Feb 17, 2010 at 11:32AM
Hallo Rolf,
kann nur sagen, da haste echt nerven bewiesen.
Da haste wirklich was erlebt und vorallem, das Du da so aus der Nummer rausgekommen bist.
Gruss aus Düssiland From Andree, on Feb 27, 2010 at 11:06PM

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Streicheltiger für Anfänger From CAT - YES, on Feb 23, 2010 at 04:22PM
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Lampenscheinheilige Johanna
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