Eines Tages im letzten Jahr kam er mit der Hauspost: der Hochglanzprospekt über das Langzeitkonto – ein neues Programm zur Umwandlung von Entgelt, Mehrarbeit oder Urlaub zu bezahlter Freistellung. Üblicherweise verhält sich der Nutzwert der Unternehmenspublikationen reziprok zur Druckqualität, kein gutes Zeichen. Nur aus einer Laune heraus, studierte ich dennoch den Inhalt. Das Programm bot die Chance, dem frühzeitigeren Rentenbeginn entgegenzusparen. Oder alternativ, gleich dem feuchten Traum eines pubertierenden Unternehmers, möge der Arbeitnehmer nicht nur die Kosten seiner Weiterbildung übernehmen, sondern sich während dieser Zeit auch sein Gehalt selbst bezahlen. Doch welche Art von Weiterbildung innerhalb des Programms möglich wäre, war in keinem der umfangreichen Paragraphen der Betriebsvereinbarung festgelegt. Eine Hotline für die Beantwortung von Fragen zum LZK war eingerichtet worden. Dass die Aussagen der (zumeist) netten Damen am Telefon jeglicher praktischen Relevanz entbehren, erfährt man erst später, wenn man sich tatsächlich darauf berufen möchte. Eine Aussage lautete, es sei doch das eigene Geld, da müsse man doch selbst wissen, welche Weiterbildung es wert sei, es dafür auszugeben. Kriterien, die zu erfüllen sind, gäbe es nicht… Soso. Reisen bildet, schrieb immerhin schon Voltaire vor einem knappen Vierteljahrtausend an Friedrich dem Großen – wenn man dem allzumächtigen Guggel Glauben schenken mag. Eine lange Reise in exotische Gefilde, bei der sich in aller Ruhe die fremde Kultur und Sprache kennenlernen lassen, das erschien mir eine nette Form der Weiterbildung. Dafür lohnte es sich zu sparen.
2009-08-01Ehrenrunden im LZK Dschungel
„Rufen sie nicht mehr an! Wir melden uns, wenn wir etwas Neues erfahren!“ Mit dieser ruppigen Antwort sollte ich mich gefälligst zufrieden geben, als ich es wagte nach drei Wochen Bearbeitungszeit in der LZK-„Hot“line nach dem Zwischenstand zu fragen. Woran es denn läge, dass die charmanten Damen nichts Neues erfahren hätten? Wen man denn eigentlich ansprechen könne, um die Stockung aufzulösen, damit diesiger anschließend den Damen Neues berichten könne? „Das dürfen wir Ihnen nicht sagen!“ Aha. Es hatte wohl niemand damit gerechnet, dass Mitarbeiter, die das Angebot des Hochglanzprospektes wahrgenommen und in ihr Langzeitkonto eingespart hatten, auch etwas für ihr Geld haben wollten! Zumindestens nicht vor 2050… Jetzt war Holland in Not und die LZK Sachbearbeitung abgetaucht. Was tun? Dank langjähriger Bürokratieerfahrung weiß man, dass nur Schriftstücke weiterhelfen, und auch nur dann, wenn man sie beinahe in der Anzahl von Flugblättern über die gesamte Breite der Hierarchieebenen verteilt. Zu behaupten, dies hätte ich so nie gesagt ist dann nicht mehr möglich, das Verlegen des Schriftstücks wird umso schwerer, je allgegenwärtiger es wird. Dies bedeutet nun keineswegs, dass solch eine Penetration durch Papier einfach sei, nein dazu bedarf es besonderer Penetranz.
2009-08-22 Nägel mit Köpfen
Im April war nach einem knappen Monat der verbalen Ignoranz mein schriftlicher Antrag geschrieben und in vierfacher Ausfertigung an Linienvorgesetzte, Geschäftsbereichskontaktpersonen sowie das Human Resources Department versendet. Ein formloses Schreiben, denn wie sollte es ein Formular geben, wo es noch keinen Prozess gab, und bis heute gibt. Eine telefonische Nachfrage, ob das Schreiben eingegangen sei, förderte eine Kontaktperson aus dem LZK-Dschungel hervor.
Keineswegs ein scheuer Eingeborener, der neugierig auf den Fremden Antragssteller gewesen wäre. Ein ausgefuchster Diplomat von Stammeskrieger wurde mir entgegengesandt, um den geheimen Stammesschatz der eingesammelten bunten LZK-Glasperlen vor der voreiligen Plünderung zu schützen.
Bis heute ist mir nicht klar, von welcher Art Zunge die vielen ungreifbaren Worte seiner Reden gesprochen wurden. Ich hoffe flink und nicht gespalten.
Nur durch eine ungeschickte E-Mailweiterleitung war es mir gegönnt, einen Teil des Informationsflusses zwischen den Hierarchiebenen nachvollziehen zu können.
Auch hier: freundliche Vertröstung, bzw. Weiterverweis: es müsse zuerst der LZK-Kontostand geprüft werden, um entscheiden zu können, ob die gewüschte Freistellung möglich sei. Prozess hin oder her: ich hätte erwartet, dass es den LZK-Verwaltern nicht schwerer fallen dürfte als mir, um auszurechnen, wieviel Geld zu einem Stichpunkt eingezahlt sein wird und wieviel Tagen Freistellung dies entspricht.
Auch dachte ich bisher, dass es sich bei der Mathematik um eine exakte Wissenschaft handelt, und sie bei der Anwendung der Grundrechenarten auf den Bereich der rationalen Zahlen wenig Raum für Interpretationen lässt.
Offensichtlich entstammt die LZK-Mathematik einem Paralleluniversum mit anderen Gesetzmäßigkeiten oder es gab die hartnäckige Weigerung, eine konkrete Zahl anzugeben. Ende Juni, nach zwei Monaten der Berechnung (womit?) lautet der Stand der Ermittlungen wie folgt:
LZKVerwalter klagt: Ich würde drängeln. Wieviel Tage? Rund fünf Monate.
Bei der HRD-Kontaktweiterleitung wurde daraus: Definitiv nicht genügend, maximal für ca. 4 Monate.
Aha.
Berechnungsgrundlage? Angenommene 21,75 Arbeitstage pro Monate.
Wow- bei zwei Nachkommastellen, müssten wir doch nun wohl sogar die genaue Uhrzeit der Freistellung ermitteln können, oder?? Es braucht FÜNF Tage und drei E-Mail-Runden um zu ermitteln, dass 121 Tage unstrittig sind und bei einer Fünf-Tage Woche 24 Arbeitswochen entsprechen. Somit sollte ein Datum am Ende der 24. Kalenderwoche mindestens abzudecken sein. Puh, schwere Geburt.
Zwischenstand: 24 Wochen könnten genommen werden.
Aber eine Aussage, ob dieser Zeitraum denn auch genommen werden darf?
Die Linienvorgesetzten haben bereits vor drei Monaten Ja gesagt und bestätigen dies nochmals schriftlich. LZKler kümmern sich laut HRD-Kontakt um die organisatorischen Dinge.
Wenn ich die Reise antreten möchte, sollte ich besser vorher buchen, oder?
Noch ist unklar, ob das Kind nun mit dem Bade ausgeschüttet werden soll… Drei Wochen später – der Versuch einer telefonischen Nachfrage scheitert auch mit Rufnummernunterdrückung so lange, bis ich den Telefonapparat der Kollegin benutze.
Ein Schlucken am anderen Ende der Leitung, danach altbekannte Ausflüchte. Eine Neuigkeit: Ein Hausjurist wäre mit der Ausarbeitung des Vertrages betraut, aber nein, ich könnte diesen nicht nach dem Stand der Dinge fragen, oder bei der Klärung eventuell offener Punkte helfen.
Günstige Flüge für Dezember gibt es mittlerweile nicht mehr und von Woche zu Woche werden die noch verfügbaren Plätze knapper – also ein neues Schreiben, mit der Ankündigung, die ganze Aktion wegen drohender Zeitknappheit zu verschieben, und falls eine Beantragung einer Langzeitbildung in endlicher Zeit nicht möglich sein sollte, die gesamte LZK-Teilnahme rückabwickeln zu müssen. Seitens des HRD-Kontaktes kommt dann endlich eine E-Mail Aussage, ich könnte den gewünschten Zeitraum wohl freinehmen. Einen Vertrag würde ich dann im September oder Oktober erhalten…
Ich beginne daraufhin Nägel mit Köpfen zu machen und Flüge zu buchen und mich bei Sprachschulen verbindlich anzumelden.
Auch wenn in einem weiteren klärenden? Telefonat auf einmal viel von Gefühlen die Rede ist. Nein nicht meinen Gefühlen, sondern dem Gefühl, der Interpretation, wann eine Reise nicht mehr Bildung sondern Urlaub ist und welche Maßnahmen Bildung und nicht Vergnügen darstellen.
Oh Gott, was mache ich dann, wenn mir Lernen Vergnügen bereitet? Nach diversen Namensdrehern bei der Flugticketausstellung (was eine andere Geschichte ist) bin ich nun im thailändischen Meditationskurs und diversen Sprachschulen in China angemeldet.
Die notwendigen Flugetappen sind gebucht und dazu eine Urlaubs! Rundreise in Myanmar zur Eingewöhnung.
Knapp die Hälfte der Kosten ist bereits angezahlt, obwohl die Ungewissheit besteht, ob im Vertrag der LZK-Bürokraten im nächsten Monat nicht etwas ganz Anderes steht…
Aber DAS würde dann noch eine ganz andere Geschichte!
2009-09-20 Kein-Prozess-Neuigkeiten
Das schriftliche, weitere Dokument wird noch ein paar Monate dauern. Ich wäre immerhin Erster im Konzern – da müsse es doch verständlich
sein, dass der Vorgang etwas länger dauern könne. „Erster im Konzern“ –
dieses Prädikat in Zusammenhang zu Zeitlupentempo zu setzen, wirft die
Frage auf, was dann das Letzte ist!?
Eine „Vereinbarung zum Zwecke der Qualifizierung“ wird vorbereitet für Anfang Dezember. Mein Abflug ist Anfang Dezember. Was wohl zuerst kommt? Und was steht drin, in der Vereinbarung?
Hauptsache der Inhalt ist dann prozessgerecht, und wird nicht Grundlage eines Prozesses.
Spannung bis zum Ende.
Ommmm.
2009-12-08 – Ready to go – finally
Den Freistellungsvertrag konnte ich heute endlich unterzeichnen. Zeitraum und monatlicher Entnahmebetrag weichen zwar leicht von den erwartetenden Werten ab, jedoch kein Grund in letzter Minute noch herumzumäkeln. Ich kann es immer noch nicht fassen, wie unglaublich schnell das ganze Prozedere von statten ging… Um sicherzugehen, dass der Vertrag in den verbliebenen zwei Arbeitstagen nicht ohne Unterschrift in der Hauspost zirkuliert, habe ich die nette Dame persönlich besucht und mein Exemplar sichergestellt. Was man hat, hat man. Spannend bleibt die Frage, ob ein gültiger Vertrag ab Januar auch zu Überweisungen führt – wir werden sehen.. Mein Reisepass, mit den notwendigen Visa vollgeklebt, ist ebenfalls heute von der Visaagentur zurückgekommen. Auch wenn eine zu kurze Visadauer für China bedeutet, dass ich es vor Ort verlängern lassen muss. Wie mir die Sprachschulagentur jedoch mitteilte, wäre dies problemlos möglich und die Sprachschule wird mir dabei behilflich sein. Das Gepäck ist gepackt – hart am Limit der zulässigen Gepäckgrenze von 20kg – und doch viel zu wenig. Warum nur müssen Lernbücher und Reiseführer so schwer sein? Nachdem ich mehr als sieben Kilogramm an Fachliteratur gewogen hatte, habe ich ausgeräumt: das chinesische Bilderbuch und das Wörterbuch bleibt daheim, Kleidung nehme ich nur das Allernötigste für ein paar Tage mit, aber ich müsste mich in Bangkok oder Yangon ganz gut authentisch eindecken können. Meine US-Devisen habe ich noch rechtzeitig vor der griechischen Tragödie des Euro gewechselt, so dass ich mich nicht mehr ärgern muss, nicht das Jahreshoch erwischt zu haben. Unsere Reisebegleitung für Myanmar wurde auch heute bekannt gegeben: laut Info ein Tausendjähriger Birmese mit Physik- und Deutschdiplom – das Foto lässt jedoch eher auf einen Tippfehler beim Geburtsdatum schließen… Insgesamt ein recht ereignisreicher Tag und auch die erste Rundmail an Freunde und Bekannte über meine drohende Abreise habe ich versandt, übermorgen folgt dann noch eine an die Kollegen: Ich bin dann mal fort…bilden.
Der erste Schritt ist nun unweigerlich getan, ich bin fort, ich bin unterwegs. Angekommen, wo auch immer bin ich noch nicht.Vor allem gefühlsmäßig. Vorgestern zeigte sich wieder einmal, dass Abschied weh tut, vor allem, wenn mich solch herzliche Anteilnahme erreicht, mit der ich nicht gerechnet habe. Wenn ihr das liest: der Schutzengel hängt neben mir am Rucksack! Und daneben ein kleines Fatima’s Auge gegen den bösen Blick. Eigentlich alle Menschen, denen ich heute begegnete waren ausgesprochen freundlich, da sind solche Talismane derzeit nicht nötig,. Um knapp 23:00 Ortszeit, bei annnähernd dreißig Grad im Freien bei einem kühlen Singha-Bier zu sitzen, hat etwas Irreales: Gestern noch hielt mich Dauerregen und Kälte umfangen, und vorgestern war allgemeine Verabschiedung von Arbeits-Kollegen. Aber per WLAN und Mobilfunk bin ich noch genauso mit daheim verbunden, als wäre ich niemals geflogen… Nach meiner Ankunft in meiner Unterkunft habe ich mich aufgemacht und mich mit einer traditionellen Thaimassage „quälen“ lassen – ist recht schmerzhaft, sich die Verspannungen der letzten Wochen wegmassieren zu lassen, aber irgendwie auch befreiend. Dann habe ich meinen ersten Kampf mit dem lokalen Mobilfunk nach Punkten gewonnen – nach viel Belustigung von Supermarktpersonal habe ich sogar zwei SIM Karten fürs Handy bzw.Modem gekauft, das Guthaben der einen reichte immerhin für eine SMS. Kann allerdings auch sein, dass meine verzweifelten Versuche, eine nicht auf Thailändisch erfolgende SIM-Karten-Aktivierungsansage zu erhalten zu viel des Guten waren – es ist schlicht unmöglich, auf einem Touchscreen, der sich abschaltet Tasten zu drücken … wer denkt sich so etwas nur aus – ach ich vergaß: es ist Winzigweich Mobile… Weihnachten scheint hier ausgesprochen populär geworden zu sein – alles ist voller Weihnachtsdeko – zum Teil etwas kitschig, ingesamt aber recht hübsch – nur nicht bei tropischen Temperaturen nonstop Jingle bells und Santa Clause is coming to town hören zu müssen… Der lange Marsch durch die Stadt Morgens bat ich als erstes um einen Zimmerwechsel, das erste hatte ein Fenster zur Haupstraße hin – auch mit Oropax schienen die Fahrzeuge noch mitten durchs Zimmer zu fahren. Jetzt habe ich stilvollen Ausblick vor eine Wand und Klimabrumm – immerhin 50 dB weniger und gleichmäßig. Nach einem ausreichenden Frühstück bin ich losmarschiert: durch die Massage Parlour Gassen vorbei an vielen vielen Sextouristen, durch ein Universitätsgelände, mit dem Boot, in und um Wats, um dann in Chinatown an einem Straßenstand fried noodles in spicy mit chopsticks zu essen. Lecker. „20 Baht – all day long!“ Wahrscheinlich fallen immer noch genügend Leute darauf herein, auf die „Touts“ – die Schlepper. Kommen wie aus dem Nichts, schaffen geschickt den Gesprächseinstieg und treten ja auch recht überzeugend auf, obwohl jedem der gesunde Menschenverstand sagen müsste, dass zum Preis von Zweidrittel Litern Benzin niemand einen ganzen Tag herumTukern kann. Um die Khao San Road herum ist das Publikum anders, hier sind es mehr die Jüngeren, Ausgeflippten, Ausgestiegenen und Verwahrlosten – Partymachen, billigst essen und trinken und sich wegdröhnen – in Sikumvhit trieben sich mehr die Vereinsamten herum, beim Versuch sich etwas Liebe zu kaufen.
Endlich ein Ort, an dem „Min Gelaber“ durch die Bank weg als positiv empfunden wird, denn es bedeutet so viel wie: „Hallo, Guten Tag, alles wird gut.“ „Danke“ hört sich an wie „Cheese-Subbeeh“, auch das kann ich mir einfach merken, weil ich mir die Käsesuppe bildlich gemerkt habe. Mit Käse, der sich zieeeht. Wenn man sich bemüht, kann man auch ohne Sprachschule von Einheimischen die Sprache lernen – es ist in beiderseitigem Englisch-Sprachbrech nur nicht so ganz einfach herauszufinden, was denn nun wirklich gemeint ist. Unser Vokabular ist selten gleich und die unterscheidlichen Akzente machen die Kommunikation noch spannender. Die Betonung der deutschen Worte unserer Reisebegleitung ist auch etwas gewöhnungsbedürftig und ab und an amüsant – mir wird es in China im besten Falle auch nicht anders ergehen. Da gibt es 220 Volt Wasserstrom oder auch Telefonium, oder Dinge werden „geused“ – manchmal also eine eingedeutschte Denglisch Variante – Eutsch sozusagen. Martin, ein noch nicht eingetroffener Reisender haftet der ganzen Gruppe nun als „unser Fehler“ an. Der erste Tag in Yangon gestaltete sich etwas befremdend – ich habe die DDR nie wirklich live erlebt, sondern sie solange sie existierte ignoriert,Aber mit Eintrittsgeldern bei Stupas etc. verhält es sich ähnlich wie beim früheren Deutschmark Zwangsumtausch. Da erbietet man in der Sulestupa zu allererst eine „Shoedonation“ im Irrglauben Eintritt zu bezahlen, aber dann taucht eine energische Regierungsangestellte und verlangt zwei US-Daollar Ausländereintrittsgebühr, pro Person. Immerhin kostet an der Sule Stupa Fotographieren nicht nochmals zwei Dollar extra. Nichstdestrotz kommt auf uns – ordnungsgemäß die Schuhe im erspendeten Plastikbeutel tragenden Touristen – plötzlich eine andere Regierungsangestellte zugerannt, ziemlich giftig und tippt sich energisch auf ihren Ansticker an der Brust. Sie verlangt „Admission Fee. Nochmals. Aber wie es in einer überreifen Staatsbürokratie üblich ist, habe ich einen ordnungsgemäß gestempelten, rosafarbenen Abzockungsbeleg, den ich ihr lachend unter die Nase halten kann. Sie erstarrt irritiert erstarren und sucht Rat bei einer Vollzugskollegin. Dann hetzt sie schreiend einem anderen vermeintlich das Besichtigungsentgelt erschleichenden Touristenpaar hinterher. Auf Kuba war es im Jahr 2000 ähnlich – Devisen sind Trumpf, bei jeder Gelegenheit versucht der Staat den Reisenden die fremde Währung abzunehmen. In einer Karaokabar heute – wenn ihr in Yangon seid, dann geht ins Emperor und schaut und hört euch bei einem Snack oder Getränk die Auftritte der Einheimischen und Models an. Ganz bin ich nicht hinter das System gestiegen, gerade als ich dachte, es handele sich um eine Art Anbandelungsbörse, trat ein recht beleibter älterer Herr in Tarnfarbenlongyi auf die Bühne und schmetterte was das Zeug hielt. Genauer gesagt zerschmetterte er jeglichen mir bekannten Musikstil und die Begleitmusik ließ zwischendurch ebenfalls jeden Takt sausen. Auf meine Nachfrage beim Kellner, ob der Sänger vom Militär wäre und wir alle erschossen werden, werden, wenn wir nicht klatschen, sagte er Yes Yes. Die meisten Gäste klatschten Applaus. Der selbe Kellner fragte mich übrigens, ob ich Hitler möge. Hier finden sich übrigens an Marktständen auch Hitler-Nazi T-Shirts. An sich hat das Hakenkreuz hier in Asien eine andere, religiöse Bedeutung, aber in Kombination mit einem Hitler Konterfei ist der Interpretationsspielraum doch sehr gering und daheim in der BRD bekommt man höchstens in national befreiten Zonen kein Problem damit. Ich fragte den Kellner im Gegenzug nach dem Hintergrund dieses Hitlerinteresses, doch erhielt ich nur mit strahlendem Lächeln die Antwort, Hitler hätte sechzig Millionen Menschen umgebracht. Nach welcher Berechnungsgrundlage, weiß ich nicht, aber vielleicht erscheint es bewunderswert, dass ein Mensch es geschafft haben soll mehr Menschen umzubringen, als das gesamte Land an Einwohnern zählt (55Mio). Der Moskitoverseuchte Flughafen gab Anlass zu einer Diskussion über die Sinnhaftigkeit einer Malariaprophylaxe. Einige Reiseteilnehmer vertrateb die Ansicht, dafür müsse man extrem Medikamentengläubig sein. Mit Homöopathischen Mitteln ließe sich doch fast alles behandeln. Der Reisebegleiter dagegen meinte, es gäbe keine Malaria, eine andere Teilnehmerin wies darauf hin, dass man durch eine eigene Prophylaxe die einheimische Bevölkerung ausrotte würde, weil die sich die Medikamente nicht leisten könnten. Ja wie denn nun? Die nächsten Wochen könnten noch interessant werden, vielleicht entdecken wir ja das erste homöopathische Mittel gegen Malaria. Politisch korrekt und klimaneutral wird dann erfolgreich an das Gewissen der gemeinen Sichelzelle appelliert, worauf sich diese dann sagt: Ich geh dann mal kaputt. Muß doch jeder für sich selbst entscheiden, ob er sich impfen lässt, Prophylaxe betreibt oder Mut zur Lücke hat. Gerade wenn’s eine Möglichkeit zur Vorsorge gibt…soll hinterher keiner jammern, wenn er am falschen Ende gespart hat. Die Shwedagon Pagode in Yangon ist sehr bemerkenswert und diese Fünf Dollar Eintritt für Ausländer sind gut angelegt. Mit einem 76Karäter und mehreren Tausend weiteren Diamanten an der Spitze auf der goldenen Kuppel. Ob wirklich 6000 Tonnen Gold in der Kuppel stecken? Mein Thailandreiseführer behauptet, die Thais nehmen an, dass das Gold für die Pagode aus der Plünderung und Zerstörung der alten Thai-Hauptstadt Ayuthaya Mitte des Achtzehnten Jahrhunderts durch die Burmesen stammte. Auf Thailändisch heißt Prost übrigens „TschopDiKap“ für Männer, Frauen sagen „Tschopdikaah“. Back in Town Nach der Rueckkehr vom goldenen Felsen, heute ein neuer Versuch Bilder und Text ins Internet zu laden – das erste Internetcafe war grottig lahm und hatte virenverseuchte Rechner. Das zweite ist ganz OK, nur es gibt kein Java, da lassen sich die Bilder nur schwer hier hochladen. Java scheint auch nicht nach Myanmar exportierbar zu sein – besser klappts erst, wenn ich mit dem eigenen Rechner online gehen kann.
Kyaikto, Myanmar Mit dem Bus, dann auf Holzbalken auf einer LKW Ladefläche und die letzten Dreihundert Höhenmeter per pedes ging es hinauf nach Kyaikhtyo. Ein großer runder Felsen, der über dem Abgrund „schwebt“. Natürlich ist er auf sagenumwobene Art und Weise dort oben hingelangt. Man hat ihn vergoldet – und die Pilger sind auch noch immer fleissig dabei Blattgold aufzutragen. Drumherum gibt es alles, was zu einem waschechten Wallfahrtsort gehört: Unterkunft und Verpflegung für die Pilger, Souvenirs und natürlich allerlei religiöse Utensilien. Ein Riesenrummel mit vielen Touristen, Sänften- und Gepäckträgern einerseits und dem ganzen Trubel regelrecht entrückten Mönchen und Gläubigen andererseits. Ein echter Vorgeschmack, was mich in Doi Suthep erwartet. Die Atmosphäre des Ortes ist faszinierend, vor allem zum Sonnenuntergang. Der goldene Glanz, die Gebete, der Geruch von Kerzen und Räucherstäbchen und den Blick auf ein glänzendes Flusstal in der Ferne. Der Weg dorthin ist Kontrastprogramm: da zweigt eine nagelneue Autobahn – auf der kein Auto fährt! – im Nichts, ins Nichts ab. Sie führt in die neue Hauptstadt mitten im Dschungel, knapp 300km entfernt, nicht nur aus diesem Grunde für die Bevölkerung unerreichbar. Vielleicht ist dort aber auch kein Dschungel mehr, denn es wird Tropenholz geschlagen, mehr als das Land hergibt, für Devisen, für die neue Haupstadt, für die neue Autobahn. An beinahe jedem Zwischenstopp finden sich Frauen mit ihren Kleinkindern am Bus ein, um nach Nahrung zu betteln – schwer zu entscheiden, ob die Not wirklich so groß ist, oder nur mit dem Mitleid von Touristen kalkuliert wird. Die Lebensumstände und Behausungen, durch die die Reise führt, zeugen allerdings von einer großen Ärmlichkeit. Goldenes Land, doch keine goldenen Zeiten, wenigstens nicht für alle.
nach einem kurzen Flug nach Heho und Bustransfer gelangten wir in den Ort Nyaung Shwe am Inle See. Strom ist rationiert und der Ort muss ihn sich mit dem Nachbarort teilen, so gibt es nur stundenweise Elektrizitaet. Abends wird es richtiggehend kalt, der Hoehenlage geschuldet. Allerdings nicht vergleichbar mit dem Wintereinbruch daheim – hier froestelt man ohne Jaeckchen, aber frieren tut hier nix – ausser die Eiswuerfel in Getraenken. Die Preise hier sind bezogen auf Touristenbedarf relativ hoch, einem Mitreisenden zufolge befinden wir uns im Ruedesheim, vielleicht aber auch im Venedig Myanmars. Als gute Touristen machen wir einen Bootsausflug durch Kanaele, Aborte, Spuel- und Waschstellen, den See und sogar Actiongeladen einen Fluss hinauf. Wir besichtigen Seidenwebereien, Zigarettenherstellung und natuerlich: Pagoden. In einer Katzenpagode werden durch „lupfen“ und anfuettern schliesslich einige Katzen dazu animiert uns Touris zuliebe durch einen Reifen zu huepfen. Welch ein Abenteuer! An einem Tempel fanden sich erstaunlich viele Minipagoden von Deutschen, unter anderem mit Plakette aus Koelle und allem drum und dran. Es ist immer wieder erstaunlich, was es hier in Myanmar alles gibt, jedem Embargo zum Trotz – einer gruenen Grenze zu China sei Dank. Denjenigen, die man damit vorgeblich treffen will, hilft man, und denen den man vorgeblich helfen will, trifft man durch die indirekte Befoerderung von Korruption und Schwarzmarkt. Oder war es doch anders herum? Je nach Gusto bitte Personen ergaenzen. Der Rechner, an dem ich sitze hat Windows 7 und die deutschen Industriegastechniker arbeiten ja nicht wirklich hier, was ja verboten waere, sondern sind von Russland ausgeliehen – virtually there – so geht das.
Ein besonders schönes Erlebnis waren die Kinder eines Waisenhauses noch in Nyaung Shwe, die vor dem Hotel Weihnachtslieder sangen. Dies taten sie mit einer solchen Begeisterung, das es schwer gewesen wäre nicht davon gerührt zu werden. Auf vielfachen Wunsch kamen die Kinder den nächsten Abend mitsamt Lehren nochmals vorbei und sangen erneut – ich hoffe das Ergebnis der Kollekte hilft den Kindern, der Schule weiter. Zwischenstop an einem aus Teakholz gebauten Kloster. Busse auf, Touristen raus, Schuhe aus, Toruisten ins Kloster rein, mitten unter die lernenden Mönchschüler. Einige inspizieren sogar ausgiebig den Schlafsaal, machen Fotos aus allen Winkeln. Dass nicht die wenigen persönlichen Dinge durchsucht werden, liegt meiner Meinung nach eher daran, dass geführte Tagebücher in unleserlichen Schriftzeichen abgefasst wären. Das meiste ließe sich von außen betrachten, ohne die Privatsphäre der Mönche massiv zu beeinträchtigen. Aber einige scheinen sich zu denken: hat ein Mönch überhaupt ein Anrecht auf Privatsphäre? Lebt er nicht nur von Almosen? Mich widert dieser invasive Voyeurismus ziemlich an. Allerdings laufe auch ich mit einer Kamera herum und fotographiere auch ab und an Menschen in unbemerkten Augenblicken. Wo ist die Grenze, bei der es für das Fotoobjekt, dass an sich ein Mensch ist, unangenehm wird und nur die budhhistische Grundhaltung, in der Leiden zum Dasein gehört, ihn am Aufbegehren hindert? Pingdaya Wir besichtigen dann eine natürliche Höhle mit mehr als Achttausend Buddhafiguren darin. Ein wahres Labyrinth aus goldenen Gesichtern. Es gibt auch einen neueren Teil der Höhle, der jedoch in Sachen Anmut un Atmosphäre überhaupt nicht mit dem Jahrhunderte alten konkurrieren kann. Es gibt auch hier wieder Figuren, die von Deutschen gestiftet, oder renoviert wurden, Namensplaketten zeugen davon. Warum fällt es leichter, sich für viel Geld mit einem Gegenstand zu verewigen lassen, als vielleicht einer armen Familie damit eine bessere Existenzgrundlage zu schaffen? Sicher, Steinmetz und Maler werden dadurch in Brot gehalten, aber genaugenommen wird dadurch auch der Status Quo in Stein gemeißelt. Anzunehmen, dass die Menschen doch mit ihrem Leben zufrieden wären, während sie mitansehen müssen, wie eine Haufen feister Touristen in Sänften vor ihrer Nase durch ihr Dasein getragen werden und gesundes und wohlschmeckende Nahrung im Überfluss zu sich nehmen, ist naiv. Die wollen vielleicht nicht werden wie wir, aber bis auf wenige wünschen sie sich schon ein angenehmeres Leben, in dem man es sich leisten kann, auch mal Urlaub zu machen. Kalaw Abseits der Reisegruppe, die zu einem Grossteil aus Kettenrauchern besteht, die nicht immer die Etikette beherrschen und am Tisch rauchen, wenn andere Essen ist angenehm. Da stoert auch niemand, der taeglich bereits Mittags mit zwei grossen Flaschen Bier in kuerzester Zeit seinen Pegel halten muss. Bemitleidenswert. Die Leute auf der Strasse sind nett und einige Schulkinder haben mir selbstgemachte Blumengestecke geschenkt. Viel Aussergewoehnliches habe ich im Ort bisher nicht entdeckt und auch das Regierungseigene Hotel, in dem wir untergekommen sind erfuellt seinen Zweck – mehr nicht. Hier in der einstigen britischen Sommerfrische Birmas wird es nachts empfindlich kuehl, den etwa 1400 Metern Hoehe sei Dank.
Allen Lesern dieses Eintrages wuensche ich noch schoene verbleibende Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Es ist unklar, ob ich vor meinem Rueckflug nach Thailand noch einmal online gehen kann. Mandalay Der Strom faellt hier ebenfalls mehrmals taeglich aus. Das Weihnachten ist, bemerkt man in der Stadt nur bei wenigen Anlaessen: wenn eine Prozession froehlich singend zur Mitternachtsmesse an Heiligabend zieht, oder vor einer Shoppingmall Winnie-Puh und Mickey Mouse neben einem Kunststoffweihnachtsmann singen und tanzen. Ansonsten herrscht Alltag, in dem schon mal auf der Strasse ein Fussballfeld mit Kalk gezeichnet wird, um Fahrzeuge herum, und Mopeds fahren quer durchs Spielfeld… Da wird geackert, geschuftet und gehandelt und grosszuegig Moenchen gegeben oder gespendet. In den Tempeln stehen teilweise dreissig verschiedene Sammelkaesten aus Glas fuer Spenden. Der Wohltaeter kann feinstgranular entscheiden (wenn er denn die Beschriftung lesen kann) ob er fuer den Erhalt der Gebaeude, die Fuussbodenreinigung, Vergoldung, Blumendekoration oder auch kunterbunte Leuchtdiodenillumination seinen Beitrag zur Verfuegung stellt. Die Konstrukte, die auf den Strassen zum Einsatz kommen sind hoechst Abenteuerlich und durch die Bank weg ueberladen. So einige „Fahrzeuge“ oder Teile davon bleiben auf der Strasse liegen. Auf einem Bild kann man sehen, was passiert, wenn ein Moped-TukTuk mit mehr als einem Dutzend Fahrgaesten vesucht, eine Steigung zu bewaeltigen… An einem Tempel, in dem eine Bronzebuddhastatue steht, die mittlerweile mit 12cm dicken Schichten aus Blattgold bepappt wurde, begegnete uns ein recht muerrisch dreinblickender und aggressiv nach Geld verlangender Jungmoench. Die absolute Ausnahme bisher. Vielleicht war er auch nur ein Fake – sein Karma-O-Meter signalisierte deutlich, dass er noch viel lernen muesste, um nicht ein paar Millionen Extrajahre im leidensvollen Dasein verbleiben zu muessen. Moenchs(ver-)speisung Wenn knapp Tausend Moenche an einem Ort verkoestigt werden muessen und darauf ueber Hunderte Touristen lauern, so nimmt dies groteske Formen an. Fuer eine hiesige Familie ist es eine grosse Ehre (und finanzielle Belastung, knapp 1500 Dollar) die Tagesspeisen zur Verfuegung stellen zu koennen. Fuer die Moenche bedeutet es Essen. Fuer die Touristen? Das einige sich nicht sogar der Schlange der Moenche mit ihrem Fotoapparat in den Weg werfen, ist auch alles. Und selbst nachdem die Nahrung verteilt wurde und die Moenche bei Tisch sitzen, werden die Fenster des Speisesaales belagert, um hineinzustarren und beim Essen zuzuschauen. Vielleicht hilft es Bilder dieses Zootheaters ins Netz zu stellen, um einige in Zukunft davon abzuhalten. Auch wenn zur Bespassung einer Reisegruppe Handwerkerfamilien gegen kleines Entgelt fuer eine Praesentation und sogar zu artistischen Darbietungen animiert werden, zeigen sich die zwei Seiten von Pauschaltourismus. Die meisten der sogenannten Individualreisenden oder Backpacker sind da auch nicht viel besser, denn sie klappern haeufig die gleichen Attraktionen per Einheitsreisefuehrer ab. Allerdings komen sie dann nicht gleich in Scharen… Sagaing Suedlich von Mandalay, in Sagaing, gibt es eine neue Bruecke und unzaehlige Stupas zu besichtigen. In verschiedenen Stilen, so zum Beispiel eine Ceylonesische Version, die wie eine ueberdimensionale hellgraue Glocke aussieht. Oder eben ein getarntes Raumschiff (MIB laesst gruessen!)
Mingun In Bussen aus dem zweiten Weltkrieg geht es zum Hafen von Mandalay, wenigstens was sich hier Hafen nennt, denn der Hafen ist ein sandiges Ufer, wir balancieren auf das Schiff ueber hoelzerne Planken. Das Boot bringt uns nach Mingun, zu einem riesigen Backsteinklotz, der im Achtzehnten Jahrhundert eine Pagode werden sollte, doch zerstoerte ein Erdbeben die Anlage vor Fertigstellung. Darum steht die zweitgroesste Glocke der Welt einige Hundert Meter nebenan und wurde nie aufs Dach transportiert. Man kann an den riesigen Spalten und auseinandergebrochenen Waechterstatuen (Loewen) erahnen, welche Kraefte bei einem Erdbeben wirken. Der Besuch in einem Altersheim vermittelt einen wesentlich humaneren Eindruck, als befuerchtet; die Medikamente der Apotheke stellen einen Querschnitt der Reiseapotheken von Touristen dar. Medikamente sind in Myanmar absolute Mangelware, und kaum erschwinglich, daher wird jede Spende mit einer Beschreibung, wogegen es eingenommen wird, dankbar angenommen. Rund um Mandalay Hill Das groesste Buch der Welt befindet sich in Mandalay, so sagen die Reisefuehrer. Die kompletten Lehren Buddhas auf ueber 700 Steinplatten doppelseitig graviert. In der Pagode nebenan stehen sogar 1700 steinerne Buchseiten, warum dieses Buch nun kleiner ist, kommt wahrscheinlich auf die Sichtweise an; unbestritten sind die Steintafel nicht so kunstvoll ausgearbeitet. Der Weg dorthin fuehrt uns Kilometerlang am Befestigungsgraben des im Krieg zerbombten Koenigspalastes entlang. Mit einem Pickup und einigen Rolltreppen geht es auf den Mandalay Hill zum Sonnenuntergang anschauen. Dekadent im Hochstuhl ueber die Balustrade blickend fehlen eigentlich nur die Cocktails, aber Alkohol ist ebenso wie Schuhwerk in buddhistischen Tempeln fehl am Platze. Bagan Den Ayerwaddy in einem Motorboot hinunter geht es nach Bagan. Tausende von Huetchen, Stupas und Pagoden beherbergt das mehrere Quadratkilometer grosse Areal. Mittlerweile wohl nicht mehr Weltkulturerbe, wegen einem potthaesslichen neuen Aussichtsturm, oder unqualifizierter Restauration – wer weiss das schon? Vielleicht will man auch verhindern, dass die Vereinten Nationen das Militaerregime unterstuetzen – Kultur ist halt auch oft eine politische Angelegenheit. Erinnert ein wenig auch an die Diskussionen in Koeln, ob denn der Koelner Dom durch ein in der Naehe gebautes Buerogebaeude weniger oder nicht weniger Welt-Kulturerbe sei… Die Anlage ist jedenfalls sehenswert, und die zum Teil erhaltenen Wandmalereien im Inneren der Tempel lassen auch fuer Angkor oder andere Staetten erahnen, welche Pracht sich zu frueherer Zeit in den Backsteingebaeuden befand. Durch schwere Erdbeben stark beschaedigt und zum Teil wieder hergestellt kann man viel Zeit mit dem Zaehlen von Dachspitzen und Buddhafiguren verbringen. Ungezaehlt bleiben dabei die „No thanks“ zu den allgegenwaerigen SouvenirverkaeuferInnen. Immer barfuss begibt man sich ueber verschiedenste Konsistenzen des Untergrundes und was die unterschiedlichen Lebensformen darauf hinterlassen: von Bethelnusskauerspucke bis Fledermauskot. Mount Popa Sechzig Kilometer entfernt von Bagan befindet sich Mount Popa, ein Wallfahrtsort auf einem einem alten Vulkanfelsen – ein wenig wie in Suedfrankreich in Le Puy – nur nicht so adrett, dafuer aber voller Schutzgeister (Nats) und Affen.
Am Golf von Bengalen beginnen die letzten Momente eines Urlaubes; Momente deren Sinn ja eben nicht ist, schnell noch mal viele Eindruecke aufzunehmen, um dann in den Alltag zurueckzukehren. Nein, der Urlaub endet, aber dann geht es weiter, startet ueberhaupt erst die Bildung und vielleicht auch Suche nach dem Sinn. Der Sinn besteht vermutlich nicht darin, 500.000 Fotos zu machen, die ich realistischerweise nie mehr alle anschauen werde. Sollte der Sinn darin bestehen, einen validen Eindruck von der Landeskultur, von den Sprachen, von den Menschen zu erhalten? Die meisten Menschen, denen ich auf meiner Reise begegnen werde, duerften fuer mein Leben hoechst irrelevant sein. Sollte ich mich dennoch auf sie einlassen, auf ihre Umwelt, die zum Teil rueckstaendig jenseits aller Moeglichkeiten ist? Macht der Kontaktaufbau Sinn, wenn Lebensschwerpunkte abseits, in Bereichen liegen, die mir als Sackgassen erscheinen, die es zu vermeiden gilt? Sollte ich mich fuer eine absehbare Trennung an Etwas, Jemanden binden? Auslebend, alternativ teilnahmslos, passiv, beobachtend, erlebend? Sylvester im Fuenf Sterne Resort am Strand, mit Galabuffet, Showprogramm und Verlosung. Vom Strand aus, abgetrennt durch Bambusstangen schaut die einheimische Bevölkerung dem Treiben zu. Sind die Menschen wegen der Interpreten gekommen? Es wird getrunken: Bier, frisch gezapft ein Dollar, die Flaschen Wein zu Zwoelf bis Hundert Dollar. Es wird geschlemmt: Truthahn, Sushi und andere Vorspeisen, diverse Hauptgaenge und von Creme Caramel ueber Joghurtkuchen hin zu Neujahrs-Schokokugeln gibt es diverse Desserts. Berge aus feinstem Essen, nicht landestypisch – es kann bei weitem nicht alles aufgegessen werden. Zum Jahresausklang wird Sekt serviert. Fuer einige Reisende scheint der grosse Moment gekommen zu sein, endlich die mitgebrachten Seidenkleider und Designerhosen praesentieren zu koennen – wir sind wer! Doch wer sind wir wirklich? Ich mittendrin, unwirklich anwesend. Auch der erste Tag des neuen Jahres neigt sich mit einer Sonnenuntergangsbetrachtung in einer Kulisse, die den Moment abstrakter erscheinen laesst, als eine Reisereportage im Fernsehen. Mehrfach unterbrochen von einem Zimmerservice, der jede Viertelstunde Handtuecher tauschen und die Moskitonetze und Vorhaenge neu arrangieren moechte. Die Sonne brennt heiss, verbrennt die Haut, fast unbemerkt, unter dem Deckmantel einer kuehlenden Meeresbrise. Noro geht unter den Reisenden um, allen Versuchen mit Myanmarwhiskey zu entkeimen, zum Trotz. Ich blieb bisher verschont, so manchem „guten“ Reisewunsch zum Trotz. Der Traegheit in Palmenschatten ist hingegen nicht zu trotzen. Die Tage vergehen. Im Bus geht es zurueck nach Yangon. Stunden gilt es im Bus zu verbringen, auf holpriger, vielfach geflickter Strasse. Nur halbherzig werden die Wunden geheilt, die Nargis dem Land schlug. Selbst an den Narben vorueber zu fahren, braucht es ein Permit. Wir haben eines, denn wir haben Dollars, die am Besten in den Resorts des obersten Schwiegersohnes haetten ausgegeben werden sollen. Haetten. Noch eine Nacht, dann zurueck nach Thailand, in den Zug gen Ayuthaya und weiter nach Doi Suthep. Zwei weitere Reiseteilnehmer hatten nur das Landprogramm beim Reiseveranstalter gebucht. Sie sind bereits einige Monate in der Weltgeschichte unterwegs, aber im Februar, wenn sie wieder in den germanischen Alltag eintauchen, plane ich aus der Meditation aufzutauchen. „Gelaeutert“, wie mir jemand sagte. Myanmar – es gab viel zu sehen, vor allem Kontraste. Viele goldene Tempel, ein Pagodenfest zum Vollmondtag, zu dem ein Riesenrad mit Kletterantrieb und Bingo so selbstverstaendlich gehoerten wie die Verteilung von Almosen an Moenche. So viele Tempel, das Mitreisende den Vorschlag machen, man moege am besten das ganze Land als heilig erklaeren, dann spare man sich wenigstes das permanente Schuhe An- und Ausziehen. Dazu wuerde passen, dass der Name des neuen Regierungssitzes „Sitz der Goetter“ bedeutet… Nicht wirklich unvergesslich sind auch die permanent vorgetragenen Mantras: „Postcards, 1000 Kyat, nicht teuer, guter Preis, billig, billig, good price“ Wenn Strom, dann oft per Generator, allgegenwaertig das Motorengeraeusch, der Aggregate. Sonnenkollektoren, Solartechnik? Keine Spur davon zu entdecken, Recycling findet am Strassenrand statt. Auch das Militaer ist kaum zu sehen, nur Schildburga taucht immer wieder am Strassenrand und in Erzaehlungen auf. Emerging Markets – hier? Nooeee. Ueberhaupt in die Gegenwart ist es noch ein weiter Weg. Nachtrag: Mein toller, fast neuer und ueberteuerte Apfel IPod hat sich in den „Abernunvergluehichlangsam“-Modus geschaltet. Scheint fuer solch ein Geraet wohl zuviel zu sein, zuerst die Suchenfunktion zu nutzen und dann auf Play zu druecken… Zuerst klickte er noch, ohne Musik zu spielen und nun ist er dauerleuchtend. Wie praktisch, dass das Ding KEINEN Ausschalter hat! Vielleicht lebt er ja wieder auf, wenn ihm der Strom ausgegangen ist… Noch ein Nachtrag: Das Stromkoma hat geholfen – nun spielt er wieder, als wäre nichts gewesen… also ich finde, im Apfel ist der Wurm drin.
Im Hotel in Yangon setzte nach Ankunft eine spontane Reisendendiaspora ein, und somit war es mir nicht möglich, mich von allen Mitreisenden vor unserem frühzeitigeren Abflug nach Bangkok zu verabschieden. Irgendwie habe ich es geschafft weitere vier Kilogramm Reiseführer in mein Handgepäck zu stopfen, um Übergewichtszuschlag zu vermeiden. Wir haben noch Cappuchino und Toffee nut coffee zusammen am Flughafen bei der großen grünen Kaffehauskette aus Seattle getrunken und uns unterhalten und dann trennten sich unsere Wege. Der Aiportepress 4 brachte mich mit Mühe und Not zeitig zum Bahnhof Hua Lampong – warum auch nach Jahren der Skytrain noch immer nicht bis zum Flughafen fährt, bleibt mir ein Rätsel.
Die Ticketschalter zeigen allle „All trains“ an, was aber nicht heisst, das man für alle Züge Tickets bekommen würde. Nach Ayuthaya nur am nächsten Schalter. Zack, die eine Hälfte eines Schweizer Lesbenpäarchen quetscht sich vor mir in den Schalter und verstrickt den Ticketverkäufer in ein ausführliches Beratungsgespräch, winkt die andere Häfte herbei und sie debattieren, reden hochgestochen und vor allem:Blockieren! und Minute um Minute rückt die Abfahrt meines Zuges näher, ohne dass ich ein Ticket dafür hätte. Grummel grummel. Ich muss wohl noch viel meditieren, um mich deswegen nicht zu ärgern. Schließlich weiche ich an einen Alternativschalter aus und bekomme ein Karte für unglaubliche 15Baht. Vielleicht vor der Zugfahrt noch einmal zur Toilette? In Fünf Minuten? Ok, go go go. Aber: die Toiletten sind mit Drehkreuzen wie Fort Knox gesichert, und sollen 20Baht kosten – mehr als die Zugfahrt! Nicht dass es mir das Geld nicht wert gewesen wäre, aber mich mit einer großen Reisetasche in einem übelriechenden Bahnhofsklo in Thailand zu kreuzigen? Nööö, lieber nicht. Huschhusch in den Zug (mit Bordtoilette inklusive, habs mir aber verkniffen) und vor Einsteigen festgestellt, dass es auch eine dritte Klasse, Stehplatz gibt. Im Zug ist aber noch ein Sitzplatz für mich frei, später steigen Sitzkarteninhaber zu, aber dulden mich auf ihrem Platz. So dulde ich auch ihren mitgebrachten Hund, der permanent entweder aus dem Fenster springen, oder sich mit seiner Leine strangulieren möchte, dulde auch, dass die kleine Toele dann mitten in den Gang pinkelt und sein Herrchen die Lache hinterher mit zwei Blatt Klopapier dürftig antupft. Hund läuft immer durch Lache und dann über Herrchens Schoß und zugehörige Kinder. Na prima, aber trocknet bei knapp über 40 Grad im Zug ziemlich schnell. In Ayuthaya am Bahnhof kaufe ich erstmal ein Ticket für meine Weiterfahrt nach Chiang Mai in drei Tagen – elf Stunden Zugfahrt, Zwote Klasse, Air Condition – das wird ganz großes Kino! Mister Noi mit seinem feuerroten Tuktuk fängt mich am Bahnhof ab und fährt mich zum LungChumniVillage, meiner Unterkunft für die nächsten Tage. Aber Ayauthaya, das ist bereits eine andere Geschichte, und dazu später mehr…
P.S. Wenn man in einer Verkehrsmässig kollabierten Stadt wie Bangkok das Gefühl hat, endlich durchatmen zu können, dann weiß man, dass man mit Kettenrauchern unterwegs war.
Ich plädiere hiermit für dedizierte Raucherreisen!
Meine Unterkunft für drei Nächte, ist ein traditionelles Thaihaus mit separatem Komfortbad. Es kann problemlos mit dem Fünf Sterne Strandresort mithalten, nein toppt es sogar: Es gibt WLAN in hervorragender Qualität und Geschwindigkeit. Das Frühstück ist schlicht, aber von gutem Geschmack. Auf meiner Veranda bin ich umzingelt von Geckos, deren kecke Laute beinahe klingen, wie das hausierende Strandresortpersonal. Geckos sind mir lieber, denn sie sind nützlich und vertilgen Moskitos, statt sie ins Zimmer zu lassen. Es ist um einiges heißer hier, als in Myanmar, Akklimatisierung und weitere Thaimassagen als dehnbare Vorbereitung auf ausgedehnte Meditationen erscheinen unverzichtbar. … Gegen halb neun setzt an der kleinen Fähre die große Stadtflucht ein – Schlangen von Mopeds wollen übersetzen doch mehr als Zehn Mopeds geht auch mit gegenseitig festhalten nicht, wenn keiner baden gehen soll. Kleine Schlepper ziehen hochaufragend Wannenkähne leer Flußaufwärts; Flußabwärts liegen diese schwerbeladen mit Sand, tief im Wasser, über den Bug schwappt der Fluß. Karaokekutter, doppelstockig, stimmungsgeladen, ziehen lautstark vorüber. Alle Jahrgänge sind vertreten, die ältere Generation bevorzugt die langsameren Songs, doch ist keineswegs ruhiger. Auch das Restaurant, in dem ich sitze, hat eine eigene Karaokeabteilung. Singen kann offenhörlich keiner, aber es wird dennoch frenetisch applaudiert. Ich winke einem Karaokekutter zurück und ernte ein euphorisch gelachtes „Hullo“ und eine Extraperformance. … Wir schreiben das Jahr 2553, Kapitän Noi und sein feuerrotes Spaceship sind in Raum und Zeit aufgebrochen, an Bord ein Falang. Unterwegs bilden sich immer wieder Risse im RaumZeitKontinuum und die Vergangenheit wird mit der Wiederentdeckung lebendig: Frisch verliebt, kurz vor dem Tsunami, zum Greifen nah, doch unbegriffen. Nach erfolgreicher Landung besorge ich mir noch eine Aufladerubbelkarte für die NotebookSimkarte. Immer wieder lustig, das Verhalten von Angestellten, wenn sie nicht verstehen, was man von ihnen will – Fluchtartiger Abbruch der Betreuung und Abtauchen, aber nicht immer der Versuch einen komptenteren Gesprächspartner heranzuschaffen. Notwändige Sprachen lernen, mit Interessenten kommunizieren können, ist unheimlich wichtig im Dienstleistungsbereich! „Huch, Kunde droht mit Auftrag – schnell weg!“ ist dagegen nicht wirklich Geschäftsfördernd, doch leider viel zu häufig gelebte Realität… Nach einigen Problemen habe ich meine Tempelfunktechnik erfolgreich eingerichtet. Auf der schattigen Veranda sitzen, im Internet recherchieren, mit Laos chatten und Berlin telefonieren, dabei einen Trinkjoghurt schlürfen – man lernt nie aus.
Der Superexpresszug bringt mich nach Chiang Mai. Super, aber Express geht anders. Geplante Abfahrt 9:43 – um 9:38 kommt ein Zug. Könnte er das sein, frage ich mich ernsthaft unter totaler Ignoranz, wo ich mich aufhalte – nein, es ist ein anderer Zug auf der Strecke, einer der um 8:37 in Ayuthay abfahren sollte. Um halb Elf fährt der Zug, natürlich alle Gepäckfächer voll und meine recht groß ausfallene Reisetasche muß im Durchgang bleiben – was natürlich zu Problemen mit dem Bordcatering führt. Fast nur Touristen im klimatisierten Abteil, das erwartungsgemäß recht frisch wird. Die typische Backpacker,Rastalocken, glasiger Blick Sorte aus Lauteuropa. Wenigstens gibt’s kein Bier an Bord, sonst wären die geplanten Elf, aber letzendlich Zwölfeinhalb Stunden wohl übel verlaufen. So ein Thailändischer Superexpress, der fährt nach einem Bahnhof auch schon mal los, dann aber wohl auf dem falschen Gleis, Ratlosigkeit, dann Rückwärtsgang und zur Beratung zurück in den Bahnhof. Und weil man gerade in Uttaratta ist und vorgezogene Teestunde, nutzt das Personal die Gelegenheit zur Pause. Neuer Versuch. Ach da war doch noch das falsche Gleis… also wieder zurück in den Bahnhof. Vielleicht noch ein Päuschen?? „Hmmhmm, ach laß mal, sonst muß ich so oft aufs Klo“ scheint den Zugführern ins Gesicht geschrieben zu stehen. Aller guter Dinge sind Drei, oder? Erneut erreichen wir die Stelle kurz hinter einem Bahnübergang, an der wir zweimal umkehrten, diesmal eine Spur weiter rechts, hoffentlich nicht auf Kollisionskurs, wir halten erneut. Nur ein Scherz, es trötet und dann geht es gaanz gemächlich weiter in den Sonnenuntergang… 22:15 Ankunft Chiang Mai, das große Fressen der Taxifahrer kann beginnen. Wieviel? 150 Baht – lächerlich! Auf dem Parkplatz kostet es nur noch 100, aber losgefahren wird noch nicht, ist ja noch Platz im Wagen. Eine Gruppe Bierdurstiger und bereits Affengeräusche von sich gebender Engländer und Schweden wird für je 50 Baht eingeladen – ich mache den dezenten Hinweis, dass sich dann wohl auch mein Fahrpreis halbiert. An der Spaßmeile werden die Affen rausgelassen und zwei Minuten später bin auch ich am Guesthouse. Meine schwere Tasche wird nach dem Einchecken und Abkassieren in den vierten Stock getragen, soweit alles OK. Den nächsten Tag ist Shoppingtime. Bereits am ersten Markstand schlage ich zu, „Piraten“hemden und Baumwollhosen mit Gummizug kaufe ich – wahrscheinlich zu teuer – ein, aber es ist nur ein sechstel des Preises, den man in Kos-Stadt verlangte, die Qualität scheint OK und die Sonne scheint – da kann ich dem Händler auch etwas Gutes für seine zwei Kinder lassen und bin mit 25 Prozent Rabatt zufrieden. Auch Kleidungsmäßig bin ich nun auf meinen Meditationskurs vorbereitet. Zum Preis einer Hose trinke ich anschließend eine ToffeeLatte, denn ab morgen gibt es nur koffeinfreie Tempelkost. Nach etwas Herumstreunern durch die Straßen und endlosen „Massahschh??“ Sirenenrufen von überall, beschließe ich eine Bodyscrub, -treatment und Oil Massage auszuprobieren. Nach zwei Stunden bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass ich da lieber bei der tradtionellen Thaimassage bleibe – alles andere verweichlicht zu sehr;-) Zart wie ein Kinderpopo mache ich mich auf, ein letztes Mal für die nächsten drei Wochen um diese Uhrzeit etwas Festes zu mir zu nehmen… (Ich hatte Padthai und einen Fruchtshake) Mit dem TukTuk und anschließend mit dem Sammeltaxi geht es gegen Mittag hoch nach Wat Prahthat Doi Suthep. Meine Reisetasche hat enorm an Gewicht zugelegt, kein Wunder befinden sich darin jetzt neben meinen schweren Kleidungsstücken wie Jeans und Wanderschuhen auch alle Reiseführer und die neuen weißen Tempelklamotten. Dreißig Kilo sind mir einfach zu schwer, um sie bei brütender Hitze knapp 300 Stufen hinaufzuschleppen – ich nehme den Aufzug. „No one said, it’s going to be easy“ beschrieb ein vorheriger Kursteilnehmer seinen schwierigen Aufstieg über die Treppen mit dem Rucksack auf dem Buckel. „No one said, it has to be harder than necessary“ ist dagegen meine Interpretation des goldenen Mittelweges. Dinge können nicht notwendig sein, sich ihnen aber pauschal zu verweigern und stattdessen die Gesundheit zu riskieren? Im Büro des Internationalen Bhuddismus Centers erledige ich die Formalitäten und bekomme ein Heftchen mit dem Titel „Meditator’s Handbook“. Zwei Paare, dem Akzent nach Russen, fragen währenddessen nach einer Möglichkeit einen Meditationskurs zu belegen. Sie hätten sich nicht vorher anmelden können, weil die Website nicht richtig funktionieren würde, klingt es in meinen Ohren recht vorwurfsvoll. Ich schmunzele innerlich, erinnere ich mich doch gut meines eigenen Scheiterns an dem geradezu potemkinschen Anmeldeformular der Website. Ein sich bemühender Interessent findet jedoch eine Emailadresse, an die er schreiben kann, und unter der er auch Antwort erhält.Wie es in meinem Falle war. Ich bin drin im Programm, ich bin priviligiert Erlernen zu dürfen, wie ich meinen inneren Fokus im Hier und Jetzt finden, und Bedenken, Leid und Unruhe die Macht über mich nehmen kann. So jedenfalls habe ich die heutige Einführung durch meinen Mentor verstanden – sprachlich bedingte Fehlinterpreationen sind dabei gut möglich. Vorher zeigte man mir die für mich wichtigen Stationen der nächsten Wochen und meine Zelle – ein karger Raum, etwa Vier mal Fünf Meter groß, Fliesenboden und mit hellblauer, unverputzter Betondecke. Nichts zum Wohlfühlen, aber darum geht es ja gerade. Mein erstes Studium gilt der Meditationsanleitung und den darin enthaltenen acht Regeln. Die Siebte besagt, dass sich der Meditierende von Ablenkung und Verschönerung fernhalten solle. Worunter unter anderem das Lesen fällt – die Broschüre ist laut eines verbalen Zusatzkommentares des Betreuers davon natürlich ausgenommen. Tempelfunk, also Handy, Internet und E-Mail sind auch als unerwünscht und nicht regelkonform aufgeführt. Ich tippe demnach auf ganz dünnem Eis, und vielleicht wird es meinen Lernerfolg nachhaltig verhindern, aber ich glaube nicht, denn die Gedanken wollen sowieso raus aus dem Kopf und wenn sie sich geordnet anstellen müssen, um durch meine Fingerkuppen abzufließen. gibt es dabei immerhin keinen Knoten. Meine Absicht ist also redlich, denn sie erscheint mir zur Erhaltung meiner Meditationsfähigkeit notwendig. Den Nachmittag meiner Ankunft verrichte immerhin meine erste halbe Stunde Geh- und Sitzmeditation, wobei ich bis zum frühen Abend dermaßen starke Kopfschmerzen entwickele, dass mir übel wird und ich eine Aspirin nehmen und mich hinlegen muß. Nur um das Genick zu begradigen und dabei hart am Verstoß gegen die Achte Regel entlang schrammend, nicht zuviel zu schlafen. Ich schlafe ja nicht wirklich, sondern lausche aufmerksam den Umgebungsgeräuschen und davon gibt es unendlich viele. Einige davon werden durch die Tatsache bedingt, dass ich im gleichen Wohnblock wie der „UhhAy“-Mann untergebracht bin. Von Zeit zu Zeit gibt er laute „UhhAy“ Ausrufe von sich, was auch immer der Grund hierfür sein mag. Seine Schlappen lässt er auch mit lautem Knallgeräusch auf den Fliesenboden knallen. Ein durchdringendes Schnarrgeräusch stammt von irgendeinem elektrischen Gerät, vielleicht eine Klimaanlage, eventuell finde ich noch heraus, wo Metall auf Metall schabt, obwohl dies so irrelevant wie nur eben möglich ist. Ich sollte es zur Kenntnis nehmen, aber in meiner geistigen Verarbeitung der Sinneseindrücke nicht berücksichtigen. Dann wären da noch die permanenten Bauarbeiten mit Schleif- und Klopfgeräuschen, die tageszeitliche folkloristische Bespaßung der Touristen oben am Tempel und desse n regulären Glockenklänge und die abendliche Beschallung mit Thaipop durch ein Lokal irgendwo unterhalb. Immerhin in ei***** Entfernung, so daß sich die Lautstärke im Rahmen hält. Die allgegenwärtigen Hunde fallen besonders dann auf, wenn mal wieder die Beißordnung im Rudel brutal geklärt werden muss. Es gilt also sich durch etliche Ablenkungen nicht ablenken zu lassen. Tag 2 Wecken gibt es nicht (oder ich hab es verschlafen), es liegt in der Eigenverantwortung wach zu werden und den Tagesplan einzuhalten, dieser sieht ab Fünf Uhr Meditation in der Meditationshalle vor. Um Fünf vor Fünf bin ich wach und planmäßig auf der Höhe, beschließe dann aber Meditationsrunden in meiner Zelle abzuhalten. Mit anderen Meditatoren soll man eh‘ nicht reden, warum dann die Gesellschaft suchen und eine zusätzliche Ablenkung einführen? Die Gehmeditation fällt schwer, weil mein Körper zu solch früher Morgenstunde noch Balanceprobleme aufweist. Nach mehreren Durchgängen mit betont gedehnten Bewegungen ab Mittag allerdings auch wieder, so manches Band scheint bis dahin ausgeleiert zu sein. Auch der Rücken fängt an zu Drücken. Gelinde gesagt, ich bin gegen Mittag der festen Überzeugung auch heute wieder enorme Kopfschmerzen bekommen werde. Bestimmt aufgrund der vielen ungewohnten Versuche, aufrecht im Schneidersitz kontrollierte Zwerchfellatmung zu betreiben. Zu den immer wieder auftretenden Fragen, ob meine Bewegungen sachdienlich sind, gesellt sich vermehrt die Frage, ob dieser Aufenthalt für mich richtig ist. Auch ohne körperlichen Schmerz gelingt es mir meistens zur Ruhe zu gelangen und den Kopf leer zu machen. Abgesehen von den Gedanken ans und ums Meditieren ist mein Kopf leer und weder Zukunft, noch Vergangenheit beschäftigen mich. Die Versuchung abzubrechen, ist bereits jetz groß, aber wenn ich nicht wenigstens die erste Woche durchhalte und praktiziere, wird sich mir nicht erschließen, ob ich durch Meditation einen „besseren“ Wesenszustand erzielen kann. Zum Frühstück um Sieben Uhr gab es eine Gemüsereissuppe mit Tofu und Pilzen drin, zu Mittag um Elf Uhr ein Buffet mit Reis und vier verschiedenen Gemüse und Eizubereitungen. Dazu jeweils eine Mandarine. Die Qual der Wahl beim Mittagsbuffet: Die letzte Mahlzeit für Zwanzig Stunden: nehme ich eine große Portion, eher wenig, oder normal? Bis jetzt hielt sich mein Appetit in Grenzen, nur der grüne Tee zum Frühstück griff den Magen an. Den also besser nicht mehr. Ich gieße mir etwas Zitronengras auf und stelle mir eine eher bescheidene Portion zusammen. Gegessen wird erst, als alle mit Speise an ihrem Klapptischchen sitzen und eine darauf liegende Pali-Danksagung für die Speisespende rezitiert wurde. Falls der kleine Hunger kommt, müsste ich nicht weit laufen: etwa Vierzig Stufen oberhalb, in 200m Entfernung gibt es Tempelshops und Tempelimbisse – die Versuchung liegt also noch viel näher als die erwarteten 300 Stufen… Tag 3 Schnell gerät das Bewusstsein in den Hintergrund, wenn man sich dazu hinreißen lässt, eine Runde Minesweeper zu spielen. Dann tritt das abstrakte Problem der mutmaßlichen Minenanordnung in den Vordergrund, dass es zu lösen gilt. Wobei die Lösung für das Hier und Jetzt absolut irrelavant ist, wenn ich dagegen falsch lag, und kurz vor Lösung alle Minen explodieren, dann ist dies vielleicht Karmaneutral, aber nicht gut für die Ausgeglichenheit. Ich betrachte diesen Fauxpas (ich meine dabei nicht falsche Mine) als Herausforderung, die es mit einer Meditationsrunde zu kompensieren gilt. Der Ablauf dieser Runde ist semiideal, sich auf die Bewegung und die Balance zu konzentrieren fällt deutlich schwerer, als zuvor. Einmal am Tag innezuhalten und die Gedanken und Befindlichkeiten niederzuschreiben erlaube ich mir jedoch bis auf Weiteres, quasi als Protokoll. Meine Befürchtung, dass mich erneut Kopfschmerzen überfallen würden, bestätigt sich für den Rest von Tag 2 nicht, die kamen erst an Tag 3 zur Mittagszeit und ließen sich nicht durch Liegen abstellen, jedoch durch Sonnenscheinmeditationsrunden mit einer Aspirin So etwas wie ein Hungergefühl stellte sich erst am Morgen, eine halbe Stunde vor dem Frühstück ein. Vielleicht weil der Verstand darauf aufmerksam machte, gleich gibt es etwas zu essen. Es gab Glasnudelgemüsesuppe mit Tofu und Kekse. Auch eine Leichtcola, mit der ich am Spätnachmittag meinem Körper die Zufuhr kalorienreicher Nahrung vortäuschte, hatte demnach nicht geschadet. Es gibt hier auch so ein komisches Kraut zum Aufgießen, getrocknete Blüten, die dann beinahe wie Hagebuttentee schmecken, wer weiß, vielleicht ließ mich dieser Tee in Verbindung mit dem Kopfschmerz kränkeln, so dass ich gegen Elf zum Mittagessen recht appetitlos war. Essen muß jedoch sein, deshalb bediente ich mich an gedünsteten Riesenerbsen und Kürbisauflauf – nicht so wohlschmeckend wie den Vortag, aber ganz passabel. Dazu gab es Wassermelonenstückchen. Es war interessant zu sehen, wie der „UhhAy“ Mann sich den Teller mit Melone vollschaufelte, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass ein Teller für heute Elf Personen reichen muß. Empathie lernt man offensichtlich nicht durch Meditation. Um die gesamte Geräuschpalette zu beschreiben, die dieser Mensch vor allem abends und nachts verursacht, würde ich mehrere Seiten brauchen. Ich glaube, es ist gut, dass ich NICHT weiß, was er alles in seiner Zelle mit welchen Gerätschaften auch immer veranstaltet! Er scheint auch einen ausgeprägten Kontrollfimmel mit sich herumzuschleppen, ich glaube, er hat mitten in der Nacht seine Zelle und eines der Klos geschrubbt. Natürlich recht lautstark mit knallenden Eimern, das ganze Programm. In einem Hotel würde ich deswegen wahrscheinlich ausflippen, aber hier gilt es nicht zu viel zu schlafen und aufmerksam zu sein. Es ist interessant und gutes Training, immer wieder unmöglich lautes Verhalten mitzubekommen und dann in sich hineinzulauschen, ob sich deswegen nicht etwas Ärger regt, den es zu hegen und zu bekehren gilt. Die sanitären Anlagen hier sind übrigens verbesserungswürdig, aber längst nicht so schlimm, wie nach Internetberichten befürchtet. Wahrscheinlich hängt es stark davon ab, welche Horde Schweinchen gerade zu Gast ist – ein Nachtkloputzer ist da Gold wert. Jeden Morgen um Acht gibt es sogenannten „Dhammatalk“, in dem unser Lehrer mittels Anekdoten und Geschichten den Buddhismus näher bringen möchte. Wenn nur das Rückenzerreissende Sitzen auf dem Boden wäre der Stunde nicht wäre, wäre es rundum unterhalsam, so aber taten mir nach einer Stunde beide Beine und der Rücken abartig weh und anschließend, wie schon erwähnt auch der Kopf. Erwähnenswert wäre vielleicht noch, dass die vorangegangenen Dehnungen durch Thaimassagen meiner Meinung nach viel größerem Schmerz bisher vorgebeugt haben, und ich tagtäglich feststellen muß, wie gut mir auch Wii Fit mit Balanceboard zur Vorbereitung nützte. Bereits etwas für seine Körperbalance getan zu haben, hilft mir sehr bei der Slowmotionbewegung. Nachmittags gibt es immer einen Reporttermin, bei dem die Fortschritte und Vorkommnisse mit dem Lehrer beredet werden. Ich habe noch nicht so viel zu erzählen, außer Schmerzen, aber das ist wohl absolut normal und wird sich erfahrungsgemäß erst ab der zweiten Woche bessern – autsch. Jedenfalls lauten meine neuen Anweisungen je Zyklus Zwanzig Minuten, und eine Schrittfolge mehr – wir steigern uns. Nach manchem gut gelungenen Bewegungsablauf denke ich daran, dass ich vielleicht doch Spaß daran haben könnte, später einen TaiChi Kurs zu belegen und ich sehe mich in China bereits Schattenboxen. Tag 4 Ich vollführe fleißig die Schrittfolgen und übe mich in Sitzmeditation. Schmerzmäßig geht es besser, und die Schritte beherrsche ich wie im Schlaf, schnell, langsam, suuuperlangsam, ja, klappt problemlos, aber füllt den Kopf nicht aus, denn es geht fast wie von selbst. Worauf sich also konzentrieren? Auf die langsame Bewegung? Ich fange an mich zu fragen, wozu das Ganze, um abschalten zu können, wo es nichts abzuschalten gibt, außer den Zweifeln, dass ich am richtigen Ort zur richtigen Zeit mit der richtigen Mission bin?? Der „UhhAy“-Mann ist am Morgen abgereist, auch diesbezüglich herrscht nun Stille. Das durchdringend schnarrende Geräusch (einer Wasserpumpe) ist übrigens auch seit zwei Tagen abgestellt – scheint jemand repariert zu haben. Die permanenten Baustellengeräusche und herumwuselnde Hunde und Touristen sind natürlich noch da. Hunger ist bisher auch kein Problem, mit den anderen Teilnehmern nicht zu reden macht mir nichts aus – es ist soweit erträglich. Erträglich… Beim heutigen Ersatz-DhammaTalk (unser Lehrer dozierte heute an der Uni) machten wir einen Ausflug nach oben an den Tempel. Ich weiß nicht wieviele Leute sich ungefragt vor unsere Weißkleidergruppe mit orangenemm Mönchstupf mit violetter Strickmütze gestellt und fotographiert haben. Es waren etliche. Von den Touristen erstaunt mich solches Verhalten nicht wirklich, habe ja schon Schlimmeres häufig genug miterlebt. Dass aber Neuankömmlinge in unserer Meditationsgruppe die ganze Zeit mit der Kamera herumrennen, zu spät zum Mittagessen erscheinen, um dann die anderen Teilnehmer ungefragt auch beim Essen abzulichten, geht mir dann doch auf den Zeiger. Ich kenne diesen Russen nicht, will ihn auch nicht kennenlernen, was zum Kuckuck soll also eine Dokumentation ala „Ich und meine Meditationsgruppe“? Ob dieses gehäufte russische Interesse am IBC in Doi Suthep repräsentativ ist, weiß ich nicht, es ist mir nur aufgefallen, auch aufgrund weiterer russischer Teilnehmer. Als Beweggrund, warum zwei blonde Barbies ebenfalls neu hier eingetroffen sind, kann ich nur den Modeaspekt vermuten. Der Auftritt ist wie auf dem Laufsteg, mit schneeweißen Füßlingen, nett parfümiert und ich glaube sogar in legerer Tempelkleidung vom Designer. Hübsch sind sie, sie machen eine gute Figur, aber meditieren habe ich sie noch nicht gesehen. Unsere Exkursion nach oben dauert überlang – sicherlich in guter Absicht, aber schon recht anstrengend, nicht nur wegen des langen Stehens und einer schier unüberwindlichen Sprachbarriere, sondern wegen der recht missionierenden Attitüde. Irgendwann wurde mir dann von einem Mönch ein weißes Bändchen ums rechte Handgelenk gebunden, aber ich habe keine Ahnung von der Bedeutung und dem Umgang damit vermittelt bekommen. Schade, denn so weiß ich dies vermutlich nicht angemessen zu würdigen. Eine insgesamt 105 minütige Exkursion, die mich ein bisschen ärgert, weil regelrecht aufgezwungen, obwohl mir verstandsmäßig klar ist, dass sie nicht als Ärgernis oder Bevormundung gedacht war. Den Ärger fühle ich zu Unrecht, das weiß ich, sollte somit ein guter Anwendungsfall für Meditation sein, um die unnötige Aufregung abklingen zu lassen. Ich probiere es. Und stelle fest, dass es Sinn macht, Bewegung Stress abbauen hilft und man bei Ärger erst einmal tief durchatmen sollte. Diese Erkenntnis ist aber nicht neu für mich und es gibt eine Menge ungleich schönerer Orte, um durchzuatmen und abzuschalten. Wirklich ruhige Orte. Bei einer Wahl zwischen hellblauer Betonzelle mit vergittertem Fenster und zerzaustem Garten mit jeder Menge Durchgangsverkehr und Lärm und streunenden Hunden und Insekten erscheint es naheliegend, Heil bei der inneren Schönheit zu suchen. Ich könnte auch am einsamen Strand Gehübungen machen, oder wie eine Bekannte sich zum Meditieren auf eine ruhige Burg zurückziehen, stattdessen habe ich mir einen für mich alles andere als idyllischen Ort ausgesucht. Ich bin mir sicher, ich schaffe es, drei Wochen durchzuhalten und dann hätte ich mir Durchhaltevermögen bewiesen. Anders formuliert: Eitelkeit gefrönt. Aber für mein Wohlbefinden oder mein Karma hätte ich nichts getan und unter Umständen einem wirklich Bedürftigen und Würdigen einen Spendenfinanzierten Kursplatz blockiert. Die Besonderheit des Ortes, ein buddhistischer Tempel immerhin, an dem Glauben und Überzeugung gelebt und gelehrt wird, nutzt mir nicht.Dass ich zum Buddhismus konvertieren werde, halte ich für sehr unwahrscheinlich. Vor allem welchem Buddhismus, welcher Richtung? Die meines Erachtens wesentlichen Grundzüge der Lebensweise finden sich auch im christlichen Glauben, die machen schon Sinn. Ob Karma vergolten wird, oder es ein Fegefeuer gibt, welcher der noch Lebenden kann hierzu verlässlich Auskunft geben? In Myanmar (oder auch Kambodscha) habe ich (in meinen Augen) krass gesehen, wozu es führt, wenn man sich mental zu sehr darin gestählt hat, Leid oder auch einen „Arschtritt“ zu ertragen – man wird getreten, man leidet, oder Schlimmeres. Nach meinem heutigen Reporttermin, Bedenkzeit, in mich gehen, und einem Meditationsversuch, habe ich mich am Abend entschieden, dass ich morgen vorzeitig meinen Meditationskurs abbrechen werde. Ich bekomme dadurch ein zweiwöchiges „Loch“, dass ich spontan füllen muss, beziehungsweise kann – aber das sollte per Internet und Plastikgeld durchaus zu schaffen sein. Erträglich ist mir nicht genug, auch wenn ich meinen Aufenthalt hier nicht als Komplettverlust betrachte: denn das Interesse mich mit Meditation in seinen verschiedenen Techniken und Formen zu beschäftigen ist eher gewachsen. Der hier gelehrte Vipassana Stil ist eine Methode, aber leider nicht meine Methode. Ich werde in den nächsten Monaten sicher noch die eine oder andere Alternative kennenlernen, von denen vielleicht eine besser zu mir passt. Dass es eine solche Einrichtung wie das IBC in Doi Suthep gibt, bei denen ich ohne großes finanzielles Risiko studieren und „probieren“ konnte, ist ein wahrer Glücksfall, und dafür möchte ich mich auch hier bedanken. (Bis zur Sonnenfinsternis am 15.01 will ich es nicht aushalten, daher ist sie dem Titel entschwunden)
Wie bereits geschrieben, habe ich mich entschlossen, meinen Meditationsaufenthalt abzubrechen und Häme und Spott über mich ausgießen zu lassen… Ist ja nicht so, dass ich die ganze Zeit nun keine Fortbildung mehr machen würde, ich studiere bereits fleißig meinen China-Knigge und über mich weiterhin in Meditation. Das digestive Sparprogramm, mich zu entgiften und abends nicht mehr zu essen halte ich auch bei – my body is my temple und so, wie ich eine tägliche Dusche bevorzuge, möchte ich mich an den netten Ausdruck unserer Mediationsslehrers bei der Schlusszeremonie heute halten: „How often do you shower your body? Your mind also needs care and a shower!“ Recht hat er der gute Mann! Menschen sollten nicht alle paar Jahre ziemlich ausgebrannt in ein Retreat gehen, sondern regelmäßig, am besten täglich sich besinnen und die Gedanken mal ordentlich abschrubben. So macht es auch eine Frau in einer Touragentur, die ich am Nachmittag in Verwirrung stürze, wo mich der Bus nach Pai in drei Tagen den abholen soll. Ohne Visitenkarte des Gasthauses, ohne Ausdruck, da erst gestern abend online gebucht, auch am Zimmerschlüssel kein Name, sondern nur ein fröhliches Gesicht, da wird es lustig, Anagramme möglicher Namen zu bilden. Mit Hilfe der Hostels Website fanden wir dann bei einem Mango-Lassi heraus, dass ich im Parami und nicht Pamira Guesthouse abgestiegen bin. Hihi. also ich fahr dann mal nach Pai in den Norden und werde dort Hammockmeditation und Trekkingmeditation in ruhiger Atmosphäre praktizieren. Nach dem Zeremonie, die Tasche geschnappt, ausgecheckt und mit dem Lift runter an die Straße, um ein Sammeltaxi zurück in die Stadt zu nehmen. Nach mehr als einstündiger Wartezeit im Sammeltaxi (die meisten Leute wollen morgens rauf auf den Berg und nicht herunter) ging es abwärts nach Chaing Mai, Old City. Interessanterweise trudelte nach und nach der halbe Meditationskurs ein – einige hatten nur drei vier Tage eingeplant und auch die beiden Modepüppchen stiegen zu. Ebenfalls Russinnen, wie ich nun erfuhr. Die Auffassungen darüber, wie hoch eine angemessene Spende für einen Meditationsaufenthalt erscheint gehen weit auseinander – immerhin lag ich beim Dreifachen über den Angaben eines Reiseführers (schräg, dass sich Menschen an einem Reiseführer halten, wie hoch ihre Spende für einen guten Zweck sein sollte) und dem Achtfachen eines Amerikaners. Irgendwie bin ich nach meiner Ankunft im Gasthaus unheimlich froh, gegen Ein Uhr am Fluß sitzen zu können und endlich etwas zu essen: ein wundervolles Green Curry Chicken und dazu Pineapple-Milkshake und ein Singha. Nee, nicht das Bier, das Sodawasser! 🙂 Es geht dann noch durch die Stadt, Wat sonst, meinen Flug nach Laos umzubuchen und gegen abend muß ich für Onlinereservierungen mit der Technik kämpfen – das Laptop will nicht mehr booten – scheint einen Wackelkontakt zu haben, oder sich ein schlechtes Beispiel an der wackeligen Funknnetzverbindung zu nehmen – ich schalt mich ein, ich schalt mich aus. Irgendwann tuts dann wieder, als wäre nichts gewesen und ich kann buchen und bloggen und Bilder vom Tempel hochladen. Eine Sonnenfinsternis bei Milkshake und Sonnenschein Den nächsten Vormittag verbringe ich mit einem späten Schweizer Müslifrühstück und mit Onlinereisereorganisation. Das Gasthaus, in dem ich abgestiegen bin wird von einem Schweizer mit seiner Thailändischen Frau betireben, Man spricht Deutsch. Rechtzeitig vor der erwarteten Sonnenfinsternis treffe ich am Fluß im Regina Cafe ein, um bei Sechziger Jahre Oldies, Milkshake und Fried Vegetables 😉 auf das Ereignis zu warten. Um etwa 15:30 sollte es stattfinden, ein paar Minuten davor und danach halte ich immer mal schnell die Kamera in die Sonne, um den Fortschritt abzulichten und ohne mir die Augen zu verbrutzeln, denn einen besonderen Filter oder eine Brille habe ich nicht. Es wird etwas weniger hell, aber das ist auch schon alles. Das „Maximum“ der Sonnefinsternis, das ich einfangen konnte, ist bei den Bildern zu finden. In dr Stadt am Wat Chedi Luang gab es ein riesen Fest mit einem fliegenden Elefantenhuhn, Feuerwerk und recht lauter Musik und Singsang. Ein sehr sehr alter und wichtiger Mönch war wohl verstorben und die Festivität stellte nun den offiziellen Abschied von ihm dar. Sehr interessant. Letztes Watgestöber Auch heute gingen am Wat Chedi Luang die Festlichkeiten zu Ehren des verstorbenen Mönches weiter. Der himmlische Elefant war nun mit seiner Fracht „bestückt“. Zum Abschluß gab es freies Essen. Nach mehrfacher höflicher Aufforderung bei der Beseitigung überschüssiger Nahrung zu helfen, wurde ich schwach und probierte etwas Lab und (wahrscheinlich) Papayasalat. „Oh no, very spicy,very spicy! hot hot hot! Schhhhhhhhh!“ wurde mir mit einem Kopfschütteln davon abgeraten, doch unbelehrbar wie Explorer manchmal sein müssen, ließ ich mir eine Portion geben, dazu etwas sticky rice. Ich fing unter gackernden Kommentaren an zu essen. Der Schweiß trat mir irgendwann auf die Stirn, aber ich hielt den Daumen hoch, denn es war wirklich lecker. Zum Ablöschen erhielt ich an einem Polizeiessensstand einen Becher mit irgendeiner roten Flüssigkeit – ich habe keine Ahnung um welche Geschmacksrichtung es sich handelte, es war süß, es war flüssig. Morgen werde ich wissen, ob das Essen eine gute Idee war. In einem Gebrauchtbuchladen habe ich mir einen Dan Brown Schmöker für Auffüllung von Meditationspausen in der Hängematte zugelegt. Nur für den Fall der Fälle, dass es dort wirklich dermaßen ruhig und faul zugeht. Ich spiele auch mit dem Gedanken, in Pai einen Thaikochkurs zu belegen, ich bin ja schließlich auf Fortbildung und essen müssen wir schließlich alle. Mal sehen, wie das Angebot aussieht.
Um halb Zehn kam der Pickup um mich zum Minivan nach Pai zu bringen. Bei einem Zwischenstop kam Naoko, eine Japanerin aus New York hinzu. Wir kamen ins Gespräch, während wir auf weitere Passagiere warteten. Gegen halb Elf kamen diese. „Scheiße, den kenn‘ ich“, tönte es auf einmal recht lautstark in den Kleinbus hinein: Susan aus Berlin stieg zu. Kurioserweise waren wir beide vor fünf Jahren Teilnehmer einer Gruppenreise durch Thailand. „Ja, super, ich freu mich auch Dich zu sehen… unglaublich, wie klein die Welt doch ist…“ Die Welt ist manchmal wirklich klein zusammengeschrumpft, wenn man wie ich gerade in einer recht einfachen Bambushütte sitzen kann und per Skype nach Deutschland mit Verandten und Freunden telefoniert. „Bist Du zuhause? Hört sich an, als wenn Du zuhause wärst.“ Ok, das Scheiße war positiv gemeint, und in der von mir übers Internet angebuchten Hüttensiedlung war noch eine Hütte frei, so sind wir heute den Tag über zusammen durch den quirligen Ort Pai gezogen, um Nudelsuppe und Yoghurtshake zu uns zu nehmen. Gegen Abend versammelten sich auch Naoko und alle anderen Busreisenden aus England und Österreich an der gleichen Flußbar und unterhielten uns. Kommunikationstraining. Ich habe dabei auch gelernt, dass es sogar Mutter-Kind Yoga gibt. Ein weiteres Highlight des Abends war ein Fußbad in einem Becken voller „Killerfische“, kleinen Garras (aus der Türkei wie sie sagten) die losen Hautschuppen den Garaus machten. Das Zuppeln der vielen kleinen Putzerfische, während diese die Hautoberfläche, auch zwischen den Zehen, abknabbern ist schon elektrisierend. Ich schien den Fischchen gut geschmeckt zu haben, denn sie ließen sich zum Teil mit den Füßen aus dem Wasser ziehen. Mittlerweile scheint übrigens etwas Ruhe bei einigen Australischen oder Englischen Backpackern einzukehren. Ihre Alkoholbeschaffung am Spätnachmittag ließ Übles erahnen… Morgen früh, wenn es noch klappt, will ich die Chance zur Fortbildung nutzen und an einem Thaikochkurs teilnehmen.
Auch wenn am Wasserfall übergroß angeschlagen steht, man möge seine Unterhose doch herunterlassen, habe ich nicht blank gezogen. Man weiß hier ja nicht so genau, bevor man sich versieht, tut sich vor Scham die Erde auf und weg ist man vom Angesicht der Erde. Von Fischfutter zu Wurmfutter „in just one day“, nein, das geht mir dann doch zu schnell. Ursprünglich wollte ich heute kochen lernen, aber ich dachte mir, ein Frühstück zu haben, bevor man sich über Stunden mit Essen und seiner Zubereitung beschäftigt, so ein Frühstück, ja, das wäre nett. Meine Zweifel, ob dies in einer Dreiviertelstunde zu bewältigen wäre, waren berechtigt. Ich bin in Südostsien und selbst betriebsame Hektik verspricht nicht unbedingt ein schnelles, erwünschtes Ergebnis. Da helfen keine vorherigen Hinweise, erst recht kein Gejammer. Das Frühstück wird, irgendwann, pünktlich zum Start des Kochkurses. Dumm nur, dass der an einem anderen Ort stattfindet, und ich nicht an zwei Orten zur gleichen Zeit sein kann. Vielleicht ist dass aber auch besser so, es gibt ja bereits zuviele Schizophrene auf der Welt, man muss nicht überall gleich dabei sein. Konzentriere ich mich also auf mein Frühstück und verbalen Austausch mit Peter, dem das Hostel hier gehört. Man sprich deutsch, mal wieder. In etwa mein Alter, scheint es durchaus eine Lebensperspektive zu sein, sich mit einem Gasthaus in Nordthailand auf den Ruhestand vorzubereiten, ist er immerhin bereits der zweite in drei Tagen mit vergleichbarer Biographie. Es geht dann gegen Elf in den Ort hinunter, ApplePai bietet iPod Befüllungen an, da wollte ich doch mal schauen, wie es dort zugeht, aber Montags scheint Ruhetag, vielleicht aber auch Nachtschicht angesagt zu sein, der Laden ist zu. Ich organisiere mir dann ein Rückfahrtticket nach Chiang Mai und einen Scooter. Auf die Frage nach Insurance antworte ich als sicherheitsbewusster Bürger natürlich „I am German, please give me all insurances you have“ Ist relativ risikolos die Aussage, denn es gibt nur zwei Versicherungen, eine gegen Diebstahl und Verdunstung und eine gegen Unfall und Zerstörung. 40 Baht jeweils pro Tag, da überlege ich doch nicht lange, ob ich mir nicht die – theoretische – Option einer Youtubegerechten Scooterabwrackung offen halten möchte. Der englischen Familie aus dem Minivan begegene ich unterwegs, ein Hund wollte in Zusammenarbeit mit einer glitschigen Straße dem Vater diese Option eröffnen, aber außer einem schmutzigen Bein ist Mensch und Maschine zum Glück nichts passiert. Den Plan, über Mae Hong San mit der Honda zurück nach Chiang Mai zu fahren, hat man nach dem Ereignis allerdings aufgegeben und nimmt den Kleinbus. Hmm, Hunde. Pai Canyon ist auch weniger als der Name verspricht, ein erodierender Schmutzhügel mit Fernblick, ins Tal, aber ein Canyon? Da schon eher, die nicht in der Karte verzeichnete Erdspalte, die sich eines Novembers hier in der Nähe unerwartet auftat. Klein aber fein. Man sieht, die Befürchtung zu Eingang meines Beitrages ist nicht absolut unbegründet. Oder vielleicht der größte Mangobaum Thailands (wer auch immer das beschlossen hat)? Gegenüber kann man immerhin für Verwirrung und Personalrotation sorgen, wenn man als nicht Thai sprechende Langnase etwas zu Essen bestellt. Immerhin günstige 25 Baht für „Mixed Fried Vegetables“ mit Reis. So, das waren auch schon im Wesentlichen die heutigen Erlebnisse von Lord Helmchen auf seinem Tiefflug durch eine Thailändische Hochebene. Ach, da gab es noch eine Bronzebuddhafigur mit Wasserkopf. Nicht dass der Kopf unförmig wäre, nein, nur hohl und auf mystische Weise sondert die Figur Wasser in diesen Hohlraum ab. Heiliges Wasser sozusagen. Nun habe ich doch noch die Hosen heruntergelassen – von Bambus umzäunt und dann ging es in meiner dunkelgrünen Schwimmbux in die Thermalquellen. Natürlich nicht ganz oben, denn dort hat das Wasser eine Temperatur von 80 Grad Celsius, und auch wenn ein Schild darauf hinweist, dass das Eierkochen verboten sei, sprach unser Hostelowner und die vielen herumliegenden Eierschalen eine andere Sprache. Bei gefühlten 39 Grad habe ich dann im Wasser gesessen und meinen China Knigge abgeschlossen. Vielleicht war ich in einem früheren Leben Chinese, vieles darin Aufgeführtes kommt mir nicht abwegig, sondern absolut nachvollziehbar vor. Gestern stand die Besichtigung der Lod Höhle auf dem Programm: zwei Höhlen mit Laternenmädchen, aber kein Bambusfloß – war nicht so einfach klarzumachen, dass ich zwar in die Höhle, aber NICHT aufs Floß wolle. Vielleicht hat man sich aber auch absichtlich schwer von Begriff gemacht, denn mit Floß kostete es das Dreifache und die vielen Flößer wollen ja auch beschäftigt sein. Ohne Floß kann man die dritte Höhle zwar nicht besichtigen, aber ob sich dort revolutionär neue Ansichten geboten hätten, wage ich zu bezweifeln. Mir reichte es, permanent von der Gaslaterne geblendet und durch Abwärme verschwitzt durch die Höhlen zu stolpern. Die Fahrt mit dem Roller dorthin (~50km), mit Kaffeestop auf einem hohen Pass, war landschaftlich sehr schön. Zur Sicherheit, vor der Rückfahrt noch einen kurzen Ausflug in die Gegenrichtung auf der Hauptstraße gemacht und in Soppong getankt. Wer weiß schon, ob halbvoll auf der Tankanzeige auch halbvoll im Tank bedeutet… Bei einem Frozen Latte Caramel Shake bekam ich eine biblische Belehrung: Jemand tippte mir an die Schulter und dann in seine Bibel, Thai-Englisch: „Go and cnosult your husband and then come here“. Ich las dem etwas weggetretenen Mann seine Textpassage vor und sagte, „Yes, I am here“ und er verschwand. Pai ist eine große Ansammlung seltsamer Menschen. Gleich geht es wieder hinunter in den Ort, zu einer Art Verabschiedung, morgen geht es für mich zurück nach Chiang Mai, denn ich bevorzuge bereits einen Tag vor meinem Weiterflug in der Nähe des Flughafens zu sein. So wie (und durch wen) hier gefahren wird, scheint mir auch eine längerfristige Fahrverzögerung nicht ganz unwahscheinlich… German Angst vielleicht… Mit meiner Riesenreisetasche auf dem Roller werde ich nach dem Frühstück (Müsli!) zur Busstation düsen.
Meine letzte Fahrt mit dem gemieteten Roller in Pai geriet zur Beschäftigung von drei Personen (ohne mich), die meine Reisetasche traten, daran zerrten, drückten und gleichzeitig den Roller festhielten. Ich hatte die Tasche vor mir zwischen Sitzbank und Lenker gelegt, an sich war sie zu groß, um in den Fußraum zu passen, aber während der Fahrt rutschte sie etwas herunter und hatte sich wunderbar verkeilt. Lenken war mir nur dezent nach rechts möglich, jeder Versuch einer Linkskurve quittierte der Roller mit lautem Hupen. Ich musste zum Glück nur zwei Kilometer fahren und dreimal rechts abbiegen. Bei einer längeren Fahrt hätte ich sicher einen Krampf in den freischwebenden Beinen bekommen. Nach gemeinschaftlicher, erfolgreicher Gepäckmisshandlung und einer knapp dreistündigen Minivanfahrt kam ich mit allem Gepäck in Chiang Mai im M.D House an und erhielt dasselbe Zimmer wie zwei Wochen zuvor. Eine gewohnte Runde durch die Stadt im Anschluss an eine Thaimassage; Pad Thai, türkisgelbes Jelly-Eis und eine „Honey-Orange-Latteehh“ – das war’s dann auch schon. Nach einer halbstündigen Schneidersitzmeditation brauche ich fünf Minuten, um mein beinahe abgestorbenes linkes Bein wieder in Betrieb zu nehmen, aber ich hätte durchaus länger so sitzen können, hätte mich der Wecker nicht azum Aufhören gemahnt. Ich frage mich, ob sich mit der Zeit beim Meditieren neue Erkenntnisse einstellen. Ich gehe online und muss mich über einen Tuifly Newsletter ärgern, der mein Postfach verstopft, obwohl ich diesen Newsletter explizit NICHT wollte. Ärgern vor allem, weil es anscheinend keine Möglichkeit gibt, den Werbeschrott nochmals abzubestellen. Die einzige E-Mailadresse, die ich von dem Verein auf ihrer Webseite finden kann, ist eine Pressestelle. Also bekommt die Pressestelle von mir aus erster Hand mitgeteilt, was ich von solch aufdringlicher Öffentlichkeitsarbeit halte: Nichts.
Meine Baht-Barschaft sollte gerade eben für das TukTuk zum Flughafen reichen, vielleicht auch noch ein Wasser, aber mehr auch nicht. Zum Glück ist das Frühstück bereits im Zimmerpreis enthalten, der bereits beglichen ist…
Ob ich ab morgen in Laos weiterhin so einfach und permanent online sein kann, ist fraglich. Ist vielleicht auch nicht so wichtig, oder gar besser, nicht mitzubekommen, wie der Münchener Flughafen gesperrt wird, Zehn Minuten nachdem ein Reisender Sprengstoffalarm ausgelöst hat… wenn nicht parallel zu solchen Pannen immer neue Sicherheitsregeln, -techniken und Befugnisse gefordert würden, könnte man sie als albern bezeichnen, aber traurige Wahrheit scheint zu sein, dass der Sicherheitsapparat das größte Risiko darstellt…
16:00 Ankunft am Luang Prabang Flughafen. Arrival und Departure Card habe ich bereits im Flieger ausgefüllt, zusätzlich folgt nun anstehen für den On Arrival Visaantrag mit Passfoto und 30 US Dollar in bar für Deutsche. Deutschsein ist hier billiger, andere Europäer müssen 5 Dollar mehr zahlen, nur die Schweden kommen mit 31 Dollar beinahe gleichgünstig ins Land. Einige Minuten später ist wieder eine Seite im Pass beklebt und bestempelt, ich zapfe aus einem Geldautomaten den Maximalbetrag von 700.000 Kip, knapp 60 Euro und verlasse mit all meinem Gepäck das Flughafengebäude. Ein Taxiticket kostet 50.000 Kip, laut Reiseführer sollen dafür bis zu sechs Personen mitgenommen werden können, die Realität sieht aber so aus, dass zwei Einzelreisende zweimal zahlen und sich dafür eine Sitzbank teilen dürfen. Wenige Minuten später erreiche ich mein Gasthaus, highly recommended ließ sich travelfish.org darüber aus. Kurz nach meiner Ankunft dort fängt s an zu regnen und der Strom fällt in de gesamten Stadt aus. Laos ist halt doch eine andere Nummer als Thailand. Ein Amerikaner kommt ein wenig entrüstet an die Rezeption und stellt fest, dass das Internet gone ist. Tja, kein Strom kein Funk 🙂 Ich mache mich dann mit meinem Schirm auf einen ersten Streifzug am Mekongufer auf, ohne ihn allerdings zu benötigen. Auf einer der ersten Bambusterassen auf dem Weg gönne ich mir in guter Tradition mixed vegetables und ein Sodawater. Etwas weiter gönne ich mir einen Pineapple Joghurtshake. Die Karte sagt 6000Kip für einen Joghurtshake, 5000Kip für einen Pineappleshake, macht für meinen Shake an der Kasse 10000Kip. Gut nachvollziehbare Laotische Touristenmathematik und ich fange beim Gehen an zu fluchen. Im selben Augenblick rutsche ich aus und lande beinahe in der Gosse. Wenn dass mal nicht ein Zeichen ist, sich nicht durch Nepp in böse Schwingungen versetzen zu lassen, was dann? Da ich mich noch fange, kann ich unbefleckt schmunzeln und mich bemühen, wie der Meditationslehrer nun sagen würde, good housekeeping of the mind zu machen und finstere Gedanken möglichst auszusperren. Du kommst hier nicht rein, Du nicht! Meine Shakepenunzen werde ich zukünftig woanders ausgeben! Ich lerne abends, dass historical wooden building nur in Ausnahmefällen (wie in Ayuthaya!) ein hübsches heimeliges Holzhaus darstellt, sondern historisch sich auf einen einstmals guten Zustand bezieht. Hört sich jetzt schlimmer an, als es war, aber entäuschte Erwartungen wiegen schwerer, als überkommene Befürchtungen. Kann das Gasthaus ja auch nichts für, das nebenan eine Küche steht, mit einem Riesenkühlschrank, oder einer anderen Monumentalapparatur, die Vierundzwanzig Stunden täglich läuft und selbst mit Ohrenstopfen kaum Schlaf finden lässt. Da helfen mir auch nicht meine bescheidenen Fertigkeiten der Liegemeditation – ich werde grantig und will am Morgen das Zimmer wechseln. Meine Toilette stimmt mir sprotzend und gurgelnd zu. Super, denke ich, falls meine Obermieter Durchfall haben sollten, könnte es sein, dass ich in der Nacht im Bett ertrinke… Der Zimmertausch klappt nach einem tröstenden Frühstück und ich werde Bewohner eines Riesenzimmers mit drei Betten im Zementhaus mit Stille und WLAN-Restaktivität. Und Fünf Dollar Zuschlag, die mir aber gut investiert scheinen. Eine gute nächste Nacht gibt mir recht. Morgens erforsche ich den lokalen Mobilfunk. Für 40000Kip erstehe ich eine ETL Prepaid SIMcard. Die funktioniert auch, und ist durch einen Anruf auch schnell aktiviert mit 20000Kip Gepsrächsguthaben – eine SMS nach daheim kostet 860Kip also etwa 7 Cent. Mit meiner Frage nach GPRS Aktivierung meiner neuen Rufnummer überfordere ich das Personal des Telefongeschäftes aber nicht nur sprachlich (postoffice!) sondern auch intellektuell. Ich will ja gerne das Callcenter (nicht postoffice) anrufen und meine Nummer für GPRS freischalten lassen, aber die Anzahl der englischsprachigen Serviceleute liegt bei unter Eins und please hold the line geht nur für 45 Sekunden, dann wird die „Leitung“ gekappt. Für mich das laotisch sprechende Callcenter anzurufen ist unter der Würde der Angestellten, denn immerhin hat sie einen enormen Stapel Geldscheine zu zählen, es müssen Zig Millionen an Kip sein. Die Geschäfte mit Handys scheinen gut zu laufen in Luang Prabang… Den Tag über laufe ich durch die Stadt, probiere die Erzeugnisse einer Garküche (Gebratener Reis mit Huhn und Basilikum, lecker) und lande in Utopia: Eine Bar/Restaurant auf Terassen mit Nam Kha Flussblick. Shake it baby, denke ich mir und ordere zwei Shakes während ich der Verschwörung der Illuminati folge. BananaCoffeeshake wird zu einem meiner Favoriten, allein das Wechselspiel im Glas zu betrachten macht Spaß. Um mich für meinen verlängerten Laosaufenthalt zu orientieren, erwerbe ich im L’etranger Gebrauchtbuchladen ein aktuelles EinsamerPlanet Laos Exemplar in Deutsch. Dazu noch einen schmuddeligen Frank Schätzing und nach einer Tagestourbuchung ist meine Barschaft bereits aufgebraucht. Es reicht noch für ein Chickenbaguette mit Leichtcola auf dem Nachtmarkt, bevor ein Geldautomat dann doch noch gnädig ist und Geld ausspuckt. Bisher dachte ich, dass die Automaten maximal zwanzig Scheine ausspucken können, doch dieses Exemplar hat eine große Klappe und bietet einen Packen von 35 Scheinen an. Verschluckt sich allerdings um Haaresbreite daran und ich muss sie aus ihm herauszerren.. Den nächsten Tag war Trekking angesagt: eine mehrstündige Wanderung von einem Hmongdorf aus zum KuangSi Wasserfall. Faitrek nennt sich das Konzept, bei dem die Gemeinschaft vor Ort zu einem großen Teil vom Tourismus profitieren soll. Slippery when wet ist es häufig auf dem Weg, während der Regenzeit dürfte die Tour annähernd unmöglich sein, zumindestens eine Schlammschlacht. Am Wasserfall herrscht natürlich ei***** Betrieb und dann gibt es noch ein Bärenrettungscenter, woraufhin eine Australierin enttäuscht ist, dass we see bear, not beer 🙂 Sie reisen morgen nach Viang Vieng weiter, da ergibt sich noch genügend Gelegenheit Bier statt Bär zu sehen. Shaken to the Bone… Ein Teil der Trekkinggruppe verabredete sich zum Abendessen. Es gab auch ein Wiedersehen: Eine ehemalige Mitreisende der Birmarundreise gesellte sich hinzu: Dank „lokaler“ SIM Karte im Wählknochen konnten wir uns günstig kurzschließen und eine Treffpunkt verabreden. Wir wählten ein Terassenrestaurant am Mekong, bestellten mehrere Gerichte und eröffneten nach asiatischer Sitte daraus unser perönliches Tischbuffet, Wahrscheinlich hätte ich den Dragonshake mit Joghurt nicht trinken sollen – er schmeckte gut, aber gegen Zwei in der Nacht wachte ich mit Fieber, Übelkeit und übel geblähtem Bauch auf. UhUh, das ist nicht gut – schloß sich mein Verstand meinem Körper an. Die Versuche, mich durch einen Finger im Hals von der schlechten Verpflegung zu befreien gelangen mir nicht: Lautstarkes Würgen ja, aber mehr nicht. Es dauerte noch eine dreiviertel Stunde, in denen sich alle Körperschleusen öffneten und ich mir sogar einen Stuhl vor meine Schüssel stellte. Gegen Morgen war ich gefühlte Zwanzig Kilo leichter… Zwischendurch befürchtete ich bereits an Dehydration einzugehen, wie eine vergessene Topfpflanze, war doch meine Mineralwasserflasche leer und um vier Uhr morgens wollte ich nicht an den Getränkekühlschrank der Rezeption schleichen, denn es brannte kein Licht und ich wollte das in der Raumecke schlafende Hausmütterchen nicht aufwecken. Überlegte, ob ich nicht doch etwa etwas Leitungswasser nehmen und mit Wasserentkeimungsmittel versetz en sollte, beschloss dann aber (zu Recht, wie man diesem Beitrag entnehmen kann), dass ich auch ohne, den Morgen erleben werde. Ich besorgte mir dann frühmorgens eine Jumboflasche Wasser und zwei Dosen Cola an der Rezeption. Die Cola kam zusammen mit meiner von daheim mitgebrachten Packung Salzstangen zum Einsatz und wirkten Wunder. Den Tag über verbrachte ich im Zimmer und auf Toilette, um mich zu erholen. Ich habe viel gelesen, meinen sechsundertseitigen Dan Brown Schmöker konnte ich dadurch am Nachmittag beenden und zuklappen. Für den Spätnachmittag war ich zum Sonnenuntergangsaufstieg auf den PhuSi Tempelberg verabredet, dort schlich ich hin, fühlte mich allerdings zu schlapp um Hunderte Treppenstufen zu erklimmen und wartete am Fuße des Hügels, immer wieder belagert von „You buy something“ Verkaufskindern. Mehr als ein Süppchen und einen schwarzen Tee am Abend konnte ich mir nicht zumuten, selbst das brachte meinen Magen an seine Grenze – Salzstangen mit Colaleicht vertrug ich dagegen wunderbar. Für die nächste Zeit bin ich erstmal vorsichtiger mit dem Essen, insbesondere Joghurt… Momentan scheint im Tempel um die Ecke ein großes Marathon Tempelfest zu sein. Gestern war bereits die zweite Nacht, durch die hindurch musiziert und lamentiert wurde. Beinahe nonstop und natürlich durch etliche scheußlich klingende Megaphone verstärkt, damit auch die Nachbarn von den Segnungen profitieren. Von „indianischem“ Gejaule bis spacig-esoterischen Klanglandschaften wird so ziemlich alles verstärkt und zur Beschallung eingesetzt. Der Tag endet mit lang anhaltendem Regen. (Welcher dem finalen Tag des Tempelfestes ein schnelleres Ende setzt, wahrscheinlich sind die Megaphone nicht wasserfest verdrahtet gewesen…) Meine morgige Weiterreise in den Norden nach Nhong Kiaw per Minivan ist organisiert, Ich frage mich natürlich, wie es auf den Straßen in den Bergen aussieht, wenn die Trockenzeit – wie im Moment gerade – nicht so trocken sein sollte… und was ich bei Regen in einem Kaff in den Bergen mache… Statt wandern, Einheimische belästigen, Lesen? Habe Dan Brown gegen ein etwas ramponiertes, deutschsprachiges Exemplar von Yu Hua, Zwei Brüder, 750 Seiten, 1kg eingetauscht und dan hätte ich auch noch einen lautlosen Frank Schätzing und natürlich Meditation, Internet und und und… Nachdem ich es geschafft habe, über GPRS im ETL Mobilfunknetz im Web zu surfen (natürlich nicht über das eingebaue UMTS-Modem, sondern per Anschluß des Wählknochens per USB Kabel und passender Browserproxyeinstellung, dann aber auch NUR Browser, nix E-Mail Programm oder dergleichen, denn der Zugang zum Netz ist nur im Handy simpel, denn auf die Idee zu kommen einen Proxyserver für einen Mobilfunkanbieter konfigurieren zu können, bzw. zu müssen ist bei Acers 3G Connection Manager niemand gekommen, da läuft es dann so ab, SIM rein, Verbindung versuchen und endlose Festplattenaktivitätslämpchenbeleuchtun g genießen – es zeigt sich jedenfalls, dass man manchmal NUR dann eine Chance hat, wenn man konfigurieren KANN, je vollintegrierter, aus einem Guß bestend, die Software zu sein vorgibt, desto wahrscheinlicher, dass es voll in die Hose geht) nachdem ich es also geschafft habe, besorgte ich mir eine ETL P-Phone Refill Rubbelkarte (expired 31/12/2008 aber das machte tatsächlich nix, wie die Verkäuferin nach telefonischer Rückfrage behauptete) um mir zusätzliche SMSe und Megabytes zu verschaffen – Dschungelfunk is ready. Habe mich gerade nochmals online über die Gibbonexperience im Norden informiert: Baumhäuser, Ziplines: ja, aber Schlamm,Schlamm, Blutegel, Baumratten, Monsterspinnen, unverständliche oder unverstandene Guides, Stunden durch Schlamm und viel Schweiß: Ich weiß nicht, denke aber eher nööö, muß ja nicht jede Verrücktheit mitmachen und Dschungelgeräusche kann ich auch einfacher haben… Heute bin ich dann doch über den Phou Si gekraxelt, mir geht es wieder gut, gut genug für zwei utopische Shakes, viel Bewegung und ein letztes gemeinsames Abendessen, bis sich unsere Wege erneut trennten. Die Moskitos hier sind übrigens extrem tückisch, dreist und dabei kaum auszumachen und bedürfen der absoluten Vermeidung von unbedeckter oder unvergifteter Haut, ansonsten: zackzackzack! Ich hasse diese Viecher und kann ihre Vorliebe für mich keinesfalls erwidern.
Eine knapp dreistündige Fahrt mit dem Minvan bringt mich nach Nhong Kiaw. Oder auch Non Kiau geschrieben, wie so oft hier in Asien: ein und derselbe Ort hat verschiedenste Schreibweisen. Manchmal beabsichtigt, je nachdem ob die Franzosen während der Kolonialzeit einen Namen in lateinischer Schrift niederschreiben, oder die Engländer, oder der französische mittlerweile anglifiziert wurde. Manchmal auch unbeasichtigt, denn Rechtschreibung in einem anderen Alphabet ist nicht ganz einfach und Buchstabendreher passieren und wenn man schreibt, wie man spricht wird es sehr schnell interessant bei verschiedenen Dialekten. Ich bin also in Nhong Kiaw angekommen, lud meine schwere Reisetasche vom Dach des Wagens ab, und stand mit geplatzter Hose da. Super, denke ich mir und mache ich auf den Weg über die Brücke, auf der Suche nach den netten Bamboohütten, von denen mir in Luang Prabang berichtet wurde. Die Zimmerpreise hier scheinen zusätzlich zur Saison recht abhängig von der Tageszeit zu sein – ist bereits viel belegt und kommen weitere Touristen mit Bus oder Boot, gehen die Preise hoch. Früh und bei miesem Wetter dagegen ist es billiger. Ich schaute mir eine Hütte an, sie erschien mir geeignet, hat zwar nur ein nicht weiter erwähnenswertes Zipfelchen Flußblick, aber ein vernünftiges Bett und Bad mit warmer Dusche, ich zog ein. Ich kann hier bleiben solange ich will. Sumit vom Gasthaus bot mir direkt zwei Jahre an, well das könnte etwas zu lang sein, aber mal sehen. Ok, die Toilette mit Kellenspülung hat ein Durchsatzproblem, ob ich mit ein paar Blättchen Toilettenpapier daran schuld bin, bezweifele ich. Vielleicht werde ich gleich mal nach einem Pümpel fragen. „Do you have a Pümpel?“ – ich stelle mir die fragenden Blicke vor, die ich bei diesem Wort ernten werde, hihi. Vielleicht auch nicht, denn die professionelle Reparatur meiner geplatzten Hose war eine Sache von zehn Minuten – inklusive Aus- und Anziehen. Ich war kaum eingezogen, geriet ich in eine Unterhaltung erst zu meiner Rechten mit Renee, einer Hälfte eines älteren Ehepaares aus Südafrika und anschließend mit Eric und Robin aus Canada. Beide kommen frisch von ihrer Gibbon Experience und beide tragen mehr oder weniger starke Blessuren. Ich erinnere mich an einen Forenbeitrag ein paar Reisender, dass es dort in den Baumhäusern keine Erste Hilfe Austattung geben würde und sie bestätigten es. Nach ihrer Überzeugung als Kletterer ist das Ganze eine tolle Sache, aber das Zipequipment wäre zum Teil durch Verschleiß bereits unsicher und wenn nicht nachgebessert würde (bei immerhin 160 Euro pro Person) wäre es nur eine Frage kurzer Zeit, bis schwerere Unfälle passieren würden. Ich habe irgendwie nicht gerade das Bedürfnis ebenfalls mit einer klaffenden Wunde am Bein durch tropisches Asien herumzulaufen, nur weil die Bremse versagt und ich ungebremst in eine Holzplattform in luftiger Höhe knalle. Aber dank vorherigem explizitem Haftungsausschluss ist es ja immerhin klar, wer die Verantwortung auch für schlechte Ausrüstung trägt: Der Teilnehmer. „If it is not safe anymore, don’t do it.“ Der laut Webseite gegebene Schutzaspekt der Region wird dort nicht weiter vermittelt, der Schwerpunkt liegt auf Zip-Fun und die Gibbons sind vor den schreienden Zippern längst geflüchtet. Besuche ich bei Verlangen wohl besser einen TÜV geprüften Hochseilgarten daheim… Unsere gesamte Hüttenreihe hatte ein sehr lustiges gemeinsames Abendessen in einem laotischen Restaurant, welches von einem punkigen Exilgermanen mitbetrieben wird. Vielleicht taucht mein Ausspruch, „There are black sheep in orange robes“, demnächst in einem kanadischen Comedyprogramm oder ihrem Fullyearsabbaticalblog auf (Nine months still to go). Mein abgebrochener Meditationskurs scheint ein amüsantes Thema zu sein, vielleicht fehlte mir beim Essen auch einfach nur die notwendige Ernsthaftigkeit. Mal wieder. Eric und Robin werden zur gleichen Zeit in Hanoi wie ich sein, vielleicht sehen wir uns dort wieder, ich bekomme heute frische Hüttennachbarn, denn ich beabsichtige noch mindestens zwei Nächte zu bleiben und dann entweder gen Norden oder wie ursprünglich geplant über Luang Prabang nach Süden weiterzureisen. Vielleicht bleibe ich hier auch, bis ich meine Bücher zu Ende gelesen habe und ready for exchange sind. Morgen werde ich eventuell eine Boots- und Trekkingtagestour nach Muang Noi machen, welches so in etwa ein Viang Vieng für Langeweiler sein soll. Würde dann ja passen, let’s get serious! Bin ja nicht zum Vergnügen hier. Straßen und Schutzgeister Bei einer morgendlichen Mobilfunkanbindung erfahre ich, dass meine LZK Freistellung auch tatsächlich zu einer Überweisung führt! In erwarteter Höhe, kein Grund also, sich deswegen Sorgen zu machen. Auf dem Weg zum Frühstück beauftrage ich den lokalen Laundryservice mit meiner Schmutzwäsche und wundere mich über die Annahme, dass meine wenige Synthetikwäsche fünf Kilo wiegen soll. Durch eine hochgehaltene vorindustrielle Waage mit Gegengewicht soll mir das verdeutlicht werden. Das Gewicht wird auf die Fünf geschoben. Das ist mir dann doch etwas zuviel, denn ich weiß, dass sich weniger als zwei Kilogramm Wäsche im Beutel befinden und schüttele lachend den Kopf: No, No! Vorsichtig wird das Gewicht verschoben, ein Gleichgewicht stellt sich bei der Zwei ein, aber mit etwas Klemmen geht doch auch noch eine Drei… Three Kilo, OK. Es sei gegönnt, denn die Freipümpelung der Toilette gestern war eine zwanzigminütige Schweinerei. Wobei ich der Keramikl definitiv nur den letzten Rest gegeben habe, wie ich noch erkennen konnte, bevor man mich aus meinem Bad aussperrte, denn mein Toilettenpapier ist rosa und nicht weiß… Mit dem Fahrrad geht es auf einer Straße bergan, die vielleicht ebenfalls von den Chinesen gebaut wurde. Ob China in Laos nur deshalb Straßen baut, damit seine Waren einfacher nach Thailand gelangen und im Gegenzug Holz und Gummi zurück transportiert werden können, ich weiß es nicht. Ein wenig schwingt in den Stimmen der Erzähler jedesmal ein gewisser Vorwurf des Eigennutzes mit. Thailand baut ebenfalls in Laos, Staudämme, um Strom zu produzieren. Welche Seite letztendlich mehr profitiert, kann ich nicht beurteilen, aber es profitieren alle: es gibt eine gut befahrbare Straße und rund um die Uhr Strom, auch wenn der Reiseführer noch von wenigen Abendstunden spricht. Eine Straße eröffnet Chancen, auf Reisende, Anschluß, Handel. Strom ermöglicht unter anderem auch Kommunikation, wie Mobilfunk. Händler können vor einer Fahrt nachfragen, wo ihre Waren gebraucht werden, Kunden können anfragen, die Verkaufschancen steigen. Straßen und Strom sind Fortschritt, auch wenn fremderstellt. Solange dem Eigennutz ein Fremdnutzen in Summe gegenüber steht, was gibt es vorzuwerfen? Natürlich gerate ich während meiner Fahrt ins Schwitzen und gegen Abend zeigt es sich, dass Sonnenschutz in diesen Breiten durchaus empfehlenswert ist. Meine Pause auf schattiger Höhe an Kilometerstein 127 gerät zu einem Event, sitzt dort doch ein blondes Weißbrot im Schatten und liest. Drei kleine Kinder kommen vorbei, stumm, außer vielen Sabaidees können wir nicht miteinander kommunizieren. Es wird das Mountainbike gefühlt, der Schutzengel an meinem Rucksack wird ertastet, ebenso wie die nicht verwendete Sonnenmilchflasche. Bin stumm umringt von drei kleinen Gestalten, die immerhin nicht nach „Monneh“ fragen, wie einige Kinder am Ortsrand. Stummm werden mit einem „Kreidestein“ Buchstaben, lateinische, auf den Asphalt gekratzt: A,B, P, K, O, H – ist wohl doch noch nichts mit dem ABC… „Do you know a Ce, De Ihh?“ Verständnislos blickende Gesichter. Ok, etwas anderes, die Tüte Anis Fisherman’s enthält genau noch drei Bonbons, nachdem ich mir einen in den Mund stecke. Für jeden einen, ich gebe das Tütchen einem der Jungen. Es wird geteilt, die Tüte fliegt achtlos an den Straßenrand. Die Augen werden größer, es wird gestaunt, gegrinst, gekeucht, gekichert und überprüft, was man wohl im Mund hat. Die Verpackung wird noch einmal kurz aufgehoben und angeschaut, dann sabaideeren die Drei endlich kichernd weiter. Drei Buchseiten weiter, kommt das nächste Trio die Straße hinauf, sie mögen um die zwölf Jahre alt sein. Das Fahrrad wird betastet, meine Sonnenbrille muß aufgesetzt werden, die Drei unterhalten sich über den Falang und freuen sich, der Stumme bin ich, weiterlesen kann ich mir abschminken, denn die nächsten Fünf sehe ich bereits an der nächsten Biegung auftauchen, also breche ich höflich auf, es geht heim. Ich werde fünf Mal hintereinander zu einem Baci eingeladen, ohne dass ich eine Ahnung hatte, um was es sich genau handelt. Ein religiöses Fest, mit Schnürchen am Handgelenk, wie mir Sumit im Vorfeld mitteilte. Mich bei soviel freundlicher Aufforderung zu verweigern wäre unhöflich, so nehme ich – und andere Falang-Hüttenbewohner ebenfalls – am Baci teil. Es wird Klebreis, etwas Geld und Schnürchen an Kleinkinder veteilt, warum genau weiß ich nicht, vielleicht Einschulung. Allen Gästen werden ebenfalls an beide Handgelenke weiße Bändchen gebunden. Anschließend gemeinsames Essen, auf dem Boden werden Schalen mit diversen Speisen und Klebreis verteilt. Fingerfood, wie es laotischer nicht sein könnte. Je mehr ich esse, desto mehr wird in Schalen nachgeschoben. Ob ich die Speisen alle vertragen werde? Augen zu und durch. Nur nicht durch die kleinen Chilischoten, denn die sind gemein. Meinen laotischen Sitznachbaran bereiten sie Schweißausbrüche, mich würde sicherlich ein Magendurchbruch ereilen… Angebotenen LaoLao (Schnaps), Laobeer und Zigaretten schlage ich aus und ernte Kichern auf die Aussage „Khop jai, I don’t drink Alcohol“ Ein abstinenter Falang? Ist ja zum Lachen! Komme mir selber etwas komisch vor, denn so tugendhaft bin ich an sich nicht, aber es ist noch Januar und ich will meinem Neujahrsvorsatz treu bleiben. Irgendwann bekomme ich ein Glas und einige riesige Flasche Wasser vorgesetzt, Der muß doch etwas trinken! Sieht doch schon ganz verdurstet aus, der Arme! Ich trinke. Es schließt sich noch ein geselligerer (und feuchtfröhlicher) Teil an, angesichts meiner Trinkunlust nutze ich die Frage „You go to sleep?“, um mich in meine Hütte zurückzuziehen und mich postwendend im Reiseführer nach Baci umschauen. Ich finde einen entsprechenden Informationskasten und erfahre nun, dass mir meine Schutzgeister wieder angebunden wurden, falls welche abhanden gekommen waren. Echt lieb von den Leuten! Khop jai lai lai!
Bei Muang Ngoi ist sich der Fortschritt noch unschlüssig, ob er eintreten soll, oder nicht: Strom gibt es hier nur per Generator, in meinem Gasthaus von Sechs bis Neun – so heißt es, doch was heißt das schon in Asien? Es ist gleich halb Sieben und dunkel, doch von Strom gibt es keine Spur. Mein „wunderbares“ Acer Laptop erklärte sich mal wieder solidarisch und schaltet sich wie von Geisterhand ein, auch zugeklappt, mit dem Resultat, dass nur noch wenige Minuten Batterielaufzeit verblieben sind. Ich glaube ich muß meditieren, um mich nicht deswegen zu ärgern. Bis ich das Gerät zur Garantiereparatur in ein paar Monaten bringen kann, muß ich wohl doch wieder den Akku herausfummeln. Womöglich gerät es dann erneut in den Flipflopbootmodus: Ich schalt mich an ich schalt mich aus… Absurd, wer ansonsten keine Probleme hat, der nimmt sich Technik mit auf eine Reise. Soeben ist ein Schiffsdieselgenerator in ei***** Entfernung langsam angesprungen, es gibt Strom. Ich zögere angesichts der flackernden Glühbirnen, ob ich das Netzteil nun einstöpseln sollte, erinnern mich die Stromschwankungen doch stark an Myanmar, aber der Netzadapter hat einen Überspannungsschutz (oder ist es ein Spannungskontrollglimmlämpchen?) und das Netzteil sollte auch noch mit 100V Spannung klarkommen, so wage ich es und stelle mein Getippe auf Netzbetrieb um. In Form von Touristen und zugehöriger Verpflegung hat der Fortschritt Einzug gehalten, ein Schild weist darauf hin, dass eine Sauberkeitssteuer von 2000Kip für die Müllbeseitigung bezahlt werden sollte; diese scheint darin zu bestehen, den Müll am Ortstrand abzukippen. Vielleicht folgt aber auch keiner der Sollempfehlung. Für die Touristen werden an mehreren Stellen weitere Hütten gebaut. Vor allem ältere, solvente Reisende scheint es hierher zu ziehen, trotz der nicht ganz einfachen Anreise, denn den Ort erreicht man nur durch eine einstündige Bootsfahrt ab Nhong Kiaw, eine Straße gibt es nicht. Die Anreise im voll beladenen Boot, zum Teil im Zeitlupentempo durch reißende Stromschnellen des Nam Ou hinauf, war abenteuerlich. Der Ort ist malerisch inmitten von Karstbergen gelegen und hat eine tolle Aussicht auf den Fluß. Angesichts der Stromknappheit gibt es in meinem Gasthaus, wie zumeist im Ort, keine heiße Dusche, nur kaltes Wasser. Heißwasser per Solaranlage oder Propangas hätte den Zimmerpreis glatt verdoppelt, was ich für unnötig hielt, bis ich am kühlen Morgen meinen Astralkörper unter eine auf den sehr kalten Boden nackter Tatsachen zurückholende Dusche stellte. Tröpfchenweise, man ist ja nicht mehr der Jüngste und m mit morgendlichem Eiswasser sollte man vorsichtig umgehen. Nachdem ich mich so richtig erfrischt hatte, machte ich mich auf zum Frühstück eines Eierbaguettes und freute mich wieder über meine Ersparnis. Ich bemerkte am ersten Abend, dass die Wand zum Nebenzimmer ab einem Meter Höhe nur einen Hauch von Nichts, genau zwei Lagen lackierter Bambus bilden, very basic. Ich konnte gestern sogar die Atemgeräusche der Franzosen nebenan hören und ein paar trübe Lichtstrahlen ihrer Zimmerglühbirne drangen in meinen ansonsten dunklen Raum. Wie selbstverständlich sie den Strom nahmen, und alles anschalteten, was anzuschalten war – fehlte nur noch, dass nebenan ein Reisefön eingestöpselt worden wäre und die Hauselektrik, vermutlich mit Bambushaus verschmort wäre. Heute scheint das Nachbarzimmer leer zu sein, wie so oft herrscht ein permanentes Kommen und Gehen. Wenn ich’s genau betrachte, hatte meine letzte Bambushütte auch keine dickeren Wände, nur bestand der Abstand zum Nachbarn immerhin zwei Meter Luftlinie. Aber die Franzosen waren lautlos bis zum Morgen. Das fehlende Moskitonetz im Zimmer scheint kein Problem zu sein, konnte keine Moskitos im Zimmer ausmachen. Es riecht jedoch phasenweise nach Klostein, vielleicht ist es auch irgenwelches Insektengift. Die Badezimmerkakerlaken zeigten sich davon unbeeindruckt, von den Badelatschen jedoch nicht. Ich spielte mit dem Gedanken mein eigenes Moskitonetz aus der Tasche zu kramen und an den Deckenhaken in über drei Metern Höhe zu bekommen. Mangels Leiter oder kletterbarem Mobiliar hätte ich mit Schnüren und Haken wild improvisieren müssen, aber dazu war ich zu faul. Mobilfunk ist in Muang Ngoi zwar mit maximaler Empfangsstärke gegeben, steht ein Sendemast doch kaum übersehbar hinterm Haus, aber eine Datenverbindung kommt genau solange zustande, wie keine Daten übertragen werden sollen. Sinnfrei sozusagen, nix mit online gehen. Auf einem schmalen Trampfelpfad ging es durch Reisfelder, Bäche und Dörfer, vorbei an einer Höhle, aus der ein kristallklarer Fluß entspringt. Der Untergrund in der Höhle ist sehr uneben und zum Teil lehmig und weiter unten wartet gluckerndes Wasser, so dass ich mich trotz Stirnlampe nicht allzu weit hinein wagte. Wieder eine verpasste Gelegenheit ein Studienobjekt für zukünftige Höhlenforscher abzugeben. Außer einer Friednoodleverfütterung inmitten von Reisfeldern, rostigen Blindgängern, Schlangen (tot) sowie monströsen Spinnen (schüchtern) am Wegesrand war es ein bewegungsreicher, aber nicht bewegender Tag. Gegen Morgen meldet sich die Verdauung, blitzschnell – prima, an sich nicht schlimm, doch problematisch, wenn eine sechsstündige Bootsfahrt auf dem Nam Ou in einer Nußschale von Boot, ohne Bordtoilette ansteht. Ich entjungfere also meine Jumbovorratspackung aus den USA mit Immodiumwirkstoff und nehme zwei Pillen. Das Zeug wirkt bis zu meiner Ankunft in Luang Prabang, da sage noch mal einer, moderne Pharmaerzeugnisse wären Teufelszeug! Telefonisch habe ich mich dort in meinem letzten Gasthaus bereits angekündigt, ich werde vermutlich zwei weitere Nächte dort bleiben und Watseeing betreiben. Die Steinkrugebene lasse ich erneut links liegen, denn die Gegend dort ist noch weistestgehend Minenverseucht und Steintöpfe, von denen keiner genau weiß, warum sie dort liegen, rufen in mir kein Reisefieber hervor. Berge von Blindgängern und andere Munition, derer sich die Amis vor Vierzig Jahren dort „entledigt“ haben sind auch eher deprimierend anzuschauen. Der Versuch, ein fernes Land in die Steinzeit zurückzubomben, besser tot als rot??? Auch hier im Ort wurden Dutzende von Bomben zu Grabenbefestigungen, oder auch mal als Skulptur verwendet. Man muß nicht lange suchen, die Spuren eines Krieges der hier nie erklärt wurde, sind allgegenwärtig. Die Bootsfahrt ab Nhong Kiaw ist abenteuerlich und nur etwas für Touristen, denn beinahe doppelt so teuer wie der Minivan, der bereits teurer als der reguläre Bus ist, dauert die Fahrt auch doppelt so lang. Und ist nicht ungefährlich:manche Stromschnellen haben es in sich, die Felsen sind tückisch und ab und zu hat unser überladenes Boot auch knirschenden Bodenkontakt. Besonders prickelnd ist es, wenn das Boot auf Stromschnellen zutreibt und mal wieder der Motor ausgefallen ist… Es ging ja alles gut, auch der halsbrecherische Ausstieg hat Niemandem den Hals gebrochen, die Schutzgeister sind ja noch angebunden. Zurück auf Los Wieder in Luang Prabang habe ich das selbe Zimmer, im selben Gasthaus wie zuvor. Und auch der Nachbartempel musiziert nonstop über Megaphon wie zuvor. Nur etwas ist anders: es ist Februar und ein Beerlao am Mekongufer zu den Currymixedvegetables (sehr lecker) erlaube ich mir. Und dann gehe ich online, buche aufgrund einer Emailempfehlung einer Reisebekanntschaft eine andere Unterkunft in Vientiane und warte lange darauf, dass alle Windows und Virenscannerupdates übertragen wurden… Das Laptop bootet ohne Murren, nachdem der Akku wieder drinsteckt, will dafür nun hartnäckig mobilfunken. Irg endein ein Ingenieur muß sich etwas dabei gedacht haben, dem System keine vernünftigen Ausschalter verpasst zu haben, nur was? Ich schalt mich ein, ich schalt mich aus.
Das Boot brachte mich zurück nach Luang Prabang, in das selbe Gasthaus, dort habe ich einen guten Draht zur sanitären Einrichtung, und das ist gut so. Über meinen ersten Alkohol in diesem Jahr, eine Flasche Laobeer (das Glas Sekt zum Jahreswechsel zähle ich mal nicht mit), scheint mein digestives System in Partystimmung geraten zu sein und bekommt sich nicht mehr ein, vor allem nicht bei meiner heutigen Ernährung mit viel (süßem) Obst. Ich bin ja lernfähig und habe hoffentlich die richtigen Schlüsse gezogen und gönnte mir am Abend im Jomacafe eine Minestrone (Kartoffelknoblauchsuppe war aus) mit Salat und schwarzem Tee. In Utopia entwickele ich mich zum Stammgast und wurde bereits vermisst. Mit einem Nullgang, Sensorschloß (öffnet bei Berührung) Fahrrad in postgelb gurkte ich durch den Ort, und hielt nach Unbekanntem und Sehenswertem Ausschau – Fehlanzeige. Dem Impuls den chinesischen Wälzer „Brüder“ gegen eine pubertierende Vampirschmonzette einzutauschen habe ich widerstanden und es der öffentlichen Bibliothek geschenkt. Internetzugang per WLAN im Zimmer ist eine feine, jedoch zwiespältige Sache, so kann ich einerseits das Tief Miriam aus sicherer und warmer Entfernung verfolgen und Buchungen erledigen, mich andererseits nur darüber wundern, dass nun ungesicherte Leerverkäufe von Wertpapieren wieder erlaubt wurden. Bisher haben wir also nix aus der Finanzkrise gelernt, es ist wieder schick, etwas zu verkaufen, was man überhaupt nicht besitzt, in der Hoffnung es billiger zurückzukaufen, bis jemand den Schwindel bemerkt! Na und wenn das nicht klappt, dann ist es wieder keiner gewesen, oder man ist too big too fail, oder Systemrelevant.Na Prima. Warum stellt keiner ernsthaft die Systemfrage? Brauchen wir ein System, in dem Schwindel Spekulation ist und Luftnummern Werte darstellen? Vielleicht der ein oder andere Steuersünder, der von einem anderen Ganoven auf CD gebrannt und dem Finanzamt zum Verkauf angeboten wurde? Gefällt mir, wenn sich Verbrecher gegenseitig ans Messer liefern! Morgen früh geht es dann im VIP Bus nach Viang Vieng – sieben Stunden lang wollte ich mich dann doch nicht in einen Minivan quetschen lassen, nur um ein paar Tausender zu sparen – die Millionen rauschen mir ohnehin förmlich durch die Finger, ohne dass ich in Luxus schwelge.
Sechs Stunden war ich mit dem V.I.P Bus unterwegs, hatte einen Logenplatz vor der Bordtoilette, auf die der Dreißigminutenmann, ein Finne denke ich, bereits fünf Minuten nach Abfahrt mindestens alle dreißig Minuten geht und Flüssiggasbomben abwirft. Ui. Bereits nach seinem ersten Besuch ist die Chemietoilette sichtbar vollkommen eingeschissen, denn er ist so nett, die Tür offenstehen zu lassen und dann mit seiner Wasserflasche wenigstens die Wände abzuspritzen. Wenn ich bis dahin noch die Befürchtung hatte, ebenfalls die Toilette aufsuchen zu müssen, hieß es spätestens jetzt: Arsch zukneifen! Die Fahrt führt in Serpentinen durch grüne Berge herauf und herab, eine mir bekannte Strecke mit Ausblick auf ein paar sehr schöne Karstformationen. Ich kann nur nicht glauben, dass hier schon immer so wenig Bäume wuchsen, ich nehme mal an, dass spätestens mit dem Ausbau der Strasse die Bäume geschlagen und abtransportiert wurden. Schade eigentlich und fraglich, wie lange dieser Raubbau noch gut geht. Zur Mittagspause hält der Bus an einem Restaurant. Ich lerne, dass ein Abschnitt des Bustickets den Coupon für eine einfache Mahlzeit darstellt. Hätte ich ja auch lesen können, nur leider auf laotisch. Einfach ist Nudelsuppe, genau das Richtige, Alternativen wie Reis oder Gemüse kosten extra. Mein Busticket liegt natürlich im Bus, so muss ich durch einen mittleren Wasserfall hinaufsteigen, der die Treppe hinabläuft – der Beifahrer flutet mit einem dicken Wasserschlauch großzügig die Bordtoilette, die Bustür ist der Abfluss. (Die Reinigungsmaßnahme hält übrigens nur bis fünf Minuten nach Abfahrt an, bis der Dreißigminutenmann erneut zuschlägt.) Die Suppe ist würzig und lecker und vom Mittagessen ist es dann nur noch eine knappe Stunde bis Viang Vieng, durch relativ ebenes Gelände. Mit dem TukTuk für 10.000Kip pro Person geht es die knappen zwei Kilometer ins „Zentrum“ von Viang Vieng – wieder so eine klevere Geschäftsidee, den Busstop ausser Gehweite zu verlegen. Ich schaue mir drei Zimmer an, von Gefängniszelle über verlottert (wo ich ursprünglich reserviert hatte und ich nun heilfroh bin, nicht zu übernachten) nach angenehm eingerichtet, aber doof zwischen Baustelle und Schulhof gelegen hin zu NetterBalkonGutesBettUndBadAberCharakte rarm, ziemlich außerhalb, wo ich beschließe zu bleiben, um nicht weiter meine Tasche durch die Hitze rollen zu müssen. Der Preis pro Nacht liegt nun beim Vierfachen (150.000Kip), deshalb schaue ich mich den Nachmittag noch nach günstigeren Alternativen mit mehr Charakter um. Vergeblich und ernüchternd, ich fürchte fast, in diesem Ort wird Charakter nur von betuchten Touristen gefragt und kostet dementsprechend. Die meisten Unterkünfte sollen wohl den Zweck „Rauschausschlafen“ erfüllen und dazu reicht ein dunkles Loch. Das junge Touristenvolk hier anzusehen, wie es vor dem Fernseher liegt und Friends oder vor allem FamilyGuy anschaut und dabei zum Teil „Happy“-pizzen oder -shakes zu sich nimmt, die wer weiß welche Amphetamine oder Drogen enthalten, ist interessant, aber ich verstehe die zugrunde liegende Denke nicht. Denkt da überhaupt wer? Mir reichte als Amusement, wie in Luang Prabang, als ich vor einem Straßenladen meine kalte Dose Leichtcola öffnete und ansetzte, in dem Moment bei dreißig Grad jemand in blauer Steppjacke auf mich zukam – original wie aus der Sesamstrasse: „Psst, Opium, Marihuana?“ – und ich mich fast vor Lachen verschluckte. Aber ich wusste ja, was mich erwartet, verändert scheint sich in zwei Jahren nicht viel zu haben, nur gibts jetzt viel viel mehr Internet mit „Facbook“ und Skype und Alben und Videos für iPod. Nichts wie raus aufs Rad und rein in die Umgebung! Tuber in freier Wildbahn Aus dem Ausflug mit dem Rad ist bisher nichts geworden – mir war zu warm, zu unlustig und die Fahrräder zu teuer: wenn ich für wenig mehr einen Roller mieten kann, der mir Fahrtwind ganz ohne Anstrengung liefert, warum sich dann selber in der Hitze abmühen? Genau. Der Tag schreitet voran, während ich den Ort, und seine „Partyinsel“ erkunde und in Gedanken überprüfe, inwiefern es sich in den letzten zwei Jahren verändert hat. Die Insel ist nicht wiederzuerkennen: die Ufer sind nun „ordentlich“ mit Plastiksandsäcken befestigt und am Ende wurde aufgeschüttet und zubetoniert und jede Menge Teakholzhütten und regelrechte Häßlichkeitshütten, in einer Art Fachwerk für Arme, nur aus Asbestpappe wurden draufgesetzt. Nur ein Drittel erkenne ich weitestgehend wieder, die riesigen Lautsprecher, die Hängematten, doch auch hier wurden die Feuerstellen bereits mit Sitzebenen drumherum professionialisiert. Das gammelige Lotterleben wird langsam aber sicher verdrängt. Doch wodurch? Bauten in einer Überschwemmungszone, bei denen eine existierende Bauaufsicht die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würde? Abgeholzt, planiert und mit Hütten vollbetoniert. Für den nächsten Tag buche ich eine Kayak und Cavingtour, denn ausschließlich Kayak gibt’s hier nur individuell – soll heißen zum fünffachen Preis. Ok, auf Caving lege ich keinen Wert, will mich nicht auf einem LKW-Schlauch an einem Seil durch eine dunkle Höhle zu ziehen, aber ich könne ja außerhalb warten. 90.000Kip macht es, inklusive Mittagessen. Ok. Ich vergaß mein gestriges Frühstück zu erwähnen, im Kangaroo Sunset – ein glorreicher Fehler, der meine Verdauung um Tage zurückwirft. Überhaupt scheint es ratsam zu sein, hier jegliche Etablissements zu meiden, die von Iren, Engländern oder Australiern betrieben werden, es sei denn, um dort verschlossenes Flaschenbier zu kaufen oder das coole Abenteuer in der Gefahr zu suchen. Die Betreiber scheinen durch die Bank weg ihre besten Kunden zu sein, und Halbdelirium und verantwortungsvolle Gastronomie vertragen sich nicht miteinander. Ich nehme jetzt mal ein paar von den Antibiotika, die ich in Chiangmai gekauft habe und versuche die Darmfremdbesiedlung wieder auszurotten. Mich per Hochprozentigem versuchsweise innerlich zu desinfizieren, dazu ist mir mein Augenlicht zu wertvoll! So eine Kayaktour auf dem Nam Song könnte durchaus nett sein, wenn der Tourveranstalter nicht einen Deal mit der LoveLifeBar hätte, und dort für über eine Stunde pausieren würde. Diese befindet sich inmitten eines Bermudadreiecks, das aus einem halben Dutzend gegeneinander anlärmenden Musik- und Wassersprungbars besteht. Geschätzte Lautstärke 110dB, eine einzige Kakophonie aus Pop, Reggae und Techno. Scheint aber vielen jungen Leuten dort zu gefallen, oder den ultimativen Vorwand zu liefern, den Alkohol direkt aus kleinen Plastikeimern zu konsumieren. Into Tubing ist DER Slogan auf T-Shirts. Fast jeder trägt so eins, man will ja in sein. Es wird viel Haut und Tatoo gezeigt, gezecht und getanzt – fast wie unser Karneval, nur bei tropischen Temperaturen und dem kühlenden Naß zwischen den Tränken. Wer bereits zu betrunken ist, um allein an Land zu gelangen, der wird vom Personal mehr oder weniger gekonnt geangelt. Das geschieht durch Bewurf mit einer halbvollen Plastikwasserflasche mit Leine dran. Hundert Punkte gibt es, wenn man den Kopf des Tubers trifft und dann die Flasche durch den Schlauch ins Wasser fällt; nur Einen wenn der Wurf daneben geht, aber der zu Angelnde die Leine greift. Der Gesichtsausdruck einer einheimischen Verkäuferin sprach Bände, als sie eine torkelnde Engländerin davor bewahrte in ihrem Stand auf Toilette gehen zu wollen und zur Seite Richtung Abort geleitete. Mit welcher Gelassenheit die Einheimischen die aus aller Welt angereisten Alkoholiker ertragen ist sowohl bewundernswert als auch erschr eckend… Wobei mir ein Ausspruch eines Kollegen in den Sinn kommt, der mir sagte er würde nicht Geld für eine Reise sparen wollen, sondern er wolle jetzt leben – andere sparen um eine Reise zu tun und währenddessen umso mehr zu leben, zu erleben. Wobei sich die Menschen lebendig fühlen, und was tolle Erlebnisse für sie sind, darin unterscheiden sie sich doch sehr. Unterirdisch Am morgen wollte ich über Mobilfunkverbindung kurz auf E-Mails checken und wunderte mich, dass das Guthaben der Prepaidkarte erschöpft war – auf wundersame Weise hatte es der Virenscanner geschafft sich ein fettes Update zu gönnen, rien ne vas plus. Also gönnte ich mir ein weiteres ETL Rubbellos, um im Pannenfall mit dem gemieteten chinesischen Moped Hilfe herbeitelefonieren zu können. Theoretisch, denn praktisch hätte mich eh keiner verstanden. Als ich ein Busticket nach Vientiane für übermorgen kaufen wollte, wurde ich auch nett angestrahlt, der Mensch kopierte auch eine andere Quittung, wollte Geld, doch fragte ich erst mich, dann ihn, dann wieder mich, wo er denn notiert hätte, wo man mich abholen solle und an welchem Tag? Schwupps bekam ich einen Telefonhörer, aus dem eine Englisch sprechende Stimme darum bat, etwas später nochmals vorbei zu schauen… Dass man Geld von einem will, das können sie alle von sich geben. Zu erklären wofür man ihnen denn Geld geben solle, da wird es recht abstrus, beginnt das große Schweigen oder angeregtes Gestikulieren. Im Hinterland von Viang Vieng überquere ich mit dem Moped eine recht baufällige kleine Holzbrücke, tritt am anderen Ufer eine Frau aus einer Hütte und ruft „Kip!“ Wofür? Ein Fingerzeig auf die Brücke. Wieviel? 10.000 Unverschämt, und oberhalb der Nepptoleranzschwelle. Ich sage zahl ich nicht, grinse und fahre eben wieder zurück über die Holzbrücke. Hatte eh den Eindruck, dass der Weg in die Irre führt. Penetrant sind auch die selbsternannten Höhlenguides, zumeist kleine Kinder, die meinen, neben einem stumm herlaufen zu müssen und dafür anschließend Geld zu verlangen. Ist vielleicht besser, als wenn sie wie von Sprechperlen angetrieben, das offensichtliche daherplappern würden: „Weg, Stein, Höhle, Baum…“ In der Türkei habe ich einem „Guide“ sogar einmal Geld gegeben, dass er mich endlich in Frieden lässt, Nach meinem ersten Höhlenbesuch am Vormittag war ich jedoch trotz tatsächlicher, auch wenn unverlangter „Guidance“ nicht dazu bereit, dafür das Fünffache des Eintrittspreises zu berappen. Ich hielt jedem einen Anstandsgeldschein hin, mehr nicht. Könnte vielleicht daran liegen, dass man mich bezüglich der Höhle belogen hatte, und der von mir niemals eingeschlagene „Weg“ im Inneren darin bestand meinen Rucksack vor mir durch eine enge Röhre zu schieben und auf dem Bauch hinterherzurobben. Für nichts, vor allem keinem See oder liegenden Bronzebuddha. Ich war not amused über die klaustrophobische Dreckserfahrung, denn der Boden war aus Lehm! Einige Leute kamen mir entgegen, darunter auch ein recht dicker Mann, der in dieser Röhre sicher stecken bleibt. Eine Gruppe drehte aufgrund meines Aussehens meiner Erzählung sofort und verlangte das Eintrittsgeld zurück, weil auch sie „fehlkommuniziert“ wurden. Ich hatte übrigens helle Kleidung an und werde bald wissen, ob der lokale Laundryservice mit Höhlenschlick fertig wird… Einige Kilometer später fand ich dann die gesuchte Phou Kam Höhle an einer blauen Lagune. Dort gab es einen liegenden Buddha in einer absolut riesigen Höhle, mit der ich zusammen mit einer Frankfurterin nur im Schein unserer Sirnlampen herumstolperte. Ein nettes Abenteuer ich genoß ein Kaltgetränk unter Bäumen, wir unterhielten uns ein wenig und schauten dem Treiben im Wasser zu. Wie daheim? Drei identische Zimmer, drei identische Verkabelungen? Beileibe nicht. Ist im einen Zimmer der linke Schalter für das Licht im Bad, so ist es im Nächsten der Lüfter und im Dritten der für die Hauptbeleuchtung. Es heißt flexibel zu bleiben. Einerseits von mir, wieder einmal das Zimmer zu wechseln (das erste Mal wechselte ich aus eigenem Antrieb von charakterarm nach stimmungsvoll), da eine Reservierung für mein Zimmer vorliegen würde; natürlich stellte sich das zuerst vorgeschlagene Alternativzimmer als deutlich schlechter heraus (charakterlos), aber dann fand sich wunderbarerweise Eines genau über meinem vorherigen, nur mit zwei Einzelbetten und besserer Aussicht. Und natürlich erneut anderer Verkabelung, wie ich bei der Suche nach der Badbeleuchtung feststellen musste. „Deutsche“ Gründlichkeit, dass es eine Art Masterplan gibt, in dem angegeben ist, dass der linke Schalter immer fürs Bad zuständig sein sollte gibt es hier nicht. Dafür gibt es laotische Gründlichkeit bei der Eintrittskartenkontrolle: Zwei Personen sitzen zusammen am Eintritt, Falang trifft ein (Ich), Person1 (Frau) spurtet Vier! Meter zum Büdchen, um ein überteuertes Ausländerticket zu verkaufen, Falang steckt Ticket (gelb) ein, Person1 geht zu Person2( Mann) zurück, Falang (Ich) geht genau Viereinhalb Meter weit, bis ihn ein energischer Anruf „Ticket!“ erreicht. Wer jetzt glaubt dass Person2 das Ticket entwerten möchte, das Falang (Ich) sorgsam im Portemonnaie verstaut hat, der täuscht sich, Person2 wirft nur einen kurzen Blick darauf. Entweder ist der Mensch extrem kurzsichtig, oder er unterstellt seiner Kollegin, sie hätte mir eine falsches, Einheimisches (weißes) Ticket verkauft, oder er ist einfach nur total gelangweilt und bar jeder alternativen Daseinsberechtigung. Vergleichbares habe ich ja auch schon daheim erlebt, dass geleistete Arbeit zunichte gemacht werden sollte, nur damit sie noch einmal gemacht werden konnte, aber dann von der „richtigen“ Person. Ist schon verrückt, knapp zwei Monate bin ich nun unterwegs, aber solche Absurditäten finde ich immer wieder vor, und erinnern mich an daheim. Wie lautete doch ein Kommentar im Blog? „Mir scheint die Menschen sind überall gleich…“? Zwei Körnchen Wahrheit liegen schon darin, aber ich möchte nicht die breite Masse verunglimpfen und alle über einen Kamm scheren. Andererseits, in der dritten Welt Verhältnisse wie daheim vorzufinden? Ist das gut oder schlecht? Für wen? Mein heutiger Weg führte mich quer durch Felder, auf der Suche nach dem „direkten“ Weg, immer mit dem Gedanken, ob denn der eingeschlagene Weg wirklich frei von Blindgängern oder vergessenen Minen ist und keine giftigen Schlangen im Gestrüpp lauern. Einerseits sollte man aufstampfen, damit die Schlangen einen früh genug hören und aus dem Weg gehen und nicht überrascht und erschreckt zubeißen, andererseits erhöht festeres Auftreten natürlich die Explosionswahrscheinlichkeit einer Bodenmine. Absurde Gedanken? Dann möge man sich die Bombenhülsen anschauen, die sogar als Pfosten einer lokalen Brücke verwendet wurden. Um eine Gefahr zu wissen, macht es nicht automatisch unwahrscheinlicher, nicht durch sie umzukommen. Mich hat es jedenfalls nicht zerrissen, und auch eine abenteuerliche Bambusbrückenkonstruktion, die es zu überklettern galt hat mich nicht abgeschreckt oder abgeworfen. Bambus ist stabiler, als es den Anschein hat, dass muß man sich immer nur vergegenwärtigen, wenn man ein paar Stangen daraus sein Leben anvertraut, immerhin werden in Asien sehr sehr hohe Gerüste beim Häuserbau aus Bambus erstellt, da er leicht und zugleich extrem belastbar ist. Als Belohnung gönne ich mir ein Atom-Eis, ein unteilbarer Genuß sozusagen. Später wurde ich dann DIE Attraktion für eine laotische Reisegruppe, mit der sich einige weibliche Mitglieder fotgraphieren lassen wollten. Warum au ch immer. Und meine Wäsche scheint Kraft der manuellen Reinigung von Höhlenschlick befreit zu sein, also warum nur habe ich mich gestern so verstimmt gezeigt? War doch nur Dreck. Alles wird sauber, alles wird gut. Ein kurzer Werbeblock: Wer sich in Vang Vieng aufhält, sollte das Frühstück #19 im AK OK Guesthouse (neben letzter hoher weißen Bauruine auf Uferstraße) probieren – bislang ungeschlagenes Preisleistungverhältnis in ganz Laos! Steak und rotes Curry waren dort ebenfalls über jeglichen Zweifel erhaben. Ist weder Australisch, noch Englisch oder Irisch, also gut verträglich… P.S. Um die Tuber live in action zu erleben, muss man sich nicht aufs Wasser begeben, nur ein paar Kilometer nach Norden aus dem Ort fahren und dann bei einem gelben Laobeerreklameschild mit „Thavisouck Somphong“ (Oder so ähnlich) links abbiegen, et voilà man gelangt ins Epizentrum, wo auch Einheimische dem Treiben fassungslos zuschauen…
Der VIP Bus von Vang Vieng nach Vientiane stellte sich als überteuerte Localbusvariante heraus – ein Seelenverkäufer von vor vierzig Jahren, keine Aircon und mit bemerkbarer Bremsschwäche. Die Fahrt dauert zum Glück nur drei Stunden und durch kleine Schiebefenster habe ich warmen Fahrtwind zum Atmen. (Neben mir sitzt leider so ein Wiedehopfbackpackerfalang, der nach ausgiebigem Alkoholgenuss auch bis 10:00 nicht in der Lage zur grundlegenden Körperhygiene war) Vom nördlichen Busbahnhof geht es mit dem SammelTukTuk direkt weiter ans Mekongufer und dann ins Gasthaus. Dort findet man zuerst meine Buchung nicht und lässt mich meinen Computer auspacken, um die Bestätigungsnummer nachzuschauen, dann aber findet man mich doch noch, nicht im Computer, aber bei den ausgedruckten Faxen. „Sorry the computer is not always working“ Der Reiseführer hat recht, die Zimmer sind recht klein, aber auch nach Tasche abstellen ist noch genügend Platz um zwischen Bad und Bett zu zirkulieren, was will man mehr? WLAN reicht natürlich nicht bis in den zweiten Stock, so muss ich ins Foyer um Online zu gehen. Am Mekong wird emsig gebuddelt – es scheint, es wird eine Uferpromenade gebaut. Vielleicht auch etwas Anderes, mir fällt jedenfalls ein chinesischer Torbogen auf, der vor zwei Jahren noch nicht dort stand – ein chinesisches Bauprojekt? Passend zur Freundschaftsbrücke nach Thailand die Freundschaftspromenade aus China? Ich zapfe mir noch etwas Bares aus einem Geldautomaten und speise meinen Laosreiseführer sowie zwei Romane in den Bücherkreislauf ein; in einem Secondhandbuchladen, der laut zwei Deutschen, die ihn verlassen keiner sei. Wenigstens sagten sie, sie hätten bisher keinen entdeckt. Die gute Frau an der Kasse schaute mich etwas konsterniert und dann belustigt an, als ich nach einem Secondhandbuchladen fragte: Ob ich mich vielleicht einmal umschauen möge??? Ich nehme einen chinesischen Roman: Die Frauen des Hauses Wu mit und lasse mir den Restbetrag auszahlen, etwas später sitze ich für das Geld bei einem hervorragenden Redcurry im Full Moon Cafe, ich hatte der Versuchung auf ein Western Food Pita Curry Chicken widerstanden. In einem anderen Restaurant direkt am Ufer schien man es nicht nötig zu haben, zu bedienen, da bin ich nach ein paar Minuten halt wieder gegangen – zum Glück! Über- versus Unterversorgung Den einen Moment hat man Hunderttausende in der Tasche und denkt sich, was soll ich jetzt nur mit dem Geld anfangen und wenige Augenblicke später ist es regelrecht verdampft. Aber Essen muss ich, Zahnpasta und Shampoo sind kein Luxus und auch zu einer traditionellen Laomassage zum Abschluss meines Laosaufenthaltes fühlte ich mich genötigt… Wieviel der TukTukTransfer zum Flughafen morgen kosten wird, hat sich mir nicht erschlossen – als ich vorhin einen Fahrer nach dem Preis fragte erhielt ich sieben verschiedene zwischen 10 und 50Tausend – ein vom Gasthaus organisiertes Taxi kostet 60Tausend. Werde wohl nicht drum herum kommen, um einen guten Preis zu feilschen – Authentic Asia: Fährst Du schon, oder debattierst Du noch? Vorhin sah ich in einer Straße ein umgebautes Darmstädter Feuerwehrauto stehen, mit Webadresse drauf: www.project-asia.com – es ist immer wieder interessant, welche Menschen, aus welchen Gründen längere Zeit verreisen… Meine Reise ist anders, ich bilde mich fort – nicht nur sprachentechnisch, sondern habe heute Vormittag etliche podcasts zum Thema Softwarearchitektur heruntergeladen – in einem entspannten Augenblick versuche ich diesen zu lauschen. Nach einer notdürftigen Reparatur eines Antennenkabels war ich gestern in der Lage, aus 200 Kanälen Schnee Deutsche Welle TV in rauschhafter Pracht hervorzuzaubern und der Diskussion bei Anne Will zu folgen, ob unser Staat denn nun ein niederträchtiger Hehler ist, wenn er die DatenCDs mit den Steuerverbrechern kauft oder nicht. Über staatlich geförderten Datendiebstahl ereiferten sich Anlage- und Managmentberater, stillschweigend wurde versucht Ursache und Wirkung zu verdrehen, denn die „entwendeten“ Daten gehören den Steuerbehörden, wurden ihnen vorenthalten. Es ist ärgerlich, dass der Staat Millionen an eine dubiose Person zahlen muss, um die Daten zu erhalten, und hoffentlich werden diese Kosten mit fettem Aufschlag von den dadurch geschnappten Steuerbetrügern eingezogen. Die betrogene Bank möge sich am hinterlistigen Datenverkäufer schadlos halten. Aber wer weiß, womöglich wurden auch reale, unverfälschte „Test-„Daten einem externen Dienstleister zur Verfügung gestellt. Damit haben ja auch Deutsche Unternehmen in der letzten Zeit Erfahrungen mit breitem Medienecho gemacht… Wenn zeitgleich ein Liechtensteiner Gericht, wegen Steuerhinterziehung verknackten Deutschen eine Entschädigung in Millionenhöhe zuspricht, weil die Bank nicht davor gewarnt hat, dass ihr illegales Treiben aufgrund von Datendiebstahl auffliegen könnte, dann entbehrt dies nicht gerade einer gewissen Ironie…Irgendeiner der Diskussionsteilnehmer bei Anne Will forderte die straffreie Selbstanzeigeregelung und somit das Nullsummenspiel bei Steuerhinterziehung abzuschaffen. Wenn alternativ in Zukunft Schweizer oder Liechtensteiner Banken die Strafbescheide begleichen – soll man da nun lachen oder weinen? Heute ist das zentrale Thema, dass Deutschland nun offiziell nicht mehr Exportweltmeister ist, sondern China, mein emerging target market. Zu fliegen bedeutet für mich auch immer Taschen umpacken, insbesondere wenn man, wie ich (gewichtstechnisch) am Limit reist. Taschenmesser, Insektenspray und Sonnencreme raus aus dem Handgepäck und schwere Reiseführer und alle Technik rein. Schwere Wanderschuhe an die Füße, Jeanshose an – Moment was sagt der Wetterbericht? Uhoh 31 Grad in Hanoi? – ok dann Jeanshose doch nicht an. Wieviel Kilogramm zuviel werden es wohl diesmal sein? Momentanes Wetter in Qingdao: exakt wie daheim, knapp unter Null Grad und Schnee, jedoch gefühlte minus Dreizehn – brrr! Aber es sind ja noch knapp drei Wochen, in denen Kälteschock auf weniger als Fünfzig Grad absinken kann…
Mit dem TukTuk ging es vom Gasthaus in Vientiane zum Flughafen, dort hieß es erst einmal warten, dann warten und halt: immer noch zu schnell, langsamer warten; doch irgendwann hob die Maschine mit mir an Bord ab und ich trank mein vorerst letztes Laobeer über den Wolken. Statt Kaffee. Denn den gab es nicht zum Croissant und Küchelchen. Passte nicht wirklich das Bier, aber das Leben ist halt nicht immer wie eine Pralinenschachtel, nicht wahr? Mit fast zweistündiger Verspätung trat ich dann in Hanoi in den Ankunftsbereich und da stand tatsächlich jemand mit einem Schild Mr. Rolf. Der Nachname sah meinem ähnlich, also gab ich mich zu erkennen. Es ging dann in einem nagelneuen Toyota vom Flughafen in die Altstadt. Luxus. Je näher wir unserem Ziel kamen, umso mehr Orangenbäumchen und Pfirsichblütengebinde begleiteten uns auf Rollern. Es sah zum Teil wirklich so aus, als würden die Bäumchen fahren, ließen sich die eigentlichen Rollerpiloten nur irgendwo im Geäst erahnen. Dann Ankunft im vorgebuchten Hotel, alles rennet rettet flüchtet, „we have a problem with the single rooms, we can make you a reservation in another hotel…“, HÄH? Hatte ich die Reservierung doch noch vor drei Tagen nochmals rückbestätigt!, „ok we have room, follow me“, nun doch?, das Zimmer erster Stock, über dem Foyer, Tür auf, Tür zu, „oh my god“ entschlüpft es dem Guten, DAS Zimmer war wohl nicht gemacht, „can you give me thirty minutes?“ Wo wäre denn das Fenster? View Deluxe Room war immerhin meine Buchung, „oh, all single rooms have no window, if you want to stay here with window, we can make you a reservation in another hotel…“ Hatten wir doch eben schon mal? But how can you confirm me a nonexisting room reservation? I can show you your email!?! Uhoh, Problem, das Zimmer vewüstet, grimmiger Falang…Telefonieren…“Ok, follow me“ Zwei Etagen höher: „You can have double room, with window, same price“ Das Fenster mickrig, view deluxe, Balkon??? aber immerhin, es sieht ganz ok aus, erst mal frisch machen, denn es ist verdammt schwül, die Minibar tuckert wie ein Lastkahn auf dem Rhein, im Inneren ein eisiger Monolith, ich ziehe den Stecker. Es gibt tatsächlich WLAN, laut Bick auf Hotelwebsite scheint es ein deluxe Zimmer zu sein, beinahe wie gebucht, den dort angepriesenen Früchtekorb, Wasser, Tee- und Kaffeekochmöglichkeit, sowie Schließfach gibt es nur in einem Paralleluniversum, ich mach dann mal ein paar Überraschungsanrufe daheim und dann stürze ich mich ins Rollergetümmel draußen auf der Suche nach einem Millionenspender und einer Essensausgabe. Nach drei Wochen laotischer Gemütlichkeit macht es den Eindruck, ich wurde in eine andere Zeit katapultiert; ein Eindruck, der sich am nächsten Morgen noch verstärken sollte. Ich werde recht bald zum Dong-Millionär und dann stolpere ich über eine Speisekarte mit fried balsam apple with beef. Man zeigt mir ein grünes Gemüse, eine Kreuzung aus unreifer Kastanie und Gurke. Bitter soll sie schmecken, und das tut sie auch, ein Bier wird frisch geschöpft (mittels Plastikschüssel in einen Krug) und eine Handvoll Klebreis aus dem Kühlschrank wird warm gemacht – insgesamt die Erfahrung, das es manchmal besser ist, nicht sehen zu müssen, wie das Essen zubereitet wird. (Habe grad mal nachgeschlagen, was für ein ungenießbares Früchtchen ich da – nur teilteilweise – verspeist habe: Momordica balsamina, wurde als Heilpflanze bei Wunden eingesetzt, ah: Einsatz gegen Verdauungsprobleme… oh: Wirksamkeit nicht nachgewiesen… Geschmack: Definitv kein zweites Mal…) Halbwegs satt laufe ich durch die Straßen, vorbei an Roller-drive-in-Wühltischen: die Klamotten liegen in einem Haufen auf dem Bürgersteig und vom Roller aus wird von jungen Damen über den Lenker hinweg wird mit laufendem Motor daraus herausgezupft und untersucht – bloß nicht absteigen und nicht die halbe Straße verstopfen! Dann noch über den Nachtmarkt, ein Riesentrubel, viel Neujahrsbedarf und Kleidung für junge Asiaten. Nichts für mich. Das Frühstücksbuffet im winzigen Dachrestaurant ist gut, mit kräftigem Kaffee mit einem Hauch von Vanillearoma. Der Wäscheservice im Hotel scheint mir Fünfsternepreise zu haben, ich will meine Schmutzwäsche deshalb selber in einer Reinigung abgeben – ich hatte eine am Nachtmarkt gesehen. Doch ich finde sie bei brütender Hitze nicht wieder, eine andere Laundry Laudry, ist nicht was sie zu sein vorgibt; nach über einer Stunde gebe ich mich von Wärme und lautem Gehüpe geschlagen und gebe meine Wäsche doch an der Rezeption ab. Nebenan ist ein Frisersalon. Was kostet das Haareschneiden? Was? Ist ja teurer als daheim in Deutschland! Nein danke und tschüss. Wie ein Sektkorken aus der Flasche werde ich vom Hüperschall aus der Altstadt ins französische Viertel gedrückt, einseitig beinahe ertaubt. Erholsame Stille. Ich weiß nicht, was die Hanoianer veranlasst umso mehr zu hupen, je schmaler die Straßen sind. Einige verwechseln ihren Roller wohl mit einem Raumschiff in einem Videospiel und den Hupentaster mit dem Feuerknopf; wobei es gilt so viele gegnerische Raumschiffe wie möglich wegzupusten. Hierzu haben einige ihre Hupen technisch modifiziert, um mit einem Druck ein Stakkato von Huptönen abfeuern zu können, ein Dauerfeuerschalter wie an Joysticks, schont den Daumen vor Überlastung. Doch Nichts und Niemand schont das Gehör, für manche Hupen bräuchten die Betreiber einen Waffenschein – Schallkanone ist ein passenderer Ausdruck als Hupe. Neben der Kathedrale setze ich mich in ein herrlich stilles Straßencafe und genieße einen Mixed-Shake. Dieser schmeckt gut, hat aber eine eigenartig cremige Konsistenz, wie dicker Tapetenkleister – es hat den Anschein, man hätte ebenfalls eine Origamifrucht püriert. Auch nach Minuten behält er seine Form. Die neue Nebenfrau von Herr Wu betritt meine literarische Bühne und es ist High Noon, als ich erneut aufbreche. Von ihrem Lonely Planet geleitet sehe ich einige Touristen in schmalen Hauseingängen verschwinden – ein genauerer Blick offenbart die Cafes im ersten Stockwerk, doch für einen Kaffee ist es einfach viel zu heiß. Wie einladend klingt da doch Abbas „Happy new year“, wenngleich etwas verzerrt: ein Elektro-Shoppingtempel hat seine Pforten weit geöffnet. Inklusive Palettenausgabe am Roller-Drive-In. Es gibt alles was das moderne Konsumherz begehrt: Notebooks, Digitalkameras, Waschmaschinen, Klimaanlagen und Flachbildschirme. Mein Favorit: der knapp Sechzig Zoll große Full HD Bildschirm für Zweiundfünzig Millionen Dong. Hier kann man Konsummäßig klotzen statt kleckern – die Kreditabteilung erstreckt sich über die gesamte Breite des Geschäfts, willkommen in der Neuzeit… An einem Straßenrestaurant nehme ich Platz, frage nach einem kalten Bier. Aber sicher, sagt der Kellner, kommt einige Zeit später mit einem Glas und einem Kübel voller Eiswürfeln und einer handwarmen Flasche Bier zurück. Was meint der Scherzkeks denn, wieviel Eis man braucht, um dieses Bier auf Trinktemperatur zu kühlen? Nach Wasser mit Biergeschmack stand mir nicht gerade der Sinn… „If you can wait, I put it in the fridge“ lautet die Antwort auf meine Frage nach einer kalten Bierflasche. Dann eben nicht, die Flasche ist ja noch zu, und ich hoffe ich verhalte mich nicht wie ein Kolonialherr, wenn ich die Bemühungen des Restaurants nur durch meine Abwesenheit zu würdigen weiß. In einem anderen einheimischen Hinterhof komme ich zu spät: der Betreiber konstatiert einen bereits durch andere durstige Kehlen geplünderten Kühlschrank und auf seine vorsichtige Anfrage „With ice?“ erwartet er nicht wirklich eine zustimmende Antwort. Auf in den Bahnhof. Dort soll man Zugtickets auch von anderen Startbahnhöfen, fürs ganze Land kaufen können. Erscheint mir ratsam, wo doch rund ums Neujahrsfest halb Vietnam auf den Füßen und durch die Lande ziehen soll. Vor den Schaltern kann man Nummern ziehen, ich drücke den Knopf Bookings und erhalte die 2547. An einem Schalter leuchtet 2541, ich setze mich ordentlich auf eine der Wartebänke. Neben mir lässt sich ein Mann in den Metallsessel plumpsen und hämmert seinen Hinterkopf auf die Lehne. Hmm? Laut Reiseführer sollen Vietnamesen die Preußen Asiens sein, auch ein Jugendlicher zieht eine Nummer und wartet, aber ansonsten scheinen die Menschen von Systematik nichts zu halten und drängen sich vor den winzigen Schalterfenstern aneinander. Die angezeigten Nummern verändern sich auch nach Minuten nicht im geringsten und einige Schalter weisen trotz Bedienung die Ziffer Viermalbindestrich auf. Ich stelle mich auch vor den Schalter, lege jedoch Wert auf gewissen körperlichen Abstand, mag mich gerade nicht an wildfremde Menschen kuscheln. Ist der Abstand jedoch zu groß, fühlt sich der Ein oder Andere dazu animiert davorzukuscheln. Vielleicht ist es auch eine große zusammengehörige Reisegruppe, mir kommen gewisse Zweifel, ob ich in endlicher Zeit zum Schalter vordringen werde und wie es mir dann erst in China ergehen wird, wenn bereits die ordentlichen Preußen dermaßen drängeln? Endlich am Schalter angelangt, versteht man mich nicht, oder kann man mir nicht helfen. Erst auf Nachfrage, wo man mir denn helfen könnte, verweist die Dame auf Schalter Sechs oder Sieben. Wer nicht fragt stirbt dumm. Am Schalter Sieben dringe ich schneller zu der Angestellten vor, umringt von einem Pulk Vietnamesen, ich komme bis zum „Softseat“ und dann ist Geldzählen angesagt. Geschlagene zehn Minuten wandern die Millionen in die Hände der Vorgesetzten, da kann man nichts machen, aber interessant ist es. Wo waren wir? Ahja Softseat, Aircondition Saigon – Nha trang 12:20 in einer Woche – es gelingt und für umgerechnet zehn US Dollar halte ich ein Ticket in Händen. Hinter dem Bahnhof erstehe ich eine Vinaphone SIM Karte für 65000 Dong mit vermutlich 50000 Dong Guthaben. Aktivierung? Servicenummern? Null Info, der Shopverkäufer spricht kein Englisch, jegliche Beschriftung ist auf Vietnamesisch, aber der Wählknochen akzeptiert die Karte, hat Netz. Berauscht von meinen Erfolgen frage ich in einem Friseurgeschäft einen Block weiter nach dem Preis für einen Haarschnitt – hier kostet es nur ein Drittel von heute morgen, ich nehme auf einem Stuhl Platz. Mein Erscheinen sorgt für Belustigung – solch güldene Haarpracht scheint hier nur selten unters Messer zu kommen. Ein junges Mädchen fängt an zu schneiden, dann kritische Kommentare, sorgenvolle Gesichter, was ist nur an meinem Hinterkopf geschehen? Nach ei***** Zeit bin ich fertig frisiert, zum Schluß nochmals Spannung mit dem Nacken ausrasieren, immerhin es wird eine neue Rasierklinge eingelegt, ist ja immer so eine Sache mit Messern und Nadeln zwischen mehreren Menschen. Es hätte kürzer sein können, aber ich will mein Glück besser nicht überstrapazieren, streiche mir beim Aufstehen durch den Pony, um die losen Haare zu entfernen. Entsetzte Gesichter!? „You can have it cut shorter, if you want to?“ heißt es. Will ich? Ich will wohl, werde in den Frisierstuhl zurückgeleitet und nun legt die Chefin grummelnd Hand an, Schnippschnappschnipp gehen noch ein paar Ecken und Kanten flöten, dann darf ich frisch frisiert um 100.000 Dong ärmer das Geschäft verlassen. Ich bin am Literaturtempel, ein Friseur an der umgebenden Mauer bietet mir seine Dienste an – Hoppla!? Vielleicht doch keine gute Idee mit dem Friseurbesuch gewesen? Die Eintrittsgebühr ist schnell beglichen und ich betrete die immerhin fast Tausend Jahre alte Anlage, die zu Ehren von Konfuzius errichtet wurde. Für immerhin beinahe Tausend Jahre war Vietnam Bestandteil des chinesischen Reiches, bis die Vietnamesen nicht mehr wollten und die Chinesen mit Hilfe einer Schildkröte vertrieben haben. Eine sehenswerte, ruhige Anlage. Am See des zurückgegebenen Schwertes (hier soll die legendäre Schidlkröte gehaust haben) gelingt es mir dann endlich ein kaltes, frisch gezapftes Bier zu trinken und dem Hause Wu erneut beizuwohnen. Zum Abschluß erneutes Durchmogeln unter Hüperschall, immer in Bewegung bleiben – wer zögert, gar anhält wird umgefahren, auch auf dem Gehweg. Ich gelange zu einem Pho24: der Filiale einer Nudelsuppenkette. Sieht gemütlicher aus, als die Straßenrestaurants der Altstadt und riecht auch besser. Ich bestelle mein Nudelsüppchen, verweigere mich jedoch den „spink-ohls“ Ah: spring rolls – Flühlingslollen! 🙂 Als Neujahrsaktion gibt es kandierten Ingwer und Kaugummis zum Essen gratis. Ein serviertes Erfrischungstuch kostet jedoch extra, wie ich der Rechnung entnehme. Heute Morgen ist es stark bewölkt und ziemlich windig – die Temperatur ist um knapp fünfzehn Grad gefallen, da braucht es fast ein Jäckchen! Auf zu Onkel Ho! Auf dem Weg zum Mausoleum von Onkel Ho komme ich an einem recht unauffälligen Eingang vorüber und stutze – eine Hausbrauerei? Pilsener? Es dringt Lärm aus der Tür, zu sehen ist nichts, also betrete ich das Lokal Goldmalt. Erdgeschoss ist bis auf den letzten Platz belegt. Erst in der dritten Etage finde ich einen Platz einem Holztisch unter einem Pilsener Urquell Plakat. Die weitere Dekoration besteht aus Risszeichnungen mit Erläuterungen (auf Tschechisch) von Karlsbrücke, Karlsdom und Opernhaus. Ich habe den Rucksack nur zehn Sekunden abgestellt, da steht vor mir bereits ein Glas Bier. Für mich? Habe doch noch überhaupt nichts bestellt? Egal, ich probiere, es schmeckt grossartig! Das Lokal füllt sich bis auf den letzten Stuhl. Unter Schwierigkeiten gelange ich an eine Karte und entdecke unter anderem tschechische und deutsche Gerichte. Warum nicht, ich nehme Fried pork slice with sauce (czech style) an fried pork something (german style) traue ich mich nicht heran, ich fürchte dann eine Ladung Innereien zu bestellen. Ich erhalte ein Schweineschnitzel, in Eigelb und Sesam frittiert und in Stäbchenfreundliche Stückchen geschnitten, dazu eine Schale süßer Chilisauce mit einem Klecks Senf drin. Ich bezweifle die europäische Authentizität des Gerichtes, aber das Fleisch ist wunderbar zart und es schmeckt wunderbar – werde ich mir daheim auch mal servieren! Die Brauerei ist eine nette Hinterlassenschaft des ehemals kommunistischen Bruderstaates. Onkel Ho ist heute nicht zu sprechen – Montags und Freitags geschlossen, ich laufe über Paradestrassen und am Präsidentenplast vorbei bis an den Westsee weiter, mich irritieren ein paar Rollen Stacheldraht vorm Ufer, aber es ist ja offen, ich gehe an einem Armeezelt vorüber, es wird hektisch gewunken und gerufen, ich möge wohl verschwinden. Wo bin ich denn da hineingeraten? Bevor ich als Klassenfeind erschossen werden kann, bin ich auch schon wieder fort, tümmle mich dann durch Botanischen Garten am ollen Lenin vorüber und gerate in ein Gespräch mit einem Motorradtaxifahrer, der einundzwanzig Jahre in Stuttgart gelebt hat (ist seiner Meinung nach größer als Hanoi). Auf dem weiteren Weg kehre ich nochmals bei Goldmalt ein, ich muss doch auch die anderen Biersorten probieren! Davon gibt es derzeit allerdings nur eine: ein Dunkelbier. Pilsener Art schmeckte mir erheblich besser. Am Abend betrete ich erneut von jeglicher Ahnung befreit ein Lokal. Den Eingang könnte man auch für eine Garage halten, aber ich hatte den Vortag Leute in den oberen Etagen sitzen gesehen. Beim Betreten fragt man mich mehrfach „Tigerbeer? Tigerbeer?“ aber ich will doch etwas essen, B ier hatte ich ja bereits. Ich werde die Treppen weiter hochschickt und finde schließlich einen Sitzplatz. Ich bestelle gegrillte Ziegenbrust. Hat nur einen Haken, wie mir eine Familie am Nebentisch erläutert: ich muß selber grillen. Das Ziegenfleisch ist sehr fettig, beinahe wie Schweineschwarte. Zum Grillen wird mir ein Eimer Holzkohle in den Tisch gehängt und ein kleiner Rost darauf gelegt. Ich habe meine umständlichen fünf Minuten (Stäbchentechnisch), so werde ich beinahe durchgängig von der jungen Kellnerin begrillt. Es ist bewunderswert mit welch schneller Eleganz sie die Fleischstücken auf den Rost wirft, wendet und gegart beiseite legt. Die gebratenen Fleischstückchen taucht man vor dem Verzehr in Kondensmilch und Ingwerscheiben. Die Familie am Nebentisch bringt mir ein gefülltes Schnapsgläschen und möchte mit mir aufs neue Jahr anstossen. Den aufgesetzten Schnaps (ebenfalls mit Ziege??) kann ich unmöglich zurückweisen, das wäre sehr unhöflich von mir – brrrr, es schüttelt mich. Auf die Rechnung wird am Ende zwanzig Prozent Tet-Steuer draufgeschlagen. Insgesamt eine weitere interessante gastronomische Erfahrung, aber ich bin kein Ziegenfleisch-Fan geworden. Da bleibe ich doch lieber bei einer guten Pho Ga – Hühnernudelsuppe in einer Garküche, die ich mir am Spätnachmittag gönne. Gegen mittag war ich am Opernhaus in ein Paris-Deli eingekehrt und gönnte mir je ein Stückchen Blackforest und Mangocream-Torte zu kräftigem Vietnamkaffee, der beinahe rauchig und nach einer Spur Benzin schmeckt. Hört sich seltsam an, ist aber sehr gut! In einem Geschäft entdecke ich vietnamesischen Rotwein Vang Dalat, die Flasche für 1,50Euro, den muß ich mal probieren. Trinkbar, aber in der halbtrockenen Variante eine Spur zu süß für mich – kann sich morgen der Roomservice über eine fast volle Flasche Rotwein zu Neujahr freuen. Weil es so gut geklappt hat mit dem Bahnticketkauf, besorge ich mir bereits eine Schlafwagenkarte ab Nha Trang nach Da Nang- so ist mir ein Platz in einem unteren Bett sicher. Ich bin noch nie in einem Schlafwagen gereist – eine weitere Premiere. Kostet für die knapp 600km etwa 13Euro. Habe den gewünschten Zug und die Ortsnamen vorher auf einen Zettel geschrieben, da ging es ratzfatz. Es war nur noch ein „Not-„schalter besetzt, der anstehende Jahreswechsel macht sich bemerkbar: fast alle Geschäfte schließen, es wird noch schnell der Schmutz des alten Jahres weggewischt und weggewaschen und um Mitternacht gibt es großes Feuerwerk am See. Darum auch die Stacheldrahtabsperrungen des Militärs. Happy new year Gegen Elf breche ich auf an den See. Unmengen von Menschen sind unterwegs, strömen an die Ufer, um das kommende Feuerwerk zu betrachten. Die meisten sind jung und kleiner als ich, so dass ich keine Probleme habe, mir einen geeigneten Platz in der zweiten Reihe zu sichern. Zum zweiten Male während meiner Reise habe ich die Gelegenheit Neujahr zu feiern, diesesmal jedoch authentischer als am Strand in Myanmar. Zwar bin ich nicht von hier, es hindert jedoch keine Absperrung die Einheimischen daran, mich in ihre Mitte zu nehmen. Könnte natürlich auch daran liegen, dass ich ein Schirmträger bin, es kühl ist und feiner Nieselregen alles und jeden aufweicht. Ein paar der Jungs rücken mir ziemlich dicht auf die Pelle, nicht dass mir dadurch kuschelig warm würde, nein die sind bereits völlig durchgefroren und saugen mir förmlich die Wärme aus der Schulter. Um 23:59 wird der Schirm eingeklappt und 00:01 beginnt das Feuerwerk. Leider sorgt das diesige Wetter dafür, dass man das ordentliche Feuerwerk in all seiner Pracht mehr erahnen als sehen kann. Vielleicht sorgt die Feuchtigkeit auch dafür, dass der Schall besser geleitet wird, doch glaube ich auch, dass hierzulande Feuerwerkskörper mit deutlich mehr Wumms eingesetzt werden als bei uns. Ab und an fallen die zerfetzten Reste der Knallkörper vom Himmel. Ich muss bei dem Gedonner der Explosionen daran denken, dass einige der älteren Bewohner sich dadurch bestimmt an den Bombenhagel erinnern werden, der sie in die Steinzeit zurückbefördern sollte. Um 00:15 ist das Feuerwerk vorüber, es gibt nochmal Beifall und dann stürmen gefühlte Achtundzwanzig Millionen Menschen und Zehn Millionen Roller los. Und selbst bei Nacht, im Nieselregen und unübersichtlichem Gedränge auf glatter Fahrbahn finden sich Tiefflieger, die während der Fahrt unbedingt eine SMS tippen müssen. Das geht nicht immer gut… Mein Taxishuttle zum Flughafen scheint ein rares Gut zu sein, oder aber es soll die Gelegenheit genutzt werden durch weitere Passagiere – ein russisches Päarchen – ein Zusatzgeschäft zu machen – mal sehen, welchen Preis ich nachher zu berappen habe – an sich sollte es billiger für mich werden. Vorhin habe ich online auch bereits einen weiteren Flug von Hue zurück nach Hanoi gebucht – ich erspare mir dadurch eine knapp Dreizehnstündige Zugfahrt für etwa Zwanzig Euro mehr. Ich bin allerdings zuerst grandios am supersicheren Mastercard Securecode gescheitert, für den man ein weiteres Kennwort bei Bezahlung eingeben muss. Passwort nicht akzeptiert, Karte für Onlineverwendung gesperrt – prima. Der einzige der von diesem System profitiert ist Mastercard, weil es den Missbrauch von Dritten erschwert. Für mich als Kartennutzer bedeutet es nur Zusatzaufwand oder wie in diesem Falle Probleme. Ich bin gezwungen per Skype eine (immerhin kostenlose) Nummer auf der Kreditkarte anzurufen, damit diese nach dem Wochenende reaktiviert werden kann. Überhaupt habe ich vorhin mit Verwandten und Bekannten geskypt und es hat prima für ein paar Cent geklappt.
Ein zu dreivierteln leerer Jumbojet bringt mich nach Ho Chi Min City, auch bekannt als Saigon, zarte 35Grad Celsius umschmeicheln beim Verlassen des Flughafengebäudes. Das polnische Päarchen flog ebenfalls hierhin, so konnten wir uns beide Taxifahrten teilen. Die beiden reisen mit leichtem Gepäck, etwas unfreiwillig, da einer ihrer Rucksäcke in Bangkok durch einen anderen Reisenden abhanden gekommen ist. Ansonsten erscheint mir ihr Reiseprogramm als Stress pur: Drei Länder in drei Wochen, nur eine Nacht hier in der Stadt und dann geht es auch schon wieder weiter nach Kambodscha…ich habe vier Nächte eingeplant, von mir dabei unberücksichtigt war jedoch das Tetfest. Die anhaltenden Feierlichkeiten sind dafür verantwortlich, dass viele Geschäfte und Einrichtungen für mehrere Tage geschlossen sind. Dennoch „brummt“ die Stadt vor Verkehr und Leben. Am späten Nachmittag mache ich auf eine kurze Erkundungstour, immer wieder mit Abbas „Happy new year“ im Ohr. Mein Hotel liegt genau auf einer der Haupttouristenstraßen voller Gasthäuser, Bars, Restaurants und Touranbietern, die Wahl eines Businesshostels offenbart sich als gute, ruhige und komfortable Entscheidung. Globalisierung verrührt alle Kontinente über die Häuserzeilen, manche Restaurants haben 500 Gerichte aus allen Herren Länder auf der Speisekarte – kulinarische Mitbringsel von heimgekehrten Vietnamesen oder Anbiederung an die Touristen? Ich werde niemals die Zeit und Freesslust haben, dies gründlich auszutesten. Bei einem Pineapplejoghurtshake beobachte ich das Treiben auf den Strassen und habe mich schon beinahe für ein Pizza morgen entschieden. Denn heute hatte ich wieder eine authentische Pho Bo (Rindernudelsuppe) in der „All“-Variante, was bedeutete, dass so einiges vom Rindviech mit in die Schüssel gewandert ist, von dem ich nicht wirklich wissen will, was genau. Drei Brocken reinsten Glibbers habe ich dankend abräumen lassen. Auch eine Pizza ist authentisch, denn ich bin mir absolut sicher, dass die Menschen in der breiten Masse nicht aus Überzeugung einfache Mahlzeiten zu sich nehmen, sondern weil gutes und ausgefallenes Essen mehr Geld kostet! Genauso wie bei uns mit wachsendem Wohlstand der Türke, Grieche, Italiener oder Chinese häufiger frequentiert wurde, statt immer nur Kartoffel- oder Kohlsuppe zu löffeln, erweitern die wohlhabenderen Menschen hier ebenfalls ihre Speisekarte. Dem verächtlichen Auspruch eines „Globetrotters“ wie man bloß in Asien Spaghetti essen könne kann ich nichts abgewinnen. Wer hat denn die Nudeln erfunden? Na? Mich reizt Saigon-Homemade-Pasta oder Pizza. Ansonsten werde ich hier noch ganz „struwelig“ und brummele vor mich hin: „Nein, meine Suppe ess ich nicht!“ Besuche in Kriegsmuseen sind immer eine zwiespältige Sache – einerseits ist gezeigte Technik bombastisch, andererseits möchte man nicht in allen Details die Resultate des Einsatzes von perfektionierten Tötungsutensilien sehen. Die schlechte Qualität vieler Fotographien, erspart Menschenunwürdige Behandlungen in allen Details erkennen zu können; durch Agent Orange missgestaltete Föten werden in einem durch Kondensation fast sichtblinden Behältnis ausgestellt. Im Zeitalter der Plastinierung ganzer Körperwelten medizinischer Besonderheiten und Zerstümmelungszenen im Kino in HD-Qualität kann diese Dokumentation bitterer Realität nur mehr Scheitern. Es stimmt nachdenklich manche Zitate zum Vietnamkrieg zu lesen und darin auch heute noch aktuelle Begründungen vorzufinden – nur dass es mittlerweile um die gerechte Sache am Hindukusch geht. Wird es in Afghanistan in Zukunft ebenfalls ein Museum geben, werden darin Schautafeln zu finden sein, auf denen geschrieben steht, „Danke das ihr uns freigebombt habt“??? Kann man wirklich nicht vergleichen? Auf meinem weiteren Trip durch die Stadt werde ich auch von einer Vietnamesin – An – angesprochen, die mir nichts verkaufen will. Gerade in dem Moment, als ich darüber zu sinnieren begann, ob es mir als Hoteltourist möglich ist, Land und Kultur kennenzulernen.Wir kommen ins Gespräch und bei einem Schneiders Weisse Hefeweizen (zu einem auch für Deutschland hohen Preis), ist dann sogar die Sonne untergegangen. Ich bin für morgen früh zur Teilnahme an einem Tet-Familienfest herzlich eingeladen, und da auch ihre Schwester aus China diese Woche zu Besuch wäre, sei dies dies doch für meinen Besuch in Beijing und Shanghai eine gute Gelegenheit. Was bringt man zu solch einer Gelegenheit als Geschenk mit? Eine Torte und eine Flasche Wein? Den Abend beschliesse ich wie überlegt mit einer Pizza Tonno et Cipolla – etwas wenig Fisch vielleicht, aber definitiv in recht ordentlicher Qualität. Unter Geiern Die Teilnahme am Tet-Familienfest verlief unerwartet. Ich traf mich mit An zur verabredeten Zeit in einer Filiale von Highlands Coffee und dann ging es mit dem Taxi los. Auch aufgrund unserer Unterhaltung während der Fahrt war es mir nicht möglich, dem Verlauf der Fahrt zu folgen, aber die grobe Richtung sagte mir schon, dass wir nicht nach Distrikt 3 unterwegs waren, sondern nach Nordwesten. Das Taxi verschwand in einem Labyrinth von Gassen und ab und an erfolgten Links Rechts, Links-Kommandos, bis wir anhielten und 100000 Dong für das Taxi zahlten. Ein hohes blaues Stahltor verschluckte uns und wir betraten ein unscheinbares Haus. Die Schwester wäre bis zum Nachmittag auf Mekongdeltatour, die Familie stellte sich als Bruder oder Schwager heraus (undeutliches Englisch-Problem, aber ich meine ein in law hinter dem brother vernommen zu haben). An zog sich zurück und der Schwager unterhielt sich mit mir. Er würde in einem Hotelcasino als Kartengeber arbeiten. Dann aßen wir zusammen, Reis mit Fisch und Gemüse und ich überreichte die als Geschenk mitgebrachte Flasche Wein. Mir wurde daraufhin eine gleichartige Flasche aus dem Kühlschrank präsentiert, regelrecht unter die Nase gerieben, die wohl ein anderer Gast mitgebracht hatte. Nach dem Essen wollte mir der Schwager seine Technik des Kartenspieles zeigen, wozu wir in sein Zimmer im Hinterhaus gingen. An wollte einen grünen Tee bereiten, den sie dann bringen würde. Ein wenig skeptisch war ich schon, warum wir die Sitzgruppe im Eingangsbereich verließen und wir tief ins Innere gehen mussten. Dort wurde mir ein Klappstuhl vor einem mit einer Plüschdecke bedeckten Klapptisch zugewiesen. Ohne Scheiß, ich habe so weit es mir unauffällig möglich war unter den Tisch gefühlt, weil mir die Situation alles andere als geheuer war, und ich wirklich daran denken musste, dass der Tisch eine Falle darstellte. Was kann schon passieren? Ich könnte mein mitgebrachtes Hab und Gut verlieren, doch dann fiel mir ein, dass ich nicht wie zuvor überlegt die Kreditkarte im Hotel gelassen hatte. Ich könnte also durchaus zur Herausgabe der Geheimnummer gefoltert werden und nie wieder lebendig auftauchen. Wie man es auch in Bolivien mit Rucksackreisenden gemacht hat. Dumm gelaufen, aber Paranoia hilft auch nicht und so etwas hat man von Vietnam bisher nicht gehört, oder? Ich setze mich. Mir werden die Regeln des Blackjack Schritt für Schritt erläutert, die Technik, den Verlust beim Spiel zu vermeiden stellte sich Schritt um Schritt als Betrug heraus. Der feine Kartengeber würde mir kurz die oben auf liegende Karte zeigen und durch andeuten mit den Fingern einer Hand, welchen Wert die verdeckte Karte der Bank hätte. Mit diesen Informationen wäre es somit beinahe unmöglich zu verlieren. Zu Beginn sollte in mir wohl die Gier geweckt werden, dass bei solchen privaten Blackjackspielen außerhalb der Kasinos die Geschäftsleute durchaus Hunderttausende US Dollar verzocken würden. Ganz diskret alles, keine Kameras, denn wer würde sch on Geschäfte mit Jemand machen, von dem man weiß, dass er große Summen beim Glückspiel einsetzt? Genau. Und es wären auch Spiele mit Leuten, die Geld wie Wasser lassen würden. Der Kartengeber wäre auch nicht direkt beteiligt, da er nur Vermittler zwischen zwei Spielern wäre, von denen einer (der abzuzockende) die Bank übernehmen würde. Der Schwager hätte die Kontakte zu Spielern und die Möglichkeit und Vertrauensposition solche Spiele zu organsieeren, aber er suche noch einen Partner. Hier käme ich sozusagen ins Spiel, als ein Programmierer hätte ich ja leicht das System erlernen können, inklusive zu gebender „Protection“, dass eine gezogene Karten mit den bereits gehaltenen Karten verdeckt vermischt wird, damit später nicht nachvollziehbar ist, ob die letzte Karte zu einem Gewinn geführt hatte. Plötzlich lagen bereits 200 Dollar auf dem Tisch, die er gestern als Provision erhalten hätte und gleich käme jemand, ich möge doch behaupten, es handele sich um mein Geld und ich ließe An damit spielen. Denn dass An als Local mal eben so 200 Dollar beim Blackjack einsetzen könnte, würde man ihr nicht abnehmen, einem vertrauenswürdig aussehenden, mutmaßlich reichen Weißbrot wie mir jedoch durchaus. Ich müsse nicht spielen, nur beobachten. Mit anderen Worten, ich müsse mich nur dafür hergeben, jemand anderen in die Falle zu locken. Aber vielleicht wäre ich auch der Betrogene geworden, ohne Möglichkeit sich zu beschweren, denn es gibt kein Schutzrecht vor Betrug für Betrüger. Wie kommt man aus so einer Nummer wieder heraus, ohne den berühmten Gesichtsverlust? Wie kommt man unbehelligt aus so einem Hinterzimmer wieder heraus? Ein Prinzipientreuer Mensch, der das Glückspiel um Geld generell ablehnt, macht niemanden den Vorwurf betrügerische Absichten zu haben, sondern der spielt einfach nicht. Es ging hier ja nicht darum, dass jeder Spieler fünf Euro in einen Topf schmeißt, der dann zwischen den Gewinnern aufgeteilt wird. Es brach ein intensiver Diskurs auf Vietnamesisch zwischen dem Schwager und An aus, der Schwager müsste, wie er vorher erwähnt hatte zur Arbeit, doch gehen musste ich. Ich wurde – so schnell wie noch nie in meinem Leben! – innerhalb von fünfundvierzig Sekunden aus dem Haus bis ans Tor komplimentiert und dort wartete dann auch ein Verwandter Motorradtaxifahrer, mit dem ich doch schnell fahren solle, und nicht laufen wie vorgschlagen, denn ein Weißer hier in den Straßen würde doch suspekt sein und außerdem wäre es viel zu weit. Um fünf Uhr Nachmittag würden wir uns dann im Cafe mit ihrer Schwester (der aus China) treffen. Aber klar doch. Ist ja Tet und so blöd bin ich zweimal am Tag… Ich glaube ja, es sollte bloß vermieden werden, dass ich den genauen Ort dieses Räubernestes mir merken könnte. Ich verkniff mir die Versuchung mein GPS anzuschalten, und mein Glück zu überstrapazieren. Der feine „Verwandte“ wollte mir während der Fahrt Massage bei einer very beautiful woman anbieten, oder auch eine Rundfahrt durch die Stadt. Dabei ignorierte er wie so viele andere Motorradfahrer hier jegliche Verkehrsregeln und -lichtanlagen, so dass ich deswegen um ein Haar unter einen Bus geraten wäre. An der Kathedrale bat ich ihn anzuhalten und dann will dieses dreiste Früchtchen auch noch glatt Fünfzig Dollar von mir für eine Fahrt von knapp fünf Minuten, in etwa dass Dreißigfache dessen, was das Taxi gekostet hat! Und droht mir! Es war bereits völlig unangemessen 50000Dong für die Fahrt zu bezahlen, aber mein Puls war bei 180 und ich war drauf und dran dem Kerl seinen Alibihelm um die Ohren zu schlagen und den Ärger war er nicht wert. Gegen eine Preisdiskussion mit einem eventuell zu findenden Polizisten hätte ich nichts gehabt. Ich schickte An dann eine SMS, dass ich nach dem Abzockversuch ihres „Verwandten“ sehr entäuscht wäre und kein Interesse an weiteren Treffen hätte. Eigentlich dachte ich schon eine gute Menschenkenntnis zu besitzen, machte sie am Vortag doch einen ehrlichen Eindruck. Vielleicht ist sie auch nur ein Opfer der Umstände und war dazu gezwungen, mich für dubiose Machenschaften anzuwerben. Das täte mir leid, ändert aber nichts, denn mein Interesse am zwielichtigen Milieu in Asien hält sich in Grenzen. Am meisten an der Sache ärgert mich jedoch, dass sie allen rechtschaffenden Menschen schadet, die mich aus ehrlichem Interesse, ohne Hintergedanken ansprechen. Für mich ist es durch die heutigen Erlebnisse schwerer geworden, sie nicht unter Generalverdacht zu stellen, ebenfalls zum Pack der Nepper, Schlepper und Bauernfänger zu gehören und mich auf sie einzulassen. Für den Abend hatte ich mir überlegt in ein Kino zu gehen und bin dorthin fast eine Stunde zu Fuß unterwegs gewesen, weil die Postionierung des Kinos auf ihrer Googlekarte sich als falsch und weiter entfernt herausstellte. Alle Vorstellungen in Englisch mit Untertiteln warn bereits ausverkauft und einen Restplatz zweite Reihe ganz außen für Avatar-3D für umgerechnet Acht Euro reizte mich nicht gerade.
Der Taxifahrer der mich morgens von Bui Vien zum Bahnhof fuhr, rundete großzügig zu seinen Gunsten von 45.500 auf 50.000 Dong auf. Dreist, aber ich hatte keine Lust auf eine Diskussion. Beim Betreten des Bahnsteiges wird meine Karte ordnungsgemäß gelocht. Der Zug ist recht lang, mein Abteil liegt gamz am Ende des Bahnsteiges. Die Superexpress-Züge sollen neuer sein, als die TN Versionen – vor allem beim Betreten des Abteils stelle ich fest, dass ich ohne Not sicher nicht mit einem noch älteren Wagen unterwegs sein möchte. Der Nachteil eines in die Jahre gekommenen Softseats ist es, füllungstechnisch kollabiert, dafür geruchstechnisch ausgereift zu sein. Ich suche meinen Sitz, 61, 62, 3, 4, 5, 6… Sitz Nummer Zwei (meiner) ist nicht dort, wo ich ihn erwartet hätte. Vielleicht hatte man kein Schild mit der Nummer Zwei und hat deswegen erhöht? Aber wie im Zug in Thailand erlebt, ist es ärgerlich, dass gerade dann, wenn man es sich bequem gemacht hat, womöglich nach Stunden, der Karteninhaber dr 62 auftaucht und seinen Sitzplatz verlangt. Also am anderen Ende des Abteiles schauen, tatsächlich: 64, 63, 2, 1. (Ich muss während einer der nächsten Fahrten überprüfen, ob hinter der Nummerierung ein System hintersteckt) Auf Sitz Zwo macht sich gerade eine junge Frau breit, ein Schaffner will ihr adjutieren, ist verwirrt, aber dann ist der Platz meiner, leider entgegen der Fahrtrichtung. Immerhin ist an diesem Wageende noch Platz für mein Gepäck und die Fenster sind so schmierig, das Herausschauen während der Fahrt recht anstrengend ist. Die schlabberigen Sitze liegen beinahe aufeinander wie umgefallene Dominosteine. In Kombination mit einer feststehenden Getränkeablage an der Rückenlehne eine wahre Amputationsmaschine. Der Sitz bleibt jedoch während der Fahrt frei und es kommt zu keinen Verstümmelungen. BESTIMMT wurde Sitz Nummer Eins im Computersystem als defekt und unbenutzbar markiert und von der weiteren Buchung ausgeschlossen, ha! Die Klimaanlage wird wie zu befürchten war, an der Grenze zur Körperverletzung betrieben, gleiches gilt für das kakophonische Bordentertainment „RailTV“ in Kombination mit vietnamnesischer Schnulzenmusik. Lange Hose, Socken, Jacke und Ohrenstöpsel sind unentbehrlich, eine Jeans, oder sogar Skihose zum Erreichen der Komforttemperatur nötig. Erst zum Sonnenuntergang, als der Zug die Küste erreicht, ist der Ausblick interessant, einen Moment wünsche ich mir, dass die Kulisse und die Lichtverhältnisse für den Rest der Fahrt anhalten würden, aber dazu ist der Zug nicht schnell genug. (Und fährt auch noch in die falsche Richtung) Ich quetsche mich sieben Stunden später aus dem Zug (pünktlich!), denn in Nha Trang hat es sich noch nicht herumgesprochen, dass ein Zug leichter zu betreten ist, wenn man zuvor Passagiere aussteigen lässt. Vor dem Bahnhof bieten mir Motorradtaxis ihre Dienste an, aber mit Rucksack und schwerer Riesenreisetasche?? Ein andermal vielleicht. Ein Airporttaxi wendet und hält auf meine Gesten hin an. Der Fahrer versteht kein Wort von dem was ich sage. Nein, nicht Airport, ich bin ja gerade erst mit dem Zug angekommen, Sunny Hotel, you know it? Stirnrunzeln „Trann Fu“ sage ich, sein Blick hellt sich auf, „Yes Yes“ Ich bin skeptisch, aber meine Reisetasche wandert in den Kofferraum, ich steige ein. In Zeitlupentempo fährt das Taxi los. Der Fahrer beginnt zu telefonieren während wir sogar von Radfahrern überholt werden. Ich höre seine vietnamesische Fragen nach Sunny Hotel. Ein zweites Telefonat und Sprechfunk – hat ihm jetzt jemand die Lage des Hotels nennen können? Ich zücke mein GPS und überprüfe die Richtung. Die Lage des Hotels laut Google hatte ich markiert, wir bewegen uns dorthin. Das Gebäude, das Google als Hotel geXt hat, ist aber kein Sunny Hotel. Uhoh, jetzt wirds interessant – wie war doch gleich die Hausnummer 95/2? In einer Seitenstraße, könnte noch passen. Wir fahren weiter, und biegen wenig später rechts in eine Seitenstaße ein. Tatsächlich: eine Sunny Hotel Leuchtreklame. Das Taxameter zeigt 39800 Dong Fahrpreis an, ich gebe 100.000 und bekomme 20.000 zurück. Nanu? Ich zeige aufs Geld und der Fahrer zückt noch ein paar Scheine, Ein- und Zweitausender, macht zusammen 25.000, nicht annähernd, was ich zu bekommen habe. Erneutes Kopfschütteln, er nimmt die kleinen Scheine zurück, gibt mir weitere 20.000. „No,no no!“ Ich zeige auf fett rot leuchtende Fastvierzig. Etliches Scheinwuseln später habe ich Fünfzig Tausend. Erst nach dem energischen Hinweis, dass der Betrag immer noch nicht stimmt, überreicht er mir die noch fehlenden 10.000. Wer so dreist schummeln will bekommt garantiert kein Trinkgeld. Im Hotel schaut man mich aus großen Augen an: Eine Reservierung? Wo denn mein Reservierungsbeleg wäre. Na, in meiner Email. Man könne sie nicht finden. Erst nachdem ich meinen Rechner hochgefahren habe und die Bestätigungsmail des Hotels vorzeigen kann, bricht eine Diskussion aus. „Give us 30 Minutes, you are lucky, we have room for you, someone checked out.“ Wenn jemand in Asien sagt, you are lucky, dann heisst es Holzauge sei wachsam. Es dauert eine Dreiviertelstunde bis das Zimmer hergerichtet ist. An sich ist der Raum noch OK, auch wenn es ein Fenster nur ins Treppenhaus gibt, aber ein schlechtes Preis Leistungsverhältnis. Jaja den nächsten Morgen wechsele ich in eine höhere Kategorie – ob die der gebuchten entspricht, weiß man hier nie. Und laut der Dame der Rezeption wäre meine Reservierung für mich ja very cheap gewesen, da Einheimische für die Nacht mehr als das Doppelte gezahlt hätten. Angesichts der SUVs, Lexus und anderen Luxuslimousinen, die vor der Tür stehen, bin ich fast versucht dies zu glauben. Neureiche Vietnamnesen scheinen es zu lieben hier in Nha Trang mit ihrem Wohlstand zu protzen. Dementsprechend ist das Angebot und gestalten sich die Preise. Einige Luxushotels sind bereits mit riesigen Gebäuden aufmarschiert und Baustellenschilder kündigen weitere Ketten, wie Crown-Plaza und Marriot an. Sobald die letzten Garküchen und Straßenrandmülltrenner verschwunden sind, ließe sich der Ort problemlos ans Mittelmeer nach Spanien, Frankreich oder Italien, etc… verlegen – ein Ort austauschbarer Eß- und Spaßkultur mit Strand. Dank Tet momentan im Ausnamhezustand. Die Motorradtaxifahrer sind hier besonders nervig, weil sie ein Nein ignorieren. Ein angehängtes Thanks spare ich mir mittlerweile und schau überhaupt nicht mehr zur Quelle nicht enden wollender Litanei hin. Ich glaube die Vögel stammen aus Kambodscha, dort war es genauso. Nur das dort deutlich mehr Drogen angeboten wurden. Hier gibt es den ein oder anderen dezenten Hinweis auf Massage, mehr aber nicht. Manchmal aber auch undezent: da hüpft vor mir eine bildhübsche Dame mit Helm vom Rücksitz eines Mopeds und spult ihren Text ab: „Hello Massage Boom Boom, One Hour, Ok?“ Die Krux eines männlichen Alleinreisenden. Why bother? Die Sonne scheint, die Welt mag hart und ungerecht sein, aber sie hat auch ihre angenehmen Seiten. Ich bin fern von daheim und doch ganz nah: Per Internetradio spielt mir der germanische Lieblingssender sein Nachmittagsprogramm in den Abend. Den verbringe ich im Hotelzimmer bei vietnamischem Rotwein, Gemüsecrackern und Lektüre eines Haruki Murakami Romanes. Zwischendurch das ein oder andere Telefonat… Das alles ist möglich dank Laptop, Wifi und Plastikgeld. Hat irgendwie etwas Irreales. Natürlich könnte ich mich in das Entertainmentgetümmel rund um die Uferpromenade stürzen, aber authentischer würde es dadurch auch nicht, lediglich weniger technisch. Authentischer wurde es den Tag über, bei einem Fußm arsch gen Norden, an den Stadtrand und dann zurück zu den Chamtürmen. Major Tourist Attraction, der Anzahl der eintrudelnenden Busse zufolge. Immer wieder erstaunlich, warum fast niemand zu Fuß gehen mag. Da verpasst man einiges: Genau gegenüber, bei Hausnummer 110 der Straße 2/4 gibt es eine ganz hervorragende Pho Bo (Rindernudelsuppe) zum supergünstigen Preis. Die Erinnerung daran, lässt mir auch Stunden später noch das Wasser im Munde zusammenlaufen – ein bisserl vom schwarzen Pfeffer hinzugegeben und mit den Essstäbchen nach den Nudeln und dem zarten Rindfleisch geangelt… Ja vielleicht ist es Zeit für ein kleines gastronisches Resumee der Stadt: Vergesst das großspurig im Reiseführer erwähnte Louisane mit Mikrobrauerei – die sind dermaßen beschäftigt damit die Nobelherbergentouristen auszunehmen, dass Service und Atmosphäre nicht mehr im Mittelpunkt stehen. Selbst beim dreifachen Preis. Zitat:“We are busy, we dont serve food right now“ Auf der Thran Phu 96 gibt es dagegen ein „Restaurant“ mit unspektulärem Aussehen – ein Wellblechdach und ein paar simple Klapptische drunter – dort gibt es unter anderem wunderbar gebratene Nudeln mit einer Menge zarter Hühnerbrust zum super Preis. Den Namen des Lokales konnte ich mir leider nicht merken, es könnte Bo Vien oder so ähnlich sein. Auf der Rue Yersin, vom Strand aus vielleicht 300m vor dem Park, der bis an den Bahnhof reicht, gibt es in ähnlichem Ambiente einer Garage hervorragend geschmortes Gemüse, bestehend aus Blumenkohl und Wasserkresse oder Stengelspinat. Günstig und lecker jedenfalls. Im Reiseführer erwähnt ist auch ein „Treffpunkt“ mit germanischer Küche. Die Schilder mit Roggenbrot und Co mag noch einladend sein, der Klischeeschmierbauch, der Spelunkenmäßig desillusionierend mit seiner Flasch‘ Bier daraus hervorstiert signalisiert mir jedoch eindeutig: so viel Heimweh kann ich gar nicht bekommen. Ich ging weiter.. Am Chamturm wird übrigens für das koreanische Cappuchinoeis (sehr lecker) knapp das Doppelte wie in Saigon verlangt, die Betreiberin klagt über die gierige Handelskette, allerdings ist auch die Cola Hundert Prozent teurer – warum das Gejammere? In einer Goldmine muss Gold abgebaut werden und nicht Gips. Aufbruch „You can walk six kilometers?“ fragt mich die Dame von der Rezeption als Reaktion auf mein Tagesvorhaben. Yes I can. Ich brauche kein Taxi und will auch nicht bereits im Hotel ein Ticket kaufen. Ich laufe. Die Gondeln der Seilbahn hinüber zur Insel Vinpearlland sind zu 95% unbesetzt. Vielleicht könnte das auch daran liegen, dass es nicht mehr, wie im Reiseführer angegeben, möglich ist, ein Ticket nur für die Gondelbahn zu kaufen. Nein, für den dreifachen Preis soll man ein Ticket inklusive Eintritt in den Vergnügungspark kaufen. Über Zwölf Euro für einmal Gondeln, dass ist nicht nur mir, sondern auch einigen Besuchern aus England zu viel. Zurück nach Nha Trang geht es mit dem Linienbus, für knapp 12Cent. In der Stadt gilt es Mango-Lassi, Cafe-Latte, Früchteteller und am Spätnachmittag gebratenen Thunfisch mit Gemüse zu verzehren. Ein paar schwarze „Lappen“ darin hätte ich im ersten Moment als Schwammpilze eingeordnet, Geschmack und Konsistenz passen aber nicht. Vielleicht handelt es sich um eine besondere Sorte Süßwassertang, denn salzig schmeckt es auch nicht. Genaugenommen schmeckt es nach nichts. Dafür jedoch der Rest. Zum Abend hin kann ich im Hotel nochmal duschen, dann geht es mit dem Taxi zum Bahnhof. Dort holt mich die Realität eines Schwellenlandes ein: chaotische Verhältnisse. Da rollt ein Zug hupend zwischen die Menschen auf dem Bahnsteig ein, entleert dabei seine Toilette. Die Reste von Reisproviant werden durch die Zugfenster zwischen die Bahngleise entsorgt. Da nun zwei Züge nebeneinander im Bahnhof stehen, krabbeln Reisende unter dem Zug hindurch, um in die hinteren Wagen zu gelangen. Ein Kleinkind schafft unbeaufsichtig zwei der drei steilen Trittbretter aus dem Zug, dann knallt es auf den Bahnsteig in den Müll und die Fäkalien. Das hat wehgetan, doch es gibt keinen Mucks von sich. Zwei Bahnbeamte laufen herbei, schnappen sich das Kind und während sie laut zetern, stopfen sie das Kind zurück in den Waggon.. Wenig später rattert der Zug davon und mein SuperExpress Nummer Sechs schiebt sich in den Bahnhof. Die Schlafkabine teile ich mir mit drei Vietnamesen, mit Verspätung geht es nach Norden.
Taktak, Taktak, takatakatak – der Zug schaukelt durch die Nacht. Jegliche Unterhaltung mit und zwischen Einheimischen, ist ebenso wie die Beleuchtung erloschen. Doch ist es weder dunkel im Abteil, noch still. Vereinzelt huschen Lichstrahlen von Straßenlaternen schüchtern über die Wände, dann und wann beiseite geschoben durch fordend auftauchende Lichtkegel parallel reisender Fahrzeuge. Das Fahrgestell des Zuges erzeugt eine Vielzahl von Geräuschen, gerade so, als wären einige Personen auf dem Bahnsteig nicht unter dem Zug hindurch-, sondern hineingekrochen, würden nun mit Vorschlaghämmern und Brechstangen das metall traktieren. Als gelte es die akustische Prüfung der Räder nachzuholen, die am Bahnhof ledigich angetäuscht wurde. Das Abteil durchläuft alle Klimazonen: von tropisch schwül bis arktisch kalt – worauf auch immer man sich mit einer zur Verfügung gestellten Decke eingerichtet hat, wenig später ist es unpassend. Nur vereinzelt gelingt es für jeweils ein paar Minuten hinter den geschlossenen Augen etwas Schlaf zu finden. Müdigkeit will sich allerdings auch nicht recht einstellen. Um Fünf Uhr morgens erreicht der Zug Da Nang – die Dunkelheit der Nacht hat den Tag noch fest in ihrer Hand. Vor dem Bahnhof im Schein einer Straßenlaterne hält ein junger Mann ein Schild mit meinem Namen und dem eines Hotels, an das ich mich nicht ansatzweise erinnern kann. Wird wohl stimmen. „Yes“, ein Nicken und ich folge ihm stumm zu einer neuen Toyota-Limousine. „Nice car“ „Yes.“ Im weiteren bestimmt Keinsilbigkeit unsere Fahrt durch die Nacht. Die Straßen sind mehrspurig und in hervorragendem Zustand, die relative Lautlosigkeit im Wageninneren wird nur von der vereinzelten Betätigung der Hupe durch den Fahrer gestört. Er gähnt. An Hotelresorts und einem Spielcasino gleiten wir vorüber. Eine verwaiste Strandpromenade? Ich vermute in der völligen Dunkelheit hinter einer Palmenreihe das Meer. Wir passieren einige Jogger und unbeleuchtete und mit Waren überladene Mopeds. Das Hotel liegt bei unserer Ankunft im Dunkeln. Unspektakulär. Der Fahrer öffnet die Eingangstür einen Spalt und weckt einen Mann, der dahinter im Foyer unter einem Moskitonetz schläft. Dann verschwinden die Rücklichter des Toyotas mit ihm surrend in der Dunkelheit. Alle Zimmer sind noch belegt, Check-In um Elf Uhr. Ich stelle meine Tasche ab und setze mich auf der gegenüberliegenden Straßenseite, in ein Cafe, das gerade geöffnet hat. 5:50 Frühstückszeit, aus der Stille des trüben Schein ei***** Glühbirnen reißt sich einen Mann von seinem Kaffeeglas los, bringt mir eine Karte und ich bestelle Kaffee und Frühstück. Das Leuchten meines Bildschirmes begleitet mich durch die Dämmerung in einen grauen Tag hinein; versorgt mich mit Neuigkeiten aus aller Welt über das WLAN von gegenüber und lässt mich dem weiteren Verlauf der Kurzgeschichte folgen. Der Kaffee – für mich ebenfalls in einem Glas, einem Senfglas oder kleinem Bierkrug serviert – schmeckt stark und leicht süßlich. Das Omelette ist frisch und geschmackvoll zubereitet und das Brot ist knusprig warm. So muß ein Frühstück schmecken. Mit Schauern denke ich an die Morgenspeise der letzten drei Tage in einem Hotel zurück. Disgusting, so wollte ich darüber in meiner Hotelrezension schreiben, werde aber am Abend feststellen, dass jemand im Namen von „Rolf aus Germany“ angeblich fünf Mal die Note exzellent vergeben hat. Doch die Aufregung darüber liegt noch in ferner Zukunft und sie wird sich nahtlos in die Reihe der insdiskutablen Serviceleistungen des „sonnigen“ Hotels einfügen. Nach dem Frühstück kann ich im Hotel zwar noch nicht mein Zimmer beziehen, aber es gibt ein Bad und mir wird ein Handtuch gestellt, damit ich duschen und meine Kladung wechseln kann. Den Muff des Zugabteiles, der in den Klamotten steckt kann ich in einen blauen Beutel des Wäschedienstes stecken, den verlorenen Schlaf gewinne ich weder dadurch, noch durch die erfrischende Dusche zurück. Auch eine Cafe Latte mit einem Schokoladenpfannkuchen einige Zeit später kann nicht verhindern, wie meine Lebensgeister gegen Mittag immer deutlicher zu Boden sinken und nurmehr schlaff von den Gurten meines Rucksackes herabbaumeln. Ein letztes Aufbäumen bei einer Pineapplelassi sollte mir die Kraft für den Weg ins Hotel, zu einem geruhsamen Mittagsschläfchen liefern. Und dann tritt Joy in mein Leben. Wie ein Falke sich aus der Höhe auf sein Opfer stürzt, gesellt sie sich an meine Seite und verstrickt mich in ein Gespräch, fragt nach meiner Herkunft, ah sie habe eine Schwester in Aalen, es wäre gut, dass sie mich treffen würde, sie wolle nach Germany und ich könne ihr erklären, helfen, was? Meine immer bleierner werdende Müdigkeit sorgt dafür, dass mir ihr genaues Anliegen verborgen bleibt und meine Neugierde ist bereits zu Bett gegangen. Joy schreibt mir ihre Telefonnummer auf einen Zettel, wir könnten uns ja vielleicht am Nachmittag um Fünf treffen, biete ich ihr an. Mein Hotelzimmer riecht. Muffig. Ranzig. Die Quelle des Geruchs lässt sich nicht orten, er scheint in den sauber geestrichenen Wänden zu stecken. Die Laken sind jedenfalls frisch und die Matratze ist die Tempelausgabe einer Auflage mit Holzkern. Besser nicht an allen Ecken und Enden zu riechen. Ein Wandventilator hilft mir die stehende Luft etwas auzufrischen und ich finde beinahe zwei Stunden Schlaf. Ich konsultiere Reiseführer und Internet, was es hier in der Umgebung zu entdecken gibt und finde, dass erst letztes Jahr ein neues Worldvison-Entwicklungsprojekt, knapp Dreißig Kilometer von hier gestartet wurde. Das durchschnittliche Jahreseinkommen in der Region dort soll bei 400 US Dollar liegen… Es mag sein, dass sich der Kern des Ortes in ein einziges Open-Air Museum verwandelt. Es ist aber auch hübsch, und athmosphärisch, wenn die aus den alten Häusern und kleinen Restaurants das Licht der Lampions strahlt und der Duft von gutem Essen in die Nase steigt. Sehr viele Schneidereien und Souvenirshops gibt es und oft ist ein „Look my shop!“ zu hören. Umso mehr, je weiter entfernt vom historischen Kern des Ortes man sich befindet, schwierige Randlage sozusagen. Immer wieder faszinierend finde ich die schlecht kopierten Bücher, die überteuert unters Volk gebracht werden sollen. Mein Favorit sind die Harry Potter Bücher – irgendwie hat man es beim Kopiervorgang geschafft, die Werke von knapp Siebenhundert auf Siebzig Seiten einzudampfen. Handelt es sich nun um eine redaktionell überarbeitete Zusammenfassung, oder hat man einfach eine gezippte Textdatei des Buches im Klartext ausgedruckt, jeden zehnten Buchstaben verwendet, oder oder oder? Leider sind zugeklebte Plastikhüllen um die von Spucke zusammengehaltenen Loseblattsammlungen, so dass mir der Einblick verwehrt ist. In manchen Touragenturen sieht man sich die Touristen stapeln, alle mit ihrem Reisedominator in der Hand. Auf irgendeiner der farblosen Seiten darin, wurde die betreffende Agentur empfohlen und als wäre das Buch des einsamen Planeten eine Bibel, wird die Passge zum Psalm erklärt und blind befolgt. Mit gesundem Menschenverstand hat das nichts mehr zu tun. Mit einem für vier Dollar geliehenen Roller und zwei Dollar für Sprit lässt es sich prima auf eigene Faust nach My Son oder zu den Marmorbergen fahren, ohne in einem Buspferch nach festem Programm wie Schlachtvieh durch die Gegend geschoben zu werden. Die Gegend außerhalb ist nicht nur landschaftlich interessant. Auf einem der Marmorberge redete mich ein sehr dicker junger Amerikaner bezoge auf meine ziemlich überteuerte Leichtcola an: „Did you really pay 20.000 for the coke?“ Ja, hatte ich und der Kerl schaffte es mir die gute Stimmung (ein ganz wenig) einzutrüben, weil ich vorhandenen Handlungsspielraum nicht erkannt und ausgenutzt hatte, und die buckelige Verkäuferin nicht ebenso wie der Amerikaner auf einen niedrigeren Preis heruntergefeilscht hatte. Seine fester Glauben jedoch, irgendwer hätte in Gottgleicher Art definiert, dass er als reicher Tourist genauso behandelt werden müsse, wie ein armer Einheimischer hellte meine Stimmung jedoch wieder deutlich auf. „They are not supposed to charge more from foreigners, than from locals!“ „Who says that?“ „It’s communisn here!“ „Here is no communism, it’s capitalism. There is no such thing as communism in tourism!“ Eine Kuh ist zum Melken da. Und es ist immer noch eine Schicht darunter. Und es gibt immmer noch einen Weg zu gehen, doch es ist immer noch zu spät. Mein Fazit zur Wahrscheinlichkeit, etwas „Wichtiges“ im Lande zu verpassen. Dies nur weil sich der Roman so herrlich fesselnd beim Kaffee las, weil die Gaumenfreuden des fünfgangigen Setmenues ihre Zeit brauchten, weil mir der Sinn danach stand, mich über politische und wirtschaftliche Dinge daheim auf dem Laufenden zu halten, weil ??? Joy ist auch so ein Kollateralschaden. Merkwürdigerweise kam mir der Titel dieses Beitrages bei ihr in den Sinn und meine sonstige Erinnerung bestand aus zu viel Schminke über einem rasierten Damenbart. Ihrem Auftritt in meinem Leben ergeht es wie Terry Jacks mit seinem Hit Seasons in the sun: ein One time hit wonder. Insgesamt wie beim Original von Jacques Brel, Le Moribond eine traurige Geschichte, ihre Nummer steckt ungerufen in meinem Rucksack…
Den ersten Tag bin ich in ziemlicher Hitze durch die Zitadelle und den ehemaligen Kaiserpalast gelatscht. Für den Nachmittag hatte ich mir vorgenommen einen halben Tag im Hotel ein Moped zu mieten, aber die nette junge Dame vom Empfang war nicht mehr da, sondern ein professioneller Rezeptionsnepper hatte ihren Platz eingenommen. Ziemlich dreist wollte er von mir den zweieinhalbfachen Preis der Hotelpreisliste abkassieren und nachdem ich ihm den Preis schwarz auf Weiß zeigen konnte, täuschte er einen Anruf beim Verleiher vor, natürlich plötzlich keine Mopeds mehr da, Hahaha. Aber es war eh zu heiß, so verbrachte ich länger als beabsichtigt, aber nicht unangenehm mit Lesen. Den nächsten Morgen heuerte ich mir einen der vielen Xe Oms (Mopedtaxis) an und machte auf der Rückbank eine Kaisergräbertour. Die Tu Doc Grabanlage war sehr sehenswert, die beiden anderen, der laut Reiseführer must see Gräber kann man sich meiner Meinung nach sparen – das eine ist grauer Beton aus der Jugendstilzeit – weder hübsch noch bemerkenswert. Gegen Mittag weigerte sich die Natternbrut an der Hotelrezeption doch glatt mir ein Taxi MEINER Wahl zu rufen, sondern wollten mir nur ihren unvorteilhaften Hoteltransport zum doppelten Preis aufzwingen, aber da habe ich nicht mitgemacht.
Auf wundersame Weise waren doch nicht alle Mailinh Taxis „unverfügbar“, wie vom Hotel behauptet. Ich fand sofort eins an der Straße, es brachte mich für den halben vom Rezeptionsnepper verlangten Preis. Es ist nervig, wenn einige Hotelangestellte der Meinung sind, ihren privaten 250% Zuschlag auf die ohnehin überhöhten Hotelpreise zu fordern. Ich denke ich werde mich im Buchungsportal hierzu bei meiner Bewertung auslassen. Der Snack während des Fluges erwies sich als kleine Flasche Wasser und einem Erfrischungstuch – haben wir hier Fastenzeit? Der Shuttlebus erwies erwies sich als Sackgasse, sie behaupteten zwar, sie fahren in fünfzehn Minuten, doch war ich der einzige Passagier neben den drei gelangtweilten Angestellten, so kam der Hinweis: „Sorry, we go in thirty minutes.“ „You promise?“ Falscher Fehler von mir auf die Beteuerungen der hübschen Angestellten zu vertrauen, aber nachdem sich der Fahrer nach zwanzig Minuten schlafen legte, nahm ich mein Gepäck und ging zum Minibusstand. Natürlich dauerte es hier, bis der Kleinbus voll war, aber als ich nach insgesamt einer vergeudeten Stunde im proppevollen Fahrzeug in die Innenstadt bis vor die Hoteltür gebracht wurde, stand der Shuttlebus immer noch. Ist wohl eher ein Schlafbus. Das Hotelzimmer war größer als gebucht, aber dermaßen modrig feucht, dass ich froh war nur eine kurze Nacht in der Schimmelhöhle verbringen zu müssen. WLAN funktionierte natürlich nicht. Im Hotel lernte ich eine Irländerin von den Vereinten Nationen kennen und wir suchten die tschechische Hausbrauerei auf. Anschließend ging es zu einem Treffen mit anderen Vereinte Nationen Hilfswerken in eine Drachenfliegenbar – laute BumBum-Musik, Fussball-TV und jede Menge Partypeople. Es war interessant Menschen kennenzulernen, die über Jahre hinweg in verschiedenen Ländern leben, dabei aber nicht wirklich zu locals werden und auch nicht nur die lokal übliche Bezahlung erhalten. Am Flughafen gelang es problemlos durch Einlegen der Vinaphone SIM-Karte ins Laptop, online zu gehen um das letzte Guthaben zu versurfen. Und gleich startet der Flieger nach Gungzhou und weiter nach Qingdao – von 31 Grad Celsius nach -5 Grad. Ich habe meine Jacke im Handgepäck und hoffe ich friere nicht sofort nach Ankunft fest 😉
Qingdao, China
80 Tage Reise liegen hinter mir. Ich habe zwar dabei nicht den Planeten umrundet, aber durchaus etwas andere Welten. Jetzt bin ich im Reich der Mitte gelandet und richte mich für den kommenden Monat häuslich ein. Auch das Wetter scheint das Bestreben zu haben, dass ich mich heimisch – in Deutschland – fühle: es ist knapp über Null Grad kalt und bei Ankunft in Qingdao regnete es in Strömen. Bereits im Landeanflug wurde ich mit Feuerwerk empfangen, es machte beinahe den Eindruck, als würden Flaks versuchen den Jumbo vom Himmel zu holen. Im Tiefflug ging es zuvor über Industrieanlagen, die Förderbänder und Kessel zum Greifen nah – ich musste dabei an heimische Überflugverbote von Chemischen Werken denken, während im Flieger einige kräftige Chinesen umherliefen und ihr Gepäck aus den Fächern holten und auch ein kleiner Junge im Gang hin und her lief…schräg, ich hab noch auf keinem Flug eine solche Anarchie erlebt. Da wünsche man sich doch fast ein Luftloch. Der Stewart erlitt den klassischen Gesichtsverlust und war darüber not amused. Natürlich wurde das Feuerwerk nicht mir zu Ehren veranstaltet, doch heute ist das Laternenfest, Yuanxiaojie, das das Ende der Neujahrsfeierlichkeiten markiert. (Habe mich gerade noch mal in meinem China-Knigge nachgeschlagen). Die hier eingesetzten Böller würden in Deutschland vermutlich die Polizei auf den Plan rufen, denn die Druckwellen lassen von etlichen Fahrzeugen die Alarmanlagen anspringen… Am Flughafen empfing mich Aoqi vom International House Qingdao mit einem korrekt geschriebenen Namensschild und wir fuhren durch das uselige Wetter zur Sprachschule. Gegen üppige (ein halber Tausender) Renminbiabgabe erhielt ich ein DSL Modem und eine China Unicom Monatskarte. Ich kaufte dann auch direkt noch einen riesigen Instant-Nudel-Topf für vier Yuan und zwei Flaschen Wasser – auch hier trinkt niemand das Leitungswasser. Ich erhielt noch einige Informationen zum Ablauf des Kurses und löcherte die gute Frau mit Fragen, so erfuhr ich, dass ich mein zu kurz ausgestelltes Visum erst kurz vor Ablauf, also in Shanghai verlängern lassen Mit Bargeld eingedeckt hatte ich mich an einen Geldautomaten im Flughafen von Guangzhou, wo ich zwischenlandete und die Immigration hinter mich brachte. Anscheinend war die Abhebung sogar gebührenfrei. Für den Geldtausch wollte man 50 Yuan – zur Verbesserung der Servicequalität – nette Umschreibung für Abzocke. Ein Cafe im Wartebereich sah einladend aus, zum Glück ließ ich mir vor Bestellung eines Cappuchinos die Karte zeigen – 58 Yuan – so gut kann überhaupt kein Kaffee schmecken, dass er sechs Euro kosten darf! In einem Laden wollte man mir unbedingt teuerstes Evian Wasser und Häagen Dazs Eiskreme verkaufen, doch ich nahm eine Nullcolaflasche und ein dreifach verpacktes Reiseis. Das fand ich allerdings erst nach dem Auspacken beim Hineinbeißen heraus, von wegen Fruchtstieleis. Die Kassiererin jammerte bei meiner Bezahlung mit einem Hundert Renminbischein, wollte lieber fünf US Dollar, aber nixda, die Geldautomatenbeute musste kleingemacht werden! Mein DSL Internetbastelset stellte sich als für einen nicht Chinesisch lesenden Menschen unüberwindbar dar. Der Modemanschluss gelang, aber mit Anschalten, Monatskarte freirubbeln und loslegen war es nichts. Auf dem Weg zum Heißwasserspender, um mich stattdessen mit meinem Nudeltopf zu trösten, begegnete mir Miranda, eine junge Chinesin im Treppenhaus. Sie war ein wenig überrumpelt von einem fremden Weißbrot um internettechnischem Beistand gebeten zu werden (das war ein Koreaner hier im Hause erst recht!) aber dann gelang es uns. Man muss erst mit einem Standardnamen und Passwort eine Verbindung aufbauen. Dann muss man unter Angabe der auf der Monatskarte freigerubbelten PIN seine Anschlussrufnummer mit Namen, Passnummer, Mobilfunknummer und zugehörigem College (alles rein auf Chinesisch angezeigt!!!) registrieren lassen und bekommt daraufhin eine zweite PIN. Erst mit dieser Nummer klappt der Verbindungsaufbau. Puh. Und falls ich Online Unfug anstellen sollte, hat man mich sofort am Schlafittchen! Ich testete dann erst mal meine neuen Onlinefähigkeiten und rief über Skype in Deutschland an, funktionierte problemlos. Und höre seitdem SWR3 Webradio Morgen früh folgen weitere Formalitäten und es beginnt der Sprachunterricht nach einer Einstufung (Absolute Beginner 😉 – so wie es ausschaut mit Einzelunterricht. Tag 1- Ich habe vorerst Einzelunterricht und über Aussprache der verschiedenen Konsonanten, Vokale und zugehörigen Töne bis zur beginnenden Kiefer- und Stimmbandlähmung. War es nun der erste oder der zweite Ton, den die Lehrerin ausgesprochen hat? Hörte sich beides gleich an. Meine Aussprache auch, aber meine germanischen Lippen sind vielleicht nur grenzwertig filigran genug, um für chinesische Ohren zwischen Tsch, Dsch, Ssch, Gsch und Sch und Ts, Ds, Gs und S zu unterscheiden. Manch beinahe unanständiger Stöhnlaut will auch nicht so recht, weil hört sich blöd an… Derzeit gibt es hier noch einen Schweizer Sprachlerneidgenossen, der aber nach mehr als einem Monat erstaunlich flüssig sprechen und vor allem bewunderswert viele der Symbole identifizieren kann. Allerdings meinte er auch, er wäre sprachlich vorbelastet nach China gekommen. Für mich sind überall wunderbar bunte Symbole aufgepinselt oder neonstrahlend dekorativ anzuschauen, aber was das Ganze bedeutet?? Ich ließ mir am ersten Nachmittag von Sylvio den Bus 125 zu den nächstgelegenen Shoppingcentern (mit Multiplexkino) zeigen und dann sind wir für einen Renminbi im Gedränge dorthin geschuckelt. Ich brauchte dringend ein paar Socken, einen Pulli zum Überziehen über die Tropenhemdchen und eine dicke Hose zum Wechseln, denn es ist hier Ar…kalt! Es friert. Ohne die Erklärungen der englischsprechenden Bedienung im huo guo (Feuer Topf) Restaurant wäre es ein ziemlicher Blindflug durch die Bauanleitung der Zutatenliste geworden. Prinzip ist es, einen Topf mit Sud (z.B. scharf, mit Tomate, oder chinesischer Medizin ????) auf einer Heizplatte (Induktion mit Intervall – richtig Hi-tech!) köcheln zu lassen und darin die bestellten Zutaten zu garen. Mir schwante angesichts der Grammzahlen auf der Karte bereits, dass wir etwas zu viel ausgewählt hätten – wir brauchten Stunden um die Berge von Gemüse, Muscheln, Fleischpasten und -stücken nach und nach zu garen und zu verputzen und schafften es doch nicht ganz… Den zweiten Tag habe ich mich bereits alleine in den Bus begeben und bin tatsächlich unbeschadet hin und zurückgefahren. Ich erstand nach langem Suchen ein kleines Deutsch-Chinesisches Wörterbuch und einen Stadtplan, denn ganz ohne geht es nicht. Mein Streifzug durch das Angebot der Geschäfte offenbarte galaktische Preisunterschiede unbekannter Herkunft – eines meiner Highlights war das Glas Langnese Honig, Sorte „Blackforest“ für Neunzig Euro! Tag 4 Auch heute habe ich mir meine tägliche Shopping Mall gegönnt und bei einigen Schnäppchen zugeschlagen. Immerhin war heute vormittag Schneeregen und die Investition von acht Euro in einen Pullover erschien mir nicht unangemessen. Auch eine Flasche chinesischen Rotweines wanderte in mein Beutelchen – passenderweise heißt die Marke Sauvignon, nur in chinesischen Schriftzeichen, in Pinyin-Lautschrift demnach ZhouWeiNong 😉 Und er schmeckt nicht einmal schlecht. Mir fliegen zwar im Unterricht Unmengen von Wörtern um die Ohren und ich mache Fortschritte, aber für eine vernünftige Unterhaltung in einem Supermarkt reicht es immer noch nicht, vor allem, da ich die ganzen Vokabeln nicht sofort behalten kann. Dafür ist der Gesprächsversuch im Geschäft f&# xFC;r alle Beteiligten sehr belustigend – ich will nur nach verschiedenen Teesorten schauen und das halbe Dutzend Marktangestellte drückt mir als Reaktion andauernd teure Waren in die Hände, sobald ich ihnen näher als einen halben Meter komme. Ich kann es zwar nicht auf chinesisch ausdrücken, aber ich finde den Vorschlag, den exakt gleichen Tee für den fünffachen Preis zu kaufen, nicht für mich vorteilhaft! Eben habe ich online versucht, meinen Weiterflug nach Südost China online zu buchen – bekam sogar eine Bestätigung, dass ich per Paypal zahlen wolle, dabei wollte ich dass nicht, aber trotz Abbruchsversuch und Angabe der Kreditkartendaten hatte ich eine bestätigte Flugbuchung. Also per Skype, die dann nicht mehr kostenfreie Rufnummer der chinesischen Hotline angerufen (mein Zimmertelefon ist für herausgehende Gespräche gesperrt) – zweimal, denn trotz der vielen Menschen hier, scheint dei Erreichbarkeit einer Servicehotline auch nicht besser als bei uns zu sein – und die Buchung stornieren lassen und neu eingeben. Ob ich als Ergebnis davon demnächst auch ein E-Ticket zugemailt bekomme werde ich sehen. Wenn ja, werde ich mir wohl den Luxus weiterer Flugbuchungen gönnen, denn tagelang im Zug zu verbringen ist hier nicht einmal viel billiger, nur anstrengender. Woah de fangdschieng schü jaoh tshing lihh Soll heißen, mein Zimmer braucht eine Reinigung. Ist ja kein Gasthof hier und ein Türklinkenanhänger „Make up my room“ in Englisch und drei Chinesischen Schriftzeichenvarianten kann man ja geflissentlich übersehen. Muß man schon persönlich an der Rezeption vorstellig werden, wenn man denkt lange genug in der selben Bettwäsche geschlafen und dieselben Handtücher benutzt zu haben. Ich hatte den vorher fein zurecht gelegten Satz noch nicht zuende gesprochen, da hieß es bereits „Ihh dienn“. Mit Hilfe der Rezeptionsdame wusste ich dann, dass dies „um Eins“ bedeuten soll und nicht, „Bitte zahlen“ Da ich zu der Zeit im Zimmer anwesend war konnte ich gute Tips geben, wo offensichtlich noch der Schmutz der Vorbewohnerin Daniela noch der Beseitigung harrte. Alles wird gut, aber nicht von allein. Bezüglich der Vorstellungen, welche Sorte Zimmer mir denn hier zusteht, habe ich bereits einige eurasische Verwirrung gestiftet. Wurde mir doch bei Ankunft ein Zimmer mit Toilette und WC gegeben und am nächsten Tag hieß es „Sorry, you are Kloless“, frei nach Schiller. Eigenes Klo kostet extra, knapp drei Euro pro Tag. Wer die fossilen Reste auf dem Gemeinschaftklo gesehen hat, der weiß, dass dies gut investiert ist, aber ich musste doch mal bei der ESL Sprachschulagentur nachfragen, ob sie denn wirklich ein Zimmer ohne Toilette für mich gebucht haben, und wenn ja warum. Woraufhin diese die Sprachschule anschreiben, ich hätte mich darüber beschwert, ein besseres Zimmer bekommen zu haben und man möge mich doch bitte in das billigere Kabuff ohne Zuschlag umziehen lassen. Helle Aufregung! Und ich durfte dann mitüberlegen, was die Schule darauf antworten könne Mir schreibt man, auf meinen eigenen Wunsch hin hätte man das Zimmer ohne Toilette gebucht. Aha!??? Und ansonsten wären wenn nicht anders aufgeführt Einzelzimmer immer ohne eigene sanitären Einrichtungen. Ja, ich habe ein Einzelzimmer in dieser Wohnresidenz im Paket gebucht, aber gewünschte Klolosigkeit? Und überhaupt musste ich Bezug auf diesen meinen angeblichen Wunsch nehmen und nachfragen, wo es denn geschrieben steht, dass Einzelzimmer zwar mit beworbenem Internetanschluss, Fernseher und Kühlschrank, aber per se ohne sanitäre Einrichtungen sind. Weder im Angebot, der Website, noch der Rechnung oder den AGB habe ich entsprechendes gefunden. Und bei Buchungen in Deutschland ist Toilette/Dusche bei einem Einzelzimmer durchaus der Regelfall. Jedenfalls habe ich bei der Sprachschulagentur für eine wahre E-Maillawine durch meine Ankündigung gesorgt, das Kloextra hier zu entrichten, dieses aber nach meiner Rückkehr erstattet haben zu wollen, weil gebucht und bezahlt. De Versuch sich herauszureden, ich hätte schließlich in Shanghai und Peking Unterkunft im geteilten Appartement statt (deutlich teurer!) eigener Wohnung gebucht, so hätte man davon ausgehen können, dass ich eigenes Klo und Dusche nicht zu schätzen wisse, finde ich etwas schwach. Woah de fangdschieng schü jaoh tse swoah – Mein Zimmer braucht ein Klo! Vorgestern habe ich ordentlich dem globalisierten Trend folgend, in einem Wanda International Cinema Center den Film Avatar in 3D angeschaut. An sich war an der Kasse bereits alles klar, der Film, die Vorstellung und der Sitzplatz waren bereits ausgewählt, als sich bemühte Hilfsbereitschaft von totaler Planlosigkeit meinte einmischen zu müssen. Endresultat war, dass alles wieder von vorne durchgekaut werden musste. Ja, ich möchte wirklich wirklich WIRKLICH in einen englischsprachigen Film! Sollte doch einleuchtend sein, dass es für mich keinen Sinn macht, mich in die chinesischsprachige Version des Film zu setzen, wo ich doch offensichtlich kein Chinesisch spreche, oder? Der Film war nett und die chinesischen Untertitel hoben sich wunderschön plastisch vom eigentlichen Geschehen ab. Im Anschluss wurde ich dann noch netterweise von chinesischer Staatsgewalt im Tarnanzug durch einen Schneesturm zur richtigen Busstation geleitet, saß dann auch im richtigen Bus, doch leider eine Station zu lang. Dummerweise liegt diese etwa 1,5km entfernt hinter einem Autobahnzubringer, so dass ich noch einen langen Fußmarsch über eine Schnellstraße im eisigen Wind hinter mich legen durfte. Aber frische Luft und Bewegung sind ja gesund. Gestern ware wir zu einem Heißen Topf Essen bei einer Sprachschullehrerinnenfreundin und ihrem kanadischen Mann (und Tochter) eingeladen. Die ganze Zeit lief im Hintergrund zur Begeisterung der Kleinen eine Serie aus der Teletubbieschmiede und ich hatte das Vergnügen immer wieder eine tanzende blaue Socke und eine Upsy Daisy bei eingängiger „Winkewinke“ Musik zu betrachten. Hier der Link, und dann bitte mit dem Mauszeiger über die Figuren fahren, dann kann man hören, welches Mimimimi und Wakapaka als musikalisches Rahmenprogramm diente: http://www.inthenightgarden.co.uk/en/vi sit-characters.asp Bis dato habe ich es noch nicht geschafft, die historische Altstadt zu besichtigen. Auch heute erschien es mir, obwohl sonnig zu kalt dafür – gefühlte minus Zehn Grad, nöööö. Da kaufte ich mir doch lieber einen ofenfrischen Rosinen- (oder so ähnlich) Stuten ein umfangreiches Sortiment an interessanten Nahrungsmitteln und rekapituliere bei einem Grüntee und Weißbrot mein Chinesisch und komplettiere meine weiteren Chinabuchungen, was sich durch eine plötzlich verlangte Zusatzverifikation meiner Kreditkarteninformation bei der sechsten Flugbuchung etwas aufwändiger gestaltete: Ausdrucken, Unterschreiben, Zufaxen??? Mit Hilfe von Bildschirmcopy, Bildbearbeitung und Digitalkamera schaffte ich es, die gewünschten Daten zuzumailen. Bin allerdings noch ein wenig skeptisch, ob ich nun wirklich korrekt auf den gewünschten Flügen als Passagier gebucht bin. Morgen will ich mal versuchen, bei einer Reiseagentur Zugtickets ausstellen zu lassen. Denn Anfang Mai ist nach dem Tag der Arbeit Hauptreisezeit (neben Neujahr) und da war es besser, rechtzeitig Transport und Unterkunft (zum beinahe doppelten Preis!) zu buchen. Tag 9 Mittlerweile gestalten sich meine Flugbuchungen als eine Art BäumchenWechselDich – ich weiß langsam überhaupt nicht mehr, welcher Flug nun wirklich wann startet. Das Buchungsportal ist nämlich so clever, immer nur eine neue Zeit anzugeben und eine Ordernummer, aber welcher Flug konkret von wann nach wann verschoben wurde??? Raten Sie mal! Gerade eben habe ich wieder mit dem Callcenter telefonieren dürfen, und ich denke es sitzt in Indien. Immerhin ist über Skype eine US Tollfree Nummer gebührenfrei anrufbar – die chinesische kostet. Etwas was ich aus dem Trara der Buchungen momentan ableite, ist, Flüge mit Zwischenstop hier in China besser in zwei Einzeletappen zu buchen, dann kann man wenigstens einzeln stornieren, wenn sich Flugzeiten ändern. Momentan sieht es so aus, als ob ich durch Flugzeitenverschiebung fünf Stunden Zeit haben werde in Chonqqing den Flughafen kennenzulernen 🙁 Gestern machte eine Schulleiterin unter anderem mir in einer Bank das Angebot als Englischlehrer in einer Grundschule zu fungieren. Schmeichelhaft, aber ich bin hier ja zum Lernen und nicht zum Arbeiten, was ich mit meinem Touristenvisum eh‘ nicht darf. Ansonsten hapert es mit der chinesischen Verständigung beim Shoppen immer noch – erst machen Verkäufer widersprüchliche Angaben, dann kommen noch ein, zwei weitere hinzu und wenn dann so richtig keiner mehr Bescheid weiß: Schwups, sind alle weg und staunend wie man ist, wird man ignoriert. Das einzige was hilft, ist eine Art „Point and Click-Adventure-Modus“: Draufzeigen, „Haben wollen“, Mitnehmen. In der Regel wird dann ein Preisschild draufgepappt und wenn es total falsch sein sollte, könnte man die Ware immer noch irgendwo auf dem Weg zur Kasse „vergessen“… 第二周 (Das heißt die zweite Woche, di’er ge zhou in tonlosem Pinyin) Was sich so historische Altstadt nennt… Es gibt ein paar Jugendstilhäuser und es sieht dort aus, wie daheim in Deutschland, wenigstens wie in Stadtvierteln, die zur Jahrhundertwende enstanden und die nicht im Zweiten Weltkrieg dem Erdboden gleichgemacht wurden. Vor allem im Bergischen Land finden sich noch viele schöne alte Herrenhäuser. In der Sommerzeit ist das Klima hier wohl anders als daheim, so hat man an einige, an sich schöne Fassaden, Klimaanlagen angeschraubt. Dort hängen sie nun – ästhetisch wie die gemeine Kleinklimaanlage nun einmal ist – wie Warzen an den Gebäuden. Kaffee oder Biergartenatmosphäre unter schattigen Bäumen, gibt es jedoch nicht. Und dass liegt nicht nur daran, dass momentan Winter und die Bäume kahl sind. Falls sonst etwas in der Stadt historisch war, so ist es vermutlich bereits umgegraben, weggesprengt und überbaut worden. Dies vermutlich mehrfach: an jeder zweiten Ecke wird gegraben und gebaut, fast scheint es, als müsse eine Bausünde nach Erreichen der Volljährigkeit durch die nächste ausgewechselt werden. Im östlichen Laoshan-Distrikt, in dem sich auch meine Sprachschule befindet, entstehen momentan Dutzende riesiger Wohnblocks, in denen Zehntausende zusätzlicher Menschen wohnen können. Viele davon mit dem Siebziger Jahre Charme von Köln-Chorweiler oder Berlin-Neukölln und wenn die positive wirtschaftliche Entwicklung des Landes anhält, so wird man in dreißig Jahren vermutlich jede Menge Sprengstoff brauchen, um neu und menschenfreundlicher zu bauen. Ich habe einen Artikel gelesen, der Immobilieninflationsgefahren in China zum Thema hatte und in dem geschrieben wurde, dass etliche boomende Städte sehr viel stark subventionierten Wohnraum erstellen lassen würden, um billige Arbeitskräfte vom Land anzulocken. Wie lange geht das gut? Gibt es soviele einfachste Tätigkeiten für diese Menschen, oder findet ein „Nachrücken“, aufgrund einer breite Weiterbildung und Entwicklung der Menschen in einer Art Jobkette statt? Vom Straßenkehrer zum Regaleinräumer, über den Weinverkäufer hin zum Filialleiter oder Management? Meine Lernfortschritte in der zweiten Woche haben sich merklich verlangsamt, da ich nicht mehr Einzelunterricht habe, sondern zwei weitere blutige Anfänger in die Klasse kamen. Zwar wurde nicht wirklich von ganz vorne angefangen, aber da zum Großteil Null komma Nix verstanden wird, stockt es bis zum Stillstand. Erschwerend kommt hinzu, dass die Erklärung des Chinesischen auf Englisch erfolgt und wenn dann jemand nur rudimentäres Englisch spricht, dann ist es es wie ein Versuch den Teufel mit Belzebub auszutreiben. Ich habe den Eindruck, es zeigen sich bereits massive Ermüdungserscheinungen bei den Lehrerinnen und deshalb wird auch bei mir, ob ich gerade das Datum genannt oder über eine Fußpilzbehandlung referiert habe, geflissentlich lächelnd überhört. Ich meine aber ab und an das schmerzvolle Verkrampfen der Nackenmuskulator erkennen zu können. Auch mir schaudert es, wenn zum Teil nicht einmal der Versuch gemacht wird, einen ganzen Satz zusammenzubekommen. Der Versuch der Kommunikation in Sprachbrocken, ala „Zweiundvierzig“ funktioniert nicht wirklich und ist ein Zeichen von Faulheit. Mit meinem Versuch, Zugtickets für nächsten Monat zu kaufen, bin ich gescheitert. Der Computer der Schalterbeamtin hatte mein Wunschdatum zwar in der Auswahlliste, aber nur die nächsten zehn Tage waren dort mit einem grünen Pfeil markiert, vor allen anderen Tagen wurde ein lachender Smiley angezeigt. Ich vermute stark, dass man diese Tage sehr wohl auswählen und ein ein Ticket ausdrucken lassen könnte (warum sollte es sich sonst in der Auswahlliste befinden???), aber vermutlich bin ich dafür nicht VIP genug und nur Reiseagenturen, die eine fette Zusatzgebühr verlangen sind befugt, solche lachende VIP Tickets auszustellen. Gehe ich nun VIP, oder riskiere ich es zu kurzfristig kein Ticket mehr zu bekommen? Vermutlich letzteres, denn ich habe keine sehr langen Zugstrecken geplant und brauche deshalb kein Schlafabteil. Die korrekte Buslinie und -station zum Bahnhof (火车站 huo che zhan) habe ich durch akribischen Zeichenvergleich auf dem Fahrplan herausfinden können, was mich ein bisschen stolz auf mich machte. Ich habe zwar ein Streckenheft erstanden, aber auf die Idee, eine Übersichtskarte aller Strecken abzubilden ist keiner der Verantwortlichen gekommen. stattdessen wurde je eine Buslinie auf genaus eine Seite skaliert und gedreht, bis es passte – was die Vergleich- und Erkennbarkeit sehr erschwert, man muß die Richtungsangabe beachten und derselbe Straßenverlauf sieht jedesmal unterscheidlich aus… Zwischen Sechs und Sieben ist hier übrigens Publicbus-Primetime und es heisst zusammenrücken. Dabei geht es allerdings noch recht zivilisiert zu, wahrscheinlich aufgrund der Gewissheit, dass fünf Minuten später der nächste Bus kommt und es sich darum nicht lohnt, zu quetschen, was das Zeug hält. In Myanmar hätte man in den gut gefüllten Bus sicher noch Zwanzig Leute hineinbekommen. (Und zwei Dutzend wären aufs Dach geklettert) An die Übertragung aller Arten von Kleinstlebensformen denke man besser nicht. Es empfiehlt sich auch wegen des verbreiteten Mundgeruchs, Anderen im Bus möglichst nur den Rücken zuzukehren…
Der Titel soll heißen: „Plötzlich kann ich sehr gut Chinesisch schreiben…“ Und im Prinzip sollte dort stehen: 突然,我会 ;写很好汉 1;… (Aber wie man am Titel sieht, ist die uneingeschränkte Unterstützung von Sonderzeichensprachen in der Technik immer noch graue Theorie und die letzten Symbole verwandeln sich in ein Comicgerechtes Grummeln. Ist ja auch nicht ganz so einfach.) Wenigstens die Eingabe ist kein Problem – Spracheeingabeschema Chinesisch auswählen, z.B. MS Pinyin als Tastaturlayout und schon muss man nur noch die Pinyinschreibweise von Begriffen eintippen, um das gewünschte zugehörige Zeichen auszuwählen. Nur noch – Ha! Es gibt leider etliche, bei der Aussprache gleichklingende Symbole. Bei einer Auswahl legt man sich jedoch fest und worauf, sollte man schon wissen. Nach drei Wochen intensiven Lernens beginne ich immerhin mir einige Zeichen einzuprägen, denn ohne geht es auf Dauer nicht, denn es ist besser selbst lesen zu können. Denn verstanden wird man ohnehin nicht, und selbst wenn, sind die Aussagen so belastbar, wie eine gut gezapfte Pilsschaumkrone. Ein Beispiel: Schokolade kaufen im Supermarkt – eines der wenigen Nahrungsmittel, dass hierzulande teurer ist als daheim. Und zumeist gibt es nur sehr überteuerte Cadbury oder Hershey Schokolade für den Geschmacksinerten Gaumen. Halbwegs preisgünstig ist nur die chinesische „Lose Ware“, die man sich im Beutel mit einem Schüppchen selbst aus verschiedenen Sortimentskästen zusammenbaggert. Natürlich haben die Kästchen je nach Qualität unterschiedliche Preise und man darf längst nicht alles einfach zusammenwerfen. So gibt es auch Fächer mit Mikromars für den dreifachen Preis der Standardchinaware und dazwischen Knisperschokoladentäfelchen, die es mir besonders angetan haben. Problem: kein Preis am Kasten. In China keinen Preis für eine Ware vor dem Kauf zu haben: Gar nicht gut, böse Überraschung! Also jemanden fragen. Wie wäre es denn mit dem heraneilenden Mister Wichtig, mit Walkietalkie? Prima, er fühlt sich berufen. Entscheidungsfreudig antwortet er auf meine Frage „duoshao qian“ mit Achtzehn, dem gleichen Preis, der auf einem Nachbarkasten angegeben ist. Ich bin skeptisch, denn das linke Nachbarfach kostet 120, aber da der Mensch nun an der Waage zur Auszeichnung steht, packe ich ein paar Täfelchen ein und lasse die Schokolade auswiegen. Das Etikett, das er ausdruckt, weist einen Preis von 99 aus, mehr als das Fünffache des Gesagten. Also kommt wichtiger Antwortsatz Nummer Eins zum Einsatz: Bu yao – Nicht wollen! Konsternierte Gesichter. Wie mache ich es den – schlagartig – fünf Personen klar, dass der Preis zwar sicher korrekt, und auch auch fürs Kilo und nicht fürs Pfund ist, aber nicht den mir auf Nachfrage genannte Preis darstellt? Mr. Wichtig jedenfalls fühlt sich ebenso schlagartig zu Wichtigerem berufen und entschwindet. Erfolgreiches Projektmanagment: Aufkehren müssen Andere 😉 Wahrscheinlich hätte ich einfach Drei, Vier Täfelchen auspacken und als „Kostprobe“ aufessen sollen, aber stattdessen zieht die Problembeseitigung weitere Mitarbeiter an, darunter auch eine des Englischen mächtige Dame, die mir nochmals die Preiszusammensetzung erklärt, aber dann immerhin auch versteht, dass das Problem nur darin besteht, dass der Preis der Ware nicht mir als Käufer passt und einer ihrer Kollegen die Verwirrung gestiftet hat. So ist es halt auch in China, wenn die mehr Halb- als Wissenden sich durch ihr übergroßes Ego berufen fühlen, Entscheidungen zu treffen, von einer Verantwortung dafür jedoch nichts wissen wollen… Ich habe dann einen Beutel Knabberkram gekauft, somit zurück zu der Symbolik. So habe ich mir zum Beispiel ganz gut das Zeichen für Fleisch eingeprägt, damit ich es in Zukunft auf einer Speisekarte erkennen kann. Das Problem ist nur, dass es soo einfach dann auch wieder nicht ist, denn auch einem Jägerschnitzel sieht man es Namenstechnisch nicht an, dass ein richtiges Schwein und kein Schwein von Jäger drinsteckt. Aber so einiges sollte in Verbindung mit der Zubereitungsart (Scheibe, zerstückelt, gebraten, gekocht, gedünstet…) zuzuordnen sein. Hoffe ich. Ansonsten heisst es, sich überraschen lassen – was immerhin auch die Kantine dieser Schule geschafft hat, als ich das erste Gericht von der Tageskarte auswählte. Wenn ich die Lehrerin vorher richtet verstanden habe, sollten es gebratene Knoblauchschößlinge mit Schwein sein. Es war grün,stengelig und mit dünnen Schweinestreifen und sehr wohlschmeckend, unter anderem auch, weil ausreichend gewürzt! Oder ich brauchte die Symbole für Qingdao, um aus einer Liste von Kinocentern die richtigen herauszusuchen. Nur so funktionierte die Auswahl der Website und ich bekam die Chance die Seite von translate.google übersetzen zu lassen und zu sehen, welche Filme in welcher Sprache laufen. Natürlich ist die automatische Übersetzung ziemlich banana – so wird aus dem Versuch gut schreiben zu können bei der Übersetzung das genaue Gegenteil draus… Und längst nicht alle Webseiten sind durch den Googleübersetzer zugreifbar, wie auch von hier so Etliches nicht im Netz erreichbar ist. Ein flickeriges Portal ohne Bilder ist ziemlich sinnfrei und große Blogdomänen sowie die große Videoschleuder sind komplett „unerreichbar“. Auch die meisten Bilder in der Wikipedia fehlen. Es erscheint dann kein Hinweis ala „for business purposes only“ sondern der Zugriff dauert ewig, um dann lapidar in einer leeren Seite, oder einem Netzproblem zu enden. Gerne hätte ich das Reiseblog von einem kanadischen Paar weiter verfolgt, aber… Es geht nun in die vorerst letzte Woche des schulischen Lernens und dann erfolgt der zweiwöchige Praxistest, ob mich vielleicht doch jemand versteht!? Heute (2010年 3月 20号) war das Wetter sehr trüb, um nicht zu sagen die Luft war gelbrot und voller Staub – es scheint die halbe Wüste Gobi herangeweht worden zu sein und es ist vorbei mit der zwar kalten, aber immerhin recht sauberen Luft. Das Kratzen in den Bronchien kommt mir wie eine Warnung vor, mit welcher Luftqualität ich in Shanghai oder Beijing zu rechnen habe.. Dagegen war der Ausflug in die Laoshanberge im Norden letztes Wochenende sehr gelungen, auch Wettertechnisch. Mit der Buslinie 304 für 1,5RMB bis zum Ticketschalter und Sightseeingbusstop, dort die 80 RMB Nebensaisoneintritt (davon 30 für den Shuttlebus) bezahlt und schon ging es weiter in den Naturpark. Regelrecht befestigt, das Ganze, inklusive Elektrozaun und Fingerabdruckscannern. Immerhin gehören die Laoshanberge mit alten Taoistischen Tempeln zu den Wichtigsten Chinas. Der Tempelbesuch dort kostete natürlich nochmals extra, die 20RMB lohnten sich immerhin – dagegen kann man sich die 50RMB für den gammeligen Fernsehturm in Qingdao sparen. Naja, man nimmt halt mit, was sich hier an „Attraktion“ anbietet und hinterher weiß man immer mehr. Gesang und Tanz im Einhorn zum Abschluß Nun ist sie vorüber, die letzte Woche in der Sprachschule in Qingdao. Von den 19 Kapiteln des Express-Lernbuches haben wir 18 abgearbeitet, gestern habe ich mein Zertifikat des Erreichens eines Elementary Levels of Mandarin Chinese und ein Zeugnis bekommen. Das Zeugnis enthält jede Menge Anmerkungen zum Lernverhalten und Betragen, so wie es sich anhörte, als es mir die nette Bürodame vorlas. Das Problem ist nur, dass die Bemerkungen in chinesischen Schriftzeichen verfasst sind und ich davon nichts ohne weiteres lesen kann… ich werde einfach mal glauben, dass lauter positive Dinge aufgeführt wurden, denn ich war ein strebsamer Schüler! Auch drei Bücher zur chine sischen Geschichte, Geographie und Kultur wurden mir überreicht, was mir Reisegepäcktechnisch Sorgen bereitete, aber ich konnte eine deutsche Komolitonin dazu bewegen, meine Bücher nächste Woche mit nac Deutschland zu nehmen und dort in die Post zu stecken. Das verschaffte mir etwas Luft, denn dank meiner Kleidungszukäufe wäre meine Reisetasche ansonsten viel zu schwer geworden. Die Woche begann ich mit der umfangreichen Lektüre des neuen Romanes von Frank Schätzing-Limit. Dank einer im Großen und Ganzen flüssig zu lesenden Geschichte und eines sonnigen Sonntages, den ich komplett mit Lesen verbrachte, war es mir möglich am Dienstag die 1300te Seite zu lesen und das Buch vor Weiterreise zurückzugeben. Dann noch ein Besuch im Qingdao-Biermuseum und anschließend ins Kino und den letzten Freitagabend hatte die Sprachschule einen Besuch im Kylin-Hotspring-Resort organisiert. Dort galt es in verschieden aromatisierten Warmwasserbecken einzuweichen und sich ab und an von Putzerfischen anknabbern zu lassen. Hinterher gab es einen offiziellen Teil, eine Art Abteilungsversammlung und dann wurde Essen aufgetischt. Vorher wurde noch mit „Ganbai“ Begleitung das möglichst schnelle Herunterkippen von Tsingtaobier mit Raumtemperatur exerziert. Mein Magen war von einer vielleicht etwas unglücklichen Essenszusammenstellung am Vorabend noch recht lädiert, so dass ich mich dem dritten Durchgang etwas ungastlich verweigerte. Auf den Tisch zu speien wäre immerhin mit größerem Gesichtsverlust verbunden gewesen. Es gab diverse Speisen, mit einer Vielzahl von Dumplings, Gemüsesorten, Meeresfrüchten und Fisch – wie es sich hierzulande gehört, auf einem übervollen Drehtellertisch und insgesamt sehr gutschmeckend. Dann kam der geselligere Teil: Karaoke, Gesang und Tanz und eine Tombola. Als kulturellen Freestylebeitrag sang ich gemeinsam mit meiner germanischen Mitschülerin im Duett: Wir trugen „Ich geh mit meiner Laterne“ und „Bruder Jakob“ vor – vielleicht nicht gerade DAS kulturelle deutsche Spitzenerzeugnis, aber ausreichend zur Belustigung einer amüsierwilligen chniesischen Schulbelegschaft in Ermangelung von Liedertexten und Sangeskünsten. Ich weiß nicht, wo die „schicke“ rote Handtasche, die ich in der Tombola gewann abgeblieben ist und will es auch nicht wissen. Ein lustiger Abend. Dem Einhornresort vermachte ich übrigens meine Bata-Fliflops, die ich vor zwanzig Jahren in Mombasa kaufte, und ließ sie im Spind im Umkleideraum. Ich habe mir hier neue Chinesische PU-Schaum Schlappen gekauft, die mich fortan Fungusfrei über widrige Bodenverhältnisse tragen werden.
Nach längerer Unterhaltung seit dem Frühstück, kurze Abschiedstour bei den KommolitonInnen, die noch ein oder mehrere Wochen in Qingdao verweilen. Kaum aus der Sprachschule heraus, werde ich auch schon von einem Taxi erspäht, es wendet, ich steige ein, bin in der Lage mein „Fähdschidssann“ aufzusagen, als der Fahrer mit einer Frage kontert: Gongssu? Was bedeutet Gongssu? Scheint die Mautstraße zu sein, es empfiehlt sich nach dem Preis zu fragen, DAS klappt ganz gut mittlerweile: Wer jemandem etwas verkaufen will, bemüht sich immerhin den Anderen zu verstehen. 10 Yuan erscheinen mir nicht zuviel, und es erweist sich als gute Entscheidung, denn an fast allen Ampeln und Stau vorbei geht es in zwanzig Minuten direkt vor das Flughafengebäude und das zur Hälfte des von mir erwarteten Preises. Inklusive Maut. Der Versuch einer Kommunikation seitens des Fahrers erweist sich als eine sehr holperige, um nicht zu sagen unmögliche Aktion. Mir wollen einfach nicht die genauen Silben für elementare Adjektive und Vergleiche in den Sinn kommen. Und das Aufsagen von so ähnlichen Silben wie z.B. dschinn statt jinn macht aufgrund der vollkommen anderen Bedeutung noch weniger Sinn als zu schweigen oder anglizieren. Da hilft nur erneutes Pauken und Vokabeln lernen. Die Wartezeit am Flughafen verbringe ich mit dem Studium meiner Buchschenkung der Schule: „Grundlagen der chinesischen Kultur“ Dieses in Chinesisch-Englisch gehaltene Buch erregt die Neugier und Diskussion bei einigen Chinesen im Wartebereich. Letztlich fragt einer, ob ich chinesisch studieren würde. Mein Sitznachbar lässt sofort eine schnelle Wortlawine auf mich hernieder gehen, die sich völlig anders als alles bisherige Chinesische anhört – vielleicht ein Yunnandialekt. Auf mein ting bu dong hin, formuliert er auch nicht einfacher und vor allem: langsamer, so dass ich nichts antworten kann. Lächeln. Irgendwann einmal zeigt sein Nachbar eine Weltkarte aus dem Bordmagazin und tippt mit seinem Finger in den Vereinigten Staaten herum. Ich schüttele den Kopf, sage „Deguo“ und tippe auf den kleinen bunten Fleck am anderen Ende der Karte: „Falankefu“. (Frankfurt) Dass ich „150km nördlich davon“ auf chinesisch sage interessiert nicht mehr: „Ahhh, Falankefu“, nachdenkliche Gesichter. Nach einem Zwischenstop in Chengsha mit einer dreiviertel Stunde Aufenthalt geht es weiter nach Kunming. Dort im Flughafen, nach der Gepäckausgabe im Slalomlauf zwischen den Neppern und Schleppern hindurch „Taxiih?“ hinaus an den offiziellen Taxistand. Dem Fahrer die Strasse genannt und später noch die ausgedruckte chinesische Adresse gezeigt und es bringt mich geradewegs für 15 Yuan zu meinem Hotel. Das Foyer sieht enorm aus – bin ich hier richtig, ist dies die internationale Jugendherberge?? Aber ja, dort ist ein Hostelling International Emblem und das Einchecken geht ohne Probleme in Englisch vorüber, nachdem ich für die erste Nacht gezahlt habe. Und dann der zweite Kulturschock: der düstere Gang zum, und dann das Zimmer. Es hat etwas, abends ein in flackerndes Neonlicht getauchtes Zimmer mit fleckiger, sich ablösender Tapete zu betreten. Das Wetter hier in Kunming hat sich passend zu meiner Ankunft deutlich abgekühlt auf 10Grad und später am Abend gießt es in Strömen. Der Regen wird wohl hoch willkommen sein, denn der Südwesten Chinas, ebenso wie die Mekongregion erleiden momentan die schlimmste Dürre seit Jahren. Die kühle, feuchte Luft und die unästhetischen Wände (und erst die Deckenverkleidung im Bad! Ich glaube ich kann in den Fahrstuhlschacht blicken!) legen sich wie ein Film auf die Lunge, aber die Betten und das Bad machen einen sehr sauberen Eindruck, es ist halt alles ziemlich in die Jahre gekommen. Bestimmt gibt es bessere und teuerere Zimmer hier im Hotel. Interressanterweise kostete das Zimmer über hihostels.com nur die Hälfte von hostels.com, aber man musste schon genau hinsehen, um es auswählen zu können! Der Wäscheservice hat jedenfalls Fünfsternepreisniveau, zähneknirschend fülle ich meinen Wäschebeutel, denn lange herumlaufen, um eine Wäscherei zu finden ist auch blöd. Internetzugang per WLAN gibt es für mich leider nur im Foyer, denn die billigen Zimmer (meins) liegen zu weit abseits. Direkt am Hotel befindet sich ein kleiner Supermarkt, dort kaufe ich Wasser, einen Instantnudelsnack und auch ein Eis. Zwar favorisiere ich ein Honigeis, aber die Haptik und ein Blick auf das Herstelldatum lassen mich daran zweifeln: Von 2000? Die Verkäuferin mag mir ja zeigen, dass es laut Verpackung lange haltbar sei (das steht hier immer in Symbolen auf der Packung) aber seit September 2000 sind doch etwas mehr als 24Monate vergangen… Erneut halte ich ein Rote-Bohnen Eis für Himbeere, aber dieses Stieleis ist erst fünf Monate alt und schmeckt ganz passabel. Das Bett hier hat sogar eine elektrische Heizdecke (die ich vorsichtshalber ausstöpsele) und ist deutlich weicher, als die Unterlage der letzten vier Wochen. Die besaß nämlich eine gefühlte Moh’sche Härte von Neun. In etwa wie Teppich auf Beton. Ich schlafe immerhin so gut wie seit Tagen nicht mehr, gieße mir mit dem Wasserkocher im Zimmer Kaffee zum Frühstück auf und werde mich gleich in den Trubel der Großstadt auf Erkundungstour stürzen. Das Hotelfrühstück habe ich durch mein Schreiben verpasst, aber ich werde gleich schon einen leckeren Bauzi (Teigtasche) mit etwas rou und cai drin finden… Wenn „Warm greetings – aim carefully“ über einem Urinal angeschlagen steht, dann ist man(n) versucht sich umzuschauen, ob Notdurftnachbarn dies nicht allzu wörtlich nehmen. Und was verbirgt sich hinter Rambo Breadworks? Da hilft nur einen Blick zu riskieren und eine Bemusterung vorzunehmen. Ergebnis: das Krapfenbrötchen mit einer zarten Buttercrememittelspur ist gewalttätig kalorienreich, doch ausgesprochen lecker. Im Park wird Dutzendfach musiziert. Auch wenn die Mehrzahl der Besucher sich bereits im fortgeschrittenen Alter befindet, wird enthusiastisch das Tanzbein zu den Darbietungen geschwungen. Für die Jüngeren gibt es ein Massendiscopop-Thai-Chi. Nicht ganz synchron, aber der Ententanz ist nichts dagegen! Und im Zentrum herrscht eine Konzentration von Shoppingmalls auf engstem Raum, wie ich sie in Qingdao nicht gesehen habe. Scheint hier alles etwas dichter beisammen zu sein, auch der Flughafen liegt nicht außerhalb – entlang der Start und Landebahn, nur knapp fünfzig Meter davon entfernt befinden sich Vierstöckige Wohnblocks und ich konnte fast die Gesichter der Menschen in den Fenstern erkennen, die bei der Landung zuschauten. Dem Fernsehprogramm folgen zu können, wenn in Wurfweite Jumbojets mit Umkehrschub abbremsen halte ich für unmöglich. Ob es hier wenigstens ein Nachtflugverbot gibt? Gewöhnungsbedürftig sind auch die vielen Elektroroller – normale scheinen verboten zu sein – denn sie rollen geräuschlos heran, und das vorzugsweise auf dem Gehweg. Das Wetter war den Tag über ganz ordentlich, sehr mild und beinahe sonnig. Aber dann gegen Fünf gab es Gewitter und Sintflutartige Regenfälle mit Graupeln. Die Straßen standen unter Wasser, so dass sich trotz Schirm nicht vermeiden ließ, nasse Füße und Hosenbeine zu bekommen, da ich nicht meine Wasserdichten Wanderstiefel trug. Frühstücks-Update: Hier im Hotel gibt es für 15 Yuan ein üppiges Frühstücksbuffet mit Säften, Früchten, diversen frischen Gerichten, und und und… Wenn ich dagegen an die letzten vier Wochen denke, in denen es, wenn man trotz der Übellaunigkeit der Bedienung ein mumifiziertes Ei und zwei bis vier Scheiben Toast mit etwas Marmelade und einen sehr dünnen Instantkaffee gab (zwar umsonst), dann zaubert sich ein L 4;cheln auf mein Gesicht: Puah! Mitleidige Grüße an die dort Verweilenden! Alice im Wunderland Für die Einen ist es Wunderland, für die Anderen ist es Alltag: sie sind an die optische Umweltverschmutzung gewöhnt. Tennisplatzgroße, Blitzlichthelle Videowerbetafeln gleißen ihre Botschaften in Tag und Nacht. Nicht immer der Verkehrssicherheit förderlich montiert, vor allem bei Nässe ist der Blendung an mancher Kreuzung nur durch Blindheit zu entgehen. Schöne neue Welt: glitzernde Fassaden, aber trotz hektischer Betriebsamkeit leblos; diese Welt gehört den Schönen und Reichen, den Visualisten. Und ich bin mittendrin: Im Wunderland. Als wäre mir der Film aus dem Kino auf die Straße gefolgt. Wäre es besser, wenn ich die grellen Parolen lesen könnte? Ich bezweifle es. Abseits gedrängt, in den Seitengassen, dort findet sich noch das Leben, dort ist die Beleuchtung statisch und es wird ohne trennendes Glas gespeist. Immerhin scheint der Entseelung der Stadt Einhalt geboten zu werden, wenn eine antike Häuserzeile nicht nur eingestampft und durch einen Stahlbetonturm ersetzt, sondern restauriert wird. Vielleicht auch nur imitiert, aber immerhin, nicht nur für Kreditkarten ein Erlebnis. Im Park, in Pavillons, da wird gespielt: Mit Karten und Steinen, bei Tee und Unterhaltung. Auch dort ist Leben. Wenn Angestellte von Kleidungsgeschäften vor dem Ladenlokal sinnfrei in die Hände klatschen, so erinnert mich das eher an die frühere Batteriereklame mit dem rosa Plüschhasen, als an eine Einladung dort etwas zu kaufen. Offensichtlich bin ich nicht so viel anders verdrahtet, als die einheimischen Passanten, denn auch die gehen vorüber. Und doch scheint die Klatscherei hier in der Stadt sehr populär zu sein. Geradeso, als ob sich die Geschäfte angesichts fehlender Kundschaft aufmunternd zuklatschen würden… Nachdem ich gestern beim erzglobalisierten Doppelbogenbratling gelandet bin, habe ich mich heute der originären chinesischen Küche hingegeben. Beim ersten Bauzigeschäft bin ich abgeblitzt, dort war die Bedienung damit beschäftigt sich selbst zu bedienen, statt die Kundschaft. Beim zweiten hieß es: „Rouh? Mäh Joh. Tsai? Mäh Joh.“ Ja was haben die denn dann??? Probieren! „Ihhge de Dschehge, iihge de Nahge…Dschege?… Ähhh, ach ja, warum nicht? Dschege ihh dschege.“ Als Endresultat wandern drei Bauzis unbekannter Füllung in eine Tüte: Einer mit einem roten Punkt, Einer mit braunem Fleck und Einer mit einem Kern aus Gelb. Drei Stück für summa summarum Vierundzwanzig Cent. Noch auf dem Weg zum Tempel verspeise ich die Bauzis: Roter Punkt: Halbkristalline Zuckerfüllung Brauner Fleck: Schwarzer Matsch, geschmacklich zwischen süßem Kaffeesatz und Teerpappe Gelber Kern: würzige Schweinerei Gegen Abend wähle ich mir an einem kleinen Straßenrestaurant einen Topf mit Gemüse, Tofu und ein paa